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7 | Professor Anderson


Montagmorgen. Die U-Bahn, die gerade aufs Gleis fährt, ist absurd voll. Schon jetzt zweifle ich an meinem Plan. Es wäre so viel einfacher gewesen, mit dem Auto zu fahren. Aber da hat sich ja ein gewisser Gott des Donners draufgelegt.

Also quetschen wir uns in die U-Bahn. Ich halte meinen Atem flach. Zum Glück muss ich mich nicht festhalten, denn Thor und die fünf anderen Leute in meiner nächsten Nähe halten mich davon ab, umzufallen. Nur zwei Haltestellen. Dann in die nächste U-Bahn. Fünf Haltestellen. Beim Ausstieg an der Paddington Station hätte ich beinahe Bekanntschaft mit dem Bahnsteig gemacht, doch Thor bekommt meinen Arm zu fassen und zieht mich hoch.

»Danke«, sage ich und puste mir eine Strähne aus dem Gesicht.

»London mag zwar eine ansehnliche Stadt sein, aber ich ziehe Fliegen immer noch den öffentlichen Verkehrsmitteln vor.« Dabei hat er wie immer seinen Hammer Mjölnir in Form eines Regenschirms.

Ich stelle es mir komisch vor, wie er an diesem Schirm hängend über London fliegt. Wie Mary Poppins. Doch wo er recht hat...

Der Bahnhof Paddington unterscheidet sich nur bedingt von anderen Bahnhöfen. Er ist voller lauter Menschen, die es eilig haben, ihre Züge nicht zu verpassen und rechtzeitig zur Arbeit zu kommen. Für heute trage ich wieder die Handschuhe. Menschenmassen machen mich nervös. Es braucht nur jemanden, der mich unabsichtlich anrempelt, und ich könnte ihn aus Versehen ausknocken. Ich halte mich einfach ganz nah an Thor, der aufgrund seiner Körpergröße schwer zu übersehen ist und unseren Weg durch den Bahnhof ebnet.

Während wir auf den Zug nach Oxford warten, mampft Thor noch einen Burger. Ich hingegen bin viel zu nervös, um etwas zu essen. Mein Magen führt in regelmäßigen Abständen Loopings durch, und ich zwirbele ohne Unterlass an meinen Haaren herum.

Ich habe versucht, es zu vermeiden, Mutter jemals wieder zu besuchen. Wirklich. Und jetzt geht mir alles viel zu schnell. Der Zug fährt aufs Gleis, wir steigen ein, er fährt los.

»Was sagt man zu seiner Mutter, die man das letzte Mal vor über einem Jahr gesehen hat?«, sage ich zu mir selbst aber doch zu Thor, der mir gegenübersitzt. Ich kann mir vorstellen, was er antworten will. Ich soll Mutter nach van Houten fragen. Das ist doch der einzige Grund, weshalb wir zu ihr fahren. Oder liege ich da falsch?

»Familie kann schwierig sein«, sagt Thor. Er hat sich nach vorne gelehnt, die Ellenbogen auf die Oberschenkel gestützt und sieht nachdenklich aus dem Fenster. Es gibt nicht viel zu sehen, nur Hochhäuser und ab und zu einen Park. »Wie gesagt, mein Vater verlangt von mir, dass ich zurückkehre und Asgards Herrscher werde. Vielleicht muss ich das auch eines Tages.«

»Und deine Mutter, was sagt die dazu?«

»Sie ist gestorben. Letztes Jahr bei dem Angriff der Dunkelelfen.« Er sagt es so leicht daher, doch es wird deutlich, dass er sich damit schwertut. Er muss seine Mutter sehr geliebt haben. Und ihr Verlust prägt ihn bis heute.

»Das tut mir sehr leid für dich.« Ich würde ihn gerne trösten, weiß aber nicht, wie. Ich presse die Lippen aufeinander. »Die Sache mit meiner Mutter ist die... sie stellt hohe Ansprüche an jeden. Sie erwartet einfach das Beste, und nur mit dem Besten kann sie sich zufriedengeben. Das war schon immer so. Sie hat mir und Finnegan viel abverlangt.«

»Dein Bruder... wie erklärst du dir sein Verhalten?«

»Früher war er nicht so. Er ist zwei Jahre älter als ich, und hat dementsprechend immer die Großer-Bruder-Rolle eingenommen. Ich rannte ihm hinterher, er sagte mir, ich solle ihn in Ruhe lassen, und ich machte weiter, selbstverständlich. Meine Eltern waren damals selten Zuhause. Wir hatten zwar ein Kindermädchen, das nach der Schule für uns da war, aber meistens beschäftigten wir uns zu zweit. Wir spielten im Garten, im Arbeitszimmer, in der Bibliothek. Dort fanden wir interessante Bücher, deren Inhalte wir natürlich nicht verstanden, doch die Runen faszinierten uns. Einige Zeit lang schickten wir uns Nachrichten, die mit dieser Runensprache verschlüsselt waren.«

Diese Erinnerung an unsere Kindheit bringt mich zum Lächeln. Doch dann habe ich wieder das Kerbholz vor Augen, der blutige Kettenanhänger, und mein Lächeln verblasst.

