Geschichten
An dem Tag, an dem unsere Geschichte beginnt, war das Café Bleu von vielen verschiedenen Stimmen gefüllt. Die unterschiedlichsten Gesichter betraten das Café. Der erste Besucher an diesem Tag war Monsieur Rouge, ein junger Mann, blass, schlammiges braunes Haar, welcher einsam, pleite und kaffeeabhängig war. Fabie wusste, dass er homosexuell war und von seiner Familie verstoßen wurde, was leider nicht selten vorkam in den frühen 1960ern. Sie seufzte. Auch, wenn sie sehr introvertiert war und wahrscheinlich niemand sie so wirklich wahrnahm, sie hörte zu. Sie hörte einfach nur zu, dass war ihr Geheimnis. Sie wusste, dass sie irgendwie dafür bestimmt war, hinter die Fassaden der Menschen zu blicken und ihre Geschichten zu erfahren. Denn die waren es, was sie wirklich ausmachte.
"Bonjour, Monsieur Rouge! Was darf es denn heute morgen sein? Ein Kaffee? Vielleicht ja diesmal mit Croissant?", Fabie setzte eine freundliche Miene auf, als sie zu einem der verschnörkelten Außentische nach trat, an dem Monsieur Rouge immer seinen Morgen verbrachte. "Ach, bonjour.", verwirrt schaute er von seiner Zeitung auf und erwiderte den Gruß mit einem knappen Lächeln. "Wie immer bitte."
"Alles klar! Wie immer also...", erwiderte Fabie verständnisvoll und trat zurück ins Innere des Cafés.
Es war zwar ein kühler Morgen, aber trotzdem kam im Laufe des Tages die Sonne heraus. Sie ließ die Dächer der Häuser golden schimmern und zauberte auch den Bürgern und Bürgerinnen Paris' ein Strahlen aufs Gesicht. Sogar Monsieur Rouge verabschiedete sich mit einem Lächeln auf den Lippen und einem Strahlen in den Augen vom Café.
Bis auf eine einzige Person waren also alle Gäste an diesem Vormittag mit glücklichen Gesichtern ins Café Bleu gekommen. Diese Person war Madame Solitaire. Die meisten wussten nicht, wer sie wirklich war, sie nannten sie einfach nur so, da sie eben sehr einsam war. Meistens trug sie altrosa. Ein altrosa Kleid mit Puffärmeln und einem ebenso altrosa Hut. Manchmal schmückte sie ihr Gesicht auch mit Saphiren, umschlossen von Weißgold, in Form von zierlichen Ohrringen. Fabie malte sich oft aus, wie die alte Dame als junge Frau ausgesehen haben muss, denn im Gegensatz zu den anderen Gästen, war Madame Solitaire, wie ein mit Geheimtinte beschriebenes Papier. "Wahrscheinlich tanzte sie den Charleston und trug dabei die schönsten Kleider von Coco Chanel...", träumte Fabie als sie gerade auf dem Weg war, ihr ihren Milchkaffee und ein Buttercroissant zu bringen. Doch dann durchbrach etwas ihren Tagtraum und ließ sie augenblicklich zusammenschrecken. "Fabienne! Pass auf!", der Zeitungsjunge, rief ihr alarmiert von der Straße aus zu. Leider zu spät, denn Fabie war schon über den achtlos auf den Boden gelassenen Schirm gestolpert. Geradewegs in die Arme des Kioskinhabers. "Mon dieu!", schrie dieser laut auf, "Schlüssel finden kann se, aber Kellnerin nein! So was aber auch! Mein Hemd ist gerade aus der Reinigung gekommen! Weißt Du eigentlich was mich das gekostet hat?"
Fabies Blick wanderte zum Milchkaffee, von welchem jetzt nur noch ein Schlückchen in der barocken Tasse übrig geblieben war. Der Rest war über Jaques Hemd verteilt worden auf dem sich nun ein gewaltig, brauner Fleck befand.
"Oh, es tut mir ja so unendlich leid, Jaques! Warte ich, ich helfe Dir!", rapide tastete sie ihre Schürzentasche nach einem Handtuch ab, doch leider ohne Erfolg. Jaques musterte Fabie wütend und Fabie suchte weiter ihre Schürze nach irgendeinem tuchartigen Gegenstand ab, wusste jedoch, dass es unnötig war. Als Jaques gerade einen empörten Abgang machen wollte, meldete sich eine dünne, aber doch so starke Stimme zu Wort. "Hier, ich habe ein Taschentüchlein, Liebes!" Abrupt drehten die beiden sich um und starrten geradewegs in die Augen von Madame Solitaire, die ein besticktes Seidentaschentuch in ihrer ausgestreckten Hand hielt. Auffordernd hielt sie es Fabie mit ihrer zerbrechlichen Hand unter die Nase. "Oh, Merci!", antwortete diese verdattert und nahm das Tuch erleichtert entgegen. Sie tupfte Jaques triefende Brust ab und warf der Madame einen entschuldigenden Blick zu.
