26. Kapitel - Annabel
„Happy Birthday!", klang es laut und fröhlich aus unzähligen Kehlen, als sie den Pub betraten. Buntes Konfetti wirbelte durch die Luft und der schrille Klang verzauberter Tröten klingelte in den Ohren.
Überwältigt nahm Sirius wahr, dass alle seine Freunde hier auf ihn gewartet hatten. Der Ausdruck auf seinem Gesicht hätte überraschter gar nicht sein können. Er drehte sich zu Anne, die verschmitzt grinsend neben ihm stand und gab ihr einen unsanften Schubser gegen die Schulter.
„Ihr habt mich verarscht!", rief er aufgebracht aber lachend. „Und ich Volltrottel bin tatsächlich darauf hereingefallen!"
Wieder erklangen die Tröten und James fiel ihm wild hopsend um den Hals.
„Padfoot, alter Freund. Das war gar nicht so einfach. Alles Gute zum Geburtstag!"
Schon war er umringt von einer dichten Menschentraube, die ihn unablässig in den heimeligen, vollgepfropften Pub hineinzog, euphorisch umarmte, Hände schüttelte und freudig gratulierte.
Zufrieden lächelnd blieb Anne an der Tür stehen und sah ihm nach. Im nächsten Moment stahl sie sich unbeachtet davon und entfernte sich aufatmend vom Trubel.
Auf den im Dunkel feucht glänzenden, gepflasterten Straßen wanderte sie zielstrebig dem Ortsrand zu und verfluchte sich still, nicht den dicken Winterumhang anstatt des dünnen Trenchcoats genommen zu haben. Schließlich war November und Hogsmeade war nicht London.
Vor Kälte zitternd erreichte sie schließlich ihr Ziel und schlenderte durch die verwitterten Steinreihen, bis sie in der Dunkelheit der nur von einer schmalen Mondsichel beschienenen Nacht denjenigen fand, den sie suchte, und einen Moment lang still davor stehen blieb. Anschließend zog sie ihren Zauberstab aus dem Ärmel und ließ ihn sanft durch die Luft schnellen, woraufhin ein Strauß heller gelber Lilien erschien, den sie an den Fuß des Grabsteins legte, auf dem stand:
Annabel Hawthorpe
27.7.1941 - 3.8.1978
***
„Darf ich dich was fragen?" Anne stand in Annabels Zimmer und betrachtete die gerahmten Bilder über dem Kaminsims.
„Natürlich. Was willst du wissen?", kam die gedämpfte Antwort aus dem Nebenzimmer, in dem Annabel sich gerade umzog, bevor sie zusammen nach Hogsmeade gehen und dort die anderen treffen wollten, die schon vorausgegangen waren.
Eine Woche nach Annabels Geburtstag wollten sie diesen ein wenig nachfeiern. Anne hatte im Musikzimmer für ihre Freunde und diejenigen ihrer - früheren - Lehrer gespielt, die in den Ferien nicht verreist waren. Letzte Woche um diese Zeit hatte sie ihren ersten Auftritt bei einem Konzert in Aberdeen gehabt und Dumbledore war stolz, seine musikalischste Absolventin in Hogwarts begrüßen zu dürfen.
Als Annabel jetzt fertig angekleidet aus ihrem Schlafzimmer kam und Anne auffordernd anblickte, druckste diese ein wenig herum.
„Wann war zwischen meiner Mutter und ... und Eduard ... wann ... ich meine..."
Annabel brauchte nicht lange, um Annes Absicht zu durchschauen.
„Nein Anne, Eduard kann nicht dein Vater sein. Er ist schon im August mit mir abgereist und hat deine Mutter danach nie wiedergesehen."
Anne nickte beschämt und Annabel strich ihr behutsam über die Schultern.
„Ich verstehe, dass du nach jedem Strohhalm greifst. Aber in diesem Fall ... Es tut mir leid."
Seufzend drehte Anne sich wieder um und starrte betreten in die kalte Asche im Kamin.
