Part 49
sturkopf_112 only for you..mit lediglich minimaler Nachtschicht...Ich hoffe ich konnte deinen Erwartungen gerecht werden! 💚🤣
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Gefühlt habe ich ewig geschlafen, als mich eine komische Übelkeit überkommt.
Der Blick auf den Wecker verrät mir, das es gerade mal eine Stunde war und wir es 23.12 Uhr haben.
Irgendwas ist komisch...
Weck Leo! Mach Zoey! Los!
Meine Hände suchen in der Dunkelheit mach Leos Körper und obwohl er direkt neben mir liegen müsste kann ich ihn nicht fühlen.
Eigentlich fühle ich momentan gar nichts mehr.
"Leo!" meine Stimme wird von einem ungewollten Schluchzer begleitet und ich spüre das es gleich wieder los geht.
"LE.." ich sacke in mir zusammen wie ein Sack Kartoffeln und womöglich hat Leo meinen Kopf abbekommen, da ich ein qualvolles Stöhnen neben mir vernehme.
Ich habe das Gefühl, das ich im Kopf total gaga werde und kann weder meine Arme noch meine Beine bewegen.
"Zoey, du liegst auf mir drauf... Was treibst du denn da?" er versucht mich auf die Seite zu schieben, aber der schlaffe Haufen, der sich mein Körper schimpft, lässt sich in diesem Puddingzustand kaum bewegen.
Ich will Leo unbedingt sagen, das er mir helfen soll, aber aus meinem Mund quellen nur erstickte Laute hervor.
Das einzigste was ich selbst noch auf die Reihe bekomme, sind die Tränen die mir seitlich das Gesicht hinunterlaufen.
"Zoey sag doch mal was? Was... oh nein!" Leo bückt sich über mich und schält die Nachttischlampe ein, während mein Körper sich anfühlt, als wenn man durch mein komplettes Skelett auf grausame Art und weiße Eisenstangen hindurchschieben würde.
Meine Arme, meine Finger, meine Füße, mein Hals, mein ganzer Körper versteift sich und die Schmerzen bahnen sich in mein Gehirn, was mich qualvoll aufstöhnen lässt.
"TOM!! TOM KOMM SCHNELL!" Leos Schreie gehen durch Mark und Bein, jedoch kann ich mich kurz darauf auf nichts anderes als auf die Schmerzen konzentrieren.
Das brennende Gefühl der aufsteigenden Magensäure jagd mir einen Schauer über den Rücken und die Tatsache, das ich meinen Mund nicht aufbekomme treibt mir pure Panik in den Kopf.
Das Stimmengewirr um mich herum macht mich fertig, ich verstehe kein einzigstes Wort und erleide einen kompletten Verlust meiner Sinne.
Ich kann nicht mehr denken, ich kann nichts mehr hören, nichts mehr sehen.
Nichts....
Das Nichts holt mich ab, entführt mich aus meinem Körper und lässt mich den ganzen Schmerz vergessen.
Mein Bewusstsein gleitet in die Tiefe der Schwärze, wie ein Anker, der sich den weiten Weg in die unendlichen Tiefen in Richtung des Meeresgrund bahnt.
Tom's Sicht
Nachdem sich Oli und Alex noch auf ein spontanes Bier in die Kneipe um die Ecke gemacht haben, zappe ich durch das gänzlich verblödende Fernsehprogramm.
"Sollen wir ins Bett? Ich bin irgendwie durch für heute!" mein Blick richtet sich auf Rebekka, die gähnend in meinem Arm liegt.
"Sehr gute Idee! Komm, schalt den Flimmerkasten aus!" Rebekka richtet sich leicht auf und mustert meine Beule mit einem leichten grinsen, als ein erschütternder Schrei die Panik in mir aufsteigen lässt.
Kurzzeitig erstarre ich zu einem Eisblock, da mir die Dringlichkeit in Leos Stimme bewusst wird und das absolut nichts gutes heißen kann.