"Tut mir auch für Sie sehr leid, Madame Soli-, äh Madame, Sie müssen jetzt auch nochmal einen Moment warten, bis Sie Ihren Milchkaffee bekommen, aber sehen Sie, hier haben Sie wenigstens schonmal etwas für den Hunger, lassen Sie es sich schmecken!", teilte Fabie ihr kurz mit, nachdem Jaques, sich schnaubend mit einer Tasse Kaffee zum Kiosk aufgemacht hatte. "Ach kein Problem!", Madame Solitaire biss herzhaft in ihr Croissant. "Ich war ja selbst mal Kellnerin, sogar in diesem Café, wissen Sie?" "Ach, wirklich?", entgegnete Fabie erstaunt. Sie hatte schon oft Interesse gespielt, wenn manch einsame alte Dame ihr irgendwelche Geschichten aus der Vergangenheit erzählte, doch diesmal war ihre Aufmerksamkeit echt. "Natürlich! Denken Sie etwa ich würde lügen? Wenn Sie wollen kann ich Ihnen gerne mehr davon erzählen, also ich meine, wie das Café Bleu früher so war." "Oh, schrecklich gerne, aber wie Sie sehen, habe ich im Moment leider überhaupt keine Zeit.", Fabie hob entschuldigend ihr Tablet. Madame Solitaire winkte ab. "Aber natürlich! Machen Sie erstmal Ihre Arbeit! Sie wissen ja wo ich bin, vielleicht ergibt sich ja mal eine Gelegenheit." "Mit Sicherheit, Madame?"
"Augustine, mein Name! Madame Augustine."
Madame Augustine streckte Fabie ihre Hand nun schon zum zweiten Mal hin und als ihre Hände sich berührten, wusste Fabie, dass diese Begegnung ihr Leben und alles was sie bisher zu wissen geglaubt hatte, verändern würde.
꧁ E𝚗𝚍𝚎 𝚍𝚎𝚜 𝟹.𝙺𝚊𝚙𝚒𝚝𝚎𝚕𝚜꧂
𝙷𝚎𝚢𝚢𝚢, 𝚍𝚊𝚗𝚔𝚎, 𝚍𝚊𝚜𝚜 𝙳𝚞 𝚜𝚘 𝚠𝚎𝚒𝚝 𝚐𝚎𝚕𝚎𝚜𝚎𝚗 𝚑𝚊𝚜𝚝.
𝙰𝚞𝚌𝚑, 𝚠𝚎𝚗𝚗 𝚎𝚜 𝚟𝚒𝚎𝚕𝚕𝚎𝚒𝚌𝚑𝚝 𝚗𝚘𝚌𝚑 𝚗𝚒𝚌𝚑𝚝 𝚜𝚘 𝚜𝚙𝚊𝚗𝚗𝚎𝚗𝚍 𝚒𝚜𝚝, 𝚎𝚜 𝚠𝚒𝚛𝚍 𝚗𝚘𝚌𝚑! 𝙱𝚕𝚎𝚒𝚋𝚝 𝚍𝚛𝚊𝚗 シ
𝚄̈𝚋𝚛𝚒𝚐𝚎𝚗𝚜: 𝙸𝚌𝚑 𝚔𝚘𝚖𝚖𝚎 𝚗𝚒𝚌𝚑𝚝 𝚊𝚞𝚜 𝙿𝚊𝚛𝚒𝚜 𝚘𝚍𝚎𝚛 𝚜𝚘, 𝚊𝚕𝚜𝚘 𝚙𝚕𝚎𝚊𝚜𝚎 𝚍𝚘𝚗'𝚝 𝚓𝚞𝚍𝚐𝚎 𝚖𝚎!
𝑉𝑖𝑒𝑙 𝑆𝑝𝑎𝑠𝑠 𝑏𝑒𝑖𝑚 W𝑒𝑖𝑡𝑒𝑟𝑙𝑒𝑠𝑒𝑛! ♡︎
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