„Hast du etwas geahnt? Ich meine, dir muss meine Ähnlichkeit mit ihr doch aufgefallen sein..."
„Ja, die ist mir aufgefallen. Aber ich hatte keinen Grund anzunehmen, dass eine Verbindung zwischen Euch besteht. Trotzdem war mir das begabte Mädchen, das aussah wie meine beste Schulfreundin natürlich vom Fleck weg sympathisch", lächelte Annabel gütig und gestand: „Vielleicht habe ich diese Tatsache geflissentlich unterschlagen, als du mich einmal gefragt hast, warum ich nett zu dir bin. Ich wollte nicht, dass du mich für schrullig hältst."
Anne kicherte und lauschte gebannt, als ihre Freundin daraufhin fortfuhr: „Es war am Ende deines fünften Jahres, als ich die Wahrheit herausfand. Du warst schon abgereist, da hatte ich mit Professor Dumbledore ein Gespräch über ... ich weiß nicht mehr worüber. Ich glaube es ging um einen Irrwicht oder so. Auf seinem Schreibtisch lag ein Medaillon mit einem Foto darin. Naja, neugierig war ich schon immer und als ich Evangeline auf dem Bild erkannte, fragte ich ihn, was es damit auf sich hat."
„So hat er sie also gefunden..."
„Ja, so hat er sie gefunden. Danach hat er ihre Mutter besucht und kam mit einer Verlobungsanzeige zurück und dem Wissen, dass es seit fast siebzehn Jahren kein Lebenszeichen mehr von ihr gegeben hatte."
Auf Annes Stirn bildete sich eine tiefe Falte. „Wo war sie all die Jahre?"
Annabel blinzelte. „Nun, ich dachte sie wäre tot ..."
„Das ist sie auch. Aber erst seit ich vierzehn bin."
„Woher weißt du das?"
„Ich habe wochenlang von ihrem Tod geträumt. Ich bin mir sicher, dass sie zu dieser Zeit wirklich gestorben ist."
Mitfühlend strich Annabel ihr über den Arm. Schon lange hatte sie das Gefühl, dass Annes vielzählige Träume fast immer ein Stückchen Realität enthielten. So als hätte sie tief im Inneren einen Hauch seherischer Kräfte, von denen bloß niemand wusste. Vielleicht sollten sie dieser Besonderheit einmal gemeinsam auf den Grund gehen, jetzt wo das Mädchen nur noch eine enge Freundin und keine ihrer schutzbefohlenen Schüler mehr war.
Doch Anne plagten im Moment ganz andere Sorgen und Gedanken als ihre wirren und grotesken Träume. Die Geschichte ihrer Mutter beschäftige sie ohne Unterlass.
„Aber wo war sie davor? Und wieso war ich nicht bei ihr? Wie bin ich zu den Eastwoods gekommen?"
„Das sind viele Fragen", stellte Annabel skeptisch fest und fügte schmunzelnd an: „Ich hoffe, du willst nicht allen heute nachgehen, denn ich hatte mich eigentlich auf einen fröhlichen Abend gefreut."
Anne rollte mit den Augen, kicherte dann aber und die beiden machten sich guten Mutes auf den Weg.
***
„Wo wird das nächste Konzert stattfinden?", fragte Annabel auf dem Weg, während Anne auf die Kieselsteine der gepflasterten Straße blickte, als könnte sie die Wahrheit über ihre und die Vergangenheit ihrer Mutter auf diese Weise vom Boden aufklauben.
„Ich weiß nicht", erwiderte sie geistig abwesend, „ich werde erst zu Hector fahren. Er hat neue Lieder, die er mir zeigen will."
„Und Sirius?"
Bei der Erwähnung ihres Partners schnellte ihr Blick dann doch in die Höhe, als würde der bloße Gedanke an ihn ihr die Finger verbrennen. „Was ist mit Sirius?"
