"Wann wirst du denn achtzehn?" Ich schaue Clea fragend an und sie dreht sich kurz darauf zu mir:
"Am 22.12."
"Dieses Jahr noch?" ich bin mehr als erstaunt, denn damit hätte ich nicht gerechnet.
"Ja. Dadurch das ich ein Winterkind bin, wurde ich erst kurz vor meinem siebten Geburtstag eingeschult und durch die vielen Umzüge bin ich im Halbjahr der achten Klasse runter ins Halbjahr der siebten Klasse" langsam findet sie sich wieder in ein normales Gespräch ein, aber ich wollte mit meiner Frage nur meine Grundlage für meine Überredenskünste ausweiten.

"Na siehst du, dann wirst du eh bald 18 und dann wird sich wegen den paar Wochen auch nicht großartig das Jugendamt einmischen." mitten in meinem Satz kommt Leo in die Küche und spitzt natürlich sofort die Ohren:
"Was ist mit Jugendamt? Gibt's Probleme?"
"Nein, alles okay. Jetzt fragt doch nicht andauernd!" mein leicht genervter Unterton lässt Leo die Augenbrauen nach oben ziehen:
"Jeder weiß das bei euch irgendwas im Busch ist und wir werden nicht locker lassen, bis wir wissen was es ist! Wehe du planst wieder irgendeinen Mist. Wir sollten nach unserer Versöhnung hier nicht wieder alles auf Kriegsbereitschaft umstellen, okay?!"
"Ich mach doch gar nichts! Verurteile mich doch nicht immer."
Leo düst wieder ab, wenn auch sehr unzufrieden und leicht angesäuert.

"Also, pass auf. Wir ziehen das durch. Aber wenn es dir zu schlecht geht oder irgendetwas ausserplanmäßig läuft, dann brechen wir das sofort ab! Das musst du mir versprechen!" Cleas flehender Blick lässt mich weich werden und ich nicke ihr versöhnlich zu:
"Okay, wir brechen ab wenn es zu gefährlich wird oder es mir zu schlecht geht okay?"
"Also ihr könnt mir erzählen was ihr wollt, aber soeben hab ich Dinge gehört, die ganz und gar nicht für "Nichts" sprechen!" Jaron schleicht sich wieder um die Ecke, mit einem mehr als kritischen Blick.

Clea dampft gleich ab und wirft sich in das Getümmel im Garten.

Jaron läuft schwer atmend auf mich zu, während ich versuche einen Schritt nach hinten auszuweichen.
Leider ist da kein Platz mehr.
Mein Rücken ist an die Küchentheke gepresst.
Jarons Hände stützen sich seitlich meines Körpers an der Theke ab und seine Nasenspitze ist nur weniger als 2 cm von meiner entfernt:
"Sag mir jetzt was ihr wieder ausheckt! Zoey ich weiß das ihr irgendetwas im Schilde führt und mein Gefühl sagt mir, dass das echt nichts gutes ist!"
Franco und Tom kommen belustigt diskutierend in die Küche gelaufen und stocken kurz bei unserem Anblick.
"Du brauchst dir keine Sorgen zu machen Jaron. Wirklich!"
"Wenn du nicht Zoey heißen würdest, würde ich es dir vielleicht noch abkaufen" Jaron zieht eine Augenbraue nach oben, was ich ganz schwach erkenne, da ich durch die Nähe unserer Gesichter fast das schielen anfange.
Jetzt kommt auch nochmal Leo hereingelaufen und macht sich am Kühlschrank zu schaffen:
"Wenn du es nicht aus ihr herausbekommst, dann sag mir bescheid. Ich kenne da noch ganz andere Methoden!" sein belustigtes Auflachen verhallt, als er sich wieder auf den Weg in den Garten macht.

Ich drehe kurz meinen Blick zu Tom und Franco, die uns beide fragend anschauen.
Franco stottert sich ein "Ähm" zurecht und zeigt mit seinem Finger zwischen mir und Jaron hin und her und zum Schluss wirft er Leo einen skeptischen Blick hinterher.

Jaron ist die Anwesenheit der beiden Männer wohl auch aufgefallen und dreht sich ebenfalls in deren Richtung und grinst ganz unschuldig vor sich hin.
"Es geht uns ja nicht besonders was an, aber was macht ihr da bitte?" Toms geschockten Gesichtsausdruck sollte ich bildlich festhalten, leider liegt mein Handy in unerreichbarer Ferne.