Schwer schluckend schaue ich Rebekka an, die meinen geschockten Blick ebenso erwiedert.
Leos nächster herzzerreisender Schrei nach mir, holt mich in die Realität zurück und ich schaffe es endlich meinen Körper in Bewegung zu versetzen.
Bitte lass es kein Anfall sein!
Ausgerechnet jetzt ist kein einzigster Arzt im Haus!
Meine Schritte werden immer schneller, jedoch schleicht sich auch die Angst meinen Rücken hoch während ich die Treppen nur so hinaufstolpere.
Ich reiße die Zimmertüre von Leo und Zoey auf und schalte das Licht an.
Sofort fixieren meine Augen den stocksteifen Körper, der neben einem panisch aufgelösten Leo liegt.
Scheiße!!
Während ich auf Zoey zulaufe, werden meine Füße zu Pudding und meine Hände schweißnass.
"Tom, mach was... sie... sie.. ich" Leo laufen die Tränen in Sturzbächen die Wangen herab und bei seiner nervösen Atmung habe ich den Verdacht, das er gleich der nächste ist, der am Boden liegt und um sein Bewusstsein kämpft.
Tom, bleib ruhig!
Du musst dich jetzt für Leo und Zoey zusammenreißen!
"Leo, beruhig dich. Atme ganz ruhig. Wir müssen jetzt Zoey helfen! Komm her und hilf mir sie auf den Boden zu legen!" ich versuche meine Stimme so ruhig wie möglich zu halten um Leo ein bisschen Halt geben zu können, obwohl ich vor lauter Verzweiflung das ganze Haus zusammenbrüllen könnte.
Leo kommt hastig aus dem Bett gekrabbelt und hilft mir, Zoey auf den Boden zu legen.
Ihr Körper ist Stocksteif, der Blick eingetrübt aber starr an die Decke gerichtet.
Ihr Bauch bewegt sich seltsam auf und ab, während aus ihrem Mund undefinierbare Geräusche kommen.
Plötzlich trifft es mich wie einen Blitzschlag:
"Leo, wir müssen sie drehen. Ich glaube sie übergibt sich!" so schnell wie möglich drehen wir sie seitlich, damit das erbrochene aus ihrem Mund herauslaufen kann.
"REBEKKA, RUF SOFORT EINEN RTW MIT NEF. STICHWORT KRAMPFANFALL, MIT EVENTUELL BALD EINTRETENDER BEWUSSTLOSIGKEIT!" auf meine Anweisung hin, höre ich sie kurz darauf auch schon aufgeregt ins Handy schreien.
"Wie lange geht das schon Leo?" ich starre auf meinen blassen Jungen, der da voller Angst neben mir sitzt und genau die Panik preisgibt, die innerlich in meinem Kopf tobt.
Ich streiche mit meiner Hand über seine Haare und versuche ihn nochmal zu erreichen:
"Leo, weist du wie lange das schon geht?"
Er wischt sich mit seinen Händen die Tränen aus dem Gesicht und schüttelt mit dem Kopf:
"Weis nicht...Mittlerweile vielleicht zwei Minuten, keine Ahnung"
Zoeys Augen sind mittlerweile geschlossen und ich kontrolliere panisch ihren Puls und ihre Atmung.
Ich zieh mir mein Tshirt aus und wische ihr den Mund sauber, wobei mir das beigemischte Blut auffällt.
Ich fühle mich so hilflos.
Die Angst um meine kleine Zicke wächst von Sekunde zu Sekunde und ich frage mich in diesem Moment, wo die verdammten Ärzte sind, wenn man sie einmal braucht.
Jedesmal wenn ich meine Hand auf ihren Brustkorb lege, um ihre Atmung zu spüren, durchflutet mich die Panik.
Was ist, wenn sie aufhört zu atmen?
