I am Beryllia - Ihr Tod
"Tania!" Leonoras Stimme hallte in den steinernen Kellergängen des Anwesen der Fluvias wieder, ebenso wie ihre Schritte. "Bleib stehen!"
Ihre Halbschwester rannte weiter, sie wusste, dass sie Leonora mit Leichtigkeit abhängen konnte, und blieb einen Moment tatsächlich stehen, aber nur, um sich ihren Hass von der Seele zu schreien.
"Ich heiße Beryllia! Traust du dich nicht einmal, diese Namen auszusprechen?"
Weiter, über unebenen Steinboden, eine verstaubte Wendeltreppe hinauf. Am oberen Treppenabsatz duckte Beryllia sich, die Hände auf dem Boden abgestürzt hielt sie still wie eine der steinernen Figuren, die in allen Winkeln des Anwesens standen, aber ihre Muskeln waren angespannt. Sie würde kämpfen. Wenn es denn nötig war.
Leonora erschien in ihrem Blickfeld, aber das Mädchen sah nicht nach oben, sondern hetzte weiter, ihre Schritte verklangen im Labyrinth der Gänge.
"Geh zur Seite. Bitte" Beryllia legte eine Hand an den Griff ihres Schwertes, bereit, die Waffe zu ziehen.
"Nein", entgegnete Leonora schlicht, "Du würdest die Welt da draußen momentan nur ins Chaos stürzen, und ich bin momentan das einzige, was zwischen dir und dieser Tür steht. Ich verstehe, dass du wütend bist, aber-"
Ihr Gegenüber schnitt ihr das Wort ab.
"Wütend, Leonora?" Ihre Stimme war eisig und regungslos, wie ein Bergsee, der im Licht der Wintersonne türkis glitzert. Wunderschön, aber tödlich kalt.
"Wut ist kein Wort dafür. Wut ist ein Gefühl. Nein, ich bin nicht wütend. Ich hasse euch. Das ist eine Lebenseinstellung. Und glaub mir, ich komme durch diese Tür, auch wenn ich dich dafür töten muss. Mir ist es gleich - aber ist es dir das auch?"
Leonora sah die eiskalte Entschlossenheit in den roten Augen ihrer Schwester auflodern. Sie hatte keine Waffen, außer ihrer Magie, und bis sie diese heraufzubeschworen hatte, hätte Beryllia ihrem Leben mit einem einzigen Schwertstreich ein Ende gesetzt. Sie trat einen Schritt zu Seite. Es war eine Kapitulation.
"Du magst diese Schlacht gewonnen haben, aber der Krieg hat gerade erst begonnen, Beryllia"
Brief ihrer Hoheit Emeralde in ihrer Rolle als Matriarchin des Hauses Fluvia an Amber und Ruby Fluvia
Tania hat euren Cousin Amethyst ermordet. Er war auf dem Weg zurück zum Anwesen, als er auf der Straße zwischen dem Himmelszackengebirge und den Seen von Anat von einem Pfeil in den Rücken getroffen wurde. Tania hinterließ eine Nachricht, dass dies erst der Anfang sei, und dass wir bezahlen würden, für unsere Eitelkeit und unseren falschen Stolz.
Wir müssen sie als verloren erachten, ihr Herz ist zu verdorben von Hass und dem Willen, Rache zu nehmen, als dass wir als etwas anderes als unseren Feind sehen können.
Sorgt dafür, dass Tania ihren Rachefeldzug niemals weiterführen wird. Amethyst' Tod hat das Glas zum Überlaufen gebracht.
Es tut mir leid, aber ich vertraue euch, meine Töchter. Enttäuscht mich nicht.
Gezeichnet: Emeralde Fluvia
Leonora stand auf, kaum dass sie den Brief ihrer Mutter gelesen hatte, und sah Nadja an.
"Wir sollten keine Zeit verlieren"
Keine Stunde später verließen zwei Gestalten das Haus, sie bewegten sich geübt über das Spielbrett, das Schatten und Licht auf die nächtlichen Straßen der Stadt zeichneten. Sie waren nicht länger nur Figuren in dieser Partie. Sie waren Spieler. Aus Nadja und Leonora waren Amber und Ruby geworden. Aus gewöhnlichen Mädchen Heldinnen.
Und zwei Schwestern zogen aus, die dritte zu töten.