Jaron dreht seinen Kopf kurz zu mir, zieht seine Augenbrauen fragend zusammen und schenkt den beiden Männern wieder seine Aufmerksamkeit:
"Wir reden!"
"Jaron, die wissen doch nicht bescheid und darum gucken die auch so doof!" vielleicht versteht er jetzt, warum die zwei so perplex über unsere sehr sehr nahen Nähe sind.
"Achso, ich dachte du hast es ihnen schon erzählt!" ihm scheint jetzt ein Licht aufzugehen.
Tom und Franco werden immer nervöser und zu gerne würde ich jetzt ihre Gedanken lesen können.
Locker und lässig kippt Jaron sein Kopf leicht auf die Seite:
"Ich bin schwul!"
Tom und Franco entweicht die angestaute Luft und ein "okay" löst die ganze Situation auf.
Nachdem sie sich Getränke geholt haben, dampfen sie wieder ab.

Jaron und ich platzen kurz darauf fast vor lachen.
"Ich hoffe die haben kein Problem damit?" sein Blick füllt sich kurzzeitig mit Sorge und ich verstehe gar nicht wirklich warum er sich einen Kopf macht:
"Warum? Weil du schwul bist?"
"Ja?" er lässt seine Antwort eher wie eine Frage klingen.
"Jaron, bei den Männern musst du dir überhaupt keinen Kopf machen! Wenn dein Charakter passt, bist du akzeptiert! Da interessiert keine Nationalität, Geschlechtliche Vorlieben oder sonst irgendwas. Sei einfach du, genauso wie immer. Die lieben dich eh schon und wenn die jetzt wissen das du schwul bist, bekommen die auch keinen halben Herzinfarkt mehr, wenn wir uns so nahe kommen. Hahahaha" ich ziehe mein Blondi in eine Umarmung und versuche mein schmerzendes Herz unter Kontrolle zu halten.

Wie können manche nur so herzlos sein und ihn dafür verurteilen, das er auf das gleiche Geschlecht steht?
Warum kann man das nicht einfach akzeptieren?
Warum kann das nicht genauso normal sein, wie die Liebe zwischen Mann und Frau?
Er ist so stark und trotzdem hat er Angst vor Ablehnung....

"Jaron, mach dir wirklich keinen Kopf, okay! Wie gesagt, für mich ist das perfekt und wer das in irgendeiner Weise anders sieht, bekommt es mit mir zu tun!" ich strecke ihm meine Fäuste entgegen, womit ich ihm ein breites Lächeln entlocke.
"Danke Zoey!" ein sanfter Kuss trifft meine Stirn und ich nehme mir vor, mit einem der Männer zu reden, damit diese Jaron vielleicht etwas die Angst nehmen können.
Mir ist das wichtig das Jaron sich wohl und vor allem akzeptiert fühlt.
"Wer flößt dir am meisten Respekt ein?" meine Frage scheint ihn zu verwirren:
"Die sind doch alle voll okay!"
"Jaaaa, aber wen würdest du unter gewissen Umständen....als...ähm... Keine Ahnung wie ich mich ausdrücken soll..." meine Hilflosigkeit steht mir wohl ins Gesicht geschrieben, denn Jaron scheint mich schon richtig zu verstehen:
"Tom und Alex"
"Vielen Dank! Jetzt komm, gehen wir zu den anderen!"

Als wir draußen ankommen, stehen Mitch und Tyson bei Tom und Alex.
Phil und Franco stehen mit Sam und Clea in einer anderen Ecke und Leo liegt gechillt in den Outdoorkissen.

Jaron und ich laufen auf Leo zu und gesellen uns zu ihm.
Ich lasse mich auf seinem Becken nieder und will wissen was die Männer mit Sam und Clea bereden, während sich Jaron unter verzerrten Gesichtszügen auf eins der Kissen niederlässt.
"Deine Sitzposition ist wirklich bescheiden Zoey!" Leo hält sich beide Hände an die Stirn und atmet tief durch.
"Oh, sorry. Aber jetzt erzähl doch mal was da drüben abgeht!"
"Erst wenn du weiter nach oben oder weiter nach unten rutschst!" Leos knurren wird von mir durch ein fieses und langsames rumgerutsche meines Hintern kommentiert.
Als ich mehr auf seinen Oberschenkeln sitze, atmet er tief durch:
"Die zwei werden über eventuelle weitere Krampfanfälle aufgeklärt, damit sich Sam vielleicht das nächste mal nicht so hilflos fühlt."
Ich nehme das nickend zur Kenntnis und drehe mich zu Jaron:
"Hast du Schmerzen? Du hast gerade dein Gesicht so verzogen!"
Er schaut mich leicht ertappt an, winkt aber kurz darauf ab:
"Hatte nur eine kleine Auseinandersetzung und ein bisschen was abbekommen. Halb so wild!"
"Wir haben genug Ärzte da, das weißt du oder?" ich zeige abwechselnd auf Alex und Phil.
"Ja, das weis ich. Aber ist echt nicht nötig. Wie wäre es mit einer Runde Vodka?" er wackelt mit den Augenbrauen und deutet auf den Korb den er mitgebracht hat.
"Da sag ich nicht nein!" ich schwinge mich auf meine Füße und ziehe Jaron an den Händen nach oben.
"Willst du auch was Leo?"
Leo nickt zustimmend, bleibt aber liegen da ihm anscheinend vorhin die Hose zu eng geworden ist, wofür ich jetzt einen bösen Blick kassiere.

