Kapitel 1.
"Wo bin ich hier?" Ich wusste nicht mehr weiter. Mein ganzes Leben lang hatte ich glücklich beim Dämmervolk gelebt. Und jetzt kam plötzlich mein verloren geglaubter Vater und brachte mich an diesen trostlosen dunklen Ort. Beim Klettern auf dem Eulenbaum hatte er mich überrascht. Ich war freiwillig mit gegangen. Wenn man seinen Vater nach langer Zeit wiederfindet, kann man ihn nicht einfach gehen lassen. „Dies ist MEIN Reich. Hier untersteht jeder meinem Befehl und die Finsternis herrscht." Mein Vater lächelte mich an. Irgendwie gefiel mir das Ganze nicht so richtig und sein Lächeln hatte etwas Falsches an sich. Egal, Hauptsache ich hatte endlich einen Vater. „Komm mit mir ins Zentrum des Finsterwaldes: das Finsterschloss." Als ermerkte das ich zögerte, sagte er: „Du brauchst keine Angst zu haben. Niemand wird dir etwas tun, solange du unter meinem Schutz stehst." Er trat einen Schritt vor. Ich folgte ihm.
Alles war schwarz. Jeder Stein ja sogar die Pflanzen waren schwarz. Da fiel mir auf, dass die riesigen Kronleuchter an der Decke unmöglicher Weise schwarzes Licht verströmten. Ich wollte meinen wieder gewonnenen Vater gerade darauf ansprechen, als er die schwere Tür öffnete und mir vor Staunen der Mund offen stand. Vor mir lag ein langer dunkler Korridor. Unzählige Kinder in schwarzen Umhängen schlichen herum, aber das Merkwürdigste war: Niemand machte ein Geräusch. Es war totenstill im Korridor und man hätte eine Stecknadel fallen hören. Wo war ich hier bloß gelandet? Ich hatte keine Ahnung. Langsam bekam ich es mit der Angst zu tun. „Das", sagte mein Vater, „ist meine Schule." Ich staunte. Wie konnte ein Mann über so vieles gleichzeitig herrschen? Ich hätte schon längst die Kontrolle verloren. Zu diesem Zeitpunkt war ich noch stolz auf meinen Vater. Doch was ich dann erfuhr, hatte meinen Stolz bröckeln lassen. „Hier müssen alle aus dem Finsterwald unterrichtet. Auch du mein Kind." Langsam wurde ich nachdenklich, war mein Vater doch nur ein Tyrann, wie man mir von klein auf beigebracht hatte? Doch das wollte ich nicht glauben. Als er mir dann aber von meinem strikt geplanten Tag erzählte, verlor ich die Kontrolle über mich selbst. „Du kommst nach Jahren zurück und das einzige was du mir zeigen willst ist meine neue Schule?!" Doch mein Vater ging nicht auf den Kommentar ein. Mit einem enttäuschten Blick sah ich ihn an. Aber als ich sah, dass es ihm langsam zu viel wurde, hörte ich auf über ihn zu meckern, denn auf einen sauren Vater hatte ich überhaupt keine Lust. Sobald mein Gesicht wieder freundlicher wurde, wurde auch seines netter. „Also nochmal zu deinem Plan, um Punkt sieben gibt es Frühstück bis halb acht, von acht bis drei Uhr hast du Schule, von vier Uhr bis sechs Uhr werde ich dich unterrichten, denn du bist mein Erbe. Und die restliche Zeit wo du noch nichts zu tun hast ist deine Freizeit. Meinst du ich sollte etwas mehr Unterricht geben? Ich will nicht riskieren das meine Schüler wegen ihrer ganzen Freizeit noch aufsässig werden." „Das nennst du Freizeit?!" Ich war schockiert. „Es ist doch egal, wie ich es nenne, den schon bald, wird niemand mehr aus dem Finstervolk wissen, was das ist." Das wurde mir zu bunt. „Ich werde immer wissen, was es bedeutet frei zu sein. Denn bei uns im Dämmervolk ist Freizeit ein nahezu magisches Wort," rief ich aufgebracht. „Das glaube ich gerne, aber das Dämmervolk hat nichts mit dem Finstervolk zu tun und das soll auch so bleiben!" Ich