Kapitel 42 | Die Wahrheit
"Sie kommt wieder zu sich..."
"Gleich kommt das große Tohuwabohu, ich sag's euch!"
Während ihre Sicht noch verschwommen war, begann ihr Herz wild zu klopfen.
War Zaeith also doch zurück?
Ganz sicher war das mit Tohuwabohu gemeint...
"Aaachtuuung...", hörte sie Léena wieder und tatsächlich.
Ihr Lächeln verschwand sofort.
Zaeith war immer noch ein Wolf.
"A-Aber der Drache sagte, sie wüsste, wie man dir helfen kann...!", stritt sie die Realität ab.
Das war sicher der wahre Traum, die Illusion, die nach dem goldenen Nebel kam.
Sie würde gleich wieder auf Nyaniens Wiese aufwachen und gefragt werden, warum sie bewusstlos geworden wäre.
Ganz sicher.
Das hier war die Illusion.
"Welcher Drache und wen meinst du mit 'sie'?", fragte Hireek neugierig wie auch verwirrt und klopfte ihr kurz an die Schläfe. "Du hast urplötzlich goldene Augen bekommen und selig vor dich hingelächelt, als würdest du dich gerade darüber freuen, den Sonnenbrunnen zu sehen!"
"Na, der Schwarzdrache, der hinter mir stand, und mit sie meine ich die Erdenseele von Nyanien.", erklärte Ori verwirrt und sah schon in den Mienen der anderen, dass sie nichts von alledem verstanden.
"Am besten wir statten Prophet Velen einen Besuch ab.", sagte Léena dann und stand auf. "Hat Zaeith eben gesagt. Warum auch immer wir das machen sollten, aber du weißt ja warum."
Zaeith nickte und stand vorsichtig auf, wodurch Ori ihren Halt an seinem Körper verlor und sich einfach rückwärts ins Gras fallen ließ.
Das konnte nicht wahr sein.
Es war nicht wahr.
Zaeith war kein Wolf, das war nur ein böser Traum, geschaffen von der Leere, um sie zu zerstören, und das, obwohl sie nicht einmal deren Stimme hörte.
Nein.
Nein, Zaeith war ein Elf, er war ein Elf und das würde er ihr auch gleich sagen.
Doch er schwieg.
"Idiot.", nuschelte sie trocken, wischte sich über die Augen, um nicht zu weinen und boxte ihm schwach in die Seite.
Er stupste sie vorsichtig an, doch sie erhob sich nicht.
Sie wollte nicht.
Nicht, bis er sie schüttelte, sie umarmte und ihr sagte, dass er ein Elf war.
Bis dahin wollte sie einfach hier liegen bleiben, und wenn sie für zehn Jahre hier bleiben musste.
Doch Thanduril hob sie einfach hoch und ging los, jedoch nicht ohne aufmerksam von Zaeith überwacht zu werden, dass er ja keine falsche Bewegung machte.
Der Rest der Truppe folgte ihnen.
Sie traten in die Graumähnenenklave, dann durch das Portal nach Sturmwind.
Sie kamen nahe der Botschaft heraus, dort, wo sich höchstwahrscheinlich auch der Prophet befand.
Außer Léena, Thanduril mit Ori auf dem Arm und Zaeith mussten alle draußen bleiben.
Obwohl ihre Gedanken sich doch eher mit der merkwürdig Vision beschäftigten, atmete sie erleichtert aus, als sie sah, dass Alleria nicht anwesend war.
"Entschuldigt für die rüde Unterbrechung, Majestät.", begann Thanduril, um aller Aufmerksamkeit zu erlangen, verkniff sich jedoch eine Verbeugung, wofür Ori jedoch nur dankbar sein konnte. "Wir vermuteten Prophet Velen hier..." Er nickte dem Draenei freundlich zu. "Wir haben etwas Wichtiges zu besprechen, dass für unsere 'verfluchten' Verbündeten von großem Wert ist, sollte es wahr sein."
"Ich fürchte, wenn es um Verbündete geht, müsst Ihr vor uns allen sprechen.", gab Velen zurück und erhob sich von der Bank im hinteren Teil der Botschaft. "Gerade jene, von denen wir am wenigsten wissen."
"Wenn die Zeit besser passt, Prophet, kann Euch gewiss einer von uns in unsere 'Kultur' einweisen.", erwiderte Léena. "Jedoch sind wir hier, da unsere Freundin ein merkwürdiges Erlebnis hatte, es ist gerade mal um die fünf Minuten her."
"Ihre Augen wurden für gewisse Zeit golden, sie lächelte, als würde sie einen schönen Traum haben, doch als das Licht verschwand, war sie rundum verwirrt und faselte von einem Schwarzdrachen, der hinter ihr gestanden und etwas von einer ihm fremden Erdenseele geredet habe.", fuhr Thanduril fort. "Das wichtige hieran ist, dass diese ihm unbekannte Erdenseele die Fähigkeit besitze, Zaeith wieder zu einem Elfen zu machen."
