3 - Ich bin nicht verrückt
Ich setze mich an den Tisch neben Papa und sage nichts. Mara sitzt gegenüber und füttert Nella mit der Wähe.
In Gedanken beobachte ich meine kleine Halbschwester. Irgendwie ist sie ja an der Verrücktheit von Mara Schuld. Denn so wirklich verrückt wurde sie erst nach ihrer Geburt. Aber ich bin ihr kein bisschen böse. Nella ist süss und lieb und mit ihren kurzen, goldenen Löckchen ein einziger Engel.
Es fehlte nur noch der Heiligenschein. Bei der Vorstellung musste ich lächeln. Sah sicher total süss aus.
Plötzlich kreischt Mara und deutet auf mich. Ich sehe sie nicht an. Sie hatte wieder einen ihrer verrückten Anfälle, in der sie mich beschuldigt, gefährlich zu sein.
Ich schlucke einmal leer und wappne mich gegen ihre Aussage.
"Liebling sieh doch! Sie lacht so böse! Und ihre Hand, ihre Hand!", schreit sie und umarmt Nella schützend. Diese lachte nur und spielte mit ihrem Teller, ohne etwas mit zu bekommen.
"Kim, Schätzchen, willst du das Messer nicht loslassen?", bittet mich mein Vater. Ich schaue hinunter auf meine Hand, die mein Messer umklammerte. "Und wie soll ich denn sonst meine Wähe essen?", frage ich verwirrt. Wie stellten sie sich denn das vor? Warum merkt mein Vater nicht, dass Mara eindeutig verrückt ist? Ich könnte Schreien. Aber ich tue es nicht, weil dann würde sie wieder sagen, dass ich verrückt bin.
Dann sagt Mara das, was ich in letzter Zeit viel zu oft zu hören bekomme: "Hans, sie ist gefährlich!"
Ich schaue sie böse an. Aber mir fehlen die Worte, um mich zu verteidigen.
Mara beginnt mit Papa zu diskutieren, aber ich höre nicht zu.
Stumm esse ich weiter. Ab und zu schaue ich zu Nella und lächle. Wenn ich Nella sehe, verfliegt meine schlechte Laune immer von alleine.
Sie ist ihre ersten Wörter am lernen und brabbelt die munter vor sich hin. Bei einem, das besonders witzig klingt, muss ich lachen.
Ich wiederhole es kichernd und sofort schaut Mara mich entsetzt an. Mein Lächeln verschwindet genau so schnell, wie es gekommen ist. Meine Schultern sinken nach unten, als ich Maras Gesichtsausdruck sehe.
Ich weiss genau, was jetzt wieder kommt.
"Hans, so kann das nicht weiter gehen! Dieses Mädchen ist verrückt! Wir müssen etwas unternehmen!", rieruft sie panisch. Ich versinke in meinem Stuhl. Ich will weg und ihr Gerede nicht mehr hören.
"Aber Schätzchen, die Ergebnisse vom Arzt sind doch noch gar nicht da.", wollte mein Vater sie beruhigen.
"Sie ist verrückt! Merkst du das etwa nicht? Verrückt, psychisch krank! Nicht bei Sinnen!", schreit Mara weiter. Nella begann bei dem ganzen Lärm zu weinen. Ich schluckte schwer und schaffte es endlich, mich zu verteidigen. Aber meine Stimme klingt leise und unsicher.
"Ich bin nicht verrückt."
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