50.
*****TRIGGERWARNUNG*****
GEWALT
Eric legte eine kurze Trinkpause ein, unterdrückte dabei ein Gähnen.
Er war fast fertig mit seinem Bericht und ließ währenddessen seinen Blick abermals, durch die Reihen der anwesenden Ferox schweifen.
Wieder einmal blieb er bei Lexa hängen, die gerade lachend ihr Geschenk auspackte.
Interessiert verfolgte er, was sie wohl gleich in den Händen halten würde. Anscheinend traf der Schenkende aber nicht ihren Geschmack, denn schnell drückte sie den Deckel wieder zu und stellte das Präsent weg.
Ihre Freunde griffen aber trotzdem neugierig danach und amüsierten sich anschließend lauthals über dessen Inhalt, den Eric aus der Entfernung aber nicht erkennen konnte.
Rechts neben ihm, erhob sich Lucien, der gerade einen Funkspruch empfing, den Eric nicht verstanden hatte.
Fragend sah er rüber zu ihm, aber Lucien bedeutete ihm mit einer knappen Geste, dass es nicht von größerem Belang wäre und er sitzen bleiben könne.
Abermals empfing der Glatzkopf einen Funkspruch, daraufhin entfernte er sich anschließend zügig von ihrem Tisch.
Der Haufen an Geschenken, der sich vor Eric türmte, war beträchtlich.
Doch den Anführer interessierte die wohlgemeinte Geste, die dahinterstand, herzlich wenig. Genervt wies er eine der Wachen an, diese Unordnung schnellstmöglich zu beseitigen.
Jetzt vibrierte es auch an seiner Hüfte.
Er griff nach seinem Funkgerät, lauschte konzentriert der durchgegebenen Nachricht und setzte sich noch im selben Moment in Bewegung.
Als er währenddessen kurz den Blick hob, stellte er fest, dass Lexa und ihre Freunde verschwunden waren.
Er machte einen kurzen Abstecher zu deren Tisch und griff im Vorbeigehen unauffällig nach Lexas verschmähtem Geschenk. Noch im Gehen öffnete er die Schachtel und erblickte ernüchtert dunkelblaue Plüschhandschellen, die auf einem schwarz-weiß gemusterten Kissen lagen.
Eine unmissverständliche Anspielung auf seine Ken Abstammung und Lexas Herkunft von den Candor.
Sehr witzig.
Da meinte der Versender wohl, die momentan grassierenden Gerüchte, für einen Scherz auf Lexas Kosten auszunutzen zu müssen.
Die unpassende Schenkung landete umgehend im nächstbesten Mülleimer, der auf seinem Weg lag.
Er hatte den Weg in Richtung Verwaltungsgebäude eingeschlagen, als hinter seinem Rücken eine Frau nach ihm rief.
“Eric! Warte mal!”
Das war doch Lexa, er erkannte ihre Stimme sofort.
Mitten in der Bewegung hielt er inne und drehte sich zu ihr um.
Im Laufschritt holte sie ihn ein. Wenn man bedachte, dass sie dabei hohe Schuhe trug, war die Tatsache, dass sie nicht stürzte, beeindruckend.
“Ich habe es eilig, was ist?”
Abgehetzt kam die Blondine vor ihm zum Stehen.
“Ich wollte mich nochmal bedanken, dass ihr mich ernannt habt. Jetzt ist die Heimlichtuerei endlich beendet.”
Sie stand weiterhin unsicher vor ihm, also war das noch nicht alles gewesen, was ihr unter den Nägeln brannte.
Abwartend sah er sie an, wartete auf das hoffentlich bald Kommende. Allmählich wurde er ungeduldig, er musste weiter.
“Ähm, ich habe da noch was für dich ... ich hab's gesehen, als ich das Geschenk für‘s Fest besorgen musste. Und hab’ gedacht, es wäre vielleicht lustig und du würdest dich freuen ...”
Während sie so rumdruckste, zog sie eine kleine, etwas zerdrückte Schachtel aus ihrer Handtasche und hielt sie ihm auffordernd hin. Etwas irritiert, griff Eric danach und sah Lexa fragend an.
Was sollte das?
Wollte sie sich einschleimen, oder was bezweckte sie damit?
Noch nie hatte er ein Geschenk von einem untergebenen Ferox angenommen.
Er wusste nicht recht, wie er angesichts dieser Premiere angemessen reagieren sollte.
Ohne besondere Vorsicht rupfte er das Papier, welches sorgfältig um den kleinen Karton gewickelt war, ab und öffnete anschließend genauso emotionslos die Schachtel, die darunter zum Vorschein gekommen war.
