Ich hab letzte Woche Radio Silence an einem Tag gelesen, die Serie Kipo und den üblichen Schulbetrieb angefangen, meine Haare abrasiert, meine letzte Schularbeit gehabt und dann noch I Was Born For This in drei Tagen gelesen. Ganz schön viel passiert, also.

Bevor ich genauer auf die beiden Bücher eingehe, möchte ich ein Loblied an Alice Oseman singen. Ich denke nicht, dass ich je zuvor zwei Romane in einer Woche gelesen habe, aber sie hat's geschafft, dass ich es tue. Ihre Bücher sind einfach fantastisch. Die Charaktere sind unfassbar realistisch und likeable, die Messages relevant und gut rübergebracht und die Plots sind zwar recht unterschiedlich, aber ich fand sie immer gut und ich mag den Vibe, den die Klimaxen (oder was auch immer da die Mehrzahl ist) haben. Ich bin einfach so verliebt in diese Bücher und die Tatsache, dass ich nimmer allzu viele vor mir habe macht mich jetzt schon traurig. Aber ja, reden wir über Radio Silence und I Was Born For This!

Radio Silence

"I wonder- if nobody is listening to my voice, am I making any sound at all?"

Handlung

In Frances' Leben dreht sich alles um schulische Erfolge. Ihr wichtigstes Ziel im Leben ist es, nach Cambridge zu kommen. Eigentlich ist es ihr einziges Ziel. Sie hat ein einziges Interesse neben Schule: Universe City, ein Sci-Fi-Podcast. Und dann trifft sie Aled Last. Aled Last, der Zwillingsbruder einer alten Freundin von ihr. Aled Last, der beste Freund von Daniel Jun, ihrem erklärten Erzrivalen. Aled Last, ein stilles Rätsel. Und in einer betrunkenen Aktion kommt es dazu, dass sie sich ihr jeweils bestgehütetes Geheimnis anvertrauen. Sie freunden sich an und das ist ein Glück, denn ihnen steht ein ereignisreiches, nervenaufreibendes, lebensveränderndes Jahr bevor. Aber keine Sorge. Sie verlieben sich nicht einander.

In Radio Silence geht es um die Wichtigkeit schulischer Folge, um Erwartungen, um Freundschaft, um Ehrlichkeit und um Kunst.

Charaktere

Frances Janvier

"Being clever was, after all, my primary source of self-esteem. I'm a very sad person, in all senses of the word, but at least I was going to get into university."

Frances ist sehr gut in der Schule, sie ist Schulsprecherin und sie will nach Cambridge. Für die meisten Menschen, auch ihre sogenannten Freunde, ist sie ziemlich langweilig. Dass sie insgeheim Fanart zeichnet und gern Leggings mit bunten Mustern trägt, behält sie für sich.

Auch wenn ich nicht zu hundert Prozent mit Frances relaten kann, ich finde, man kann sie gut verstehen und ich finde sie ist eine tolle Protagonistin - witzig und menschlich. Sie wächst in dem Buch sehr viel und es ist schön, das mitzuerleben.

Aled Last

"Aled... he's always been weird. He doesn't care what people think. He doesn't even, like, register the social norms... he's just caught up in his own little world."

Auch Aled ist ein wirklich guter Schüler - nicht, dass es ihn kümmert. Seine Interessen sind nicht schulischer Natur. Aled ist ein verschlossener Mensch, still und rätselhaft. Wahrscheinlich kennt ihn niemand so richtig.

Und ich hab ehrlich gesagt keine Ahnung, wie ich ihm gerecht werden kann, ohne zu spoilern. Ich weiß nicht einmal, ob ich ihm überhaupt gerecht werden kann. Aled ist die Sorte Charakter, die man einfach nur fest umarmen will. Und er ist einfach fantastisch, glaubt mir.

Daniel Jun

"The main thing you need to know about Daniel Jun is that he probably would have killed himself if he thought it'd get him better grades."

Daniel und Frances sind Rivalen, immerhin sind sie beide Spitzenschüler und wollen beide nach Cambridge. Er ist ein bisschen zugeknöpft und no-nonsense. Dennoch ist er Aleds ältester und bester Freund. Und wenn genug Dinge passieren können sogar Menschen wie dass Frances Janvier und Daniel Jun sich anfreunden.

Ich hatte eine ziemliche Achterbahnerfahrung mit Daniel. Manchmal mochte ich ihn, manchmal nicht. Aber im Endeffekt, es ist Alice Oseman, kaum ein Charakter ist nicht vielschichtig und ich bin mit Daniel warm geworden.

