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20 | Triumph

Der Aufprall kommt unerwartet plötzlich. Er presst meine Rippen zusammen als wären sie aus Papier und lässt mich wie ein auf dem Trockenen liegender Fisch nach Luft schnappen. Sobald ich einatme dringt ätzender Schwefel in meine Lungen und lässt meinen Brustkorb in Flammen stehen.

Ich bekomme geradeso mit, dass mich jemand auf die Füße zieht.

»Grimwolf«, ächze ich und werde von einem Hustenanfall durchgeschüttelt. Blutroter Speichel besprenkelt meine Handflächen. Der Boden unter mir schwankt.

»Ganz ruhig. Hol tief Luft. Du musst Atmen.«

Ich muss das Gesicht vor mir mit beiden Händen umfassen, damit ich den Fokus nicht verliere. Alles um mich herum dreht sich. Blonde Haare, stoppeliges Kinn – es ist Thor. Er lebt. Und ich lebe auch. Ich drücke mich an seine Brust und kann vor Erschöpfung die Tränen nicht länger zurückhalten.

»Du warst fantastisch«, murmelt Thor mir beruhigend ins Ohr. »Du hast es geschafft. Ich wusste, du würdest es schaffen.«

Ich will ihn fragen, was mit dem Drachen ist, mit der Armee der Erdriesen, aber die giftigen Gase haben sich in meinen Rachen gebrannt und machen es mir unmöglich, einen ordentlichen Satz hervorzubringen. Also atme ich, auch wenn jeder Atemzug das Stechen in meinem Brustkorb wieder aufflammen lässt.

Ein Horn ertönt. Drei langgezogene, tiefe Töne, so wie zu Beginn der Schlacht. Ich weiß nicht, was es zu bedeuten hat, aber das spielt für mich auch keine Rolle. Meine ganze Kraft und Konzentration wird dafür aufgewendet, mein Gehirn mit Sauerstoff zu versorgen. Gestalten kommen auf mich zu, doch ich erkenne nur ihre schemenhaften Umrisse. Ich schließe die Augen, atme, spüre das sanfte Gewicht von Thors Armen auf meinem Rücken.

»Sie hat Grimwolf gelähmt, ich habe es gesehen«, sagt eine Stimme, die ich nicht zuordnen kann. Getuschel bahnt sich seinen Weg an mein Gehör.

Dann löst sich Thors Körper von meinem, und spitze Finger legen sich unter mein Kinn. »Sieh mich an«, fordert Freya mich auf.

Ich öffne meine schmerzenden Augen. Freyas flammend rotes Haar umgibt ihre strengen Gesichtszüge.

»Das war ein waghalsiges Unternehmen. Ihr habt Euch einer großen Gefahr ausgesetzt. Er hätte Euch töten können.«

Thor räuspert sich. »Lady Freya, mit allem Respekt – von eurem Vorhaben konnten wir nichts wissen, und Eira sah dies als letzten Ausweg, die Lage zu unseren Gunsten zu wenden.«

»Es war leichtsinnig.«

Glaubt sie, ich wüsste das nicht selbst? Was wäre eine Aktion zur Täuschung eines Drachens anderes als leichtsinnig, überstürzt und viel zu gefährlich?

Eine weitere Person mischt sich in die Konversation ein.

»Lass sie sich ausruhen, um Walhallas Willen.« Der Mann klingt verärgert. »Du siehst, dass sie verletzt ist, Schwester.«

»Freyr. Dich hätte dich am allerwenigsten erwartet.«

»Wenigstens eine frohe Botschaft«, sagt der Sohn des Njörd, und sein Gesicht taucht vor mich auf. »Darf ich?«

Ich weiß nicht, was er vorhat, aber in meinem derzeitigen Zustand bin ich zu ausgelaugt, um irgendetwas erwidern zu können, also beschränke ich mich auf ein Nicken. Wärme durchfließt meine Adern. Kurz bilde ich mir ein, den Sommer riechen zu können, so absurd es klingt. Meine Sicht wird klarer. Die giftigen Dämpfe haben sich zurückgezogen.