Als sein Blick auf den Inhalt fiel, konnte er erst nicht genau definieren, was er da gerade vor sich sah.
Ratlos sah er zu der Ausbilderin, der der Moment sichtlich unangenehm war.
“Das ist ein Anti-Stress-Ball. Wenn du mal wieder wütend bist, kannst du den kneten, um Frust abzulassen.”
Hoffnungsvoll sah sie ihn mit einem unsicheren Lächeln an. Wartete wohl darauf, dass er ihr sinnfreies Geschenk lustig fand.
“Mein Befinden geht dich einen Scheiß an. Wie ich Frust bewältige, ebenfalls.”
Er drückte der sprachlosen Lexa das verschmähte Geschenk zurück in die Hand, drehte ihr den Rücken zu und ging seiner Wege.
Zurück blieb eine perplexe Lexa, die nicht wusste, wie sie auf diese unerwartet harsche Zurückweisung reagieren sollte. Alle möglichen Szenarios war sie um Vorfeld gedanklich durchgegangen.
Aber dass er sie sie derart schroff abkanzeln würde, war ihr nicht in den Sinn gekommen.
Damit hatte sie nicht gerechnet.
Für ein paar Sekunden, die ihr wie eine Ewigkeit vorkamen, blieb sie wie vom Donner gerührt stehen und sah wie versteinert in den mittlerweile verwaisten Gang, in dem er wortlos verschwunden war.
Niedergeschlagen schlurfte sie anschließend zurück zur Grube. Das Geschenk war eine dumme Idee gewesen.
Wie hatte sie nur so unfassbar naiv sein können, zu meinen, dass Coulter es annehmen und sich sogar freuen würde?
Sie war selber schuld.
Wie peinlich.
Wer weiß, was er jetzt von ihr dachte.
Sie stopfte den verschmähten Ball wieder zurück in ihre Handtasche und ermahnte sich, nächstes Mal nicht jede spontane Idee, gleich in die Tat umzusetzen.
Erst recht nicht, wenn es dabei um ihren ständig miesgelaunten Anführer ging.
Eric öffnete mithilfe seines implantierten Chips und einem Blick in den in der Wand verbauten Irisscanner, die wuchtige, metallene Tür, die ihn in einen Bereich des Hauptquartieres brachte, zu dem nur Anführer und das dort arbeitende Personal Zutritt hatte.
Eine spartanische Wendeltreppe, ebenfalls aus Metall, führte in einem grell erleuchteten Schacht, ein Stockwerk nach unten.
Am Fußende befand sich abermals eine Tür, diese öffnete er auch mithilfe der zwei Scanner und ging hindurch.
Eine Art Vorraum mit Anmeldung erwartete ihn.
Wachen standen in allen Ecken, wachten über jede Regung in dem zweiten Untergeschoss.
Strafften sofort ihre Schultern, als sie ihren Anführer erblickten, und starrten mit eingefrorener Mimik, einen imaginären Punkt in der Ferne an.
Eric beachtete sie nicht weiter. Ging grußlos an ihnen und dem dicklichen Ferox, der an der Anmeldung saß, vorbei und hielt auf den Aufzug zu, der ihn ins fünfte Untergeschoss bringen sollte.
Das gleiche Szenario, in fast identischer Räumlichkeit, wiederholte sich.
Nur das Eric nun auf eine weitere schwere Tür, ohne Beschriftung zuhielt.
Um diese zu entriegeln, war es zusätzlich nötig, dass er auch seine Handfläche abscannen lassen musste.
Die Sicherheitsvorkehrungen im gesamten Gefängnistrakt waren enorm. Alle paar Meter hingen Sicherheitskameras, schwer bewaffnete Wachen behielten jeden Winkel peinlich genau im Auge.
Doch ab dieser Tür galten andere Regeln.
Zutritt hatte nur ein kleiner, sorgfältig ausgewählter Personenkreis. Nur dieser wusste, was sich hinter dem doppelt verstärkten, schalldichten Türblatt aus massivem Stahl verbarg.
Kühle, abgestandene Luft empfing ihn. Noch ein weiterer schwach beleuchteter Gang, von dem ein paar weitere Räume abgingen, eine Tür und er war am Ziel angelangt.
Sofort nachdem er diese öffnete, konnte er den metallischen Geruch von Blut und den abartigen Gestank von menschlichen Ausscheidungen regelrecht schmecken.