»Als ich neun war schickten sie Finnegan auf ein Internat für Jungen. Mutters Entscheidung. Ich war alleine, außer in den Ferien und an manchen Wochenenden. Später musste ich selbst auf ein Internat. Wir sahen uns seltener, und irgendwann war er einfach... verschwunden. Zu seinem achtzehnten Geburtstag kam er nicht nach Hause. Mutter war nicht einmal überrascht. Ich war einfach nur verwirrt. Das ist jetzt sechs Jahre her, und seitdem habe ich kein Wort von ihm gehört.«

»Bis jetzt«, ergänzt Thor. »Bis er anfing, diese Zeichen zu hinterlassen.«

Ich nicke. Nachdem die beiden Detectives gestern gegangen waren, habe ich Thor auf den neusten Stand der Dinge gebracht. Er hegt ebenfalls die Vermutung, dass Finnegan mich rauslocken will.

Langsam lassen wir die Metropole London hinter uns, und der Zug fährt durch eine etwas ländlichere Gegend in Berkshire.

»Das mit Brüdern ist so eine Sache, nicht?«, nimmt Thor das Gespräch wieder auf. »Meiner hat versucht mich umzubringen, mehrmals.«

Ich ziehe interessiert die Augenbrauen hoch. »Wirklich?«

»Ja, dieses eine Mal – du musst wissen, Asgards Palast ist gewaltig, und golden, und hoch, sehr hoch. Die Gemächer der Königsfamilie liegen ungefähr auf 600 Fuß Höhe. Jedes Zimmer hat einen Balkon, einige ohne Geländer. Loki, der Trickster wie er nun einmal war, erzählt mir also, unten am Palast würde ein Riese stehen und mit drei Ziegen jonglieren–«

»Das hast du ihm geglaubt?«, frage ich schmunzelnd.

»Ich beuge mich also über den Vorsprung, um besagten Riesen zu sehen, und ich sage ›Ich kann ihn nicht sehen, wo ist er denn?‹ und Loki sagt ›Sieh genauer hin, noch genauer‹, und ich beuge mich noch weiter vor. Als nächstes hänge ich mit nur einer Hand am Rand des Balkons, und dort hänge ich noch den ganzen Tag, bis meine Mutter mich am Abend zum Essen rufen will und mich dort sieht.«

Ich lache laut auf. »Ein Riese, der mit Ziegen jongliert?«

Thor zuckt mit den Schultern. Auch er grinst, aber etwas an dieser Erinnerung scheint zu schmerzen.

»Loki ist ebenfalls tot, oder?«, frage ich vorsichtig nach.

Er nickt. »Schon zum zweiten Mal. Das erste Mal ist er vom Bifröst gestürzt, doch in Svartalfheim war es real. Ich habe ihn in meinen Armen sterben sehen.«

Die Stimmung ist so schnell wieder unten, wie sie oben war. Wieso musste ich sie auch auf diese Art ruinieren?

»Doch auch wenn er der Gott des Unfugs war, wenn er die Menschheit unterwerfen wollte und zwei der Infinity-Steine gestohlen hat – er war immer noch mein Bruder. Selbst als er sich in eine Schlange verwandelt hat, weil er wusste, wie sehr ich Schlangen mochte, und sich dann zurückverwandelte um mich zu erstechen – so war er eben.«

»Du willst also sagen, dass, obwohl Finnegan drei Menschen mit seinen schwarzmagischen Fähigkeiten ermordet hat, ich ihm eine zweite Chance geben soll?«

Thor seufzt auf und lehnt sich in seinem Sitz zurück. »Bei euch Menschen ist das ein wenig komplizierter. Ihr könnt euch nicht einfach ein paar hundert Jahre lang anschweigen, bis die Sache vergessen ist.«

»Darf ich fragen...?«, beginne ich, verstumme dann aber wieder.

»Ja?«

Ich schüttele den Kopf. »Nein, es ist eine dumme Frage.«

»Bitte, frag«, fordert mich Thor auf.

Trotzdem zögere ich noch einige Sekunden lang. Dann frage ich: »Wie alt bist du eigentlich?«

Mit dem stoppeligen, blonden Bart und dem faltenfreien Gesicht hätte ich ihn auf Mitte Zwanzig geschätzt, höchstens. Aber irgendwie... irgendwie ist da etwas in seinen Augen, das sein Wesen viel älter wirken lässt.

