8.
Darauf bedacht, ihr keinerlei Hoffnungen zu machen, ignorierte er Laurens Kompliment und brachte Abstand zwischen sich und der Brünetten.
Schon seit Jahren stellte sie ihm nach und schien nicht einsehen zu wollen, dass sie auf verlorenem Posten kämpfte.
Laurens Augenbrauenpiercing wanderte fragend nach oben.
„Hat sich irgendetwas geändert, Eric? Etwas das ich wissen sollte?“ Der Anführer wusste sofort, welches Spiel sie hier spielte und ging nicht weiter auf sie ein.
Doch selbst als er sich von ihr abwendete, folgte sie ihm.
Fragte abermals nach.
„Nichts hat sich geändert Lauren. Du rennst mir immer noch hinterher wie eine läufige Hündin und ich bin auch weiterhin nicht einmal ansatzweise interessiert.“
Lauren schien aber nicht im Mindesten beeindruckt von dieser schroffen Ansage zu sein und konterte ihm unbeirrt.
„Bei deiner neuen Kollegin scheint dich das doch auch nicht zu stören. Ganz im Gegenteil wie man so hört.“
Zweideutig zwinkerte sie ihm zu und trat dichter an ihn heran - zu nah für seinen Geschmack.
Er konnte es nicht leiden, wenn jemand in seinen persönlichen Raum eindrang.
„Du machst dir verdammt viele Gedanken über Sachen, die dich nicht das Geringste angehen, Lauren.“
Er hielt auf die an Pfeilern angebrachten Stangen zu, um mit seinem Training fortzufahren, doch die anhängliche Lauren ließ sich nicht abwimmeln.
Als er sich umdrehte, um ihr diesmal unmissverständlich klarzumachen, dass sie endlich verschwinden sollte, zuckte er augenblicklich zurück.
Viel zu nah stand sie unvermittelt vor ihm, griff plötzlich mit der Rechten nach seinem Gesicht und zog ihn mit einer Kraft zu sich heran, die er ihr in diesem Moment gar nicht zugetraut, geschweige denn damit gerechnet hatte.
Erst als es bereits zu spät war, realisierte er, was sie im Schilde führte und - dass sie Zuschauer hatten.
War das Lexa da hinten?
Schroff versuchte er Lauren von sich zu stoßen, aber dieses verfluchte Weibsbild hielt sich weiterhin unbeirrt an seinem Genick fest. Die andere Hand an seiner Seite, festgekrallt in seinem Shirt.
Er spürte ihre warmen Lippen auf seinen. Als hätte er einen Stromstoß erhalten, schubste er sie diesmal mit Gewalt von sich. Stolpernd fiel sie nach hinten auf ihren Allerwertesten. Sah ihn entgeistert an, als ob sie nicht mit solch einer abweisenden Reaktion gerechnet hätte.
Sofort zuckte sein Blick zur Tür. Aber was er da sehen musste, gefiel ihm genauso wenig wie der Anblick zu seinen Füßen.
Dieser blonde IT-Idiot hatte seinen Arm fest um Lexa gelegt, als ob sie sein persönliches Eigentum wäre. Und Lexa sah nicht danach aus, als ob es sie auch nur im Geringsten stören würde.
Sie stand nur da und starrte ihren Ausbilder mit großen Augen an.
Lauren hatte ihn vor Lexas Augen geküsst. Er ahnte, wie das gerade für seine Schülerin ausgesehen haben musste.
Eric ballte seine Hände zu Fäusten, gleich würde ihm die Galle hochkommen, dass alles hier, war doch ein beschissener Witz!
„RAUS HIER! SOFORT!“
Erics lautes Gebrülle sollte Lauren eigentlich sofort klar machen, dass sie gemeint war, aber sie machte trotzdem keinerlei Anstalten seiner unmissverständlichen Anweisung Folge zu leisten.
Die Brünette hatte sich inzwischen wieder aufgerappelt und blieb weiter neben ihm stehen, als ob es ihr ausgewiesenes Recht wäre. Lauren sah ihn in einer Art an, die ihn rasend machte. Wenn dieses Miststück nicht auf der Stelle das Weite suchte ... Er konnte nicht garantieren, dass sie den heutigen Tag überleben würde.
Wieder zuckte sein Blick zu Lexa, diese hatte sich noch keinen Millimeter gerührt. Weiterhin lag der Arm des anderen provokativ an ihrer Hüfte.