Was ist, wenn ihr Herz aufhört zu schlagen?
Was ist, wenn ich ihr nicht genug helfen kann?
Ich versuche meine aufsteigenden Tränen zurückzuhalten und muss mich bemühen, das zittern in meiner Atmung so leise wie möglich zu halten.
Mein Herz sticht und zieht sich krampfhaft zusammen und mein Bedürfnis mich weinend auf den Boden zu schmeißen steigt stetig an.
"Tom..i-ich hab Angst!" Leos flüsternde Stimme versetzt mir den nächsten Stich und ich würde ihm zu gerne diesen Druck der Angst von seiner Seele nehmen, aber ich kann es nicht, da es mich innerlich gerade selbst zerfrisst.
Ich lege meinen Arm seitlich auf Leos Schultern und ziehe ihn etwas zu mir ran, während ich Zoey keine Sekunde aus den Augen lasse.
"Bin ich blöd oder entspannt sich ihr Körper langsam?" ich weiß wirklich nicht ob es real ist oder nur Wunschdenken.
Meine kurz aufblühende Erleichterung wird gleich wieder in die Tonne gekloppt, denn ihr Körper fängt minimal an zu zucken.
"Nein, nein, nein.... Zoey, halt bitte durch... verdammt wann kommen die denn?" ich entziehe Leo wieder meinen Arm und kontrolliere Nervös ihren Puls und die Atmung als ich entsetzt feststelle, das sich aus ihrem rechten Mundwinkel Blut den Kieferknochen entlang bahnt.
Oh gott!
Verdammt warum kommt denn keiner?
Das plötzliche Sturmklingeln lässt Leo und mich aufschrecken, jedoch bin ich mehr als froh, als ich Phils Stimme aus dem ganzen Stimmengewirr identifizieren kann.
Zoeys Körper hat gefallen daran gefunden, den Zitteraalen Konkurrenz zu leisten und während ich mir die Hände vor lauter Verzweiflung in das Gesicht schlage, wird das Zimmer von lauter Menschen gestürmt.
"Nein! Tom, was ist passiert?" Phils Hand legt sich auf meine Schulter und drückt mich sanft auf die Seite, während sich Florian um Leo kümmert.
Als wir beide aus dem Weg geräumt sind, drängelt sich auch Franco an Phils Seite und kann seinen entsetzten Gesichtsausdruck nicht verbergen.
Phil sprüht nur so vor Professionalität, aber ich weis, das in ihm genauso der innerliche Sturm wütet und die Angst nur schwer zurückzuhalten ist.
"Franco, wir brauchen einen Zugang! Schnell!"
Zoeys Körper zuckt unentwegt und langsam bildet sich Schaum vor ihrem Mund.
"Phil sie zuckt zu Stark! Sollen wir einen intraossären (punktion des Knochenmark am Schienbein, wenn kein intravenöser Zugang möglich ist) Zugang legen? Alles andere dauert zu lange!" Franco schluckt nervös, als Phil ihm die Bestätigung gibt.
Während Franco Zoeys Schienbein desinfiziert, kontrolliert Phil die Vitalparameter und löchert mich mit Fragen:
"Wie lange dauert das schon Tom?"
"Insgesamt bestimmt schon sieben Minuten!"
"Scheiße..." Phil verstummt kurzzeitig, als er den Zugang legt und wendet sich danach an Franco:
"Zieh mir schnell 10mg Midazolam auf!"
Franco erledigt den Auftrag in Windeseile und während Phil das Medikament in den Zugang spritz, ordert er auch schon das nächste an:
"Dann noch Valproat über eine Kurzinfusion!"
Leo zittert und weint neben mir, was ich ihm am liebsten gleich tun würde.
Ich ziehe ihn in eine feste Umarmung.
Er klammert sich um meinen Oberkörper, als würde ihn gleich ein gewaltiger Hutrikan mit sich reisen und ich flüstere ihm mit zittriger Stimme zu, das alles wieder Gut wird.