»Für deine Hände sind wohl höhere Heilkünste erforderlich, fürchte ich«, sagt Freyr und zieht seine Hände zurück. Ein goldener Schimmer umgibt ihn, als würde er von innen heraus leuchten. Thor wirft ihm einen Blick zu, den ich nicht ganz deuten kann. Er tritt wieder einen Schritt näher an mich heran. Denkt er, dass Freyr mir Schaden zufügen würde? Die beiden kennen sich schon seit ihrer Kindheit, das ist es nicht. Oder ist er etwa eifersüchtig?

Das meiste Licht, das unsere Gruppe umgibt, stammt von herangetragenen Fackeln. Eine ganze Menge an Leuten steht um uns herum. Einige sehen arg mitgenommen aus, andere weniger. Wo sind die Erdriesen? Und Grimwolf? Haben sie ihn bereits getötet?

»Entschuldigt das Chaos«, sagt Thor. »Ich wünschte, wir hätten die Angelegenheit anders regeln können.«

»Ihr habt genug getan.« Freya lächelt, doch in ihren Worten resoniert keine Dankbarkeit. Schatten tanzen über ihr Gesicht. An dem Abend, an dem wir Folkwang betraten, hatte das Fackellicht ihre Gestalt erhellt, doch jetzt haben ihre Züge jegliche Sanftheit verloren.

Sie ist wütend, bemerke ich. Oder zumindest gereizt. Nur weshalb? Thor hat gekämpft, um die feindliche Armee zurückzudrängen. Ich habe mich in Lebensgefahr gebracht, um dem hier ein Ende zu bereiten.

Thor scheint Freyas aufgebrachte Stimmung nicht aufzufallen. »Ich kümmere mich um Grimwolf.«

»Nein, Ihr werdet unverzüglich nach Folkwang zurückkehren.«

»Ihr solltet Nachricht nach Asgard senden, über das, was heute hier passiert ist«, drängt er.

»Oh, ich denke, das liegt nicht in Odins Interesse.«

»Lady Freya–«

Mit einem Schlag verschwindet Freyas mildes Lächeln. Ihre Worte nehmen einen bedrohlichen Klang an. »Thor Odinson, Ihr mögt der Erbe der Neun Welten sein, doch hier in Vanaheim herrsche ich. Geht. Bringt Eira zurück nach Folkwang, oder kehrt nach Asgard zurück, wie es Euch beliebt. Lasst mich die Angelegenheiten regeln, die mein Volk betreffen.«

Freyr wirft uns einen warnenden Blick zu, damit auch Thor endlich versteht, dass wir Freyas Aufforderung lieber Folge leisten sollten. Einige Sekunden der angespannten Stille folgen. Dann scheint ein Schatten der Erkenntnis über sein Gesicht zu huschen.

»Natürlich.« Er neigt den Kopf vor Vanaheims Herrscherin. »Ich respektiere Eure Entscheidung, Lady Freya.

»Und ich danke Euch für Eure Hilfe. Euch beiden.« Sie winkt den grauhaarigen Kommandanten heran, der ebenfalls beim Kriegsrat anwesend war und überträgt ihm einige Aufgaben. Ohne uns eines weiteren Blickes zu würdigen geht sie mit ihren Fackelträgern im Schlepptau davon.

»Redet noch einmal mit ihr, wenn sich ihre Laune verbessert hat«, rät uns Freyr, dann folgt er seiner Schwester.

Ich wappne mich mittlerweile für den Rückweg. Um ehrlich zu sein habe ich jeden Orientierungssinn während der Schlacht verloren, und im Dunkel der Nacht kann ich erst recht nichts erkennen. Thor verzichtet darauf, mit Mjölnirs Hilfe nach Folkwang zurückzufliegen, und dafür bin ich ihn sehr dankbar.

»Soll ich dich tragen?«, fragt er stattdessen.

Das Angebot klingt verlockend, und ich weiß, dass ihm mein Gewicht keine Probleme bereiten wird, trotzdem werde ich unweigerlich an unser Erlebnis in Niflheim erinnert. »Nein, es geht schon«, winke ich ab. »Meine Beine funktionieren noch. Überraschenderweise.«

Meine Lungen scheinen auch wieder funktionstüchtig zu sein. Ich atme die laue Abendluft ein, die trotz allem noch Spuren von Schwefel und Ruß enthält. In der Ferne sehe ich den monströsen, ledrigen Körper Grimwolfs.

