Kapitel 44 | Plan verhindert
Der heißersehnte Abend war gekommen und Ori starrte nervös zu den Fenstern, hinter denen der Himmel einen wunderschönen, farbenfrohen Sonnenuntergang verkündete, doch sie nahm es kaum wahr.
Sie wollte endlich los, wollte, dass die Blutelfen ihre Rache zu spüren bekamen...
Und sie saß hier, wie eine Gefangene auf einen Stuhl gefesselt.
Hireek, Alath und die Wölfe waren zur Botschaft zurückgeschickt worden, damit sie auch den restlichen Allianzanführern von ihrer Kultur erzählen konnten.
"Die Zeit passt nicht besser als jetzt, denn ihr habt sie.", hatte ihr Vater ihnen gesagt und so allen Anwesenden klar gemacht, dass er sie nicht gehen lassen würde.
Seitdem saß sie hier, gelangweilt den Blick durch den Raum schweifen lassend.
"Du kannst mich eh nicht für immer hier so sitzen lassen.", wandte sie sich schmollend an ihren Vater.
"Wenn du müde bist, können wir dich auch ins Bett legen.", meinte der trocken. "Ich lasse dich nicht nach Quel'Thalas. Egal, mit was für Wesen du dorthin gehst, bedenke, dass auch die Fluchkinder Gefangene waren. Sie sind nicht unbesiegbar. Es würde keinem etwas bringen, wenn ihr sterbt. Außerdem..." Seufzend deutete Turalyon mit dem Kopf auf Zaeith, der sie aufmerksam beobachtete. "...würdest du ihnen Zaeith in die Hände spielen."
Zugegeben, da war was dran.
Weiterhin schmollend, da sie nicht zugeben wollte, dass er tatsächlich recht hatte, starrte sie ihn an, doch er lachte nur und wuschelte ihr durch die Haare. "Du weißt doch, dass ich recht habe!"
"Vielleicht.", schmollte sie und pustete eine hellgraue Strähne aus ihrem Gesicht.
"Nicht vielleicht. Ganz sicher!"
"Hrmpf."
"Also?"
"Dann geh ich eben nicht nach Quel'Thalas!", jammerte Ori und zappelte mit den Füßen. "Und jetzt bind mich los, ich will zu Zaeith."
Die Ohren des Wolfs drehten sich in ihre Richtung und Turalyon ergab sich seufzend.
Mit ein paar Handbewegungen löste er die Knoten und ehe er sich versah, lag seine Tochter auch schon zusammengerollt neben dem weißen Wolf, der sie sachte anstupste und liebkoste.
"Und was plant Ihr nun?", stellte Genn die nächste Frage in den Raum.
"Die Fluchkinder sollten wir am besten nach Sturmwind bringen. Ihre Anwesenheit auf Nyanien scheint ziemlich jeden Clan misstrauisch zu machen...und schon bei Zaeith allein waren sie misstrauisch.", meinte Thanduril nachdenklich. "Wenn tatsächlich ein Mordkomplott auf Löen geplant war, wird der Verdacht sicher schnell auf ihn fallen. Schließlich war es sein Gift. Und alle haben verstanden, dass Fluchkinder rebellisch sind. Sie werden denken, wir haben sie nicht unter Kontrolle und...ich denke, ich muss es nicht weiter ausführen."
"Alle Fluchkinder waren im Dorf.", widersprach Léena. "Filian kann das bestätigen. Alle waren schwer verletzt."
"Von Zaeith, Hireek, Alath, den drei Wolfselfen und dir mal abgesehen. Und Alath und Zaeith waren beide im Palast."
"Aber Zaeith war doch ein Wolf?", warf Ori ein und kuschelte sich an ihn. "Und Alath hat das Gift doch mitgenommen, nicht hingestellt."
"Genau das könnte den Verdacht wecken!", gab Thanduril hitzig zurück. "Problem ist, wenn wir jetzt einen Umzug einleiten, wirkt das umso verdächtiger."
"Dann sagt Löen, wir tun es, um zu beweisen, dass wir es nicht sind.", schlug Léena vor. "Er ist euch gegenüber sehr verständnisvoll. Er wird es verstehen."
"Oder sich Sorgen machen, dass Nyanien dem Krieg verfällt und dann wie Azeroth wird." Der Forscher schüttelte den Kopf. "Jeder Krieg, nur der kleinste Kampf würde verheerend für die Welt sein. Ich bin doch sicher nicht der einzige, der diese erstickenden Mengen an Magie spürt. Ein Magier unserer Welt könnte mit einer Frostnova ein ganzes Nordend erschaffen. Ohne Untote, versteht sich."
Betretenes Schweigen erfüllte den Raum.