Phil zieht meine Aufmerksamkeit wieder auf sich:
"Erzähl mir alles was du weißt Tom!"
"Leo hat gesagt, das ihr Körper zuerst erschlafft ist um danach komplett zu versteifen. Kurz darauf hat sie die Augen geschlossen. Sie hat sich übergeben und an ihrem Mundwinkel ist etwas Blut herausgelaufen. Danach hat sich der Körper wieder entspannt und als ihr gekommen seid, hat das zucken angefangen!"
Während wir miteinander reden, scheint das Medikament zu wirken, denn Zoeys liegt mittlerweile nur noch mit schwachen Zuckungen auf dem Boden.
"Zoey, kannst du mich hören? Mach mal die Augen auf, bitte!" Phil klopft ihr auf die Wangen und setzt ihr anschließend einen Schmerzreiz, als das vorherige keine Wirkung zeigt.
Alle starren angespannt auf ihr Gesicht und scheinen innerlich zu beten, das sie zumindest kurz ihre Augen öffnet.
"Ich glaube sie kommt, ihre Lider flackern" Franco rutscht schon nervös auf seinen Knien herum.
Phil setzt nochmals einen Schmerzreiz, worauf Zoey ein brummen von sich gibt und langsam die Augen öffnet.
"Hey, schön das du wieder da bist! Hast du Schmerzen? Wie geht's dir?" Phil leuchtet ihr nebenher in die Augen und bekommt eine schläfrige Antwort:
"Ich hab Kopfschmerzen und meine Backe tut weh!"
Unten im Wohnzimmer sind zwei aufgewühlte Stimmen zu hören und ich vermute stark, das Alex und Oli heimgekommen sind und von Nick in Zaum gehalten werden.
Nach Phils Check atmet er erleichtert auf:
"Da hatten wir wohl wahnsinniges Glück. Du hast dir nur auf die Backe gebissen und alles andere scheint auch unauffällig zu sein. Trotzdem nehme ich dich jetzt mit, da lassen wir drüber schauen. Und ein bisschen Sauerstoff bekommst du auch!" kaum hat er ausgesprochen, setzt er ihr auch schon eine Sauerstoffmaske aufs Gesicht.
Die Anspannung fällt jedem Einzelnen hier im Raum von den Schultern, allerdings könnte meine Wenigkeit immer noch im hohen Bogen kotzen.
Franco kniet plötzlich vor mir und lächelt mich leicht an:
"Habt ihr gut gemacht. Jetzt atmet tief durch, es geht Zoey soweit gut. Wenn alles okay ist, kann Phil sie dann nach Schichtende wieder mitnehmen. Sie scheint, bis auf die Schläfrigkeit relativ fit zu sein!"
Vor lauter Erleichterung laufen mir jetzt doch ein paar Tränen die Wange runter und ich schließe kurz die Augen.
"Tom? Alles gut?" Phil's Hand legt sich auf meiner Schulter ab, während ich ihm einfach nur zunicke.
"Kannst du mal kurz die Augen auf machen?"
Nein, ich bin völlig k.o.
Trotz meines Wiederwillen öffne ich meine Augen und mache Phil damit Augenblicklich zufrieden.
"Wir nehmen Sie jetzt mal mit und ihr ruht euch jetzt aus! Ihr geht es soweit gut, macht euch keinen Kopf!" er streicht Leo noch über den Kopf und macht sich dann mit Sack und Pack auf den Weg in die KaS.
Alex und Oli stürmen die Treppe hoch, als das Haus geräumt ist und lassen sich neben uns nieder.
Eigentlich wäre ich so gerne mit Zoey in die Klinik gefahren, aber ich weis nicht ob ich das jetzt noch geschafft hätte.
Alex und Oli checken uns natürlich erst mal durch und wollen dann genu wissen, was passiert ist.
