18. Kapitel - Heimkehr
Hey Ihr Lieben!
Ich bin diese Woche endlich mal dazu gekommen, die Musikstücke als YouTube-Videos einzubauen. ☺️🎶
Auch in den vorherigen Kapiteln und in Band 1, falls ihr da noch reinhören wollt.
Hier geht es jetzt weiter mit Annes Heimkehr. Viel Spaß!
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Heimkehr
Sechs Stunden später schob Hector die in einen dunklen Umhang mit Kapuze gehüllte Anne von den verregneten Straßen Chelseas in das Treppenhaus des mehrstöckigen Wohnhauses und hinauf zu Sirius kleiner Wohnung im fünften Stock. Er war überrascht, als auf sein Klingeln hin geöffnet wurde, den engen Wohnungsflur voller Leute vorzufinden. Anne machte angesichts der Menschenmenge ein paar schreckhafte Schritte rückwärts, aber er hielt sie auf und zog sie mit sich in die Wohnung hinein.
Aus der Küche war ein dröhnendes Stöhnen zu hören, gefolgt von einem Schmerzensschrei und splitterndem Glas. Panik mischte sich in Annes Blick, während die anderen alle betreten dreinsahen. James kam angespannt auf die beiden Neuankömmlinge zu und schüttelte Hector die Hand.
„Wir haben ihn gefunden", verkündete er sogleich. „Heute Nachmittag. Auf einer Parkbank in Bromley. Er sollte inzwischen einigermaßen nüchtern sein."
Wieder rumorte es laut in der Küche nebenan und die Anwesenden schreckten besorgt auf. James strich der verlegen wirkenden Anne ermutigend über die Schulter.
„Remus und Lily versuchen gerade, ihm einen Splitter aus der Hand zu entfernen. Wir wissen nicht, ob er in einen Kampf geraten ist oder ob er betrunken gestürzt ist. Aber die Hauptsache ist, er ist wieder da." James war die Erleichterung vom Gesicht abzulesen, aber die Sorge um seinen Freund war noch längst nicht ausgestanden.
Erwartungsvoll sah er Anne an. Die fühlte sich in ihrer Haut sichtlich unwohl. Sie hatte das Gefühl, dass alle hier - James, Peter, Marlene und noch zwei weitere Leute, die sie nicht kannte - ihr die Schuld an Sirius Zustand gaben und erwarteten, dass sie ihren Fehler hier und jetzt wiedergutmachte. Aber sie hatte keine Ahnung, wie sie das bewerkstelligen sollte.
Hector half ihr, den nassen Umhang abzulegen, unter dem sie eine dünne graue Bluse und einen langen schwarzen Rock trug, der fast bis zum Boden reichte, und dann trat sie zaghaft durch die Tür in Sirius kleine, unordentliche Küche. Er saß auf einem Stuhl am Esstisch, während Remus versuchte, mit dem Zauberstab eine Reihe von Glassplittern aus seiner rechten Hand zu entfernen. Lily stand daneben und hielt einige blutgetränkte Kompressen in der Hand. Als sie Anne erblickte, warf sie diese auf den Tisch und eilte auf die Freundin zu, um sie sogleich stürmisch zu umarmen. Remus blickte daraufhin auf und ließ von Sirius Hand ab. Der zögerte einen Moment, stand dann auf und wankte mit zornigem Blick auf Anne zu. Die anderen traten ehrfürchtig einen Schritt zurück.
Klein und zierlich wirkte sie, wie sie da vor ihm stand und er auf sie hinabsah. Als wäre sie die letzten Wochen über geschrumpft. Als wäre mit dem Destruianten ein merkliches Stück von ihr verschwunden.
„So - haben sie dich also hergeholt, ja?", murmelte er herablassend. „Und du glaubst, es hilft, wenn du in deinen Hippie-Klamotten hier herumspazierst? Als könnte das irgendetwas ungeschehen machen ..."
Seine Augen blitzten gefährlich und er baute sich bedrohlich vor ihr auf, so gut das in seinem lädierten, halb-nüchternen Zustand eben möglich war.