Raine Sengupta

"I wish our whole lives didn't have to depend on our grades."

Raine ist eine Art Gegengewicht zu den anderen, sie ist nämlich keine gute Schülerin. Raine ist wahrscheinlich das nächste zu einer richtigen Freundin, das Frances hat. Sie ist witzig, selbstbewusst und auch eine wirklich gute Freundin - selbstlos, immer für einen da, hört auch random betrunkenen Leuten zu, denen es mies geht.

Raine ist einfach cool. Sie ist wirklich kein großer Charakter, aber ich mag sie einfach.

Meinung

Mittlerweile fühlt es sich fast wie ein Fiebertraum an, so schnell hab ich dieses Buch gelesen. Aber es war so gut. Die Message ist toll und hat mich definitiv dazu bewegt, über mein Leben nachzudenken. Dazu sind die Charaktere mir unglaublich ans Herz gewachsen. Der Plot ist schwer zu erklären - irgendwie passiert gleichzeitig eine ganze Menge und nicht sehr viel. Aber ich konnte das Buch jedenfalls nicht weglegen. Ja, ich muss zugeben, ich fand, ein paar Dinge hätte man ein bisschen anders auflösen können, aber im Endeffekt hab ich es geliebt. Und ich merke, es ist wieder wie bei Aled: Ich kann dem Buch nicht ganz gerecht werden, ohne zu spoilern. Und zuletzt noch: es ist sehr casually queer und ich fand das sehr erfrischend. Die Queerness der Charaktere wird nicht wie ihre auszeichnende Charaktereigenschaft behandelt. Sie sind einfach auch queer und es fügt sich schön in die Geschichte ein. Auch ethnisch ist das Buch divers: Frances hat äthiopische Wurzeln, Raine indische und Daniel koreanische.

I Was Born For This

"I mean, everyone's normal, everyones's weird, everyones's just trying to deal with their own life and keep calm and carry on. And hold on to something that'll keep them going."

Handlung

Angel ist ein Riesenfan von The Ark, einer weltberühmten Boyband. Diese Woche soll die beste Woche ihres Lebens werden - sie wird hre Internetfreundin Juliet treffen und sie werden zum Meet&Greet und Konzert ihrer Lieblingsband gehen. Aber dann lädt Juliet noch einen Typen ein, der eindeutig nur mit ihr flirten will und Angel ist das dritte Rad am Wagen. Und im Ark-Fandom geht es drunter und drüber. Und irgendwie ist The Ark, das einzig gute und heile in ihrer Welt, nicht das, was sie dachte.

Jimmy sollte bester Laune sein. Er beendet gerade die Europatour der berühmten Band, deren Leadsänger ist. Die anderen beiden Bandmitglieder sind seine besten Kindheitsfreunde Lister und Rowan. Die Welt kennt ihn, die Welt liebt ihn. Sein Leben ist perfekt. Das wäre einfacher zu glauben, wenn seine Angststörung ihm nicht so schreckliche Dinge zuflüstern würde. Wenn nicht plötzlich private Fotos im Netz kursieren würden. Wenn nicht alles furchtbar stressig wäre und nur umso stressiger wird, wenn sie erst ihren neuen Vertrag unterzeichnet haben. Wenn es nicht nur eine einzige Maskerade wäre.

In I Was Born For This geht es um die Vor- und Nachteile von Fandom und Fansein, die Vor- und Nachteile von Berühmtsein und darum, dass selbst, wenn alles okay sein sollte es nicht immer so ist.

Charaktere

Fereshteh "Angel" Rahimi

Angel ist in erster Linie Ark-Fan. Die Band hilft ihr durchs Leben, das ansonsten einfach viel zu langweilig, eintönig und enttäuschend wäre. Dass sie dadurch anderen Dingen wenig Beachtung schenkt, fällt ihr nicht wirklich auf. Aber Angel hat ein großes Herz und sie will immer helfen, wo sie kann.

Angel fühlt sich sehr echt an. Sie hat menschliche Fehler und menschliche Stärken. Sie ist ein Mensch wie jeder andere, der versucht, durchs Leben zu kommen.

Jimmy Kaga-Ricci

Jimmy ist der ruhigste und zurückhaltendste der Ark-Jungs. Er geht nur in seiner Musik vollkommen auf, ansonsten kämpft er in letzter Zeit oft mit seiner Paranoia. Am liebsten hätte er ein ruhiges, zurückgezogenes Leben, aber das geht schlecht, wenn man weltberühmt ist.