Eric hörte sein Blut rauschen, wilde Wut kroch unbarmherzig in ihm hoch. An die ehemalige Initiantenausbilderin Lauren gerichtet, knurrte er heiser, „Sieh zu, dass du augenblicklich deinen Arsch hier wegschaffst, sonst kann ich für nichts garantieren.“
„Ach Eric, jetzt sei doch nicht so, du tust ja gerade so, als ob du es nicht auch wolltest.“
Jetzt reichte es ihm endgültig. Kurzerhand packte er sie am Kragen ihrer Weste und schleuderte sie von sich weg, in Richtung des Ausgangs. Wutentbrannt stampfte er auf Lexa und Levin zu, hob seine Hand und zeigte mit seinem Zeigefinger drohend auf diesen. „Und du! Verpiss dich, sonst breche ich dir dein Genick! Und nimm dieses elende Miststück Lauren mit!“
Levin allerdings schien die Ruhe in Person zu sein, hob seine freie Hand, um mit dieser Eric zu bedeuten, sich zu beruhigen. „Okay, okay, ganz ruhig. Wir sind ja schon weg.”
Machte dieser Trottel tatsächlich Anstalten Lexa ebenfalls mit sich zu schleifen?
Eric meinte, nicht richtig zu sehen, als er registrierte, dass dessen Hand weiterhin provokativ auf der Hüfte des Blondchens lag und er sie zu sich drehen wollte.
Wenn er jetzt tat, was Eric vermutete, war er in weniger als dreißig Sekunden ein toter Mann!
Levin rechnete aber anscheinend nicht mit der Reaktion Lexas - diese schob ihn unmissverständlich von sich und ging auf Abstand.
Wieder machte die Brünette ungefragt den Mund auf.
„Das hätte was mit uns werden können Eric, aber du treibst es ja lieber mit billigen Zaunwachen. Gerade von dir habe ich mehr Geschmack erwartet. Armselig.“ Lauren konnte ihre verdammte Klappe einfach nicht halten und dieser selten dämliche Eros neben Lexa feixte, als ob er sich seiner Sache schon sicher war.
Zuviel für Eric, der keinen Sinn mehr in Diskussionen sah und ihm sein überhebliches Grinsen mit einem brutalen Faustschlag aus dem Gesicht wischte.
Sofort griff er anschließend Lauren am Schlafittchen und zog sie bis auf wenige Zentimeter zu sich heran.
Mit zu einer Fratze aus Hass und Wut verzerrtem Gesicht, spie er ihr die folgenden Worte nahezu entgegen, „Du wirst mit sofortiger Wirkung aller deiner Ämter und Anstellungen enthoben. Du packst deine Sachen und meldest dich morgen früh bei Jacoby zum Dienst am Zaun. Niederster Rang. Wenn du dich widersetzt, wirst du laut den Statuten hingerichtet. Und wenn du dich noch ein einziges Mal Lexa oder mir näherst, landest du bei den Fraktionslosen. Wegtreten!“
Seine tiefe Stimme bebte vor Zorn.
An Levin gerichtet, fügte er noch hinzu, „du behältst zwar deinen Posten, aber du hast absolutes Umgangsverbot mit Lexa. Sollte ich mitbekommen, dass du ihr weiterhin nachstellst, bist du raus!“
Er griff Lexa am Arm und war im Begriff sie zu sich zu ziehen, als diese sich ihm ebenfalls widersetzte.
„Er hat doch gar nichts getan Eric, was soll das?“ Lexa sah verwirrt zu Eric auf und entzog sich ihm mithilfe eines Schrittes nach hinten.
„Genau, ich habe doch gar nichts gemacht ...“, dieser halbstarke Datenkasper hatte echt Nerven, in seiner Situation allen Ernstes den Mund aufzumachen.
Eric kochte und wollte kein Wort mehr hören. Von niemandem.
Sein unmissverständlicher Blick stellte das sofort klar.
*
Erics Blick verhieß nichts Gutes, aber Lauren war todesmutig und auf Krawall gebürstet. Sie schien sich nicht damit abfinden zu wollen, dass sie gerade eben nicht nur auf den niedersten Rang degradiert, sondern auch noch aus dem Hauptquartier verbannt wurde.
Lexa sah von Levin, der aus der Nase blutete zu Lauren, die mit zu Schlitzen verengten Augen wohl die Devise alles oder nichts vertrat.
Lexa wusste nicht Recht, was sie tun sollte. Zu Levin halten, der in ihren Augen nichts Verwerfliches getan hatte oder zu Eric, der aus ihrer Sicht gerade völlig überreagierte.
Aber er war ihr Ausbilder, vielleicht wusste er wieder einmal mehr als sie und hatte seine Gründe.
Lauren keifte Eric erneut an, Lexa musste zugeben, diese Frau hatte Mut. Aber der größte Schneid half nichts, wenn der Verstand hinterherhinkte.
„Wegen ihr musst du weg, Levin! Wegen dieser hässlichen, völlig überbewerteten Schlampe!“
Lexa deutete fragend mit ihrem Finger auf sich.
