Der kleine Hobbit
Ich habe im Moment zwar durchaus Zeit, aber irgendwie bin ich inkompetenter mit Updaten denn je. Vor einiger Zeit habe ich Der kleine Hobbit von J.R.R. Tolkien fertiggelesen. Für alle, die nicht wissen was das ist: Es ist quasi ein Prequel von Herr der Ringe (das aber früher als HdR veröffentlicht wurde, also ist eigentlich HdR ein Sequel vom Hobbit) und erzählt die Geschichte von Bilbo Beutlin, Frodos Onkel. Veröffentlicht wurde es 1937 und es ist ein Kinderbuch.
Ich habe ja bekanntlich schonmal begonnen, Die Gefährten zu lesen, weshalb mir Tolkiens Schreibstil nicht unbekannt ist. Und es ist wirklich spannend, die Unterschiede zwischen dem Hobbit und Herr der Ringe zu beobachten. Mittelerde war noch längst nicht so gut ausgebaut. An einer Stelle schreibt er irgendwas in der Richtung: "Sie überquerten einen Fluss, ich weiß nicht, welcher es war..." In Herr der Ringe hätte er wohl eine zeilenlange Erklärung geschrieben, welcher Fluss das ist, von wo nach wo er fließt und welche Bedeutung er für die Bevölkerung dort hat. Aber mit diesem Beispiel kann ich gleich zwei Dinge auf einmal demonstrieren: Der Hobbit ist eben ein Kinderbuch, eigentlich für Tolkiens eigene Kinder geschrieben und versinkt längst nicht so tief in Details. Und, viel wichtiger: Tolkiens Worldbuilding war noch lange nicht so weit fortgeschritten. Das ist auch der Grund, warum er später viele Dinge mithilfe von Kurzgeschichten nachgebessert und erklärt hat. Denn wenn Tolkien eines geliebt hat, dann konsistentes und vielschichtiges Worldbuilding. Er hat eine eigene Schrift für die Elfen erfunden, die er in den Briefen erwähnt, die er im Namen des Weihnachtsmannes an seine Kinder geschrieben hat. Das ist kein Witz. Etwas, das er wohl weniger gut konnte, oder das zu der Zeit einfach noch nicht so wichtig gewertet wurde, waren übrigens Charakterbeschreibung. Was wissen wir über unsere Gesellschaft?
Bilbo ist weniger dick als andere Hobbits. Thorin trägt einen himmelblauen Umhang. Fili und Kili haben gelbe Bärte. Bard ist grimmig und hat schwarze Haare. Bombur ist fett. Dori ist (und das wird gleich zweimal erwähnt) ein prächtiger Kerl. Das ist so eine tolle Beschreibung. Überhaupt nicht vage, nein.
Ich sollte wohl eine kurze Zusammenfassung des Buches wiedergeben. Bilbo Beutlin, ein Hobbit, chillt sein Leben. Gandalf, ein Zauberer kommt vorbei und fragt ihn: "Hey, Bilbo, hast du Bock auf ein Abenteuer?" Bilbo verneint, denn Hobbits verachten Abenteuer, lädt aber Gandalf am nächsten Tag zum Tee ein. Gandalf verabschiedet sich, aber bevor er geht schreibt er "Hier lebt ein Meisterdieb, der einen Job sucht" an Bilbos Tür. Am nächste Tag klopft es an der Tür. Bilbo, in Erwartung Gandalfs, findet davor einen Zwerg. Der lädt sich sofort selbst ein, bedient sich an Bilbos Essen. Bilbo, als der höfliche Brite, äh, Hobbit, der er ist, kann ihn natürlich nicht wegschicken. Aber dann kommt noch ein Zwerg. Und noch einer. Und noch einer. Und am Schluss sind es dreizehn Zwerge und Gandalf, die Bilbos Vorräte verdrücken. Sie besprechen irgendeinen Plan, aber Bilbo kommt überhaupt nicht mit, was überhaupt abläuft. Und Thorin, der Oberzwerg, schwingt zwar gerne Reden, was er noch öfter beweist, aber erklären kann er nicht. Wie Bilbo aber dann doch erfährt, brauchen die Zwerge einen Hobbit, denn Hobbits sind gute Diebe, weil sie leise sind. Sie brauchen ihn deswegen, weil vor vielen Jahren ein Drache ihre Heimat eingenommen und ihren Schatz gestohlen hat und sie das zurückwollen. Bilbo ist natürlich nicht begeistert, aber daraufhin meinen die Zwerge: "Du scheinst aber kein Meisterdieb zu sein, dabei steht das doch an deiner Tür???" Bilbo gehen dann zwei Dinge durch den Kopf: "Meisterdieb??? Auf meiner Tür???" und "Ihr haltet mich für zu einfältig für einen Meisterdieb? Ha, euch werd ich's zeigen!!!" Und das ist dann die Geschichte, wie Bilbo Beutlin sich Thorin Eichenschilds Gefolge anschloss und einen ganzen Haufen wanhwitziger Abenteuer erlebte...