Leo ist während den Erzählungen in meinem Arm eingeschlafen und ich entscheide mich vorerst bei ihm zu bleiben, da ich ihn nicht alleine lassen möchte.
Alex und Oli wuchten ihn ins Bett, während ich Rebekka bescheid gebe, das ich bis Zoeys eventueller Rückkehr bei Leo bleibe.
Nachdem ich mir ein frisches Tshirt aus meinem Kleiderschrank geholt habe, lege ich mich zu Leo und ziehe ihn in meine Arme.
Mein hämmernder Puls ist immer noch in meinem Körper zu spüren
und die Kopfschmerzen fressen sich durch jede einzelne Zelle meines Gehirns.
Leo legt einen Arm um mich und zuckt kurzzeitig zusammen.
"Hey Großer alles gut! Ich bin da" ich lasse meinen Kopf gegen seinen fallen und schließe mehr als erschöpft meine Augen.
Phil's Sicht
Die Schicht ist heute mehr als zäh, jedoch müssen Nick und ich nur noch ein paar Stunden durchhalten, bis es Feierabend heißt.
"Eure Motivation lässt heute wohl auch zu wünschen übrig, oder?" Franco kommt in den Aufenthaltsraum gestiefelt, klopft mir auf die Schulter und bedient sich erst mal an der Kaffeemaschine.
"Heute ist der Wurm drin. Entweder totale Flaute oder wirklich nur unnötige Dinge, die nicht wirklich einen Notarzt benötigt hätten. Alles klar zuhause?" ich werfe einen Blick über meine Schulter und sehe wie sich auf Franco's Gesicht ein nachdenklicher Schleier legt.
"Zoey hatte einen dreiminütigen Krampfanfall. Es ist soweit wieder alles in Ordnung, aber das Mädel macht mir echt Sorgen!" er setzt sich neben mich an den Tisch und nippt an seiner Tasse.
"Sie hatte was? Was ist da nur los? Ich verstehe es gerade überhaupt nicht! Ob es vielleicht an der Antibiotika liegt?" ich gehe im Kopf die Nebenwirkungen durch und kann eigentlich keinen richtigen Zusammenhang herstellen.
Allerdings könnte die Möglichkeit trotzallem bestehen.
"Das hat Alex auch schon in Betracht gezogen. Er will das noch mit dir und Oli besprechen!" gerade schließt Franco seinen Mund, da schlagen auch schon alle Melder alarm.
"Also auf geht's!" wir springen eilig zu unseren Fahrzeugen und überprüfen zuerst unsere Einsatzmeldung.
Krampfanfall...
Hmm, okay...
Adresse ist nicht allzuweit weg.... moment, das ist unsere Adresse!
Ich schlucke schwer und richte meinen Blick auf Nick, der wohl im gleichen Moment wie ich die Adresse erkannt hat.
"Drück aufs Gas Nick!" eine gewisse Unruhe breitet sich in mir aus und ich versuche Qualvoll während der Fahrt meine Handschuhe überzustreifen, jedoch ist das mit schweißnassen Händen nicht gerade ein Kinderspiel.
Meine Hände werden langsam zittrig und ich bete, das alles gut laufen wird.
Mir graust es schon allein bei der Vorstellung, unser Mädchen krampfend auf dem Boden vorzufinden.
Ich schließe kurz meine Augen und atme tief ein und aus um einen einigermaßen kühlen Kopf zu bewahren, denn jetzt muss ich meine Angst beiseite schieben und unsere Kleine ausschließlich als Patient sehen.
Vor unserem Haus angekommen, springe ich im Eiltempo aus dem Nef und treffe sofort auf den gequälten Blick von Franco.
Solche Einsätze sind immer unschön, doch wenn es dann noch ein Familienmitglied betrifft, gilt die totale Selbstbeherrschung, was einem oft mehr abverlangt als die Behandlung selbst.
