19. Türchen
Soo hier das 19. Adventskalendertürchen von mir für euch:D
Hoffentlich viel Spaß beim lesen
eure lullaby1988
Unheilvolle Vertrickungen
Das heiße Wasser lief über meinen müden Körper und entspannte mich, zumindest ein kleines bisschen. Die Gedanken die in meinem Kopf umherschwirrten, schaffte es jedoch nicht fortzuspülen. Wie hatte es nur so weit kommen können?
Als ich sie kennengelernt hatte, war sie ein fröhlicher Mensch gewesen, der stets einen kessen Spruch auf den Lippen gehabt hatte und jetzt?
Ich schüttelte meinen Kopf, weil ich nicht wollte, dass die Tränen die die letzten Tage über stets gekommen waren, erneut durchbrachen. Ich war es so Leid immerzu zu weinen und mir Vorwürfe zu machen!
Ich drehte das Wasser ab und stieg aus der Dusche hinaus, erst jetzt fiel mir auf, dass mein lieber Bruder meine Tasche irgendwo hin geräumt hatte. Ich wickelte mir mein Handtuch fest um meinen Körper, öffnete Tür und schrie „David???“ und stieg dann die Treppe gleich links davon hinab.
„Wo hast du meine Sachen hingebracht??“ fragte ich und hoffte, dass er mich hörte. Doch genau in diesem Moment erblickte ich eine Frau, die im Flur stand und mich vollkommen entgeistert ansah. Was lief denn jetzt schief?
„Wer ist das?“ fragte ich David, der stocksteif im Gang stand und nichts sagte, sie lediglich betrachtete.
„Es besteht keine Notwendigkeit mich vorzustellen. Schönes Leben noch David…“ sagte sie traurig und dennoch vehement und verließ dann, wie ein Wirbelwind das Haus.
Was für eine seltsame Frau!
„Wer war das?“ fragte ich David erneut, während ich die letzten Stufen nach unten trat.
„Das war Maria…und du bist definitiv im falschen Zeitpunkt heruntergekommen Kendra“ antwortete er und schien dabei äußerst resigniert.
„Die Maria?“ fragte ich ihn und folgte ihm, obwohl ich nur ein Handtuch trug, in die Küche. Den ganzen Tag schon, hatte David mich aufheitern müssen, jetzt schien es so als müsste ich meinem großen Bruder zur Seite stehen.
„Ja DIE Maria!!“ David schien irgendwie wütend zu sein als er diese Worte aussprach und ich setzte mich auf einen der Küchenhocker, der bereits hervorgezogen war.
„Was ist denn los?“ fragte ich meinen Bruder.
„Ich weiß es nicht!“ erwiderte er und warf dabei hilflos die Arme nach oben.
„Sie taucht hier auf, fragt mich warum ich gekündigt habe, dann stürmt sie in den Flur, sieht dich und pähmmm…“ er schlug mit den flachen Händen gegeneinander „Sie ist schon wieder zur Tür raus ohne mir die Möglichkeit zu geben es ihr zu erklären!!“ erklärte er.
„Naja, dem zu urteilen, was du mir bereits über sie erzählt hast, ist das doch sehr typisch für sie, oder?“ fragte ich und war froh um die Ablenkung.
„Ja und normalerweise ist ihr Temperament eines der Dinge, die ich so sehr an liebe, aber im Moment läuft deswegen alles einfach nur drunter und drüber!!“ beschwerte er sich.
„Versuch doch einfach sie später anzurufen, vielleicht hast du dann ja mehr Erfolg?“ schlug ich vor, obwohl ich das Gefühl hatte, dass es wesentlich mehr von meinem Bruder brauchen würde um diese Frau für sich zu gewinnen.
Liebesleid, Suizidversuche, männliche Prostitution. Mit diesen Dingen war mein Leben im Moment gepflastert und langsam aber sicher hatte ich das Gefühl, unter dem Druck der auf mir lastete langsam in die Knie zu gehen. Wie sollte ein einziger Mensch es schaffen, so viele Leidensgeschichten unter einen Hut zu bringen und dabei auch noch selbst glücklich zu sein?