"Darf man fragen, wovon Ihr sprecht?", fragte Genn mit einem misstrauischen Blick in die Runde.
"N-Nichts besonderem...", winkte Thanduril nervös ab.
"So klingt das allerdings nicht." Genn sah zu Turalyon. "Oder klingt das belanglos für Euch?"
"Es geht um einen Mordversuch auf einen Monarchen, das ist nicht auf die leichte Schulter zu nehmen.", stimmte der Paladin ihm zu. "Und wie es scheint seid ihr an der ganzen Situation beteiligt. Wir sollten das besser klären, oder eure Konsequenzen treten ein."
Ori seufzte. "Auf Argus wurde Dhania von der Leere verschlungen. Ich dachte, sie wäre tot." Sie schluckte schwer bei der Erinnerung an diesen Moment. "Ich suchte in der Leere nach ihrer Leiche, fand stattdessen einen unentdeckten Riss. Hinter ihm befand sich eine Welt, die der Leere verfallen war. Es war nichts zerstört, aber bewegungslos und tot. Ich wollte diese Welt nutzen und gründete einen Orden, dessen Idee ursprünglich von Dhania kam. Zaeith hier..." Sie klopfte ihm schmunzelnd auf die Flanke. "...war mein erster Mann. Auch wenn er erst nach einigen anderen beitrat und verstand, dass ich ihn als stellvertretenden Ordensführer und meine rechte Hand wollte. Zurzeit hat der Orden um die dreihundertvierzig Mitglieder, alles nur Blut- und Leerenelfen-"
"Deren Leben du zerstören würdest, wenn du den Sonnenbrunnen verseuchen würdest.", warf Turalyon ein und mit einem knappen Nicken gab Ori zu verstehen, dass sie es verstanden hatte.
"Jedenfalls war Thanduril unser Durchbruch. Er hat mir klipp und klar gesagt, dass er kein Kämpfer sei, also sagte ich ihm, er könne diese Welt erforschen.", fuhr sie fort. "Wir sammelten leerenbedeckte Gegenstände und Leichen, durch die wir einiges über die Welt herausfinden konnten. Die Bewohner der Welt hatten festen Kontakt mit den Bewohnern von Argus, weniger mit denen von Draenor, und hohes Interesse an Azeroth. Obwohl nie eines der Wesen nach Azeroth gekommen war, fanden wir Lernbücher für die thalassische Sprache und erschreckend genaue Zeichnungen und Gemälde von dem Sonnenbrunnen und den thalassischen Herrschern."
"Am erschreckendsten war das Gemälde von Azshara und Sargeras.", fügte Thanduril hinzu. "Die Nyanier bekommen offenbar weit mehr mit als erwartet."
"Davon höre ich zum ersten Mal." Verwundert sah Ori zu ihm auf. "Wann und wo hast du das bitte gefunden?"
"In Khurans Dorf. Sie haben auch viele Naga-Statuen. Wir sollten das Dorf besser im Auge behalten."
"Dann geh zu Löen und sag ihm das. Das könnte auch Katlynn weiterhelfen."
Ihr Name war wohl das ausschlaggebende.
Thanduril öffnete eilig ein Leerenportal und verschwand darin.
"Und inwiefern war er jetzt der Durchbruch?", kam Turalyon auf die Konversation zurück.
"Er konnte die Leichen wiederbeleben und nachdem Dhania zurückkehrte wandten wir uns den Landschaften zu. Der einzige Hauch Leere befindet sich jetzt in der Nähe einer Festung, in Form eines Portals nach Azeroth."
"Wozu brauchen sie Festungen, wenn sie keinen Krieg führen?" Genn war sichtlich verwirrt.
"Erstens für den Fall und zweitens, da sie von Argus und Azeroth zeitig von der Legion gehört haben. Die Leere war bei ihnen jedoch schneller."
"Wir sollten diesen Löen für die Zeit am besten nach Azeroth einladen.", schlug Genn vor und stand auf. "Unsere Verbündeten haben etwas mit ihm zu tun und wir mit ihnen. Außerdem, wenn sein Volk so sehr an Azeroth interessiert ist, wäre das eine gute Möglichkeit. Auch, weil er so den Mordversuchen seiner Leute entgehen kann. Es sei denn..." Der Blick der gräulichen Augen legte sich auf Ori. "...es ist tatsächlich einer aus Euren Reihen."
"Ich werde es ihm ausrichten. Gebt Ihr König Anduin Bescheid. Er wird es selbst sicherlich wissen wollen." Auch sie erhob sich, erschuf ein Leerenportal und scheuchte Zaeith hindurch.
Doch als sie selbst hindurchtreten wollte, wurde sie am Arm gepackt und die Person mit ihr in die wirbelnde Leerenenergie gesogen.
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