Kapitel 13 | Als wäre er schon immer da
Sie betraten den riesigen Saal nach ein paar Assassinen.
Zu Daelars Überraschung schallte ihnen ein "Willkommen zurück, Daelar" und Gelächter entgegen, kaum dass sie einen Fuß über die Schwelle gesetzt hatten.
Für einen Moment sah er perplex um sich, erkannte jedoch keines der Gesichter wieder.
Einige starrten ihn noch an, aber ein Großteil wandte sich wieder ihrem Essen zu.
Er realisierte eine andere Bewegung im Raum.
Eine erhobene Hand.
Ori drückte kurz seine Hand und ging dann auf die winkende Person zu.
Daelar folgte ihr zögerlich.
Es war ein Blutelf mit roten Augen, einer blutverkrusteten Wunde quer über sein Gesicht und einem fast bestialisch aussehendem Gebiss, wenn auch der Eindruck nur von den vier Eckzähnen verursacht wurde.
Er lächelte ihnen jedoch freundlich entgegen, also war er höchstwahrscheinlich einer seiner Freunde.
"Schön dich wieder auf den Beinen zu sehen, Daelar.", begann er mit einer Stimme zu reden, die gleichzeitig ruhig, sanft wie auch ernst, entschlossen und irgendwie...hasserfüllt klang. "Hast uns ein riesigen Schrecken eingejagt mit deinem Unfall."
"Ähm..." Mehr konnte er nicht erwidern.
Wie hieß dieser Elf?
Auf wen bezog sich der Hass seiner Stimme?
"Senzajin. Öffentlich Blutfang.", antwortete der Elf auf seine erste Frage. "Du bist ein offenes Buch, mein Lieber, das solltest du ändern."
"Ich werde es versuchen..." Noch immer ein wenig verwirrt setzte er sich neben Ori auf eine kleine Bank.
Ihnen gegenüber begann eine Bank violett zu leuchten und wenig später saßen zwei weitere Gestalten auf ihr.
Entgeistert musterte Daelar das weibliche Wesen.
Es hatte lange gewellte weiße Haare und goldene Augen. Katzenohren ragten aus dem weißen Schopf auf und ein Katzenschwanz bewegte sich hinter ihr.
Der Blick der katzenartigen Frau legte sich auf ihn.
Ein erstaunter Ausdruck flog auf ihr katzenhaft angehauchtes Gesicht.
"Was seh ich da? Ein Elf neben Ori!" Sie grinste und ihr Katzenschwanz machte eine kleine Welle. "Stell dich mal vor, dich kenn ich noch gar nicht."
"Ich saß auch mal neben Ori.", warf Senzajin leise ein. "Oder bin ich kein Elf für dich?"
"Du bist ein Experiment der Blutelfen, denke ich." Die Katzenfrau schnurrte, als ein Elf mit blassblauen Augen ihren Kopf streichelte.
Senzajin schnaubte leise und die Katzenfrau sah wieder zu Daelar. "Na sag doch, wer bist du?"
"Daelar Sonnenläufer, einundzwanzig Jahre alt." Mehr konnte selbst er nicht sagen.
"Nawwww, ihr passt ja altersmäßig perfekt zueinander.", schwärmte sie weiter.
"Beruhige dich, Katlynn." Ori lachte. "Seid wann bist du so quirlig?"
"Seit ich...laufen kann?" Die Katzenfrau, wohl Katlynn, lachte mit ihr.
Daelar lächelte amüsiert, wandte sich nach einer Weile jedoch lieber seinem bereitgestellten Essen zu.
Es war offenbar Frühstück.
Ein Tonbecher mit warmer Drachenfalkenmilch und ein warmes Brötchen mit ein wenig Eberpaste warteten schon auf ihn.
Senzajin nickte ihm kurz zu und griff selbst zu seinem eher unappetitlich aussehendem Essen.
In Würfel geschnittenes, in Blut gebratenes und getauchtes Fleisch und ein Tonbecher voll undefinierbaren Blutes.
"Lass dich nicht davon abschrecken." Eine Hand legte sich auf sein Knie. Es war Ori. "Das ist typisch für ihn, aber er ist und bleibt ein liebenswerter Freund."