merkte, dass mein Vater sehr viel Temperament hatte und schnell die Kontrolle über sich verlor. Das konnte ja heiter werden, mit ihm zusammen in einem Haus zu sein. „Was ist eigentlich mit meinen Freunden? Sie werden sich bestimmt Sorgen machen." Mein Vater schnaubte. „Deine Freunde sind unwichtig. Das hier ist viel besser. Eines Tages wirst du das verstehen. Aber jetzt denke lieber über deine neue Schule nach. Denn du hast viel zu lernen." Ich dachte nach. Wie war es dort bloß? Ich kannte dort keinen. Würde ich klar kommen? „Schläft man auch hier?", fragte ich mit hoffnungsvollem Unterton, den mein Vater natürlich sofort raushörte. „Normaler Weise schon, aber für dich mache ich eine Ausnahme. Ich hoffe du findest es nicht schlimm," schon wieder sah sein Lächeln eher nach einer Grimasse aus und ich fragte mich was wohl hinter seinen stachligen schwarzen Haaren vorging. „Du wirst ein eigenes Zimmer bekommen, in der königlichen Loge. Und keine Sorge, du wirst dich wohlfühlen. Ich habe eigenhändig alles für dich hergerichtet." Ich lächelte meinen Vater unsicher doch dankbar an. „Wann beginnt die Schule?" „Genau jetzt. In dem Moment in dem er jetzt sagte, begann eine riesige Glocke in der Mitte des Korridors zu läuten. Aus dem Schleichen der Schüler wurde ein hektisches Wuseln. „Sie wollen pünktlich in ihre Kursräume kommen. Komm mit ich zeige dir deinen. Und übrigens, hier drin habe ich deine Schulsachen." Er hielt eine schwarze Umhängetasche von mittlerer Größe in der Hand. „Danke," Ich warf einen Blick hinein. Drinnen sammelten sich geordnet Stifte, Papier und Bücher. Sie schlug ein Buch auf. Die Kunst der dunklen Magie. Ein anderes hieß: Wie macht man sich Fabelwesen untertan? Ich stockte. Fabelwesen? Wie konnte man es wagen sich so ein edles Geschöpf untertan machen zu wollen? „Vater?" fragte ich zaghaft. Er schaute erwartungsvoll.„Was sind das für schreckliche Titel? Die armen Fabelwesen! Und dunkle Magie ist doch verboten." „Nicht bei uns," mein Vater und lachte. Sie ist unsere Magie. Was meinst du warum dieser Wald der Wald der Finsternis heißt? Außerdem musst du dir dieses Getue abgewöhnen. Für uns sind Wesen wie Einhörner und Drachen, ganz normale Tiere, mit dem Unterschied, dass sie eine große Macht besitzen. Diese Macht ist oft sehr nützlich. Du wirst schon sehen, bald fängst du eine Fee nach der anderen." „Das will ich aber nicht!!! Feen sind wunderschön und sollten frei sein. Ich will mich an gar nichts gewöhnen." Auf diese Worte blitzte Misstrauen in den Augen ihres Vaters auf. „Tja, du kannst es nicht ändern. Du bist meine Tochter und mein Erbe, deshalb musst du hierbleiben. Welche Verwandten hast du schon im Dämmerwald?" Ich musste nachdenken. Wenn ich es mir recht überlegte, keine. „Na gut. Bring mich zu meinem Kurs." Der mächtige Mann mit den schwarzen Haaren nickte und ging schnellen Schrittes davon. Ich hatte Mühe mit im mitzuhalten. Meine Beine waren einfach zu kurz. Wir liefen durch finstere Flure und dunkle Korridore. Vor einer großen Eisentür mit hölzernem Griff, blieb Vater abrupt stehen. Fast wäre ich in ihn hinein gerannt. „Komm." Es war kaum mehr als ein Flüstern, doch ich sah in seinen Augen die freudige Erwartung und wie lange mein Vater schon auf diesen Augenblick gewartet hatte. Ich drehte langsam den Tür Knauf. Hinter der Tür sah ich eine Menge Schüler, vielleicht 30 Stück und sie alle starrten mich an.
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