Annabel taxierte die Freundin eingehend, besorgt darüber, ob zwischen ihr und dem jungen Mann, der ihr hübsches Gesicht im letzten Jahr stets so glücklich hatte strahlen lassen und von dem sie intuitiv wusste, dass er Anne aufrichtig liebte, noch alles zum Besten stand, oder ob sie nicht stattdessen Gefahr lief, ihn mit ihrem unbedachten Verhalten vor den Kopf zu stoßen und dieses wertvolle Lebensglück zu verspielen.
„Kommt er mit?"
„Nein. Er hat die Aurorenausbildung begonnen", erwiderte Anne missmutig.
„Ist dir das nicht recht?"
Sie seufzte. „Ich weiß nicht. Er will ja nur, dass dieser fürchterliche Krieg ein Ende nimmt. Aber was, wenn er so wird, wie die Auroren damals im Hospital?" Beim bloßen Gedanken daran stellten sich ihr die Haare auf.
Annabel legte ihr in einer beruhigenden Geste die Hand auf den Arm. „Du solltest nicht immer gleich das Schlimmste annehmen. Nicht alle meiner früheren Kollegen sind so. Du hattest nur das große Pech, die üblen Kerle abzubekommen."
„Pech oder Absicht?", zischte Anne ungehalten. „Auf jeden Fall habe ich einen mächtigen Feind in der Strafverfolgungsbehörde und ich hoffe, dass er Sirius nicht den Kopf wäscht."
Sie waren kurz davor, das Dorf zu erreichen, da hörten sie einen markerschütternden Schrei entgegenhallen und schreckten betroffen auf.
„Das kommt aus der Gasse bei Madam Puddifoot's", vermutete Annabel und zog nervös den Zauberstab. Anne tat es ihr gleich.
„Bleib hinter mir", wisperte Annabel fordernd.
„Das kannst du schnell vergessen", lehnte Anne ebenso eindringlich ab und sie schlichen leise in die dunkle Gasse.
Vor dem Café stand eine ganze Gruppe von Menschen. In der Dunkelheit der wolkenverhangenen Sommernacht war schwer zu erkennen, um wen es sich handelte. Anne zählte etwa zwölf schwarze Umhänge auf der einen Seite und ungefähr sieben Personen ihnen gegenüber. Suchend hielt sie Ausschau nach Lilys leuchtend roten Haaren, konnte sie in der Menge jedoch nicht ausmachen. Bis erneut ein Schrei die Stille zerriss und Anne mit Grauen bewusst wurde, das Lily es war, die so ohrenzerreißend geschrien hatte. Dann hörte sie James aufgebrachte Rufe und Flüche blitzten im Dunkel der Nacht auf. Ein wilder Kampf entbrannte vor ihren Augen.
„Das sind Todesser", zischte Annabel. „Und sie sind in der Überzahl." Aber Anne war bereits losgestürmt.
Das Überraschungsmoment nutzend schaltete sie kurz nacheinander zwei der schwarzen Umhänge mit gut gezielten Schockzaubern aus. Daraufhin wandten sich einige der übrigen ihr zu und James und Sirius, die beide auf den gleichen Todesser gezielt hatten, setzten einen weiteren außer Gefecht, bevor Sirius seinerseits krachend von den Füßen katapultiert wurde.
„Stupor", brüllte Anne kampflustig und zielte auf den Maskierten, der Sirius angegriffen hatte, verfehlte ihn jedoch haarscharf. Peter lag von einer Ganzkörperklammer blockiert vor ihr auf den Boden und sie befreite ihn mit „Finite", wurde im nächsten Moment jedoch von einem unbekannten Fluch am Arm getroffen, der einen schmerzhaften Schnitt hinterließ, aus dem sogleich blutrote Wärme sickerte und den Ärmel ihrer weißen Bluse befleckte. Währenddessen gingen Remus und Alice Fortescue ächzend zu Boden, während Lily erneut gequält aufschrie und eine schrille Stimme jubelte: „Ich hab das Schlammblut, ich hab das Schlammblut!"