Annes Mundwinkel zuckten, aber sie sagte nichts und sie wich nicht zurück. Kaum hatte er die vorwurfsvollen Worte ausgesprochen, schnellte ihre rechte Hand blitzschnell in die Höhe und gab ihm eine schallende Ohrfeige, so dass er sich sogleich schmerzhaft an die Wange fasste. In jenem Moment durchströmte ihn die Erinnerung an einen längst vergangenen Moment. Auch damals war er blutend vor ihr gestanden und auch damals hatte sie ihn geohrfeigt.
„Verdammt, Anne!"
Im nächsten Moment fiel er ihr vor Erleichterung aufatmend um den Hals, erdrückte sie fast unter seiner Umarmung und fühlte sich einfach nur froh, dass sie hier war, bei ihm, für ihn. Ein paar Sekunden später schob er sie von sich und übergab sich vor ihre Füße.
„Scheiße ...", murmelte er und stürzte eilig durch die Menschentraube im Flur hindurch ins Badezimmer, wo er sich gleich noch einmal in die Toilette erbrach.
Anne atmete einmal tief durch, fegte mit einer sanften Bewegung ihres Zauberstabs wie selbstverständlich den Boden vor sich sauber und folgte ihm, die Badezimmertür diskret hinter sich schließend.
Die Freunde sahen sich entgeistert an und beschlossen dann, nach der ersten Schrecksekunde, darauf in der Küche ein Gläschen zu trinken.
Marlene streckte Hector die Hand hin und stellte sich vor. „Hi, ich bin Marlene. Schön, mal nebenbei einen echten Rockstar kennenzulernen. Deine Platten gehen ja durch die Decke."
Er grinste und ergriff ihre dargebotene Hand. „Hi Marlene. Dein Lidstrich ist bezaubernd. Kannst du mir zeigen, wie man den macht?"
„Aber gerne", strahlte sie. „Ich kann dir auch ein eigenes Makeup entwerfen. Und vielleicht ein paar coole Kostüme dazu. Ich hätte da schon einige Ideen für dich..."
„Lass hören", meinte er mit begeistertem Interesse.
Sirius saß zwischen WC-Schüssel und Badewanne auf dem schmutzigen Boden und konnte die Tränen der Verzweiflung nicht mehr zurückhalten. Er war am Tiefpunkt angekommen und alle Welt sah ihm dabei zu.
Anne kniete sich zu ihm nieder, besah sich seine verletzte Hand, entfernte den letzten Splitter und ließ die Schnitte sich mit einer zarten Bewegung in Windeseile schließen. Sie fuhr mit den Schürfwunden an der zweiten Hand und einer tiefen Schramme am linken Arm fort. Dann begann sie mit einem Handtuch vorsichtig sein Gesicht zu säubern, während er ihre Behandlung still über sich ergehen ließ. Befreit aufatmend wollte sie schließlich aufstehen, aber er hielt sie an der Hand zurück und sah ihr treuherzig in die Augen.
„Es tut mir leid, Anne. Was ich gesagt habe, tut mir leid. Ich bin froh und dankbar, dass du hier bist ..."
Verzagt suchte er nach Bestätigung in ihrem Gesicht.
Sie hatte noch kein Wort gesprochen, seit sie seine Wohnung betreten hatte. Jetzt senkte sie den Blick und legte das blutverschmierte Handtuch beiseite, ohne seine Hand loszulassen. Dann kniete sie sich wieder zu ihm, streichelte sanft über seine Wange und lehnte ihre Stirn gegen die seine, wo sie bitter zu weinen begann.
Schluchzend legten sie die Arme umeinander und verweilten eine ganze Zeit wortlos in zweisamer Trauer, bevor sie sich voneinander lösten und die Tränen abwischten.
„Ich hätte dich nicht verlassen dürfen. Nicht in diesen finsteren Zeiten. Es tut mir leid", begann sie sich schließlich zu erklären, aber er schüttelte sogleich den Kopf und tätschelte ihre Hand.
„Wir haben ein Talent, uns in den ungünstigsten Momenten aufzugeben, erinnerst du dich?"
Ein kurzes, melancholisches Lächeln blitzte auf. Doch gleich danach erhob sie sich und zog ihn mit sich. „Du musst dich bei den anderen bedanken", befahl sie ihm.
„Warte!" Er fasste sie beim Arm, bevor sie die Tür öffnen konnte. „Lass uns nach Maple Court fahren", bat er. „Lass uns ein paar Tage lang so tun, als wäre die Welt in Ordnung. Bitte!"