Da die Haustüre verschlossen ist, klingel ich Sturm und werde ein paar Sekunden später von Rebekka reingelassen.
Ihre Gesichtsfarbe lässt extrem zu wünschen übrig und ich schicke sie sofort aufs Sofa, damit sie mir nicht aus den Latschen kippt.
Sie folgt meiner Bitte und wirft noch hinterher, das wir hoch in Zoeys Zimmer müssen.
Der Kloß in meinem Hals scheint sich auszuweiten und der Druck auf meiner Brust nimmt mir fast die Luft zu atmen, jedoch zählt jetzt jede Sekunde und ich ermahne mich selbst, mich zusammenzureißen.
Meine Füße rennen wie ferngesteuert die Treppen hoch und als ich das Zimmer betrete, verschaffe ich mir einen schnellen Überblick.
Tom und Leo hängen total fertig und überfordert neben Zoeys zuckenden Körper, während sich bei diesem Anblick eine Horde Ameisen ihren Weg über meinen Rücken zu bahnen scheint.
"Nein! Tom, was ist passiert?"
Natürlich ist mir klar was passiert ist, aber ich bin mir momentan nicht sicher ob Tom noch geistig anwesend ist und will ihn somit animieren, seinen Blick von Zoey Weg und auf mich zu richten.
Bleib ruhig!
Keine Panik!
Da er keine Anstalten macht sich zu bewegen, lege ich ihm meine Hand auf seine Schulter um ihn vorsichtig auf die Seite zu drücken.
Mit einem kleinen Seitenblick deute ich Florian, das er sich kurz um Leo kümmern soll, da er sonst der nächste auf der Transportliege ist.
Tom reagiert zum Glück sofort auf meine Berührung und schafft mir meinen benötigten Platz, indem er zügig nach hinten rutscht.
Zoey zuckt extremst vor sich hin und ich habe die Befürchtung, dass das nicht so schnell abklingen wird:
"Franco, wir brauchen einen Zugang! Schnell!"
"Phil sie zuckt zu Stark! Sollen wir einen intraossären Zugang legen? Alles andere dauert zu lange!" Franco schluckt nervös, als ich ihm die sofortige Bestätigung erteile.
Während Franco Zoeys Schienbein desinfiziert, kontrolliere ich die Atmung und stecke ihr ein Pulsoxy an den Finger.
Nebenher versuche ich über Tom noch ein paar Einzelheiten zu erfahren:
"Wie lange dauert das schon Tom?"
"Insgesamt bestimmt schon sieben Minuten!" Toms versucht sich gefasst zu geben, jedoch höre ich das es ihn sehr viel Selbstbeherrschung kostet nicht das ganze Haus vor lauter Verzweiflung zusammenzubrüllen.
"Scheiße..." ich verstumme kurz, da ich volle Konzentration für den Zugang brauche und als der Zugang dann endlich angebracht ist, wende ich mich an Franco:
"Zieh mir schnell 10mg Midazolam auf!"
Zuerst den Anfall unterbrechen!
Franco erledigt den Auftrag in Windeseile und während ich das Medikament in den Zugang spritze, ordere ich das nächste an:
"Dann noch Valproat über eine Kurzinfusion!"
Während wir versuchen Zoeys Körper in Normalzustand zu versetzen, dringen mir Leos Schluchzer an die Ohren und ich muss mich stark beherrschen, ihn einfach in eine Umarmung zu ziehen und ihm seine präsente Angst zu nehmen.
Mein Magen zuckt vor lauter Anspannung und Nervosität und mir fällt es momentan unendlich schwer irgendetwas zu sagen.
Allerdings muss ich noch wissen, wie der Ablauf bisher war:
"Erzähl mir alles was du weißt Tom!"