"Schmeichelnde Worte, Ori." Senzajin schien sie gehört zu haben. "Zu schmeichelnd."
"Verzeih mir, ich wollte dich nicht in deiner Ehre verletzen.", scherzte Ori grinsend und der Angesprochene grinste zurück.
Daelar schwieg und bediente sich an dem verlockenden Essen.
Nach einer Weile taten die anderen es ihm nach und die Gruppe saß schweigend am Tisch, abgesehen von ein paar witzigen Konversationen der Katzenfrau und dem "Experiment", die die Gruppe öfters zum Lachen brachten, aber zum Glück war der Orden voll von übermütigen Assassinen, die ganz ihrerseits Lärm machten.
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Das Frühstück war vorbei und Daelar stand mit Ori in der Waffenkammer.
Die Elfe wühlte in ein paar Kisten und suchte alle möglichen Waffen heraus.
Am besten gefiel Daelar eine winzige Armbrust, die man sich unter den Unterarm schnallen konnte.
Ebenso ein kleiner Dolch, dessen Prinzip ähnlich der der Armbrust war.
Für beides entschied er sich.
Auf Oris Wunsch hin erweiterte er sein Arsenal auf eine Pistole und zwei Dolche, die wunderbar gebogen waren.
Und gebogen bedeutete ein unauffälliger, schneller Tod von hinten.
Perfekt für die Aufgaben, die Assassinen erwarteten.
Neue Ausrüstung bekam er jedoch nicht.
"Du musst dich erst aus deinem Novizenstand arbeiten. Wenn du Assassine bist, statten wir dich besser aus und dann darfst du auch wieder nach Azeroth.", erklärte ihm Ori auf seine Frage hin und eine kleine Strähne fiel über ihr Auge.
Daelar unterdrückte den Wunsch, die Strähne wieder hinter ihr Ohr zu streichen. "Wo sind wir denn, wenn nicht auf Azeroth?"
"Eine Welt, von der ich den Namen nicht weiß. Katlynn ist bis jetzt die Einzige, die von dieser Welt stammt und lebendig ist." Ori band einen Gürtel um seine Hüfte und steckte dann seine Waffen in die dazugehörigen Halterungen. "Wir müssen durch Leerenportale hin- und herreisen, aber das ist nicht schlimm, denn danach haben wir wieder unsere eigene Welt. So, fertig." Sie stand wieder auf. "Ist es in irendeiner Weise unbequem?"
"Keineswegs." Daelar betrachtete seine Rüstung ein wenig verwundert. "Ich habe sie mir nur ein wenig...sagen wir...unbequemer vorgestellt, aber alles passt perfekt."
"Tja, mein Lieber, ich würde wohl kaum so viele Anhänger haben, wenn ich keine ordentliche Rüstung bieten kann." Ori lachte leise und winkte ihn aus der Waffenkammer heraus. "Ich stelle dich nur eben den Trainern vor, dann geht es auch schon los für dich."
"Heute schon?"
"Nun ja, offenbar..." Ori sah vorsichtig zu ihm hoch. "Es sei denn, es geht dir wirklich noch schlecht..."
"Nein, nein, es wird schon gehen.", winkte er ab. "Ich war nur verwundert."
"Kein Wunder, wäre ich an deiner Stelle auch." Ori nahm seine Hand und führte ihn durch die riesige Galerie zu den Toren, die nach draußen führten.
Auf dem Innenhof standen schon ein paar zappelige Jungspunde, die nur so darauf fieberten, ihre ersten Schritte beigebracht zu bekommen.
Die Trainer waren allerdings noch nicht da.
"Waren sie beim Essen?", wandte Ori sich an die Rekruten, die sofort nickten.
Seufzend zückte Ori ihre Dolche. "In Ordnung, bis sie kommen, werde ich euch unterrichten."
Begeistertes Raunen ging durch die Reihen der jungen Elfen.
Daelar reihte sich weiter hinten ein und wartete auf Oris Zeichen.
Sie gab es.
Die Reihen lösten sich so weit auf, das jeder mehr als eine Armspanne Platz hatte, dann begann Ori, die Bewegungen vorzumachen.
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