Verdrängen
Kapitel 36
Veronika
Sie hatte seine Anwesenheit irgendwie verdrängt, ohne sie wirklich zu vergessen. Ihre Gedanken drehten sich um Hitch, seinen Duft und diesen Kuss gedreht, der sie in ein hemmungsloses Gefühl des Hungers zurückgelassen hatte. Aber dass er sich in ihrer Wohnung befand, in ihrem Atelier, war ihr nicht wirklich im Bewusstsein.
Auch wenn ihre Pinselstriche fast liebevoll die Silhouette eines Mannes nachfuhren, der die von Hitch so ähnlich sah, dass es weh tat sie anzusehen, war alles andere um sie herum verschwunden.
Ihre Wohnung, der Tod ihrer Mutter, Hitch und alles andere.
Veronika wusste nicht, wann genau sie aus diesem tranceähnlichen Zustand begann zu erwachen, doch die Sonne ging bereits unter und ihr Mund war so staubtrocken, dass sie einen ganzen See hätte leer trinken können. Als sie den Pinsel beiseite legte, ohne die restliche Farbe darin auch nur irgendwo abzureiben und von der Leinwand zurücktrat, schwankte sie ein wenig.
Ihr war schwindlig, sie hatte zu lange auf einer Stelle gestanden und selbst bei dieser simplen Bewegung wirkte ihr Körper steif. So sehr, dass sie ernsthaft drohte, einfach nach hinten umzufallen.
Allerdings nur eine Sekunde. Dann fand sie auch schon Stabilität durch eine starke Hand in ihrem Rücken und ein Glas mit einer durchsichtigen Flüssigkeit schwebte plötzlich vor ihrem Gesicht. Balanciert von der anderen Hand des Mannes, den sie fast schon vergessen hatte.
"Trinken Kitten", meinte Hitchs Stimme und erst da wurde Veronika bewusst, was passiert war. Sie stöhnte.
"Tut mir leid" sagte sie, denn sie war einmal mehr so versunken gewesen, dass sie die Welt um sich herum vergessen hatte. Es war ein regelrechter Fluch, so arbeiten zu können, auch wenn Kunstkritiker ihre unfassbare Produktivität, die daraus resultierte, lobten. Veronika selbst würde lieber langsamer arbeiten, als immer kurz vor dem Zusammenbruch zu stehen, bevor sie sich von einem Bild befreien konnte.
"Das hatten wir schon einmal, Kitten. Du musst dich für gar nichts entschuldigen. Es ist eine Gabe", meinte Hitch und sie erinnerte sich tatsächlich daran, als sie diese angebliche 'Gabe' entdeckt hatte.
Es war dieses Wochenende mit Hitch gewesen, in der sie neben dem Sex nichts anderes gemacht hatten als zu malen. Er war es damals gewesen, der ihr gesagt hatte, dass er es bewundernswert fand, wie gut sie alles ausblenden konnte, denn er hatte es manchmal schwer, sich nicht ablenken zu lassen.
"Ich bin mal direkt vor der Leinwand zusammengebrochen, weil ich dehydriert war. Normalerweise schreibe ich Luna, bevor ich anfange, zu malen, damit sie mich nach spätestens vier Stunden aus dieser Gabe herausholt", gestand sie und trank dieses Glas in einem Zug leer.
Wasser. Sie konnte sich nicht daran erinnern, Wasser im Haus gehabt zu haben und ... roch sie da etwa Essen?
"Du warst einkaufen und hast gekocht?", fragte sie und Hitch nickte, bevor er ihr das Glas aus einer Karaffe wieder auffülle und dann stolz nickte. Hatte sie eine Karaffe besessen?
Seltsam. Allerdings hatte sie ewig nicht mehr in die Schränke gesehen.
"Ich kümmere mich um dich, Kitten", sagte er nur und nachdem sie auch das zweite Glas geleert hatte, beugte er sich zu ihr herunter und drückte ihr einen Kuss auf den Scheitel.
"Braves Kitten und jetzt lass uns essen. Ich will meinen Nachtisch, nachdem ich so rücksichtsvoll darauf gewartet habe, dass du wieder zu dir kommst. Dein Daddy will seine Belohnung", meinte er und in seiner Stimme vibrierte eine sexuell aufgeladene Ungeduld mit, die ihren ganzen Körper entflammte und ihren Mund abermals austrocknen ließ - diesmal aber aus einem anderen Grund.
Ohne irgendetwas zu hinterfragen, ließ sich Veronika in die Küche schieben, wo tatsächlich ihr sonst eher zugerümpelter Tisch mit einem warmen Abendbrot gedeckt war. Etwas schockiert sah sie auf die Uhr. Es war tatsächlich schon Abend, die Sonne begann unterzugehen. Sie hatte fast sechs Stunden am Stück gearbeitet und stöhnte etwas frustriert.