»Was passiert mit ihm?«, frage ich leise.

Thors Blick bleibt eine Weile auf dem regungslosen Lindwurm liegen. »Sie sperren ihn zurück in den Käfig, aus dem er entkommen ist.«

»Wieso töten sie ihn nicht einfach?«

»Das ist die Sache mit Monstern. Wenn sie einmal vernichtet sind, dauert es eine Weile, bis sie sich wiederformen. Doch dann sind sie am Höhepunkt ihrer Kräfte angelangt.«

»Oh. Also, als du Hrungnir getötet hast...«

»Ich habe nicht nachgedacht«, sagt Thor reuevoll.

»Es ist okay. Jetzt ist es sowieso zu spät.« Ich blinzele ein paar Mal, dann schüttele ich den Kopf. »Das kam vielleicht ein wenig harscher rüber als es gemeint war. Ich meine, in dem Moment hattest du deine Gründe. Hrungnir war–« Meine Stimme stockt. Was will ich eigentlich sagen?

»Du bist erschöpft«, konstatiert Thor mit einem milden Lächeln. »Je eher wir nach Folkwang zurückkehren desto besser.«



In Freyas Palast angekommen bringt mich Thor ohne Umschweife zu einer Heilerin in einem mir unbekannten Flügel des Schlosses. Sie wäscht meine wunden Hände, und trägt eine Salbe auf. Der Schmerz ist zu einem dumpfen Pochen abgeebbt. Ich weiß nicht, was Freyr mit seinen göttlichen Fähigkeiten angestellt hat, doch was auch immer es war, es hat die Schwielen und kleinen Schnitte an meinen Körper zum größten Teil verheilen lassen.

Nach und nach kommen immer mehr verletzte Krieger herein. Niemand beachtet uns wirklich, nicht einmal Thor, der sich auf einem hölzernen Hocker neben der Pritsche niedergelassen hat.

»In Asgard haben sie zum Anlass eines Sieges tagelange Feste veranstaltet, um meine Heldentaten zu feiern«, sagt er in Anblick der vielen Verwundeten, die ihm höchstens noch einen zweiten Blick zuwerfen. Den Erben Odins scheint das zu ärgern, trotzdem leistet er mir Gesellschaft, anstatt sich mit Ruhm bekleckern zu lassen. Als die Heilerin mit frischen Leinen zurückkommt, um meine Hände zu bandagieren, besteht Thor darauf, diese Aufgabe zu übernehmen.

»Freya scheint nicht länger dein größter Fan zu sein«, murmele ich. Die rußverschmierten Stiefel habe ich ausgezogen, und meine Zehen berühren gerade so den Boden.

»Oh, früher gehörte auch sie zu meinen Bewunderern«, sagt Thor wie nebenbei, während er vorsichtig die Streifen um meine Hand wickelt. Seine rauen Hände streifen meine Haut und hinterlassen ein prickelndes Gefühl elektrischer Spannung. »Sie und ihre Freundinnen standen am Rande der Festhalle und haben uns verstohlene Blicke zugeworfen.«

Ich runzele die Stirn. »Die Freya

»Sie hat sich verändert. Genauso wie ich.«

»Seit wann? Seit du den Avengers beigetreten bist?«

»Es... Es gab eine Zeit, da konnte ich es gar nicht erwarten, Herrscher über Asgard zu werden. All der Ruhm und die Macht...« Er zieht die Stirn in Falten und hält für einige Sekunden inne, bevor er einen neuen Streifen Leinen nimmt, und sich meiner anderen Hand widmet. »König zu sein ist eine Bürde. Eine ehrenvolle Aufgabe zwar, aber beschwerlich. Ich war noch nicht bereit, als ich dachte, ich wäre es. Zu jung und naiv, wie mein Vater es ausdrückte.«

»Du bist über tausend Jahre alt«, werfe ich ein.