Ein Haken an der ganzen Sache ist, dass einfach keine Frauen vorkommen. Kein einziger weiblicher Charakter in der ganzen Geschichte. Ich glaube, Bilbos Mutter Belladonna wird mit Namen genannt, aber sonst keine andere Frau. Das ist schon sehr gewöhnungsbedürftig.
Etwas, das ich in diesem Kapitel wohl auch ansprechen sollte, sind die Hobbit-Filme. Ich habe eine einfache Faustregel: Erst das Buch lesen, dann den Film sehen. Ich halte an dieser Regel sehr fest, aber hier ist es mir leider nicht gelungen. Ich hatte die Filme schon lange gesehen, bevor ich das Buch gelesen habe. Aber ich muss sagen, das war vielleicht gar nicht so schlecht. Denn, mit Verlaub, die Filme sind definitiv keine guten Adaptionen. Und umso spannender ist es, direkt zu bemerken, wie und was sie geändert haben, wenn man das Buch liest. Viele Dinge sind mir zwar gar nicht aufgefallen, teils weil mir die Lore nicht bekannt genug ist, teils weil ich die Filme vor zu langer Zeit gesehen hatte. Ich kann aber bezüglich den Buch-Film-Unterschieden die Folgen der "Lost in Adaptation"-Reihe des Youtubers Dominic Noble wärmstens empfehlen. Da wird auch schön eines der Hauptprobleme der Filme auf den Punkt gebracht: Herr der Ringe. Denn der Hobbit ist eigentlich was den Ton und ja auch die Zielgruppe angeht ziemlich verschieden von Herr der Ringe. Da aber die HdR-Filme den Hobbit-Filmen vorangegangen sind, wollte man sich an den Ton, Stil und die Zielgruppe halten. Und das hat leider nicht super funktioniert. Dazu haben sie viele Dinge eingebaut, die erst später canon wurden (durch Kurzgeschichten) und sie haben unnötige Charaktere eingebaut. Legolas? Wird nicht erwähnt. Tauriel? Existiert nicht. Radagast? Wird in einem Satz erwähnt. Gefühlt sechs Achtel des letzten Filmes sind frei interpretiert. Aber ich will mich nicht länger mit schlechten Verfilmungen herumschlagen. (Wobei ich mir die Filme wahrscheinlich trotzdem nochmal anschauen werde. Just fur fun.)
Ich möchte aber das Kapitel positiver beenden: Das Buch war super. Zwar gibt es wie gesagt einen drastischen Mangel an Frauen und teilweise zieht sich die Geschichte, wird aber am Ende dann irrational schnell abgeschlossen. Aber Blibo ist ein außergewöhnlicher, liebenswerter Protagonist, die Abenteuer sind spannend und Tolkiens Aussage mit diesem Buch eine noch immer sehr relevante.
"Wenn mehr von uns Heiterkeit, gutes Tafeln und klingende Lieder höher als gehortetes Gold schätzen würden, so hätten wie eine fröhlichere Welt."
Mögen Eure Bärte nie aufhören zu wachsen,
Eure
Luna_Levesque
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