James stürzte sich sogleich auf die unbekannte Todesserin, wurde jedoch von einem funkenstiebenden Fluchblitz grob zurückgeworfen. Als Lily erneut einen unerträglichen Folterfluch erdulden musste, eilte Anne hektisch zu ihr, warf sich schützend über sie und ein weißer Nebelring erschien rings um die beiden Frauen aus dem steinigen Straßenbelag heraus, breitete sich schnell leuchtend aus und warf alle Personen im Umkreis von zehn Metern kraftvoll zu Boden.
Annabel, die das Phänomen von allen am besten kannte, reagierte sofort und konnte zwei weitere Todesser betäuben. Die anderen rappelten sich nach kurzer Schockstarre hoch und wichen angsterfüllt zurück.
Nur zwei Todesser blieben. Die Frau mit der schrillen Stimme schoss einen Fluch auf Aberforth Dumbledore und die Prewett Brüder, den diese abwehrten und zurückwarfen, aber sie wich blitzschnell aus und schleuderte ohne Unterlass weitere Flüche kraftvoll in die Menge. Der andere Todesser hatte fahl reflektierendes, helles Haar. Er schob in aller Seelenruhe seinen linken Ärmel hoch und richtete seinen Zauberstab auf eine Stelle am Unterarm, an der Anne damals bei Regulus das Dunkle Mal vorgefunden hatte.
Im nächsten Augenblick verfinsterte eine schwarze Wolke die ohnehin dunkle Nacht und kam pechschwarz über sie. Als die Blindheit sich lichtete, stand er vor ihr.
Lord Voldemort.
Er sah nicht so aus, wie in ihren Träumen. Sein Haar war voller und er war nicht ganz so groß. Aber wie schon auf dem Ball trug er einen dunkelgrünen, fast schwarzen und seltsam glatten Umhang. Sein Gesicht wirkte unmenschlich und Anne überlegte einen Moment, warum das so war, bis ihr auffiel, dass seine Nase abgeflacht war und die Nasenlöcher schlitzförmig schräg auseinanderliefen. Wie bei einer Schlange.
Langsam schritt er auf sie zu. Anne war es, als wäre die Zeit stehen geblieben und nur sie und ihr Vater würden sich noch darin bewegen, bis Annabel mit erhobenem Zauberstab von der Seite vor sie trat und den elektrisierenden Blickkontakt zwischen ihnen brach.
„Du wirst sie nicht anfassen", zischte sie gebieterisch und er blieb tatsächlich stehen.
Sein Gesicht verzog sich zu einer hämisch grinsenden Fratze, als er erkannte, wer da vor ihm stand. „Du schon wieder", ertönte seine grausame, klirrende Stimme. Und im nächsten Moment leuchtete ein greller grüner Lichtblitz auf und verdrängte Annes Nebel.
„Avada Kedavra!"
Sie glaubte, das Herz müsse ihr stehen bleiben. Leblos sank Annabel vor ihr zu Boden und blitzschnell, ehe sie überhaupt einen klaren Gedanken fassen konnte, war Voldemort an ihrer Seite, packte sie am Arm und disapparierte mit ihr auf ein Gemüsefeld außer Reichweite der anderen aber nah genug, dass sie mitverfolgen konnten, wie er sie vor sich zu Boden stieß und den Zauberstab bedrohlich gegen sie richtete.
Noch immer vom Schock gelähmt, blieb Anne schwer atmend vor ihm liegen und sah entsetzt in sein emotionsloses Gesicht.
„Ist das alles?", fragte er sie unwirsch. „Ich dachte ich hätte mehr erschaffen, als ein schlaffes, ängstliches Bündel voll Unfähigkeit!"
„Du hast sie umgebracht", presste sie leise hervor.
„Zerbrich dir wegen ihr nicht den Kopf, sie hat schon beim letzten Mal versagt."