»Und gerade deshalb war es eine Blamage.«

Auf dem Schemel sitzend befindet er sich auf meiner Augenhöhe. Der Staub in seinem Bart lässt diesen dunkler erscheinen, fast wie einen müden Schatten. In all den Büchern, die in Vaters Bibliothek standen, sind Götter unantastbare Wesen mit unerklärlichen Motiven, unsterblich und allmächtig. Ihr Schicksal ist vorbestimmt, von ihrer Geburt bis zu ihrem heldenhaften Tod während Ragnarök am Tag der Götterdämmerung, wenn die alte Welt vernichtet und aus ihrer Asche eine neue entstehen wird. Thor widersetzt sich dieser Theorie. Er ist dem Schicksal ebenso ausgeliefert wie jedes sterbliche Wesen. Auf eine seltsame Weise ist es ein wohltuender Gedanke zu wissen, dass uns das verbindet.

»Und... wirst du irgendwann deinem Vater auf den Thron folgen?«, frage ich vorsichtig.

Er ist fertig mit dem Bandagieren meiner Hände, hält sie aber dennoch fest. »Irgendwann, vielleicht. Wenn es sein muss. Und bis es so weit ist, will ich jede Stunde meiner Zeit mit dir verbringen. Und gelegentlich die Welt retten, wenn sie mich braucht.«

Ich hebe einen Mundwinkel an. »Der letzte Satz hätte nicht sein müssen.« In Thors Augen steht nichts als Aufrichtigkeit. Er muss ein Gott sein, denn niemand sonst könnte diese perfekte Mischung aus gutem Aussehen und Charakterstärke besitzen. Wer auch immer dieses Wesen geschaffen hat, hat gute Arbeit geleistet.

»Du warst heute sehr mutig.«

Ich senke den Blick wieder auf meine Füße und seufze. »Es war grauenvoll. Und du hattest Recht. Vielleicht – vielleicht wollte ich diese Chance nur nutzen, um mich zu beweisen. Und das Verrückte? Ich weiß nicht einmal, wozu. Wem. Mir selbst?«

»Meine Mutter sagte einst zu mir, jeder scheitert an dem, was er eigentlich sein sollte. Die größte Heldentat eines Menschen ist, man selbst zu sein.«

Ich selbst zu sein war bis vor kurzem gar keine Option für mich. Zu groß war die Gefahr, jemanden zu verletzen. Und ich habe darin versagt, ein normales Leben zu führen, zumindest in London, inmitten von Menschen, die nichts mit Leuten wie mir anzufangen wissen. In dieser Aussage Friggas liegt Wahrheit. »Klingt, als wäre sie eine sehr weise Frau gewesen«, sage ich.

»Manchmal erinnerst du mich an sie.«

Ich hebe die Augenbrauen mit einem amüsierten Lächeln auf den Lippen. »Ich erinnere dich an deine Mutter

»Also nicht–« Er stockt, fasst sich aber schnell wieder. »Sie war stark. Sie war gerecht. Und sie hat das Gute in jedem gesehen, sogar in Loki. Doch viel wichtiger, sie hat keine Sekunde gezögert, um das zu tun, was sie als richtig erachtet hat, um ihr Volk zu schützen.« Der Schmerz der Erinnerung flackert in Thors Miene auf.

»Ich hätte sie gerne einmal getroffen.« Und das meine ich auch so. Zwerge, Elfen, Naturgötter und Erdriesen sind eine Sache, doch die Göttermutter persönlich zu treffen wäre eine unaussprechlich hohe Ehre für mich gewesen. Ich hätte gerne gewusst, welche Eigenschaften sie und Thor teilen. Wie sie es geschafft hat, die beiden ungleichen Brüder unbeschadet ins Erwachsenenalter zu bringen, wo sie sich doch so gerne gegenseitig umzubringen versuchten. Ich hätte gerne gewusst, welche Weisheiten sie ihrem Sohn noch ans Herz gelegt hat, die ihm zu dem Mann gemacht haben, der er heute ist.