Auch wenn Jimmy nicht immer rational ist, ich konnte ihn doch immer gut verstehen. Er muss in diesem Buch einiges durchleben und ich bin ehrlich gesagt richtig stolz auf ihn.

Juliet Schwartz

Juliet ist Angels beste Internetfreundin. Sie kommt aus einer reichen Familie, aber ihr Familienleben ist nicht unbedingt rosig. Sie ist cool und witzig, hat nur leider eine Schwäche für Idioten.

Immer dann, wenn Mac nicht da war, muss ich sagen, ich fand Juliet echt sympathisch. Sie ist ein wirklich lieber und gechillter Mensch.

Rowan Omondi

Rowan ist der Bassist, Cellist und Textautor von The Ark. Er ist mit Jimmy schon befreundet, seit sie sieben sind. Er ist der mum friend der Band, der erwachsenste, immer besorgt um die anderen beiden. Das Fandom shippt Jimmy und Rowan, aber Rowan hat insgeheim eine Freundin.

Rowan ist cool. Ich bewundere ihn ehrlich gesagt für seine Charakterstarke - er macht in dem Buch einigen Scheiß durch, lässt sich aber nicht von seinen Plänen abbringen.

Bliss Lai

Bliss ist Rowans geheime Freundin. Sie möchte sich aus dem ganzen Medienrummel fernhalten. Ich weiß nicht, wie ich euch Bliss erklären kann. Sie ist einfach der coolste Mensch auf Erden.

Ich liebe Bliss. Sie verdient die Welt. That's it.

Lister Bird

Lister ist der Schlagzeuger der Band. Er nutzt das Berühmtsein in vollen Zügen, raucht, hat Sex, schmeißt Parties und ist Alkoholiker. Er ist beliebt, weil er gut aussieht. Von den Jungs ist er definitiv der, an den man sich am meisten gewöhnen muss. Er macht blöde Witze, ist laut und über-drüber. Aber wenn man ihn besser kennenlernt, bemerkt man, das mehr an ihm ist als der laute, nervige Lister.

Mit ihm ist es mir ähnlich ergangen wie mit Daniel. Am Anfang dachte ich "Wow, was für eine Nervensäge" und am Ende mochte ich ihn wirklich.

Meinung

Man merkt, dass das Alices drittes Buch ist. Es steckt definitiv mehr Erfahrung darin. Die POV-Sprünge sind super, weil so gut rüberkommt, dass sowohl Angels als auch Jimmys Weltbild ein bisschen verschoben ist und zugleich auch, dass sie sich auf einer gewissen Ebene wirklich ähnlich sind.
Religion ist eines der Motive in diesem Buch (die Band heißt ja literally The Ark): Jimmy ist Christ und Angel Muslima. Ich denke, Alice spielt da mit den Parallelen von Fandom und Religion.
Weitere Motive sind Wasser und Regen und Engel, die ich alle sehr schön umgesetzt fand.
Das Buch hat einen irgendwie düsteren Vibe, es passieren einige Dinge, die wirklich schlimm für die Charaktere sind und ich hab ziemlich mitgefühlt. Jimmys anxiety ist zeitweise ziemlich auf mich übergegangen, was natürlich nicht ideal ist, aber dafür spricht, dass sie gut geschrieben ist. Die Klimax hat mir einiges abverlangt, zeitweise musste ich mich sogar zur Beruhigung zusammenrollen.
Alles in allem mochte ich das Buch aber wirklich gehe. Wie immer sind mir die Charaktere sehr ans Herz gewachsen und der Plot war super. Auch hier haben wir wieder queer rep in Massen (Jimmy zum Beispiel ist trans!) und ethnische Durchmischung!

Am Ende kann ich das alles wieder herunterbrechen auf: Ich kann schlecht über Dinge reden, die ich liebe, vor allem nicht, ohne zu spoilern. Ich weiß noch nicht ganz, wohin ich meine übrigen Emotionen zu diesen Büchern überhaupt schreien soll. Es wundert mich ja noch immer, dass ich noch immer nicht über sie geweint hab. Dabei war ich oft nah dran. Aber ja, ich bin zwar weder den Büchern noch den Charakteren wirklich gerecht geworden und noch dazu kommt das Kapitel zu spät, aber was soll man tun? Wir müssen damit leben. Ich wünsche euch eine schöne Woche!
Eure
Luna_Levesque