Ein Versprechen
Der Geruch von Desinfektionsmittel stieg ihm in die Nase, als er von draußen rein kam. Der Arzt seufzte, seine Kaffeepause war nun vorbei und seine Arbeit zwang ihn wieder dazu, sich weiterhin um verletzte Menschen zu kümmern. Er hatte nichts dagegen, es war schließlich sein Job und er hatte sich geschworen jeden Menschen zu helfen, der auf seine Hilfe angewiesen war, mitsamt den Kosten. Doch manchmal wollte er einfach aufhören und nach Hause gehen. Sich entspannen und eine Auszeit vom Krankenhaus nehmen.
Eine junge Dame, mit hellgrünen Haaren tippte ihn von hinten an und sah zu ihm auf.
" Entschuldige Leorio, aber du solltest mal bitte kurz ins Zimmer nebenan gehen! Raum 13!" sprach sie und in ihrem Blick steckte Neugier. Der Schwarzhaarige nickte und machte sich auf den Weg dorthin. Kannah war die einzige, die ihn bei Vornamen ansprach, denn sie war auch ebenfalls einer der Krankenschwestern, die am meisten mit ihm zusammenarbeitete. Oft war sie sehr neugierig und von vielen Dingen erstaunt, was sie sah, und nie konnte sie genug lernen. Davon könnte Leorio sich erdenklicher Weise eine Scheibe abschneiden.
Er klopfte vorher, bevor er langsam die Türklinke herunterdrückte. Ein kleiner Junge blickte zu ihm. Er war ungefähr acht oder neun Jahre alt. " Hallo Kleiner, wie geht es dir?" fragte er und trug ein Lächeln auf den Lippen. Der kleine Junge schluckte und antwortete mit einer krächzenden Stimme: " Ganz gut, Herr Doktor!" Kurz schaute der Arzt besorgt zu ihm. Der Kleine lag im Krankenhaus, weil ihm die Mandeln entfernt werden sollen. Er sollte die Operation zwar nicht durchführen, aber trotzdem sorgte er sich um den Jungen. Das unsichere Gefühl, dass ihn auch damals bei dem Tod, seines Freundes Pietro begleitete, fing an, sich langsam in ihm breit zu machen. Er zitterte etwas und atmete durch.
" Herr Doktor, werde ich sterben?" fragte der kleine Junge und sah ihn durch seine mandelfarbigen Augen an, die den Glanz der Tränen aufwiesen. Das riss ihn aus seinen Gedanken. Der Ausdruck des Kleinen war schrecklich mit an zu sehen. Er ging auf ihn zu und lächelte ihn warm an, um ihm ein Gefühl der Sicherheit zu geben. " Nein, eine Mandelentfernung ist nicht so schlimm. Du wirst es nicht merken." beruhigte er ihn. Das Kind hatte immer noch seine Zweifel, aber es griente, was für Leorio ein gutes Zeichen war. Er kritzelte etwas auf das Blatt Papier, auf seinen Klemmbrett und schenkte dem Jungen nochmals ein Lächeln. Dann verließ er das Zimmer und gab dem Zettel, seinen Oberarzt.
"Herrvoragende Leistung Doktor Paladiknight, ich danke Ihnen. Würden Sie mir bitte einen Kaffee machen? Ich muss in zwanzig Minuten zu einer Augenoperation. Eine Laserung." fragte er und streifte seine Ärmel glatt. Sein Gegenüber nickte und setzte sich in Bewegung.
" Natürlich!"
Auf dem Weg kamen ihm einige Ärzte und hübsche Krankenschwestern entgegen, denen er zulächelte und hinterher ein Kichern vernahm. Oft wurde Leorio dazu verpflichtet Kaffee zu machen. Wenn jemand fragte, war er immer im meisten Falle der Ansprechpartner, was er aber so ziemlich ätzend fand. Wofür gab es denn bitte Krankenschwestern? Zum Kaffeekochen anscheinend nicht, sonst dürfte er das ja nicht machen! Er drückte den Einschaltknopf und wartete darauf, dass sich das Wasser aufkochte.