Diese Frage scheint Thor zu amüsieren. »In Asgard wohl um die fünfzehn Jahrhunderte. Doch die Zeit vergeht dort anders. Außerdem sind wir Asen. Wir altern viel langsamer als die Menschen.«

»Aber ihr könnt sterben?«

»Nach tausenden von Jahren, ja. Wenn uns der Lebensgeist verlässt. Doch viel heldenhafter ist der Tod in einer Schlacht. Danach kehren wir in die Hallen Walhallas ein.«

Es fällt mir schwer zu akzeptieren, dass so etwas wie Asen und Dunkelelfen und Monster aus der nordischen Mythologie tatsächlich existieren. Dass in all den Sachen, nach denen mein Vater sein ganzes Leben lang geforscht hat, ein Fünkchen Wahrheit liegt. Sicher, die Asen sind keine Götter, im altmodischen Sinn, keine allmächtigen, unerreichbaren Wesen mit unerklärlichen Motiven und Plänen für die Welt. Im Gegenteil. Ein spezieller Gott sitzt mir in diesem Moment gegenüber, hat sich die blonden Haare zu einem lockeren Zopf gebunden und trägt Jeans. Er begibt sich auf das Niveau der Menschen, ohne herablassend zu sein. Nein, eigentlich ist er wirklich anständig und freundlich, wenn auch ein wenig – wie drücke ich es am besten aus? Dämlich? Aber im positivsten Sinn.

Mittlerweile fährt der Zug durch Oxfordshire, und meine Nervosität kehrt wieder. Ich versuche mich, durch Zeichnen der Landschaft abzulenken, doch das gestaltet sich als schwierig, da wir uns bewegen. Also findet am Ende eine grobe Bleistiftskizze von Thor ihren Weg in meinen Zeichenblock.

• • •

Der Bahnhof in Oxford ist, wenn möglich, noch unspektakulärer als der, von dem wir losgefahren sind. Wir entscheiden uns, die kurze Strecke bis zum Pembroke College zu Fuß zurückzulegen. Bald biegen wir von der belebten George Street in die New Inn Hall Street ab. Rote Touristenbusse weichen Fahrrädern und Studenten, und auch die typisch roten Backsteinhäuser müssen den Universitätsbauten aus Sandstein Platz machen. Die Straßen werden immer enger, und mit jedem Schritt schnürt sich meine Brust weiter zu.

Meine Füße schlagen automatisch die richtige Richtung ein. Ich habe Mutter nicht oft auf ihrer Arbeit besucht, doch nichtsdestotrotz kenne ich den Weg über das Gelände des Colleges.

Und dann stehen wir am Rande einer kleinen Rasenfläche, um uns herum Gebäude aus hellem Sandstein, verziert mit Türmchen und Schornsteinen, die Fenster in gotischer Spitzbogenform, und Ranken, die sich an den Fassaden hochwinden. Ich wünschte, die Hecke hinter mir würde mich verschlingen. Ich bin überhaupt nicht mental vorbereitet auf das was kommt.

Eine Hand legt sich auf meinen Arm. Meine innere Unruhe muss mir anzusehen sein.

»Alles in Ordnung?«, fragt Thor.

Ich nicke. Und dann marschiert er los, quer über den Rasen, mich im Schlepptau. Ich schüttele den Kopf und muss leicht schmunzeln. Dieser Mann hat nichts übrig für Rasenpflege.

Als wir vor Mutters Büro stehen, erfasst mich erneut Panik. Was, wenn sie nicht da ist? Keine Zeit hat? Oder mich nicht sehen will? Ich bin mit meinen Nerven am Ende. Thor klopft an.

»Herein«, leiert eine Stimme von drinnen.

Und wieder ist es Thor, der die Tür öffnet. Das führt dazu, dass ich direkt im Türrahmen stehe, als sie aufschwingt. Mir gegenüber steht ein Schreibtisch aus dunklem Kirschholz, eine Wand ist gesäumt mit Bücherregalen, randvoll gefüllt. In eine andere Wand sind zwei Fenster eingelassen, gotisch, von denen eines offen steht, um die kühle Oktoberluft in den Raum zu lassen.

Hinter dem Schreibtisch sitzt Mutter, wie ich sie in Erinnerung habe. Die kerzengerade Haltung, blonde Haare auf Schulterlänge. Als sie aufblickt, mustern mich ihre kalten, blauen Augen prüfend.

»Eira.« Eine Feststellung, keine Begrüßung. Kein Lächeln liegt auf ihren Lippen, kein Funken Freude in ihrem Ausdruck. »Wie nett, dass du vorbeischaust.«

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