Beryllia saß in einem großen Sessel, der mit dunkelrotem Samt überzogen war, die Beine übereinander geschlagen. Ihre rotbraunen Haare waren zu einem Knoten hochgesteckt, sie nippte an einem kleinen Glas, das eine durchsichtige Flüssigkeit enthielt, die mit Sicherheit kein Wasser war.
"Ihr seid recht spät"
Kaum, dass Amber und Ruby die Terrasse betreten hatten, kippte Beryllia das Glas in einem Zug hinunter. Es klirrte leise, als sie es auf den Mosaiktisch stellte, mit leicht schiefgelegtem Kopf, eine Augenbraue halb verwundert, halb spöttisch hochgezogen. Man sah ihr ihre Grausamkeit nicht an.
"Wir konnten ja nicht ahnen, dass du dich dem nächstbesten Fürstensohn an den Hals schmeißt, nur um dich kostenlos einzuquartieren", sagte Amber.
"Ich bitte euch. Es war immer der Plan, mich mit ihm zu verheiraten. So wird man ungeliebte Familienmitglieder los, oder etwa nicht?"
"Immer noch besser, als einen Pfeil durch die Kehle zu bekommen" Rubys Stimme klang kontrolliert, aber Wut brodelt unter der Oberfläche.
"Ich bezweifle ja, dass Amethyst mit der Fürstin von Anat sehr glücklich war. Außerdem war es eine Warnung"
"Und dafür müssen Unschuldige sterben?" Amber klang nicht mehr wütend, nur traurig.
"Diese Diskussion führt doch zu nichts. Bringt es hinter euch", meinte Beryllia. Es sollte gelangweilt klingen, aber unterschwellig schwang Ungeduld mit, und die Gewissheit, dass sie mit Worten gegen ihre Schwestern nicht ankam. Worte waren nicht ihre Stärke. Beryllias Macht bestand im Verstecken, darin, Zweifel zu säen und Hass wie eine verdorbene Frucht zu ernten.
Es sirrte leise, als Ruby ihren Bogen spannte.
"Im Ernst? Ihr bringt mich um, und gebt mir keine Chance?"
"Was dachtest du denn? Hatte Amethyst eine Chance?", entgegnete Amber.
"Nein, aber ich dachte, euch läge im Gegensatz zu mir etwas an eurer Ehre. Ein Duell - wenn ihr gewinnt, tötet ihr mich, wenn ich siege, steht es mir frei zu gehen"
Die beiden Schwestern blickten sich an, eine wortlose Diskussion schien zwischen ihnen hin und herzufliegen. Ein Gespräch, das Beryllia nicht verstand. Nie verstanden hatte.
"Solange du nie wieder auch nur eine Fluvia tötest - in ganz Elysill. Das ist die Bedingung."
Ihre Gegnerin nickte, und Amber zog ihren Degen.
"Willst du wirklich…?" Rubys Frage lief ins Leere.
"Ja" Amber legte ihrer Schwester eine Hand auf die Schulter, "Ich bin im Nahkampf gegen sie erfahrener als du, und das weißt du auch"
Ruby atmete schließlich aus, nickte.
"Ja"
Beryllia blockte Ambers Schlag ab, und griff ihrerseits an, ihr Gegenüber parierte.
Ruby sah den beiden zu, angespannt, lauernd. Sie duellierten sich schon minutenlang, und keine war im Vorteil. Beryllia blutete zwar aus einer Wunder an der Schulter, aber der Schnitt war nicht tief, während Ambers Oberteil an der rechte Seite blutgetränkt war. Beide Verletzungen waren nicht tödlich, aber Schmerzen lenkten ab, machten verletzbar - was für beide Schwestern galt. Ruby wusste nicht, ob Beryllia Amber töten würde - natürlich würde es sie nicht viel kosten, zu töten, aber die eigene Schwester? Beryllia war wütend, unkontrolliert, ja, aber sie war auch eine Fluvia, und auch wenn sie versuchte, es zu verleugnen, glaubte Ruby zu wissen, dass dem Mädchen etwas an ihrer Ehre lag.
Ambers Knöchel knickte unter ihr weg, sie fiel zur Seite, rollte sich zwar ab, aber es war eine Chance für ihre Gegnerin. Einen Wimpernschlag lang fing Ruby Beryllias Blick auf, und ihr Herz erstarrte zu Eis. Der Ausdruck in deren Augen war schwer zu lesen, aber eines glühte deutlich darin - Hass, das Verlangen nach Rache. Sie würde Amber töten, und sei es nur, um sich an Ruby zu rächen.