In dieser Sekunde kam Leben in sie und schneller, als er erwartet hätte, sprang sie hoch und schleuderte ihm eine Fluchsalve entgegen, die ihn ernsthaft ins Schwanken brachte. Aber sie hatte keine Ahnung von der Stärke seiner Macht! Polternd blockte er alle weiteren Zauber ab und stieß ihr derb den Zauberstab aus der Hand. Wieder überraschte sie ihn, indem sie ohne Zauberstab weiterkämpfte und ihn mehrmals traf, jedoch nicht ausschalten konnte, bis er schließlich direkt an ihre Seite apparierte, sie grob an den Haaren packte und gewaltsam zu Boden drängte. Immer noch wehrte sie sich heftig, brannte ihm seinen Umhang an und ließ kleine Steine gegen seinen Kopf schnellen.
„Crucio", schrie er schließlich und sie hörte auf der Stelle auf, ihr Körper versteifte sich unter ihm und sie jaulte gequält.
Er hob den Fluch auf und sah musternd auf sie herab. Sie lag benommen vor ihm im Staub und atmete schwer.
„Du siehst aus wie sie", sagte er unvermittelt und sie schluckte trocken, während er sie umkreiste.
Dann nahm sie allen Mut und alle Entschlossenheit zusammen, die ihr geblieben waren, schloss die Augen und konzentrierte sich. Eine wirbelnde Halbkugel aus gleißend weißem Licht bildete sich um sie beide herum und schloss sie ein. Fasziniert beobachtete er, was sie erschuf, während sie sich schwerfällig erhob und klebriges Blut von der Nase wischte.
Durch die Lichtschleier hindurch konnte sie sehen, wie die anderen nähergekommen waren und das Schauspiel so gebannt beobachteten, dass sogar der Kampf mit den Todessern darüber eingeschlafen war. Immer schneller drehte die Kugel sich und hielt alle Außenstehenden stürmisch fern.
„Ich bin beeindruckt", sagte Voldemort mit einem Lächeln im Gesicht. „Ich habe also doch Großartiges geschaffen."
„Du hast gar nichts erschaffen", erwiderte Anne mit harter Stimme. „Du verbreitest nur Wahnsinn, Angst und Schrecken, nichts weiter. Du erschaffst nichts. Du vermagst nur zu zerstören."
Die Kugel wurde kleiner, engte sie langsam aber unaufhaltsam ein. Er sah sich nach allen Seiten um.
„Du irrst dich. Du gehörst mir. Du weißt es." Er breitete seine Arme aus. „Und damit gehört mir das alles", frohlockte er teuflisch lachend.
Sie jagte ihm aus nächster Nähe einen Schockzauber in die Brust, aber er ging nicht zu Boden, sondern taumelte nur ein wenig. Das Lachen verstummte jedoch und er sah ihr ungläubig in das wutverzerrte Gesicht.
„Ich gehöre dir nicht", widersprach sie mit einer Selbstsicherheit, die sie selbst nicht für möglich gehalten hatte, während das wirbelnde Licht sich noch enger um sie schloss und sie nun beinah berührte. „Du wirst bereuen, mich nicht schon bei unserer ersten Begegnung getötet zu haben, wenn du gleich von meiner Hand stirbst", wisperte sie und belegte ihn mit aller Kraft mit einem Lähmzauber. Aber ohne die verstärkende Kraft ihres Zauberstabs war er nicht wirksam genug und er konnte sich, wenn auch langsam, immer noch bewegen.
Schwer atmend sah er sie an und ein Funke blitzte in seinen Augen auf, den sie noch nicht darin gesehen hatte.
Furcht.
Furcht, dass sie sein Machtgefüge zum Einsturz bringen könnte.
Furcht, dass sie sich ihm erfolgreich widersetzen würde.
Furcht, dass sie eine Magie beherrschte, die er nicht kannte.
Aber dann sagte er etwas, mit dem er all ihre Träume und Hoffnungen auf einen Schlag zerstörte. Es waren nur vier unscheinbare Worte: „Ich kann nicht sterben."