"Nur vier Stunden", meinte sie und wollte gar nicht daran denken, wie schlimm es ihr morgen gehen würde.
"Was?", fragte Hitch und zog für sie wie ein Gentleman den Stuhl zurück, bevor er ihren und dann seinen Teller mit einer Mischung aus Reis, Käse und Gemüse füllte. Das sah so gut aus, dass ihr spontan der Mund wässrig wurde.
Und es roch sogar noch besser.
"Wenn ich länger als vier Stunden am Stück arbeite, habe ich meinen Mal-Kater. Also Kopf und Rückenschmerzen am nächsten Tag und bin richtig übel gelaunt. Also immer nur vier Stunden, das minimiert das Unfallrisiko und ich fühle mich wohler", erklärte sie und betrachtete sie aufmerksam, bevor er nickte.
"In Ordnung und wie weckst du dich nach vier Stunden auf? Stellst du dir einen Wecker?" fragte er interessiert weiter, als wäre ihm diese Information tatsächlich wichtig. Normalerweise wurde Veronika bei der Erwähnung ihres Mal-Katers von den Menschen um sich herum nur verständnislos angeschaut und sie konnte in ihren Augen regelrecht erkennen, dass sie sie für verrückt hielten. Bei Hitch aber war das anders.
"Nein, den höre ich nicht, egal wie laut. Entweder kommt jemand und nimmt mit dem Pinsel aus der Hand oder Dobby fährt gegen meinen Fuß", sagte sie und als Hitch bei der Erwähnung des Namens 'Dobby' die Stirn runzelte, begann sie schnell zu erklären.
"Mein Staubsaugrobotter, ich stelle ihn meistens ein und irgendwann fährt er mir unter die Füße und weckt mich dadurch."
Hitch schmunzelte
"Du nennst ihn Dobby?"
"So hieß der Hauself bei Harry Potter also passt auf, dass er keine Socke einsaugt, sonst ist er frei", erwiderte sie und begann das Essen in sich hinein zuschaufel. Wann hatte sie so einen Hunger bekommen?
Wieder runzelte Hitch die Stirn und schien die Andeutung nicht zu verstehen, doch Veronika hatte auch wenig Lust ihm dieses Franchise näherzubringen und schlang weiter dieses wirklich gute Essen in sich hinein.
Als sie beide fertig waren, half Veronika damit den Tisch abzuräumen und bemerkte nur am Rande, dass einige der Töpfe und Pfannen sie nicht kannte und bei näherem Hinsehen gab es noch weitere Dinge, die nicht in ihre Wohnung gehörten.
Auf ihrem Fensterbrett tummelten sich Kräutertöpfe, es standen mehr Gläser in dem Küchenschrank und diese Geschirrtücher hatte sie definitiv auch noch nie gesehen. Dazu kam... Hitch trug eine andere Jeans und ein Shirt, das so inoffiziell wirkte, dass es fast schon lässig war. Nichts, was er je bei Besuch oder auf der Straße tragen würde, aber vielleicht zu Hause.
"Ähm...Du hast dich umgezogen?" fragte sie, und die leise Vorahnung, die sich in ihr breit machte, begann sich in Worte zu formen.
"Nach dem Einkaufen, ja. Ich hab ein paar Dinge von meiner Wohnung hier her gebracht", sagte er und für einen Moment starrte Veronika und konnte kaum glauben, was sie da hörte.
Er hatte ein paar Dinge von seiner Wohnung hier her gebracht?
Töpfe, Pflanzen, Klamotten und....es miaute hinter ihr und zu ihrem völligen Entsetzen sah Veronika eine Katze durch den Flur stampfen.
Eine Katze! Sie hatte keine Katze!
"Das ist Dr. Schnurr, meine Nichte hat ihm diesen bescheuerten Namen gegeben. Sie bekam aber eine Allergie und so habe ich mich erbarmt das Tier aufzunehmen. Er ist ganz unterhaltsam, aber lass kein Essen offen liegen. Er ist verfressen wie eine Ratte", meinte er und völlig entsetzt wicht Veronika zurück.
Ihr Puls raste, als sie es endlich schaffte die Worte hervorwürgen, die ihr in der Kehle steckten.
Das konnte nicht sein! War sie in einem falschen Film gelandet?
"DU BIST BEI MIR EINGEZOGEN?"
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ich lieb die Stelle ja sehr...wieder ein Kerl der eine Frau vor vollendete Tatsachen stellt. :'D Zumindest im Büchern ist sowas immer sehr unterhaltsam.
Q: Wie würdet ihr reagieren?
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