„Wegen mir? Was habe ich denn damit zu tun? Du intrigierst doch seit Tagen, erzählst irgendwelchen Müll in der Fraktion herum. Du bist doch selbst schuld. Vorher über die Konsequenzen nachdenken hilft. Hättest du vielleicht mal machen sollen.“
Erst hatte Lexa angenommen, dass alles hier drehte sich um Eric und Lauren, schließlich hatte es ja auch eindeutig so ausgesehen, als sie mit Levin in deren intimen Moment hineingeplatzt war. Obwohl sie sich schon gewundert hatte, weshalb Eric so plötzlich etwas mit Lauren am Laufen hatte. Ausgerechnet ihr.
Seine Reaktion, als er sie mit Levin entdeckte, war allerdings unmissverständlich gewesen. Wieso auch immer, er wollte beide loswerden und Lexa sollte sich auf seine Seite stellen. Aber Lexa musste erst wissen, um was es hier überhaupt ging, bevor sie Stellung bezog. Um Lauren? Wusste Eric überhaupt, was in den letzten Tagen passiert war?
Ging es darum, dass sie mit Levin hier war? Was hatte er für ein Problem damit?
„Sag mal Lexa, bist du so blöd oder tust du nur so? Glaubst du allen Ernstes, jemand wie Eric gibt jemandem wie dir, eine solche Anstellung ohne Hintergedanken? Ohne dass etwas für ihn dabei rausspringt? Du bist so naiv, du siehst vor lauter Herzchen in den Augen nicht, dass er dich nur fürs Bett will! Er hat dich vom Zaun geholt, für dich Kämpfe manipuliert, gemordet und dir meine Wohnung zugeteilt. Sogar ‘ne fette Beförderung hast du bekommen. Bei dir fährt er scheinbar die ganz großen Geschütze auf. Also machst du wohl doch nicht so flott die Beine breit, wie er gedacht hat. Aber ich, ich konnte sehen, wo ich bleibe. Mein Schicksal war völlig egal, er hat ja ein neues Spielzeug. Was hat er dir noch alles erzählt? Das ist seine Masche! Dich so lange zu bearbeiten, bis du ihm alles glaubst! Lass mich raten, er hat dich schon so weit, nicht wahr? Gefickt habt ihr noch nicht, dann wärst du nämlich schon gar nicht mehr interessant. Und Levin ist nur im Weg. Er könnte dich von ihm ablenken, dann war all seine Arbeit umsonst und er müsste sich ‘ne neue Dumme suchen. Mach die Augen auf, Mädchen!“
Weiter kam sie nicht, Eric packte sie grob an den Haaren und schliff sie unbarmherzig aus dem Raum. Zurück blieben Levin und Lexa, die jetzt gar nicht mehr wusste, woran sie war.
Alles, was Lauren sagte, klang so schlüssig und einleuchtend.
Hatte sie Recht?
War Eric wirklich so?
Was, wenn alle von Anfang an Recht gehabt hatten?
Wie oft war ihr gesagt worden, dass sie sich von Coulter fernhalten sollte, unzählige Male war sie gewarnt worden.
Ihr Blick glitt von der Tür, durch die Beide verschwunden waren, zu Levin.
Mit blutverschmiertem Gesicht sah er zu ihr und machte Geste, mit der er sie wohl auffordern wollte, mit ihm zusammen zu verschwinden.
Unschlüssig, was sie tun sollte, blieb Lexa wie angewurzelt stehen. Unfähig einen klaren Gedanken zu fassen, geschweige denn eine Entscheidung zu treffen, wie sie reagieren sollte.
Eric kam wieder, allein.
Der Ausdruck in seinen Augen war eiskalt. Sein Unterkiefer nach vorne geschoben, der Mund vor Wut verzerrt. Noch bevor er auch bei ihm handgreiflich werden musste, suchte Levin schlussendlich ohne Lexa das Weite.
Lexa konnte Eric nicht ansehen, ihr Blick senkte sich.
Zu schwer wogen die Anschuldigungen gegen ihn, zu groß war ihre Verunsicherung. Ihr Kopf war leer, sie wusste nicht einmal mehr, wie sie stehen sollte. Das alles, war zu viel gewesen. Viel zu viel.
Sie brauchte Ruhe, wollte nur noch weg, sich irgendwo verkriechen und niemanden sehen.
Wieder einmal hatte sie vertraut und war bitter enttäuscht worden.
Was wunderte sie sich überhaupt? So war es doch immer.
Sie lief sehenden Auges in ihr Unglück und stellte anschließend fest, dass es wieder einmal eine unfassbar dumme Idee gewesen war. Lauren hatte Recht, sie war zu naiv für diese Welt.
Lexa ging an Eric vorbei, würdigte ihn keines Blickes mehr und verließ wortlos die Trainingshalle.
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