Ein ohrenbetäubendes Geräusch ertönte, ähnlich dem einer Explosion. Ein Erdbeben erfolgte und andere Laute, wie Autohupen, Schreie, Sirenen und anderes erschallte. Die ganzen Ärzte, Krankenschwestern und sonstige Leute, die vor zwei Minuten noch so gelassen an ihm vorbei gingen, liefen nun panisch oder verängstigt durch die Flure. Alles geriet in Chaos!
Er spürte nichts mehr außer Schmerzen. Weder seine Beine, noch Arme oder anderes. Sein Körper fühlte sich ganz heiß an und es brannte überall. Langsam, sowohl auch zitternd, hob er sein Kopf ein Stück an, um die Umgebung zu überprüfen. Das deutliche Sehen fiel ihm schwer, alles war verschwommen und nur Silhouetten von Menschen waren zu erkennen. Er ließ sein Kopf wieder fallen, der kurz auf dem harten Boden aufprallte. War sein Gegner tot? Er musste! Er hatte mit seinen eisernen Werkzeug den Schlussstrich gezogen und sein Herz zu Schlagen aufhören gebracht. Doch war das auch nun selbst sein Ende? Er presste die Zähne aufeinander und kniff kurz die Augen zusammen. Der junge Mann zitterte und konnte nicht länger das Brennen auf seiner Haut ertragen. Das letzte was er sah war der orange-gelbe Himmel und die Silhouetten mehrerer Personen, bevor alles schwarz wurde.
In einem schnellen Tempo, nahm Leorio die Schritte seines Chefarztes auf, der sich nicht zu ihm umdrehte und währenddessen sprach:
" Draußen entstand eine Explosion! Es gibt 3 Tote, 7 Schwerverletzte und 12 Verletzte! Begeben Sie sich ins dritte Obergeschoss zum Zimmer 26! Beeilung, sie brauchen einen Arzt!!!" Leorio zögerte keine Sekunde und machte sich sofort auf den Weg dorthin. Ihn beschäftigte eher, wie die Explosion entstand. Ob es durch Nen verursacht wurde oder es ein Unfall war? Als er das Zimmer betrat, traute er seinen eigenen Augen nicht. Der Schwerverletzte, der sich auf der Liege befand, sah aus wie sein Freund Kurapika. Halt - Es war Kurapika!!! Er sah nicht wirklich gut aus! Während seiner Bewusstlosigkeit zitterte er und unter der Atemmaske schien er nur so nach Luft zu ringen. Die meisten Stellen seines Leibs wiesen Brandstellen auf und mehrere Schnittwunden verzierten seinen zierlichen Körper. Sein Herz schlug unnormal schnell. "Herzrasen vielleicht." musste der 25- jährige gedanklich feststellen. Ein schrecklicher Anblick, ihn so zu sehen. Sofort kümmerte er sich um ihn und setzte alles daran ihn am Leben zu halten. "Ich lass dich nicht sterben Kurapika! Unter keinen Umständen!" sprach er innerlich zu sich selbst und konzentrierte sich voll und ganz auf seine Arbeit.
Ein helles, weißes Licht schien ihm direkt ins Auge und nebenbei dieses piepende Geräusch, was in seinem rechten Ohr besonders schmerzte. Wo war er? Das Krankenhaus? Etwas anderes konnte er für's erste nicht in Frage stellen. Er wollte sich umschauen, doch sein Hals schmerzte so sehr, bei jeder Bewegung, die er versuchte zu tun. Er atmete aus, wobei seine Zähne wieder aufeinander gepresst waren. Er zitterte am ganzen Leib. Und plötzlich, wo doch sein ganzer Körper so heiß war, umfasste etwas Kaltes seine linke Hand. Ein »Eh« mit ausgestoßenem Atem entfielen ihm und er versuchte ruhig zu atmen. Von der selben Seite, bekam er warme Luft ab und vernahm darauf ein Flüstern:
"Atme ruhig weiter. Es ist alles in Ordnung. Dir passiert nichts!" Ihm kam diese Stimme so vertraut vor und das was seine Hand umschlang, war wohl selbst eine, die ihm das Gefühl von Sicherheit vermittelte.