"Wer ist Zaeith?"
"Senzajin.", sagte Léena knapp und zeigte auf den riesigen Wolf. "Die Blutelfen haben ihn verflucht, inwiefern haben wir erst gestern herausgefunden. Leider auf die negative Art und Weise."
"Erwähnen sollte man vielleicht noch, dass Ori und Zaeith Seelenverwandte sind.", scherzte Thanduril trocken. "Das rechtfertigt jedenfalls, warum sie so weggetreten ist, dass sie nicht selbst stehen kann."
Nachdenkliche Stille herrschte, in der Genn und eine veränderte Tyrande kurz verstohlene Blicke tauschten und sich kaum merklich zunickten.
Bevor Velen sprechen konnte, erhob Genn seine Stimme.
"Mit Flüchen können Milady Tyrande Wisperwind und ich eventuell helfen.", sagte er. "Ich verlor mein Königreich zu gleich zwei. Der der Worgen und der des Untodes. Die Priester der Elune gaben meinem Volk die Möglichkeit, unsere menschliche Gestalten wieder anzunehmen. Worgen und Wölfe sind sich ja doch ziemlich ähnlich, muss ich leider zugeben..." Das bezog sich wahrscheinlich auf die Beleidigung, Hund genannt zu werden. "Vielleicht können wir dasselbe Ritual bei Zaeith durchführen."
Der weiße Wolf knurrte leise.
"Er sagt, einen Versuch ist es wert.", übersetzte Léena und beobachtete, wie Turalyon Thanduril vorsichtig seine Tochter abnahm und sie an sich drückte.
"Bis Vollmond werden wir alles vorbereitet haben.", meinte Tyrande leise, doch sanft. "Ein Fluch wie dieser sollte nicht existieren. Es ist...abartig, einem anderen Wesen eine solche Qual zuzufügen."
Daraufhin herrschte wieder Stille.
"Was ihr mir erzählt habt, klingt nach einer interessanten Art von Vision.", sprach diesmal der Prophet. "Viel interessanter ist jedoch, dass eine Leerenelfe jene hatte. Visionen kommen von dem Licht, von dem Leerenelfen doch meist abgelassen haben. Jedoch zurück zu der Vision. Für mich klingt es, als hätte sich die Situation vor der Vision in der Vision fortgesetzt, fast wie ein Tagtraum. Mir scheint, sie ist noch offen für das Licht, allerdings auf dem Weg in die Leere wegen...nun, es sieht nach psychischen Störungen aus." Entschuldigend sah er zu Ori, sie nahm jedoch vage wahr, dass er ihren Blick suchte. "Das Licht gibt ihr einen Weg vor, eine Idee, der sie nachgehen muss, um sich wieder dem Licht zuzuwenden."
"Ich muss Euch leider unterbrechen, Prophet.", mischte sich nun Turalyon ein. "Sie mag noch nicht der Leere verfallen sein, jedoch ist die Chance, dass sie zurück in das Licht kommt, höchst gering. Seht selbst..." Er drehte sich so, dass alle Anwesenden ihren Rücken betrachten konnten. "Fluchmale der Leere. Auch ihre große Schwester wurde mit ihnen geboren. Wir dachten, sie würde sofort sterben und ließen sie zurück. Vor Ori kam Arator zur Welt. Er war voller Licht, und Alleria wollte sichergehen, dass es so blieb. Als sie erneut schwanger wurde, hatten wir nicht erwartet, einen Rückschlag zu erleben. Aufgrund dessen ist Alleria nicht gut auf ihre Töchter zu sprechen. Um zu einem Punkt zu kommen: ich bezweifle, dass sie dem Fluch je entkommen wird."
"Wir werden sehen, Hochexarch, wir werden sehen.", sagte Velen leise. "Das Licht wirkt in den verschiedensten Wegen..."
"Wir sollen also nach diesem Schwarzdrachen suchen.", fragte Thanduril mehr als dass er es feststellte.
"Das wäre wohl am besten.", nickte Tyrande. "Könnt Ihr Zaeith vor Vollmond nicht zurück in einen Elfen verwandeln, so kommt einfach nach Val'sharah. Dort, im Tempel der Elune, werden wir das Ritual vollführen."
"Unser Dank sei Euch gewiss." Thanduril deutete eine Verbeugung an und wandte sich Turalyon zu.
Bevor er jedoch etwas sagen konnte, stand der Paladin auf. "Ich begleite Euch noch eine Weile."
"Wie Ihr wünscht...nur erschreckt Euch nicht. Die Wölfe draußen sind...nicht ganz so, wie Ihr sie kennt...", erklärte ihm Thanduril vorsichtig und ging ihm voran, gefolgt von nicht nur dem Hochexarchen.
Auch Genn Graumähne schloss sich ihnen an.
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