Kapitel 47 | Das Amulett
Nicht weniger interessiert als Katlynn, die ja schon öfter in Dalaran gewesen war, hörten die Nyanier Velen zu, wie er über Dalarans Geschichte erzählte - dabei allerdings die Geschichten über Arthas ausließ, da die Nyanier sich mit ihm auskannten.
Sie wählten den Weg zum Violetten Turm, der nicht an Windläufers Zuflucht vorbeiging, wodurch auch kaum Hordler ihren Weg kreuzten, abgesehen von ein paar Blutelfen der Leerenhüter, die sich ihnen nach einer kurzen Geste von Seiten Oris anschlossen, bis sie den Turm erreichten.
Manche blieben, andere gingen wieder, sahen ihre Aufgabe als erledigt.
Eine knappe Rede von Khadgar, der offensichtlich schwer beschäftigt war und wieder mit einem "Alles mit der Zeit" entschuldigt wurde, dann teleportierte er die Nyanier irgendwohin, woraufhin Ori auch die letzten Blutelfen entließ.
Seufzend bedeutete sie Zaeith, den Turm wieder zu verlassen. "Ich hab keine Ahnung, was wir tun sollen." Als Zaeith mit einem leisen Knurren seine Bestätigung gab, fuhr sie grinsend fort und zupfte an seinen Ohren. "Also, wenn du ein Elf wärst, wüsste ich genau, was ich tun würde. Es gibt schließlich nur ein Mittel gegen Langeweile."
Zaeith drehte ihr den Kopf zu, als verstünde er nicht, was sie meinte, doch nach einem vielsagenden Heben der Augenbrauen schien er zu verstehen.
Etwas wie ein zufriedenes Lächeln zog sich über sein Wolfsgesicht.
Stumm ging er weiter, sie schweigend auf seinem Rücken liegend, in den Himmel starrend, der mittlerweile recht dunkel geworden war.
Der Mond erhellte das Firmament und zufrieden sah Ori, dass es bereits fast ein Vollmond war.
"Sieh mal, Zaeith...", wisperte sie in sein Ohr und zeigte in den Himmel. "Mit etwas Glück kannst du bald wieder mit mir reden."
Zaeith nickte eifrig.
Ori wusste jedoch, es ging ihm weniger um die Worte als darum, dass er sie wieder - vielleicht sogar intim - berühren konnte, mit Händen, mit Haut.
Ein leises Räuspern ertönte und Ori sah in die Richtung, neugierig, ob sie gemeint waren.
Das waren sie offenbar tatsächlich.
Genn Graumähne stand nicht weit von ihnen entfernt.
Zaeith wackelte mit einem Ohr, fast wie zur Begrüßung, was der Gilneer mit einem Schmunzeln abtat.
"Der Mond ist laut Lady Tyrande in ein oder zwei Tagen voll.", begann er erstaunlich unbeholfen. "Das Ritual wird in dem alten Dickicht von Gilneas ablaufen, die Magie dort sei stark genug. Der Ort ist nicht zu übersehen, er sieht aus wie ein überdimensionaler Baumstumpf, man kann ihn von der Straße aus sehen. Stellt sicher, dass Ihr es zeitig dorthin schafft."
"Das werden wir, habt Dank." Ori lächelte vorsichtig, sah jedoch überrascht auf Genn hinab, als er ihre Hand nahm und einen recht schweren Gegenstand hineinlegte. "Das ist...?"
"Ein Amulett. Zaeith muss es tragen. Es wird ihn innerhalb kürzester Zeit wieder in einen Elfen verwandeln, da er in Elfenform bei dem Ritual erscheinen muss. Ich denke, das ist auch in Eurem...Interesse." Genn grinste und zuckte mit einer Augenbraue, keine Geste, die Ori von einem alten König erwartet hätte.
"Danke..." Überrumpelt und ertappt spürte Ori ihr Blut in ihre Wangen schießen.
Das Grinsen zu einem Schmunzeln reduzierend, wandte Genn sich ab und verschwand wieder in der Graumähnenenklave.
Zaeith sah fragend zu ihr hoch, wohl hatte er ihr Gespräch nicht verstanden.
"Alles positiv. Wenn du bitte jetzt zu einem sehr unbesuchten Örtchen laufen würdest?" Das Amulett unklammernd, krallte sie sich an seinem Fell fest, als er zu laufen begann, und hoffte, dass das Fell schon sehr bald weg sein würde.
Herzlich amüsant, bedachte man, dass Zaeith erst seit ein oder zwei Tagen in dieser Form war, und sie sich jetzt schon nach seinem elfischen Ich die Zähne ausbiss.
Plötzlich hielt er an.
Er war von Dalarans Mauer gesprungen und dann auf dem grasigen Teil darunter bis zu einem Baum mit dichter Krone gelaufen und sah sie nun erwartungsvoll an.
Ori rutschte von seinem Rücken und streichelte deinen Kopf, dann zeigte sie ihm das Amulett. "Genn gab mir das, angeblich verwandelt es dich zurück, damit du in der Vollmondnacht als Elf zum Ritual kommen kannst."
Zaeith knurrte leise und bewegte seinen Kopf zu ihr.
Wahrscheinlich konnte er es selbst nicht mehr erwarten.
Verständlich.
Sie zog die Kette etwas auseinander, in Form eines Kreises, bis sein Kopf hindurchpasste und der Anhänger aus einem silbrigen Wolfskopf auf seiner Brust auflag.
Nichts geschah.
Enttäuscht ließ sich Ori auf dem Boden nieder, starrte jeden Zentimeter seines Körpers an, doch sie sah keine Veränderung.
Zaeith schien sie jedoch zu spüren.
Er winselte, fiepte gelegentlich, drückte sich an sie und legte seinen Kopf auf seinen Schoß, sodass sie ihn streicheln konnte, während sie sich an seine bebende Flanke lehnte.
Wirklich leise wurde er jedoch erst, als sie zu summen begann, damit er ihr lauschte, sich auf ihre leise Stimme statt auf den Schmerz konzentrierte.
Es wirkte.
Das Beben seiner Flanke beruhigte sich, das Zittern seines Kopfes ebenfalls.
Fast genießerisch schloss er seine Augen und atmete tief ein und aus, während sie zwar beruhigend summend und doch verzweifelt nach einer Veränderung Ausschau haltend auf eine ebensolche harrte.
Doch vergeblich.
Der Mond wanderte, die Sonne begrüßte sie, die Bewohner Dalarans wurden hörbar aktiv, und Zaeith lag unverändert um sie gerollt auf dem Boden, mittlerweile ging sein Atem schwer.
Er war wach, das merkte sie, doch er gab keinen Laut von sich.
Seine Augen bewegten sich des Öfteren, sahen fast flehend zu ihr auf, doch nicht ein Winseln, Knurren oder Fiepen verließ das zahnbewehrte Maul.
Sollte das etwa seine Veränderung sein?
"Zaeith...?", murmelte sie müde, blinzelnd, um wach zu bleiben.
Er bewegte nur den Kopf, es war ein Nicken, wohl eine Bestätigung, dass sich etwas veränderte, und die nächste Welle der Erleichterung schläferte sie endlich ein.
Bạn đang đọc truyện trên: Truyen247.Pro