"Ich hab dir extra Maracuja-Saft mitgebracht!"
Meine Augen werden riesengroß und ich falle ihm sofort um den Hals um ihm einen Kuss auf die Wange aufzudrücken:
"Du bist der allerbeste!"
"Ich weis. Hahahaha. Ich schnappe mir die Jungs und misch was zusammen, geh du deine Männer ablenken!" er schubst mich Tom und Alex quasi vor die Füße:
"Hey, kann ich kurz was mit euch besprechen?"
Mitch und Tyson sondern sich wissend ab, während ich mich zwischen die beiden stelle:
"Und? Zufrieden mit den Jungs?"
"Scheint so! Dein Jaron hat es dir auch ziemlich angetan oder?" Tom legt einen Arm um mich und zwinkert mir zu.
"Ja, so ziemlich! Ich lieb ihn einfach. Also nicht so, wie ich Leo liebe... Auf eine andere Art...verstehst du?" mein dümmliches Grinsen bringt Tom und Alex ebenfalls zum schmunzeln.
"Ist doch schön! Vor allem weil Leo keinem Grund hat eifersüchtig zu sein. Hat man vorher gut beobachten können!"
Alex dreht sich fragend zu Tom:
"Du redest nicht gerade von unserem Leo, oder?"
"Doch, genau von dem! Jaron ist schwul und das rettet ihm den Arsch!" Tom nimmt einen Schluck von seinem Bier und schaut mich dann wieder an:
"Und was liegt dir noch auf dem Herzen?"
Mein Blick wandert zuerst zu Alex und danach zu Tom:
"Hmmm. Jaron hat sich vorhin einen ziemlichen Kopf gemacht, weil er einfach so rausgehauen hat das er schwul ist!"
"Wieso denn?" Alex legt seinen Kopf leicht schief und bringt genau das posotive Verhalten an das Tageslicht, das ich vorausgesagt habe.
"Naja, er hat in der Vergangenheit keine so gute Erfahrungen gemacht und er... er hat glaube ich angst davor, verurteilt oder verstoßen zu werden."
"Aber das ist uns doch egal ob er schwul, bi oder sonst etwas ist... Hauptsache sein Charakter passt und er geht anständig mit dir beispielsweise euch um" Tom nickt Alex bestätigen zu und beide schauen jetzt mich an.
"Das hab ich ihm auch gesagt, weil ich das ja weiß. Aber irgendwie scheint es nicht so richtig anzukommen. Er war von meiner Aussage nicht ganz so überzeugt. Könnt ihr im das nicht irgendwie bei Gelegenheit vermitteln? Ich will das er sich wohl und akzeptiert fühlt und nicht irgendwelche unbegründete Ängste im Hinterkopf umherschwirren hat!"

Die drei Jungs laufen gerade wieder an uns vorbei zu Leo und auch Sam und Clea lösen sich von Phil und Franco und gesellen sich zu den anderen.
"Manchmal bist du zu gut für diese Welt. Wir machen das, versprochen! Jetzt geh rüber zu den Chaoten und hab Spaß! Auf auf!" Tom schiebt mich schon leicht in Richtung Garten, doch bevor ich wirklich zu den anderen gehe, umarme ich die beiden noch schnell.
"Danke!"

"ZOEY! Jetzt komm schon du lahme Schnecke. Wir warten nur auf dich!" Sams Mundwerk wird immer lockerer und er scheint sich wirklich endlich an die Männer gewöhnt zu haben.
"Halt die Klappe, sonst binde ich dir Tom auf den Bauch. Hahahhaa" ich setze mich in Bewegung und platziere mich zwischen Leo und Jaron.
Die Jungs halten jeweils einen Becher Whisky-Cola in der Hand und Clea und ich stoßen mit unserer Vodkamischung an.
"Auf uns, Leute. Ich bin echt froh, das wir uns gefunden haben!"
"Du warst auch echt schwer zu ignorieren!" Ty bringt alle zum lachen und wenn ich an die Umstände unseres Kennenlernen zurückdenke, muss ich ihm doch ehrlich zustimmen.