Fingen wir einmal ganz vorne an dann war da mein herzallerliebster Bruder. David hatte mir bereits bei einem Gläschen Wein von Maria erzählt. Obwohl ich eigentlich eher weniger scharf darauf war zu erfahren, mit wem mein großer Bruder so in die Kiste sprang, so hatte er mir dennoch alles erzählt. Er hatte sich offenbar schon vor rund zwei bis drei Jahren in Maria verliebt und jetzt endlich seine Chance gesehen. Sie hingegen erzählte ihm die ganze Zeit etwas davon, sie müssten es vergessen. Er hingegen, hatte jetzt seinen Job gekündigt, weil er der Meinung war, dass eine Beziehung und eine gemeinsame Arbeitsstelle nicht vereinbar waren. Somit hatte er in einer neuen Firma einen Job bekommen und hatte im Moment noch Resturlaub. Sein Chef war in dieser Hinsicht äußerst flexibel gewesen und hatte keine Widerworte geleistet.
Jetzt jedoch stand noch nicht einmal fest, dass David und Maria ihr Glück finden würden. Wenn er sich weiter so blöd stellte, mit Sicherheit nicht.
Dann den zweiten Punkt, Suizidversuche. Wie hatte ich nur so blind sein können und das Leid, welches in den Augen meiner Freundin gestanden war, nicht erkennen können. In den letzten Monaten hatten wir uns durchaus so manches Mal zum Kaffee verabredet. Na klar, ich hatte gemerkt, dass sie momentan nicht ganz fit zu sein schien ich hatte auch nachgefragt, mich jedoch mit ihrer Antwort, es gehe ihr gut, zufrieden gegeben. Jetzt war ich aus Liverpool geflüchtet, weil ich es nicht ertrug, dass ich über das Leid meiner Freundin hinweg gesehen hatte, nur um mich selber zu schützen. Denn wenn man mal ehrlich war, so wäre es für mich selber ebenfalls eine Last gewesen. Ich war immer dagewesen für meine Freunde und genau in diesem Fall hatte ich mich rausgenommen aus dem Thema, um mich zu schonen. Seit dem Ende meiner Beziehung mit Michael, hatte ich versucht mich wieder aufzurappeln, es hatte jedoch nicht funktioniert. Die Tragödien um mich herum, hatten auch nicht wirklich dazu beigetragen. Doch so ein Mensch war ich normalerweise gar nicht. Ich hatte mich immer um andere gesorgt, seit wann also war ich so egoistisch?
‚Seit dem du deinen eigenen Arsch retten willst!’ sagte meine Innere Stimme mir und brachte mich so zum nachdenken. Doch egal welche Argumente mir auch einfielen, Vorwürfe wegen dem was geschehen war, machte ich mir dennoch.
Nun zum dritten wunden Punkt in meinem Leben. Mein bester Freund Daniel und seine Geschwister. Früher als wir alle gemeinsam noch in Bristol gelebt hatten, bevor David und ich nach London gezogen waren, waren sie meine Ersatzfamilie gewesen. Unsere Eltern waren ständig unterwegs gewesen und hatten sich eher wenig um uns gekümmert, David war einfach schon ein paar Jahre älter gewesen und hatte eher wenig mit mir anfangen können, also hatte ich mich auf Daniel, die liebe C. und Jay-Jay gestürzt, die mir ein Gefühl der Sicherheit gegeben hatten. Wir hatten für uns das getan was wir gebraucht hatten, um uns wohl zu fühlen.
Als David jedoch den Job in London erhalten hatte, hatten wir unsere Sachen gepackt und ich war mit ihm hierher gezogen. Es war eine wunderschöne Zeit, doch hatte ich meine Freunde vermisst. Wir hatten viel miteinander telefoniert hatten uns immer über das Leben des jeweils anderen auf dem Laufenden gehalten. Als dann die drei mit ihrer Mutter schließlich nach Brighton gezogen waren, brach der Kontakt zu den anderen beiden ab. Nur Daniel, mein jetziger bester Freund war mir geblieben, entwickelte sich jedoch langsam aber sicher, meiner Meinung nach zu einem Typen, der er niemals hatte sein wollen. Er wechselte seine Freundinnen wie Unterhosen und schien sich dabei nichts zu denken. Er wollte seinen Spaß und den bekam er auch.
