Kapitel 22
PoV Levi
Es war die erste Nacht seit fast zwei Wochen, in der ich wieder eine Panikattacke bekommen hatte. Schweißgebadet saß ich aufrecht in meinem Bett. Hatte fast eine Stunde geheult. Konnte nichts dagegen tun. Es kam einfach und hatte nicht mehr aufgehört. All der Stress und der Schmerz der letzten Wochen musste einfach raus.
Ich stand auf, trottete zum Gästezimmer und öffnete die Tür. Sofort kam mir sein Geruch entgegen und ich wurde schlagartig trauriger. Ich hätte ihn nicht gehen lassen sollen.
Das Zimmer hatte er ordentlich hinterlassen und sogar das Bett hatte er gemacht. Doch bezogen hatte ich es noch nicht. Ohne drüber nachzudenken legte ich mich unter die Decke und drückte mein Gesicht in das Kissen. Er war nicht mal einen Tag weg und schon vermisste ich ihn.
Normalerweise blieb ich nach einer Panikattacke immer wach, war einfach nicht mehr müde. Aber diesmal war es anders. Ich fühlte mich plötzlich nicht mehr alleine, fühlte mich beschützt. Auch, wenn er gar nicht hier war. Auch, wenn ich alleine war.
Als ich in den Gruppenraum kam, hatte ich Angst. Was, wenn er da wäre? Würde er kommen? Überhaupt irgendwann? Hatte ich ihn vergrault? Es schien so, denn er war nicht da. Ich setzte mich neben Hanji aufs Sofa, wir warteten bis der Rest sich zu uns gesellte. „Levi du siehst fürchterlich aus. Gehts euch gut?" Euch? Es gab kein euch. Es gab kein uns. „Mir gehts gut.", antwortete ich desinteressiert und wandte mich den Teenagern zu. Armin war noch am Handy, schaute kurz auf zu mir, tippte eine Nachricht fertig und steckte dann das Handy weg.
„Wegen dem Wetter können wir heute nicht los.", eröffnete Hanji und ich sah aus dem Fenster. Heute Nacht hatte es angefangen zu gewittern und noch immer goss es in Strömen. „Also machen wir damit weiter wo Levi und Ymir gestern unterbrochen hatten."
Ich nickte der Brünetten zu, sie sah mich böse an. Zugegebenermaßen war ich Schuld an der beinah Prügelei, aber das war ein anderes Thema. „Wieso kann er machen was er will ohne sich erklären zu müssen?", fragte Ymir dann und zeigte auf mich. „Weil er der Therapeut ist du Spasti.", entgegnete Marco. Heute wieder einer dieser Tage wie es schien. Konnte ich verstehen. Es war ein beschissener Tag. Es war ein beschissenes Leben.
„Na und? Guck ihn dir mal an! Schon gestern sah er richtig fertig aus. Wie soll jemand, der sein eigenes Leben nicht hinkriegtet eigentlich uns helfen?!" - „Dir ist nicht zu helfen. Also sei lieber froh, dass sich endlich mal jemand für dich interessiert und beschwer dich nicht."
„Marco!", empört schrie Christa auf und sah den Dunkelhaarigen dementsprechend an. Ymir war die Wut ins Gesicht geschrieben. Sie riss sich verdammt zusammen um nicht auf Marco los zu gehen, er allerdings saß nur da und grinste.
„Ich finde so Unrecht hat Ymir aber gar nicht.", meldete sich nun Jean und ich sah ihn mit hochgezogener Augenbraue an. „Wie sollen wir lernen mit unseren Problemen umzugehen, wenn Levi sie scheinbar nur verdrängt?"
Hanji sah mich hilflos an und genervt seufzte ich auf, sah mich in der Runde um. Connie, Sasha und Armin saßen einfach nur auf ihren Plätzen und starrten zwischen uns hin und her. Armin war sichtlich überfordert mit der Situation und Connie und Sasha waren einfach sprachlos.
Sie hatten nicht Unrecht. „Na schön. Ich hatte letzte Woche frei, weil ich einen Gast hatte. Ich hab Gefühle entwickelt, die nicht hätten sein dürfen, er hat mich weggestoßen, wir haben gestern darüber gestritten, dass ich mich mehr öffnen muss und er ist gegangen. Ich fühle mich elend und wäre am liebsten nicht hier. Aber es ist eine gute Ablenkung mal nicht über meine Probleme nachzudenken sondern mich um die der anderen zu kümmern. Reicht das?" Alle sahen mich ein wenig irritiert an, hatten wohl nicht erwartet, dass ich es einfach so erzählen würde. „Er?", fragte Jean und ich zuckte mit den Schultern. Selbst wenn es ihm nicht passen würde, dass ich schwul wäre, es ginge ihn eh nichts an, wer in meinem Bett war.
„Warum will er dich nicht?", fragte Ymir nun und ich erstarrte. „So ist das nicht." - „Aber du hast doch gerade gesagt, dass er dich zurück gewiesen hat.", mischte sich Christa ein. „Ja. Aber das hat er nur getan, weil er mich mit seinen Problemen nicht noch extra belasten will."
„Extra?", fragte Armin leise und ich nickte. „Ich habe auch meine Probleme. Die hat jeder."
Eine Weile blieb es still. Man hörte nur Armins Handy vibrieren. Immer mal wieder. „Meine Fresse Armin! Ist ja schön, dass du 'n Weib kennengelernt hast, aber mach dein Handy aus. Es lenkt ab!", beschwerte sich Marco und sofort kam Armin diesem Befehl nach.
„Und was machst du jetzt?", fragte Sasha und fragend hob ich eine Braue. „Naja es klingt so, als würde er dir wirklich viel bedeuten. Also warum fällt es dir so schwer dich zu öffnen? Vor uns geht das doch auch grade.", erklärte sie und ich zuckte mit den Schultern. Ich hatte keine Ahnung warum es mir so schwer fiel darüber zu reden. Es war eigentlich ganz leicht.
Ich habe Depressionen, war ein einfacher Satz, den ich nicht über meine Lippen bringen konnte.
„Ich denke mal, dass er ihn nicht verletzen will. Ihr wisst Levi und ich kennen uns schon seit der 5. Klasse. Und ich kann euch sagen von ihm angeschrien zu werden ist verletzend.", erklärte Hanji. Wieder zuckte ich mit den Schultern. „Aber verletzt du ihn nicht durch genau dieses Verhalten noch viel mehr? Wäre es nicht einfacher, wenn du ihm erklärst was passieren kann? Er kann sich darauf vorbereiten und gewisse Themen vorsichtiger behandeln?"
Genau den selben Ratschlag hatte ich Ymir gegeben, als sie mir von ihrem Vater erzählt hatte. Er war immer sehr unsensibel, verstand nicht, dass Ymirs schlechte Laune nicht an ihrer Periode oder der Pubertät lag. Sie rastete schnell bei diesen Argumenten aus und hatte Angst, dass ihre Aggressionen irgendwann überhand nehmen würden.
Wie konnte es sein, dass die Ratschläge, die ich anderen gab, mir in meiner eigenen Situation nicht einfielen und ich alles wieder mal schlimmer machte?
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Ich habe gerade das erste Kapitel einer Ereri Shortstory hochgeladen.
Die Story heißt "Bed Boy" (ja, es ist absichtlich mit E) und beinhaltet sehr detaillierten Smut, wer sowas nicht lesen möchte, sollte es am besten nicht tun. Es wird täglich ein Kapitel gepostet.
Schaut gerne vorbei :)
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