37.
Die beiden Anführer waren schon eingelaufen, standen sich final im eingezäunten Ring gegenüber.
Beide voll fokussiert, fast boshaft starrten sie ihren Gegenüber an.
Die Menge der Ferox tobte, nur der Ring war noch von den zahlreichen Scheinwerfern erhellt. Man verstand den Ansager kaum, der die beiden Kontrahenten nun mit vollem Rang ansagte.
Als er Coulter ankündigte, rasteten die anwesenden Ferox komplett aus und es schien, als hätte er die gesamte Fraktion als Fanbase hinter sich.
Ungerührt nahm dieser die Unterstützung seiner Untergebenen zur Kenntnis.
Seine versteinerte Miene ließ wie gewohnt, keinerlei Emotionen erkennen.
Er wirkte fast gelangweilt, Lucien dagegen starrte seinen Gegner mit böse funkelnden Augen nieder.
Es war nicht das erste Mal, dass sie sich hier gegenüberstanden.
Schon zum fünften Mal, versuchte der Glatzköpfige gegen den Blonden sein Glück, aber bisher war es ein aussichtsloses Unterfangen gewesen.
Egal welche Taktik, egal welche Tricks oder auch perfiden Kniffe er auspackte, immer war der große, breit gebaute Eric Coulter als Sieger aus dem Ring gestiegen.
Der Ansager verschwand, der Ringrichter verkündete anschließend die wenigen, obligatorischen Regeln, dann wurde der Kampf endlich mit einem dröhnenden Summton eröffnet.
Lexa knetete sich nervös die Hände.
Zu spät wurde sie sich bewusst, was sie da gerade tat, und legte ihre schwitzigen Hände locker in ihrem Schoß aufeinander.
Hier waren überall Kameras, sie musste ihre Emotionen im Zaum halten, verdammt!
Hoffentlich hatte man ihre Unruhe nicht bemerkt.
Betont lässig sah sie zum Ring hoch.
Dieser war nur etwa zehn Meter von ihr entfernt, sie saß in der ersten Reihe und hatte einen direkten Blick darauf.
Luis, der rechts neben ihr saß, war inzwischen auch eingetroffen und fieberte dem Beginn wesentlich energischer als sie entgegen.
Der Summton war so laut und tief - Lexa spürte, dass sogar der betonierte Boden unter ihren Füßen vibrierte.
Langsam ging Eric auf Lucien zu, die Arme nur minimal erhoben.
Lucien war, was seine Deckung betraf, nicht so nachlässig wie sein Vorgesetzter.
Lucien rechnete jeden Moment mit einem Angriff des Blonden, so schien es.
Doch der hielt sich zurück, umkreiste den am ganzen Körper tätowierten nur langsam und sah ihm diabolisch grinsend dabei zu, wie er auf das unweigerlich Kommende, wartete.
Lexa beobachtete das Ganze angespannt. Das Eric sich so zurückhielt, war ungewöhnlich.
Es schien, als ob er mit seinem Gegner spielte und ihn mit dieser Taktik verunsichern wollte.
Jetzt zuckte Eric kurz, nur ein kurzer Ruck, als ob er zum Schlag ansetzen wollte, es erfüllte sofort die beabsichtigte Wirkung.
Lucien reagierte prompt auf die Finte und nahm seine Deckung hoch, präsentierte so seine Körpermitte wie auf dem Silbertablett.
Dankbar nahm Eric die Einladung an und trat ihm heftig in eben diese.
Taumelnd nahm Lucien daraufhin reflexartig seine Deckung runter und öffnete damit, Erics nun folgendem Schlaghagel, Tür und Tor.
Immer wieder traf er dem Glatzkopf voll ins Gesicht und trieb ihn in Richtung des Maschendrahtes, der den Ring umzäunte.
Ein kräftiger rechter Haken, gefolgt von einer brutalen linken Geraden, schleuderte Lucien rücklings in die Käfigwand.
Von der Wucht des Schlages, wurde er von dieser schwungvoll zurück gefedert.
Stolpernd fiel er auf seine Knie und versuchte, sich sogleich wieder aufzurappeln.
Lexa sah, wie erste dunkle Blutstropfen von Luciens Gesicht auf die Matte tropften. Wahrscheinlich hatte sich ein Cut geöffnet, es konnte auch die Nase sein. So genau konnte sie es nicht sehen. Ihr ehemaliger Ausbilder kniete mit dem Rücken zu ihr.
Begeistert von diesem brutalen Spektakel, grölte die Halle euphorisch.
Lexa rechnete damit, dass Eric diesen schwachen Moment Luciens sofort nutzen würde, um ihm hier und jetzt die Lichter auszupusten, aber nichts dergleichen schien er im Sinn zu haben.
Er hatte sich zwischenzeitlich von Lucien abgewandt und wartete schlendernd, dass sich dieser wieder erhob und weiterkämpfte.
'Wahnsinn, wie arrogant und selbstverliebt kann man sein!?', schoss es Lexa durch den Kopf. Aber andererseits musste sie sich eingestehen, dass es schon Eindruck machte, wie er die Situation voll und ganz unter Kontrolle hatte.
Wie selbstsicher er dastand und seinen Widersacher von der anderen Seite des Ringes belauerte.
Wie ein Jäger auf seine Beute.
Lucien stand wieder.