Ruby drehte sich weg, die Bogensehne zitterte noch immer. Verzweifelt schloss sie ihre Augen, aber die Geräusche konnte sie nicht aussperren.
"Ruby!", schrie Amber. Einen friedlichen Atemzug noch, dann wirbelte das rothaarige Mädchen herum, und die Situation schlug über ihr zusammen wie eine Welle. Ihr Pfeil hatte sein Ziel nicht verfehlt, Beryllias helle Kleidung war rot verfärbt, Blut, von einem tieferen rot als ihr Haar. Rot. Die Farbe der Fluvias, des Lebens - und des Todes. Rot wie ein Rubin. Übelkeit stieg in Ruby auf. Es fiel niemals leicht, ein Leben zu nehmen, aber sie konnte es - warum war es so schwer, Beryllia sterben zu sehen?
Weil Familie etwas besonderes bleibt, Blut zerstört und heilt. Es tötet und schenkt Leben, Ruby.
Emeraldes Stimme wisperte in Rubys Kopf, ein kühler Wind trocknete ihr Tränen von den Wangen, die sie nicht bemerkt hatte.
"Danke" Amber klang angestrengt, aber es schien ihr gut zu gehen. Darum war es so schwer. Anstelle der ungeliebten dritten Schwester hätte es genauso gut Amber sein können, die in diesem Moment dem Tod entgegenblickte. Ruby hatte es verhindert, aber etwas musste sie in die Waagschale des Schicksals werfen, und wenn das ihr Gewissen war, war es eben so. Sie würde es überleben.
"Ich schwöre euch, das ist noch nicht das Ende. Die beiden Welten werden brennen!", flüsterte Beryllia. Zwei Sätze, davongetragen vom Wind, die den Welten für immer im Gedächtnis bleiben sollten.
Ruby sah zu, wie die Augen ihrer Schwester leer wurden, ein Schleier aus Kälte sich darüber legte. Sie kniete neben der Toten nieder, und schloss ihre Augen.
"Es tut mir leid, Beryllia"
Ruckartig drehte Ruby sich um, und hielt Amber die Hand hin. Diese ergriff sie, und als die beiden schließlich auf der Terrasse standen, waren sie nicht länger Heldinnen. Sie waren nur zwei Schwestern.
Die Sonne versank hinter den Bergen, das Glühen legte sie auf die Landschaft und der Gesang des letzten Abendvogels hallte durch die Luft, verloren wie sie selbst. Blutrot floss das Licht der sinkenden Sonne über die Welt, als wolle sie Beryllia eine letzte Ehre erweisen.
Diese Nacht würde lang und dunkel werden, aber eine Gewissheit loderte in Rubys Herz.
Es würde ein strahlender Morgen folgen.
Wenig später im Gegenüber:
Lila blickte auf ihr neugeborenes Junge hinab. Die beiden anderen waren gestorben, hatten die Kälte der Nacht nicht überstanden, niemals einen anbrechenden Morgen erlebt. Aber bald würde es so weit sein - und das dritte Junge würde diesen erleben.
Meine kleine Kämpferin.
Die Fellmusterung der winzigen Kätzin war ungewöhnlich, ein sternförmiges Muster fleckte das Fell an ihrer Schulter.
Lila wandte ihren Blick dem Himmel zu, an dem im Osten das erste Glimmen der Morgenröte aufstieg. Darüber hing ein einzelner Stern, weiß am pastellfarbenen Himmel.
"Stern der Morgenröte", flüsterte sie.
Und wieder einmal ist es so weit, im bisher wohl längsten Kapitel, jemand stirbt! Wheow! :D
Aber, wie im Klappentext versprochen, der Tod ist nicht das Ende. Zumindest nicht Beryllias. She'll return, more evil than ever before. Stay tuned!
Jetzt kennen die Leute, die nichts besseres zu tun haben, als das hier zu lesen auch Tania Beryllia Fluvia aka Blutsonne aka Stern der Morgenröte, die Antagonistin von Elysill und dem Gegenüber.
Ihre Schwestern Ruby und Amber sind btw OCs von KristallpfoteWaCa
Long may they live, oder so.
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