Ihre Augenlider flackerten, als sie ihn überrascht ansah.
„Nur ein oder zwei Wochen", flehte er. „Nur wir beide."
„In Ordnung", sagte sie zaghaft und er drückte ihr dankbar die Hand.
Dann traten sie aus der Tür hinaus und hinüber in die Küche. Sofort erstarben die leisen Gespräche dort und vier Augenpaare blickten sie erwartungsvoll an. Nur Lily und James waren noch da und Marlene und Hector. Sirius blickte kurz in die Runde, dann wandte er sich an Hector und streckte ihm die Hand entgegen.
„Danke Hector" sagte er, als dieser einschlug, und wirkte neben ihm klein und schmächtig. Trotzdem klopfte er ihm auf die Schultern und deutete eine Umarmung an. „Danke, dass du sie mir zurückgebracht hast", ergänzte er leise und Hector lächelte, weil er wusste, wie sehr Sirius für diesen Satz über seinen Schatten springen musste.
Anschließend dankte Sirius auch Marlene und Lily und zuletzt, mit einem dicken Kloß im Hals, ging er zu James und die beiden umarmten sich brüderlich.
„Es tut mir leid James. Es tut mir leid ...", murmelte Sirius bewegt und mit rauer Stimme in James Schulter und drückte noch fester, um seine grenzenlose Dankbarkeit auszudrücken.
Anne hatte sich wortlos auf einen der Küchenhocker gesetzt, erschöpft aber zufrieden, bis Hector sagte: „Ich schlage vor, wir lassen euch beide jetzt allein. Ich denke, das Schlimmste ist überstanden." Er sah Anne an und fügte leise hinzu: „Wenns recht ist, schaue ich morgen wieder vorbei."
Sie stand mit wackeligen Knien auf, trat auf ihn zu und schenkte ihm eine dankbare, innige Umarmung.
„Wir gehen nach Maple Court. Heute noch. Aber wenn du magst, kannst du uns dort besuchen."
Überrascht hob er die Augenbrauen. „Maple Court! Nichts lieber, als das!"
„Schön, ich werde dir ein Zimmer reservieren", lächelte sie. „Ich schicke dir Marina. Gib uns ein paar Tage."
Er verstand sofort, dass er vor nächster Woche nicht zu kommen brauchte, weil sie sich eine Pause gönnen wollten. Und er wusste, dass sie diese dringend nötig hatte. Und Sirius vermutlich auch.
„Sollen wir bei einem schönen Dinner weiter plaudern?", wandte er sich guten Mutes an Marlene und die stimmte begeistert zu.
Nachdem sich kurz später auch Lily und James verabschiedet hatten, nicht ohne den beiden das Versprechen abzunehmen, sich täglich aus Maple Court zu melden, packte Sirius ein paar Habseligkeiten zusammen und schon einen Moment später waren sie zu Annes Anwesen appariert und standen vor der verwaisten Haustür.
„Entschuldige, ich hatte keine Gelegenheit Marianne zu informieren. Wir werden uns heute Abend selbst versorgen müssen", erklärte sie müde und er nahm sie sachte in die Arme und brachte sie mit Küssen zum Schweigen.
„Dann habe ich dich endlich einmal für mich."
Sie rümpfte die Nase. „Erst wenn du geduscht und dich umgezogen hast", legte sie fest. Und während er badete, besorgte sie ein Abendessen aus dem Hotel nebenan und entzündete die Kerzen im Wohnzimmer.
Sie blieben eine Woche auf Maple Court und Sirius hatte das Gefühl, es müsste die glücklichste seines Lebens sein. Er liebte es, den ganzen Tag von morgens bis abends allein mit ihr verbringen zu können. Sie zu beobachten, wie sie spät am Morgen aufstand und sich erst einmal zerzaust und ungekämmt, im Morgenmantel und barfuß, an den Flügel setzte und bei einer Tasse Kaffee - einer amerikanischen Unsitte, wie er fand, weshalb sie das Kaffeetrinken umso demonstrativer praktizierte - ihre Lieblingslieder spielte. Mit ihr durch den Garten zu spazieren, in dem bereits der Herbst Einzug hielt. Jeden Abend mit ihr zu dinieren und danach beisammen zu sitzen, zu reden oder zu tanzen. Ohne Angst. Ohne Sorgen. Einfach in den Tag hineinzuleben, als würde da draußen nicht gerade ein Krieg toben, der ihnen die Luft abzuschnüren drohte. Als hätten sie nicht gerade den eigenen Hochzeitstermin sang- und klanglos verstreichen lassen.