Eine Heilerin kommt auf uns zu und unterbricht unseren intensiven Blickkontakt mit den pikierten Worten: »Entschuldigt, Mylord, Mylady, aber wir benötigen jeden verfügbaren Platz für die schwer Verwundeten.«

Ich gleite von der Pritsche. Schwer verwundet bin ich auf jeden Fall nicht. Ich brauche nur etwas Ruhe, nach dieser schlaflosen, nervenaufreibenden Nacht.

Thor steht von seinem Hocker auf und hält seine Arme auf halber Höhe, bereit mich zu stützen sollte ich Hilfe benötigen. »Bist du dir sicher, dass du nicht lieber–«

»Mir geht es gut. Wirklich«, versichere ich ihm. »Es sind nur meine Hände. Der Rest ist schon so gut wie verheilt, dank Freyr.«

Fast unmerklich zuckt sein Mundwinkel nach oben. Ich kann nur raten, was er denkt, aber es ist fast zu offensichtlich.

Ich schüttele lachend den Kopf. »Mach dir keine Gedanken über Freyr«, schmunzele ich. Vor dem Krankenflügel bleiben wir einen Moment lang stehen. »Na los, geh und lasse deine Taten feiern, Thor Odinson.« Ich lasse seine Hand los und schlage ich den Weg zu meinen Gemächern ein.

»Wohin gehst du?«, ruft Thor mir hinterher.

. Immer noch kann ich seine Berührungen spüren, als wären sie auf meine Haut gedruckt. Beinahe hätte ich das brennende Gefühl in meiner Brust auf die Nachwirkungen des Schwefels geschoben, aber das ist es nicht. Kurz drehe ich mich zu ihm um. »In mein Zimmer. Mich ausruhen.«

»Und danach?«

Ich lächele nur.



Die Nächte in Folkwang sind angenehm warm. Durch die Fenster ist der klare Sternenhimmel zu sehen, doch scheinen die Sterne heller zu leuchten als die auf der Erde. Alles ist so viel magischer, selbst das Grillenzirpen von draußen hat einen geheimnisvollen Klang.

Auf leisen Sohlen husche ich über den Gang zu Thors Zimmertür und klopfe vorsichtig an. Zwei große, runde Augen betrachten mich misstrauisch. Diese Katzen sind wirklich überall. Es kommt keine Antwort, doch die Tür ist offen, also schleiche ich mich barfuß hinein. Der Steinfußboden fühlt sich wohltuend kühl unter meinen Fußsohlen an. Ich lehne mich gegen die Tür und sie fällt beinahe lautlos zurück ins Schloss.

»Thor?« Mein Flüstern hallt von den hohen Wänden wider.

Thor tritt aus dem angrenzenden Badezimmer, ein Handtuch in den Händen. Wasser perlt von seinem nackten Oberkörper. Jeder einzelne Zentimeter ist mit definierten Muskeln bepackt.

»Eira, was machst du um diese Zeit noch hier?«, fragt er.

Mit zwei schnellen Schritten bin ich bei ihm, stelle mich auf die Zehenspitzen, schlinge meine bandagierten Hände um Thors Nacken und ziehe seinen Kopf so zu mir herunter, dass seine Lippen auf meinen liegen. Er verliert keine Zeit, um den Kuss zu erwidern, als hätte er ebenso sehnlichst auf diesen Moment gewartet. Seine Haare sind noch nass, und ich spüre Wassertropfen meinen Hals hinunterrinnen. Das Handtuch landet auf dem Boden, als er mit einer Hand meine Taille umfasst und mit der anderen meine Haare zurückstreicht. Bis auf kurze Atemstöße zwischen den Küssen wechseln wir keine Worte. So viel Atemnot hatte ich zuletzt, als ich hilflos in einem Teich versunken bin und algenverseuchtes Wasser meine Lungen gefüllt hat. Ich will jedes Detail seines Gesichts verinnerlichen, sodass ich niemals eine Chance haben werde, es zu vergessen.

»Wir hätten in der Schlacht sterben können«, stoße ich nach einer Weile hervor.

»Aber wir leben noch.«

»Ja.« Ich lege meine Arme über seine Schultern und wickele eine Haarsträhne um meinen Finger. »Und mir wurde klar, dass ich nicht zurück auf die Erde will.«

»Wieso jetzt erst?«, fragt Thor, greift nach meiner Hand auf seiner Schulter und hält sie dort.