Letztes Jahr als ich dann endlich nach Liverpool gezogen war, wo ich mein Studium begonnen hatte, hatte mich Daniel einmal besucht. Er war der alte gewesen und wir hatten unseren Spaß gehabt, doch ich hatte dennoch gemerkt, dass etwas anders war als sonst.
Diese drei Dinge und noch einige mehr, hatten mich also jetzt schließlich dazu veranlasst eine verfrühte Winterpause einzulegen und zu meinem Bruder zu fahren, der in der Regel mein sicherer Hafen war. Dass er momentan selber in Schwierigkeiten steckte, hatte ich nicht geahnt und so fühlte ich mich im Moment ziemlich Fehl am Platz.
„Ich ruf sie jetzt an, was meinst du?“ fragte er mich erwartungsvoll und brachte mich so ein wenig zum schmunzeln.
„Ja ruf sie an, ich geh mich endlich anziehen! Es ist eiskalt hier unten!“ und schon machte ich mich aus dem Staub, damit David in Ruhe telefonieren konnte.
Als ich in meinem alten Zimmer ankam, entdeckte ich auch prompt meine Tasche die auf dem Bett lag. Ich holte Anziehsachen heraus, zog sie mir über und ging dann ans Fenster, aus welchem ich hinaussah und wo ich glückliche Familien entdeckte, die gerade dabei waren, Schlitten aus dem Auto zu holen, oder Eltern die mit ihren Kinder Schneemänner bauten.
Es schien so, als wäre das da draußen eine andere Welt. Ich legte mir meine Arme um den Oberkörper und setzte mich anschließend auf das Fensterbrett.
Das was mich jedoch immer noch am meisten betrübte, neben dem Selbstmordversuch meiner Freundin, war wohl die Tatsache, dass Michael vorgestern vor meiner Tür gestanden war und gemeint hatte, das was er getan habe wäre ein Fehler gewesen. Ich war gerade einigermaßen über ihn hinweg gekommen, zumindest dachte ich nicht mehr jede freie Minute an ihn und so hatte ich eigentlich keine Kraft dazu, mich ihm zu stellen.
Es hatte sämtliche Selbstbeherrschung gebraucht die ich aufbringen konnte, um ihm die Tür vor der Nase zuzuknallen. Kurz darauf war ich zum Telefon geeilt und hatte Daniel angerufen.
„Hey wie geht’s dir?“ hatte er mich äußerst gelöst gefragt, offenbar war er ziemlich gut drauf gewesen. Als ich ihm alles erzählt hatte, was in der letzten Zeit so geschehen war, vor allem jedoch von dem Suizidversuch und Michael, war er schockiert und drauf und dran gewesen, nach Liverpool zu kommen um mir beizustehen.
„Nein, das brauchst du nicht! Ich bin sowieso auf dem Weg nach London zu meinem Bruder!“ hatte ich schnell gelogen, was mich jedoch dann auf die Idee gebracht hatte und so hatte ich mich einen Tag später auf den Weg gemacht.
Nichts schien mehr so wie es war und ich hatte das Gefühl, dass ich es nicht schaffen würde, ein geruhsames Weihnachtsfest mit meinen engsten Liebsten zu verbringen, denn wie sollte das was alles vorgefallen war auch in Ordnung gebracht werden?
„Kendra??“
Ich erhob meinen Kopf und sah zu der geöffneten Tür, wo mein Bruder stand.
„Und?“ fragte ich ihn hoffnungsvoll. Er hätte ein richtiges Happy End wirklich verdient.
Traurig schüttelte er den Kopf und antwortete „Nichts…ich glaube jetzt spricht sie nie wieder ein Wort mit mir!“ er setzte sich auf mein gemachtes Bett.