Einige Minuten später wagte er es dann schließlich, seinen Kopf zu seiner Linken zu drehen und die Gestalt zu identifizieren. Immer noch war es alles etwas verschwommen, doch nachdem seine Augen sich auf die Person fixierten und ihn wieder scharf sehen ließen, überwältigte ihn dies. Leorio, sein guter Freund, war nun endlich Arzt geworden und er saß nun an seiner Seite. Immer noch fühlte seine Haut sich so an, als würde sie brennen. Er öffnete den Mund, um etwas zu sagen, jedoch kam kein Ton heraus. Hatte er nun seine Stimme verloren? Nein! Ein schwaches, leises Wort kam zwischen seinen Lippen hervor:
"Leorio..." Der Schwarzhaarige gab ihn einen besorgten Blick und hielt seine Hand immer noch zwischen seinen beiden eigenen fest. Langsam versuchte der Blonde sich auf zu setzen, doch Leorio drückte ihn wieder sanft zurück." Kurapika, du musst dich ausruhen. Du warst schwerverletzt. Sag mir, weißt du etwas von der Explosion?" fragte er und sein Blick wurde ernst. Der Ausdruck in den Augen des Kurtas zeigte einen besonderen, Neugier musternden Blick und seine Lippen waren zu einem » o « geformt. Er schwieg kurz darauf fing er an zu sprechen. Anfangs war seine Stimme noch sehr leise und klang heiser, doch mit der Zeit, war immer mehr Ton darin zu vernehmen.
" Es war ein Kampf, gegen ein Mitglied der Spinne." ,begann er und das Zittern kehrte zurück, " ich war mir sicher, dass ich ihn so gut wie erwischt hatte, doch dann wurde er still..." Pause.
" Er fing an, in einer anderen Sprache zu fluchen und mit einem Male, trug er andere Kleidung. Ich brüllte gegen das Rauschen in der Umgebung an, doch es war schwer. Kopfschmerzen trafen ein und ein Teil wurde rot, dazu wurde mir unglaublich heiß. Wie Höllenqualen!" Erneut eine Pause.
" Die Ketten hatte ich ihn vorher ums Herz gelegt. Auf meine Frage, gab er keine Antwort. Nur eine Aussage: »Verbrenne qualvoll im Höllenfeuer!« Und dann tat ich es!" Seine Stimme bebte und sein Körper zitterte. Kurapika presste seine rechte Hand gegen die Stirn und drückte seine Zähne wieder aufeinander. Das klirren seiner Kette ertönte." Ich...zog an den Ketten und brachte ihn um! Und gleichzeitig traf die Explosion ein! Ich erlitt Rückstoß und lag am Boden." beendete er seine Erzählung und nahm seine Hand wieder runter. Er sah sie an. Seine Finger und Handflächen waren immer noch leicht gerötet und seine Augen drohten nahe zu, sich scharlachrot zu färben.
Leorio hatte einerseits volles Verständnis dafür, anderseits, wäre er fast gestorben und das lag dann noch nebenbei an Kurapikas Fähigkeit Emporer Time, die ihn in der ganzen Situation ziemlich geschwächt hat. Mitleidig sah er ihn an.