Der rangniedrigere Anführer zirkelte nach links weg, jetzt konnte sie ihn besser sehen. Blut rann ihm aus seiner Nase und aus einem Cut, unterhalb seiner linken Augenbraue.
Auf seiner Brust hinterließen die fallenden Tropfen, vermischt mit seinem glänzenden Schweiß, ein bizarres Muster.
Eric sah böse grinsend zu seinem angeschlagenen Gegner, wartete, dass dieser zu ihm rüberkam und hob die Fäuste.
Nur minimal bewegte er sich, fast, als ob er nicht willens wäre, zu viel Energie in diesem Kampf zu verschwenden.
Lucien konnte bisher kaum nennenswerten Treffer landen, dementsprechend frisch sah Eric noch aus.
Seine Erscheinung war imposant. Klar definiert zeichneten sich die Muskeln unter der Haut ab, sein athletischer Körper war gestählt von oben bis unten. Lexa musste zugeben, dass dieser gut gebaute Körper, durchaus seinen Reiz hatte. Auch wenn der Geist, der darin wohnte, nicht wirklich der sympathischste war.
Noch während Lexa heimlich Erics definierten Körper bestaunte, ging auf einmal alles ganz schnell.
Ein harter, präziser Kick mit dem Fuß brachte Lucien kurz aus dem Gleichgewicht.
Der Unterschenkel seines Standbeines war getroffen worden, so war es für ihn unmöglich, weiterhin sein Gleichgewicht halten zu können. Eric drehte sich in einer flüssigen, schnellen Bewegung um seine eigene Achse und knallte dem überraschten Lucien, seine Faust mitten ins schon gezeichnete Gesicht.
Noch in der gleichen Bewegung, holte Eric ein weiteres Mal aus, ließ einen weiteren Schlaghagel auf Lucien einregnen.
Ab und an musste auch Eric einen Schlag einstecken, aber er behielt weiterhin die Oberhand.
Kurz wischte er sich mit seiner verbundenen Linken über den Mund. Es schien, als ob er erstaunt war, als er Blut auf dem Tape entdeckte.
Als ob er durch seine eigene Verletzung angestachelt worden wäre, drosch er vehement weiter auf seinen Kollegen ein, der aber noch immer nicht klein bei geben wollte.
Dieser kam nur leider gar nicht mehr dazu, sich zu wehren. Geschweige denn, auf die harten Treffer zu antworten.
Er konnte nur versuchen, unter den harten Schlägen abzutauchen oder sie zu blocken.
Durch die enorme Wucht von Erics Treffern war Lucien wieder mit dem Rücken am Zaun gelandet.
Eine missliche Lage.
Vor ihm ein rasender Eric, der sich wohl zur Aufgabe gemacht hatte, Lucien hier und jetzt Schlafen schicken zu wollen.
Hinter ihm der Zaun, keine Möglichkeit mehr weg von dem, wie ein wildes Tier wütenden Irren, wegzukommen.
Mit seitlich nach vorne gebeugtem Oberkörper versuchte Lucien sich zumindest etwas, aus der Schusslinie zu bringen.
Vergeblich.
Hart traf ihn Erics Knie, an der Schläfe.
Weiter schlug sein Vorgesetzter auf ihn ein. Ohne Skrupel, ohne Mitgefühl, ohne auch nur einen Hauch nachlassender Brutalität.
Dunkles Blut tropfte weiter auf die ehemals strahlend weiße Matte. Grell leuchteten die auf den Ring gerichteten Scheinwerfer, das Drama aus roher, ungezügelter Gewalt aus.
Unten, in der ersten Reihe, saß eine äußerlich, gelassen wirkende Lexa.
Doch in ihr drinnen, kämpften ihre Emotionen genauso erbarmungslos miteinander, wie die zwei Männer nur wenige Meter entfernt.
Einerseits war sie fasziniert und beeindruckt von Coulters unbarmherzigen Auftreten. Andererseits sah sie schockiert mit an, mit welch unfassbar rohen Gewalt, er Lucien regelrecht auseinandernahm.
Dabei war dieser eigentlich ebenfalls ein gefürchteter Gegner. Nur konnte man das im Moment fast nicht glauben. So wie sich der Kampf gerade darstellte, war es Eric, der seinen Gegner mit einer solchen Leichtigkeit dominierte, dass man meinen könnte, Lucien wäre ein namenloser Anfänger.
Sie konnte den Blick nicht von dem blutigen Schauspiel, direkt vor ihr nehmen.
Fassungslos musste sie nun mit ansehen, wie ihr ehemaliger Ausbilder, schwer gezeichnet auf die Knie sank.
Von effektiver Gegenwehr, war schon länger nicht mehr viel zu sehen gewesen.
'Jetzt geht es zu Ende', dachte sich Lexa.
Doch Eric ließ nicht von seinem Kollegen ab, wirkte wie im Wahn.
Lexa konnte, wenn sie sah, wie Eric Lucien gerade förmlich in der Luft zerriss, nicht glauben, dass die beiden ein eigentlich gutes Verhältnis zueinander haben sollten.
Eher schien es so, als ob Eric seinem Kollegen einen Denkzettel verpassen wollte.
War das hier, etwas Persönliches?
Was würde ihr blühen, sollte sie Eric aus irgendeinem Grund verärgern?
Erst jetzt dämmerte ihr, auf welchen Typ Mensch sie sich hier einließ.
Wenn er so mit vermeintlichen Freunden umging …
Was würde er dann erst mit Widersachern anstellen?
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