In kürzester Zeit erholte er sich von den Strapazen der letzten Wochen, den durchzechten Nächten und den verlorenen Tagen. Er machte einen Bogen um den Weinkeller und die Whisky-Vorräte und konzentrierte sich stattdessen auf die schönen Dinge. Anne beim Schlafen zuzuschauen beispielsweise. Oder sie mit dem verzauberten Motorrad durch die Lüfte zu chauffieren.
Annes Genesung dauerte wesentlich länger. Seit Monaten litt sie unter dem Verlust ihrer magischen Eigenart. Sie hatte ihm berichtet, dass sie in New York zwei Wochen im Hospital verbringen hatte müssen, weil sie sich beständig erschöpft fühlte, aber nicht schlafen konnte. Die Brandwunde an der Schulter und der gebrochene Arm waren rasch verheilt, nur eine weitere Narbe auf ihrer Haut war zurückgeblieben. Aber der Schaden an ihrer Seele war nicht so leicht zu beheben. Die Amerikaner hatten ein neues Schlafmittel ausprobiert, das ihr über ihre Alpträume hinweghelfen konnte und weniger Nebenwirkungen hatte. Aber selbst wenn sie die Nächte durchschlief, fühlte sie sich tags darauf kaum besser.
Sirius hatte diesmal darauf bestanden, das Schlafzimmer mit ihr zu teilen und seine Anwesenheit konnte zwar nicht verhindern, dass sie jede Nacht davon träumte, wie Voldemort sein Unheil über sie und ihre Freunde brachte, aber seine Nähe spendete ihr Trost und nach und nach ließen die nächtlichen Angstzustände nach. Trotzdem wirkte sie oft nachdenklich und in Gedanken versunken. Er brauchte eine Weile, bis sie sich ihm öffnete, aber dann vertraute sie ihm an, dass sie sich ohne den Destruianten schutzlos fühlte.
„Sobald Voldemort erfährt, dass ich meine Fähigkeit verloren habe, wird er sich auf uns stürzen", prophezeite sie. „Das ist nur eine Frage der Zeit. Und dann habe ich ihm nichts entgegenzusetzen."
„Das ist nicht wahr. Du bist eine fähige Hexe, du kannst dich verteidigen", versuchte Sirius sie aufzubauen, aber sie warf ihm nur einen skeptischen Blick zu.
„Ach ja? So wie ich mich gegen Marc Logan verteidigen konnte ..."
Unangenehm wurde er an seinen niederträchtigen Aurorenkollegen erinnert, der sich meisterhaft sein Vertrauen erschlichen hatte und dabei die ganze Zeit nur das Werkzeug eines machtgierigen Ministeriumsbeamten gewesen war. „Marc war heimtückisch und hinterhältig!"
Sie lachte hysterisch auf. „Und du glaubst Voldemort wäre das nicht? Willkommen in der Realität! Mein Destruiant war das einzige, das ihn an der Erfüllung seines Verlangens, mich - seine Tochter - vollständig zu besitzen, gehindert hat. In Zukunft bin ich nur noch eine Zielscheibe und jeder der mir nahe steht ein Hindernis, das aus dem Weg geräumt werden muss. Er muss uns nicht töten, um unser Leben zu zerstören. Seine bloße Existenz reicht dazu aus. Wir können nicht frei sein, so lange er nicht vernichtet ist!"
„Dann vernichten wir ihn!", beschloss Sirius tatendurstig, aber sie lächelte nur müde.
„Ja", seufzte sie und ließ gedankenverloren die Finger über eine auf dem Tisch stehende, blumenverzierte, gläserne Vase streifen. „Oder wir sterben bei dem Versuch."
Er legte die Hand auf ihre. „Dann werden wir gemeinsam sterben", versprach er ihr leise.
Anne und Sirius wiedervereint: Tennessee von Hans Zimmer.
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