Er hatte den großen, dunklen, kaum überblickbaren Raum, erst vor wenigen Stunden verlassen um beim Fest zu erscheinen. Zuvor waren Lucien und er in Chicagos Unterwelt im Einsatz gewesen.
Zusammen mit einem handverlesenen Team der schnellen Eingreiftruppen, die unter Erics direktem Befehl standen.
Er hatte seit Tagen, jede freie Minute damit verbracht, Edgar im weitverzweigten, unterirdischen Tunnelnetz der Stadt aufzuspüren. In einer heruntergekommenen Lagerhalle, irgendwo unterhalb des Altruan Gebietes, waren er und seine Leute schlussendlich fündig geworden.
Es hatte einiges an Munition und Blut gekostet, ihm habhaft zu werden.
Aber Eric bekam schlussendlich immer, was er wollte.
Edgar hatte ihn zwar mit einem Streifschuss erwischt, aber von dem Kratzer hatte er sich nicht abhalten lassen, dem fraktionslosem Abschaum seinen Gewehrkolben in die Visage zu rammen.
Zu seiner Überraschung war Edgar nicht gleich umgefallen wie ein nasser Sack, aber ein gezielter Faustschlag hatte ihm dann doch ganz flott die Lichter ausgeknipst. Durch den Funkspruch, den er vor wenigen Minuten von Lucien erhalten hatte, wusste er, dass ihr Gast endlich aus seinem Dornröschenschlaf erwacht war, in den er ihn vor ein paar Stunden mithilfe einer Zange und ein paar fehlenden Zähnen, geschickt hatte. Dieser halbstarke Nichtsnutz hatte während des Zugriffs einige nervige Anhänger um sich geschart. Aber diese mussten ihre blinde Gefolgschaft, teuer mit ihrem Leben bezahlen.
Eric machte keine Gefangenen. Entweder man war für oder gegen ihn.
Diese Leute aber, standen eindeutig auf der falschen Seite, somit war ihr Schicksal schnell besiegelt gewesen.
Nachdem sie den bewusstlosen Edgar gefesselt und eingeladen hatten, wurde er von Lucien und seinen Leuten, umgehend ins Hauptquartier der Ferox gebracht. Hierher, in das fünfte Untergeschoss des Gefängnistrakts.
Unter Max, Eric und Lucien, besser bekannt als Folterkammer. Hier landeten nur sehr wenige Menschen.
Und noch seltener verließ ein Gefangener lebend, dieses offiziell nicht existentes Untergeschoss.
Eric hielt auf einen Stuhl zu, der einsam vor einer dreckstarrenden Wand stand.
Lucien war ebenfalls hier, er lehnte mit verschränkten Armen an einer Säule und nickte kurz zum Gruß.
Auf dem alten, abgenutzten Stuhl sitzend, nahm Eric ihren Gefangenen kritisch in Augenschein.
Die vergangenen Stunden hatten eindeutige Spuren an ihm hinterlassen.
Nackt, mit nach oben gebundenen Armen, hing Edgar auf Zehenspitzen balancierend vor der mit undefinierbaren Ausscheidungen besudelten Wand. Sein Gesicht von Erics Schlägen und der vorangegangenen, unfreiwilligen Zahnbehandlung schwer gezeichnet.
Auch an seinem restlichen Körper waren trotz der momentan spärlichen Beleuchtung, überall heftige Hämatome und Wunden erkennbar.
Trotz des Schlafentzugs durch grelles Licht, ohrenbetäubendem Death Metal und der stundenlagen Misshandlungen, wirkte dessen Blick überraschend wach und entschlossen.
Eric starrte ihm stoisch in die blutunterlaufenen Augen.
Als der Fraktionslose das Blickduell nicht aufgeben wollte, zückte Eric seine zuverlässigste Waffe.
Sein berüchtigtes, diabolisches Grinsen.
Er wusste genau, dass dies seinen Gegenüber so sehr verunsichern würde, dass dieser daraufhin den Blickkontakt eingeschüchtert abbrechen würde.
So kam es auch.
Edgar senkte den Blick.
Der blonde Anführer wusste genau, wie er ein Gegenüber aus der Fassung konnte, ohne auch nur einen Finger dafür rühren zu müssen.
Vielleicht würde der Bastard ja endlich reden, ohne dass er sich noch einmal die Hände schmutzig machen musste.
“Weißt du inzwischen wieder, warum du hier bist?”
Begann Eric seine zweite Vernehmung.
“Nein.”
Edgars Stimme klang fest und selbstsicher.
Zu selbstsicher für Erics Geschmack.