Kaum hatten sie seine Lippen verlassen, nahm sie kraftvoll alles Licht in sich auf und sie standen wieder in der Dunkelheit, bevor den Bruchteil einer Sekunde später eine Schockwelle von ihr ausging, die ihn mit solcher Wucht weit zurück und zu Boden schleuderte, dass er benommen liegen blieb. Als er wieder aufblickte war sie verschwunden und die Mitglieder des Ordens des Phönix bemühten sich gerade Malfoy und Lestrange zu überwältigen. Auch auf ihn kamen sie nun zu gerannt und er trat mit seinen Gefolgsleuten feige den Rückzug an.
Anne war unterdessen zu Annabels Leichnam zurückgekehrt und vom Kampf ausgelaugt weinend darüber zusammengebrochen.
Sie wusste, dass er die Wahrheit gesagt hatte. Sie hatte es in seinen Augen gesehen.
Er konnte nicht sterben.
Sie konnten ihn nicht vernichten!
Sie konnten sich nur verstecken. So lange, bis sie herausgefunden hätten, wie er sein Leben so machtvoll schützte.
Was, wenn es dann bereits zu spät war?
***
Heiß brannten Annes salzige Tränen auf ihrer Haut, während ihr Atem in der Kälte der Nacht sich zu Dunstschwaden formte, die mit beneidenswerter Leichtigkeit davonschwebten. Zitternd legte sie ihre eiskalte Hand auf den Grabstein.
„Ich wünschte, du wärst hier", flüsterte sie bebend. „Ich wünschte du wärst da und würdest mir sagen, ob ich das Richtige tue."
***
Auf dem Rückweg zum Pub begegnete ihr Remus.
„Anne, wo warst du? Sirius hat schon nach dir gesucht", berichtete er ernst und stockte, als er im Schein einer Straßenlaterne ihr Gesicht erblickte. Mit Besorgnis in seinen geweiteten Augen blieb er vor ihr stehen.
„Du hast geweint", stellte er fest und erschrocken fasste sie sich ans Gesicht in dem ihr Make-Up vermutlich total verschmiert war.
Er lächelte aufmerksam. „Warte, ich mach das." Flink fuhr er mit seinem Zauberstab einmal auf und ab und strahlte sie stolz an. „So ist es besser."
Sie wusste, dass sie ihm voll und ganz vertrauen konnte. Er war schon immer der Zeichenkünstler unter ihnen gewesen und hatte stets von allen am besten mit Farbe umgehen können.
Gemeinsam gingen sie weiter, zurück in Richtung des aus dem gut gefüllten Pub dringenden Lärms.
„Was ist passiert?", fragte er behutsam.
„Ich war am Friedhof", erklärte sie und ein verständnisvoller Zug erschien auf seinem Gesicht.
„Du hast Annabels Grab besucht."
„Ja."
Er seufzte. „Ist das wirklich schon wieder mehr als ein Jahr her?"
Als sie nicht antwortete, blieb er erneut stehen und fasste sie am Arm.
„Ich weiß, du willst das nicht hören. Aber die Dinge haben sich geändert. Und wir brauchen dringend jede helfende Hand. Willst du immer noch nicht dem Orden beitreten?"
Sie sah ihn einen Moment wortlos an und er hörte schon im Geiste einen abweisenden Kommtar, da lächelte sie plötzlich und ihre Augen funkelten vage in der Dunkelheit.
„Ich kann ja mal darüber nachdenken", sagte sie nur und ging weiter.
Überrumpelt brauchte er einen Moment, um sich zu fangen, bevor er ihr nacheilte und stolz berichtete, dass sie in Kürze planten, in Magacapeton ein Todesserlager auszurotten.
Ihr war, als würde im Klang dieses Namens bereits ein Funke finsteren Unheils mitschwingen, das sie an diesem verfluchten Ort erwarten sollte ...
***
Der Kampf in Hogsmeade: Ender's War von Steve Jablonsky
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