Ich widerstehe dem Drang, ihn erneut mit Küssen zu überfallen. »Ich war mir nicht sicher, ob das so eine gute Idee ist. Das mit uns.« Ich rede mehr mit seinen Lippen als zu ihm.

»Warum?«

»Warum? Ich bin ein Mensch. Ich bin sterblich. Und du bist... ein Gott. Du wirst mich um Jahrhunderte überleben. An meinem Todestag wirst du immer noch so jung aussehen wie jetzt.«

Thor legt seine Hand unter mein Kinn und zwingt mich sanft, ihn anzusehen.

»Wenn du stirbst, egal ob in fünfzig Jahren oder in fünftausend, wird kein einziger Tag vergehen, an dem ich nicht um dich trauere«, sagt er bedachtsam. »Wenn du das bist, was das Universum für mich bereithält, dann will ich nicht länger warten.«

»Ich will auch nicht mehr warten«, flüstere ich, während sich eine Gänsehaut in meinem Nacken ausbreitet. »Es war wirklich an der Zeit, dass ich aus London fortkomme. Ich hatte es einfach satt, diese Kräfte nicht kontrollieren zu können.«

»Und jetzt sieh dich an: Du hast einen der ältesten Lindwürmer besiegt. Ich kann dir gar nicht sagen, wie stolz mich das macht. Aber als ich dich losließ hatte ich Angst um dich. Grimwolf hätte dich töten können, und es wäre meine Schuld gewesen, weil ich nicht in der Lage war, ihn zu besiegen.«

»Nichts davon war deine Schuld.« Ich schließe die Augen als unsere Lippen sich erneut streifen. Ihn konnte ich von Anfang an berühren, da er nicht anfällig für meine Kräfte war. Doch nie auf diese Weise. Ein Seufzen verlässt meine Lippen.

Zu wissen, dass uns nur wenige Lagen Stoff voneinander trennen, lässt mich von Kopf bis Fuß in Spannung stehen. Das Nachthemd aus dünner Seide lässt meine Schultern frei. Ich nehme mir die Zeit, mit meinen bandagierten Fingern die Muskeln auf Thors Oberkörper nachzufahren, jede einzelne, feine Narbe, die alten und die neuen. Allein der Mond, der durch das Fenster scheint, spendet uns Licht. Thor streicht mit seiner rauen Hand über meine entblößten Schultern.

»Du bist wunderschön«, murmelt er, schiebt meine Haare zur Seite und beginnt, Küsse auf meinem Hals zu verteilen.

Elektrisierende Spannung durchströmt mich von Kopf bis Fuß. Mein Herz pocht stürmisch, im Takt mit Thors flachen Atemzügen. Ich kann keinen klaren Gedanken mehr fassen, bin wie berauscht. Eine Art leidenschaftliches Verlangen hat von mir Besitz ergriffen. Im Rausch wird mir bewusst, dass ich gerade im Begriff, Sex mit einem echten Gott zu haben. Die Hitze nimmt uns beide ein. Nicht einmal Luft hätte noch zwischen uns gepasst. Ich lege beide Handflächen auf Thors Oberkörper und dränge ihn nach hinten, während mein Nachthemd droht, von meinen Schultern zu rutschen.

Als Thor merkt, was ich vorhabe, hält er kurz inne. ­­­­»Bist du dir sicher, dass wir–«

»Wir haben nicht so viel Zeit zusammen, oder?«, sage ich atemlos. »Dann müssen wir langsam anfangen, die Zeit, die uns bleibt, zu nutzen.«

»Hat dich Freya dazu angestiftet?«

»In gewisser Weise.« Ich lächele, und bevor er etwas erwidern kann, verschließe ich seine Lippen erneut.

Draußen setzt ein leichter Regen ein, der eine sanfte Melodie auf das Fensterbrett klopft, begleitet von irisierendem, unwirklichen Mondlicht, und Windstößen, die die seidenen Vorhänge durcheinander wehen, bis schließlich Donnergrollen die purpurrote Morgendämmerung zerreißt.

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