“Na, dann werde ich dir eben noch einmal auf die Sprünge helfen müssen.”
Schlendernd, als ob er gelangweilt von seinem Gesprächspartner wäre, ging er auf den an der Decke Aufgehängten, zu.
“Du erinnerst dich doch sicherlich noch an deine Initiation, oder?”
Sichtlich irritiert sah der Angesprochene zu Eric, der so nah neben ihm stand, dass sich beide nahezu berührten.
Er gab keine Antwort, sah Eric nur weiter mit größtmöglicher Ablehnung im Blick an.
“Dein nächtliches Stelldichein mit einer Initiantin? Klingelt es da bei dir?”
Ohne jegliche Emotion, sah Eric ihm direkt in die Augen.
Edgar erinnerte sich, dass sah er ihm sofort an.
Leugnen war zwecklos, dennoch tat es der offensichtlich von seinen Schauspielkünsten überzeugte, Gefangene.
Ein Fehler, wie er nur einen kurzen Moment später, schmerzhaft feststellen musste. Erics Knie landete mit ungeheurer Wucht in dessen Weichteilen.
Vor Schmerz stöhnend, wandt sich der Gefesselte.
Seine beidseitig fast vollständig zugeschwollenen Augen, füllten sich augenblicklich mit Tränen.
“Du kannst unsere nette Unterhaltung abkürzen und mir sagen, was ich hören will. Oder wir haben noch ein bisschen länger Spaß miteinander. Ich richte mich ganz nach dir.”
Eric zog eine erwartungsvolle Schnute, als ob er mit einem unartigen Kind sprechen würde. Schlenderte gelassen um den keuchenden Edgar herum.
Als dieser nur mit einem genuschelten Fluch antwortete, holte Eric mitten in der Bewegung aus und knallte ihm seinen Handrücken gezielt zwischen Kinn und Ohr.
Genau auf den Kieferknochen.
Ein unterdrückter Laut des Schmerzes hallte durch den kalten, dunklen Raum.
Edgar baumelte haltlos an den Ketten, an denen er wie ein nasser Sack hing, von einer Seite zur anderen.
Erics harter Schlag hatte ihn aus der Balance gebracht.
Die zeitweise Lähmung und Desorientierung, die durch das Treffen eines Vitalpunktes einhergingen, machten es ihm unmöglich, diese auf die Schnelle wiederzuerlangen.
Eric sah interessiert zu, wie sein Opfer immer wieder versuchte, sich mit den Fußspitzen abzustützen. Darum bemüht, sich aufgrund des eigenen Körpergewichts, nicht die Schultern auszukugeln.
Aber der Nebel in Edgars Kopf war noch zu dicht.
Noch einmal versuchte Eric nach einigen Sekunden sein Glück.
“Na, jetzt vielleicht? Eine kleine Denkpause wirkt ja bekanntlich Wunder.”
Doch sein Gegenüber hielt anscheinend nicht viel vom Reden. Spuckte ihm stattdessen verächtlich und ohne jede Scheu, ein widerliches Gemisch aus dickflüssigem Speichel und Blut, auf sein schwarzes Hemd.
Ein langer Speichelfaden zog sich von seinen aufgeplatzten Lippen, bis hinunter an dessen blutverschmiertem Kinn.
Mit einem fiesen Schmunzeln im Gesicht, nahm Eric diese Respektlosigkeit hin und sah Edgar weiter erwartungsvoll an. Amüsiert sprach er erneut zu seiner Geisel.
“Gut. Du bist für ausgedehnten Spaß, wie es mir scheint. Gerne komme ich deinem Wunsch nach. Mal sehen was mir da für dich einfällt. Womit willst du beginnen? Irgendwelche Wünsche, Anregungen? Nein? Ist mir auch recht. Lucien, hast du vielleicht eine Idee?”
Als ob er bereits auf seinen Einsatz gewartet hätte, kam Lucien ihm mit einem dicken Kabel in der Hand entgegen. Überreichte es wortlos Eric und wich dann gehorsam ein paar Schritte zurück.
Edgar verfolgte das Schauspiel mit flatternden Lidern.
Natürlich war Coulter dies nicht entgangen.
Davon ausgehend, dass Edgar ahnte, was jetzt folgen würde. Aber der machte auch im Angesicht unsäglicher Schmerzen keinerlei Anstalten, sein verdammtes Maul aufzumachen. Dann eben auf die harte Tour.
Er hatte ihm die Wahl gelassen. Was jetzt folgte, war die logische Konsequenz, von Edgars leichtsinniger Entscheidung.
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