" Kurapika." sagte er und in Leorios Stimme war wieder der Ernst zu hören. Der blondhaarige junge Mann drehte seinen Kopf zu ihm und blickte ihn leicht erschöpft an. " Ist dir der Ernst der Lage bewusst?! Du redest deine Geschichte einfach so vor dich hin, während du vergisst, dass du fast draufgegangen wärst!" Sein Ausdruck veränderte sich keineswegs, indessen in dem von Kurapikas ein leichter Reiz zu erkennen war. " Ich weiß, was ich tue!" schallte es zurück und er drehte sich auf die andere Seite, den Rücken zu ihm gekehrt. Leorio packte ihn an der Schulter und wandte ihn wieder zu sich. Er blickte ihm tief in die blauen Augen und sagte: " Das ist ein gefährliches Spiel, was du hier treibst! Ich möchte doch nur, dass du nicht stirbst!" Der Blondschopf blinzelte und schaute ihn einfach nur an. Seine Lippen waren leicht geöffnet und er musterte jede von Leorios Bewegungen, wie ein Paläontologe seine Fossilien ausgrub. Er wartete darauf, dass er noch irgendetwas sagen würde. Leorio seufzte und schloss kurzzeitig seine Lider.
" Kannst du mir etwas versprechen?" fragte er. Kurapikas Augen weiteten sich und vorsichtig antwortete er:
" Ja, was denn?" Er schwieg.
" Dass du Emporer Time nicht mehr nutzen wirst! Es wird dich noch umbringen, ehe du dich versiehst, sonst wird die nächste Nutzung das letzte Mal für dich sein!!!" Kurapika atmete stockend aus und antwortete herablassend: " In Ordnung. Ich verspreche es!" ...
" Soll ich dir helfen?" fragte er und hielt seine Hände fast an seine Hüften, um ihn sicherhaltshalber zu stützen, wenn er zu fallen drohte. Ein freundliches »Nein, danke!« schallte es zurück und der Kurta lächelte ein klein wenig. Die Türen des Fahrstuhls öffneten sich und langsam setzte sich Kurapika in Bewegung, begleitet von Leorio, der seinen Vorgesetzten darum bittete, sich für einige Tage höchstpersönlich und allein um Kurapika sorgen zu dürfen. Als die beiden durch die gläsernden Pforten des Krankenhauses ging, kam ihnen der kalte, sowohl auch frische Herbstwind entgegen. Es war ein etwas stürmischer Tag und auch einige Blätter wurden von dem Wind in seinen Bann gezogen und tanzten mit.
Kurapika drehte sich zu Leorio und blickte ihn an. Er schmunzelte. " Dankesehr Leorio. Auf Wiedersehen!" sprach er. Der Arzt hob die Hand und winkte leicht. Er hoffte, dass Kurapika sein Versprechen halten würde und ihn nicht enttäuschte. Letztlich sah er ihm noch hinterhergehen und wartete, bis er aus seinem Sichtfeld geriet. Er genoss augenblicklich die frische Luft, bevor er zurück ins Krankenhaus ging und erneut den Duft von Desinfektionsmittel aufnahm.
Er schlenderte trübselig durch die Gänge. Bis ihn dann jemand von unten neugierig und besorgt ansah. Leorio blickte zur Person und schaute sie verwundert an. Ein niedliches Hochschauen von Kurapika entgegnete ihm.
– " Leorio, ist alles in Ordnung?" Eine weibliche Stimme riss ihn aus seinen Fantasien und da, wo vor einem Bruchteil einer Sekunde noch Kurapika stand, war Kannah, die ihn mit demselben Blick ansah. Zu seinen Enttäuschen, war es nur eines seiner Hirngespinste, die ihm sein Gehirn vorenthielt. Leorio wandte sich von ihr ab und antwortete: " Ja, sicher."
" Wurde dein Patient gerade entlassen?"
" Ja, wurde er!"
Der Schwarzhaarige wollte nicht länger diese Unterhaltung führen. Am liebsten hätte er noch etwas mehr Zeit mit Kurapika verbracht. Verständlicherweise hatte er ihn lange nicht mehr gesehen. Doch er konnte nur jetzt über die Zeit hoffen, dass er sein Versprechen halten würde. Mehr konnte er nicht erwarten.
Bạn đang đọc truyện trên: Truyen247.Pro