18 - Ich hasse diesen Ort
Ich schreie auch immer noch, während jemand von unten die Treppe hoch kommt und sich vor mir nieder kniet.
Lennox tut nichts, ausser da zu knien. Und plötzlich höre ich auf zu schreien. Ich starre ihn an. Und dann beginne ich zu weinen.
Er beugt sich nach vorne und umarmt mich vorsichtig. Die Stimmen werden leiser. Mischen sich in das Geflüster von Marek und Lily hinter mir.
Ich fühle mich plötzlich wieder wohl. Aber ich will nicht, dass Lennox mich wieder los lässt. Meine Tränen werden weniger. Stattdessen beginne ich stärker zu zittern.
Ich sitze zitternd auf der Treppe und werde von Lennox, einem Jungen, den ich gar nicht kenne, umarmt. Vorsichtig löst er sich wieder von mir und legt seine Hände auf meine Schulter. Ich schaue ihn an und sehe, wie er den Mund bewegt.
Aber die Worte kommen nicht bei mir an.
Er wiederholt es ein paar mal, bis ich ihn verstehe. "Kim, beruhig dich!", sagt er. Ich kann aber nicht. Also schüttle ich den Kopf.
"Ich bin nicht verrückt.", hauche ich. So schnell würde ich ganz sicher nicht meine Überzeugung aufgeben.
"War das für dich denn gerade normal?", stellt er die Gegenfrage.
Nein, das war es nicht. Nicht wirklich. Aber das sage ich natürlich nicht.
"Ich bin nicht verrückt!", wiederhole ich einfach. Überzeugter und fordernder, wie es mir vorkommt. "Ich bin nicht verrückt!" Ja, jetzt glaube ich es auch selbst wieder. Natürlich bin ich nicht verrückt, wie kam ich bloss je auf diese Idee? Ich bin rundum gesund.
"Kim...", seufzt Lennox. Und dieser Blick, den er mir zuwirft. Den hab ich jetzt definitiv genug gesehen.
"Ich bin nicht verrückt!", rufe ich wieder. Meine Stimme wird lauter. "Ich bin nicht verrückt!" Ich schreie. "ICH BIN NICHT VERRÜCKT!"
Lennox zuckt zusammen und fällt beinahe rückwärts die Treppe hinunter. Aber nur beinahe. Statdessen sitzt er jetzt auf der Stufe unter mir. Zwei aus dem Irrenhaus, die gemeinsam auf der Treppe sitzen.
Ich höre nicht auf zu schreien, dass ich nicht verrückt bin. Ich bin es nicht und ich muss es ja wissen! Schliesslich ist es mein Geist! Meine Psyche! Mein Verstand! Meine Gedanken!
Ich schreie so laut, dass ich die Schritte auf der Treppe nicht mitbekomme und Marek erst bemerke, als er sich neben mir nieder kauert.
Als ich den Mund wieder öffne um auch ihm mitzuteilen, dass ich nicht verrückt bin, wirft er mir etwas in den Mund.
Er drückt mir den Unterkiefer zu und ich spüre etwas glattes auf meiner Zunge. "Schluck runter!", fordert er mich auf. Ich schüttle den Kopf. Ich hasse Tabletten!
Ich versteh nicht, wie genau Marek das macht, aber indem er mich am Hals berührt, kann ich nicht anders, als zu schlucken. Danach muss ich erst mal husten. Ich verzieh angewidert den Mund.
"Das waren Beruhigungstabletten. Es wird dir gleich wieder besser gehen.", meint er.
Ich hasse diesen Ort.
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