„Ach was David, du musst sie nur in die Enge treiben und ihr endlich alles erklären! Du bist schon so lange in sie verliebt, das muss einfach was werden! Ihr passt perfekt zueinander, wenn ich dem was du erzählt hast Glauben schenken darf!“
„Meinst du wirklich? Was ist wenn sie mir wieder nicht zuhört?“
„Dann darfst du dich nicht wieder abwimmeln lassen. Tu was damit sie dir zuhört!!“ sagte ich als wäre es das logischste der Welt. Ein klein wenig Mut trat auf Davids Gesicht und mir wurde klar, dass es ihn wirklich so richtig erwischt hatte. So hatte ich meinen Bruder noch niemals gesehen! Diese Frau musste also wirklich etwas besonderes sein.
„Und wie kann ich jetzt dir helfen, Kendra?“ fragte mein Bruder und stand auf um auf mich zuzugehen.
Ich ließ die Luft geräuschvoll aus meinen Lungen entweichen und sagte dann gequält „Wenn ich das nur wüsste! Ich brauche einfach endlich mal eine Pause!“
„Eine Pause, in Ordnung, dann würde ich sagen, bringe ich dich mal eben wohin, wo du deine Pause haben kannst!“ sagte er und zog mich mit sich. Wir liefen hinunter und in die Garage, wo er zwei Schlitten hervor holte, sie ins Auto packte und einstieg.
„Los komm schon!!“ sagte er und ich betrachtete ihn verwirrt.
„Was tust du da? Es wird schon dunkel!“
„Genau das ist der Sinn der Sache, Kendra. Ich kenne da einen Ort, der wird dir gefallen!“
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Als wir spät am Abend zurückkamen, setzten wir uns erschöpft auf das Sofa und schwiegen uns ersteinmal an.
„Das hat wirklich Spaß gemacht David, Danke!“ sagte ich nach einigen Minuten.
Wir waren tatsächlich Schlitten fahren gewesen, auf einer Piste die über und über mit Lichtern dekoriert gewesen war. Hunderte Leute hatten sich auf diesem riesigen Areal getümmelt und das erste Mal seit einigen Tagen war so etwas wie Freude aufgekommen. Bis jetzt, denn David zerstörte die besinnliche Stimmung.
„Kendra, es war nicht deine Schuld!“ sagte David und schnitt dabei das Thema an, welches ich die ganze Zeit vermieden hatte.
„Das sage ich mir auch ständig, aber dennoch habe ich das Gefühl, wenn ich meine Augen nur weit genug geöffnet hätte, dass ich die Anzeichen erkannt hätte!“
„Niemand kann aus dem anderen etwas herausbringen, wenn er selber es nicht mitteilen möchte Kendra. Sie hätte zu dir kommen müssen und es dir sagen müssen, dir von ihren Gefühlen erzählen müssen. Doch sie wollte dich offenbar nicht belasten. Es ist nur menschlich zu sagen, dass du dann verschwindest weil du Abstand von der ganzen Sache brauchst!“ sagte David mitfühlend.
Ich war am Tag nach dem Vorfall im Krankenhaus bei Ney gewesen, sie war jedoch ruhig gestellt worden. Sie war da gelegen, nur noch ein Schatten ihrer Selbst und hatte nicht reagiert. Diesen Anblick hatte ich nicht ertragen. Ich hatte mir vorgestellt, dass sie theoretisch auch hätte in einem Sarg liegen können, wenn etwas schief gelaufen wäre und so war ich wieder verschwunden. Daniel hatte mich dann, wie schon erwähnt darauf gebracht, dass ich zu David fahren konnte.
„Vielleicht hätte ich aber dableiben sollen? Vielleicht wäre ich irgendwie zu ihr hindurch gedrungen?“
„Meine Süße, das wärst du nicht! Der Richtige ist bereits an ihrer Seite das hast du doch selbst gesagt! Also entspann dich endlich ein wenig! Es wird alles wieder gut!“
Es wird alles wieder gut, na das wollte ich ja mal sehen.
The End;D
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