"Leo hat gesagt, das ihr Körper zuerst erschlafft ist um danach komplett zu versteifen. Kurz darauf hat sie die Augen geschlossen. Sie hat sich übergeben und an ihrem Mundwinkel ist etwas Blut herausgelaufen. Danach hat sich der Körper wieder entspannt und als ihr gekommen seid, hat das zucken angefangen!"
Während wir miteinander reden, scheint das Medikament zu wirken, denn Zoeys liegt mittlerweile nur noch mit schwachen Zuckungen auf dem Boden.
Ich versuche mein Glück und starte den Versuch, sie wieder in unsere Welt zurückzuholen:
"Zoey, kannst du mich hören? Mach mal die Augen auf, bitte!" Meine Hand klopft ihr auf die Wangen.
Da sie das nicht beeindruckt, setze ich ihr einen Schmerzreiz auf dem Brustbein.
Wir starren angespannt auf ihr Gesicht und beten innerlich, das sie zumindest kurz ihre Augen öffnet.
"Ich glaube sie kommt, ihre Lider flackern" Franco rutscht schon nervös auf seinen Knien herum.
Ich setze gleich nochmal einen Schmerzreiz mit der Hoffnung, das sie die Augen jetzt auch wirklich aufbekommt.
Als Zoey ein brummen von sich gibt und langsam die Augen öffnet, fällt die Anspannung teilweise von meinen Schultern ab und Franco stößt erleichtert seine aufgestaute Luft aus.
"Hey, schön das du wieder da bist! Hast du Schmerzen? Wie geht's dir?" ich leuchte ihr nebenher in die Augen und bekomme eine schläfrige Antwort:
"Ich hab Kopfschmerzen und meine Backe tut weh!"
"Kannst du kurz mal deinen Mund öffnen?" nach meiner Kontrolle des Mundinnenraumes, kann ich zum Glück nur einen Wangenbiss feststellen und atme erleichtert auf.
"Da hatten wir wohl wahnsinniges Glück. Du hast dir nur auf die Backe gebissen und alles andere scheint auch unauffällig zu sein. Trotzdem nehme ich dich jetzt mit, da lassen wir drüber schauen. Und ein bisschen Sauerstoff bekommst du auch!" ich nehme von Franco die Sauerstoffmaske entgegen und setze sie ihr sofort über Mund uns Nase.
Ich lächle ihr aufmunternd zu und kann das erste Mal, seit einigen Minuten, wieder richtig tief durchatmen.
Florian holt zwischenzeitlich das Tragetuch und im Hintergrund höre ich Franco mit Tom reden:
"Habt ihr gut gemacht. Jetzt atmet tief durch, es geht Zoey soweit gut. Wenn alles okay ist, kann Phil sie dann nach Schichtende wieder mitnehmen. Sie scheint, bis auf die Schläfrigkeit relativ fit zu sein!"
Als ich mich gerade zu den beiden umdrehe, sehe ich Tom's tränenverschmiertes weißes Gesicht.
Er schließt die Augen und für einen kurzen Augenblick bin ich mir nicht wirklich sicher, ob sein Körper momentan seinen Dienst verweigern möchte oder ob es nur an der Erschöpfung liegt:
"Tom? Alles gut?" meine Hand legt sich auf seiner Schulter ab, worauf er mir einfach nur stumm zunickt.
"Kannst du mal kurz die Augen auf machen?" angespannt warte ich auf seine Reaktion und bin mehr als froh, als er kurz darauf die Augen öffnet.
"Wir nehmen Sie jetzt mal mit und ihr ruht euch jetzt aus! Ihr geht es soweit gut, macht euch keinen Kopf!" ich streich dem völlig fertigen Leo noch über den Kopf und helfe darauf Franco, Florian und Nick, Zoey die Treppe runterzutragen.
Im Flur treffe ich auf einen blassen Alex:
"Alles im grünen Bereich. Sie ist wieder wach. Wir nehmen Sie jetzt mit. Könnt ihr mal ordentlich nach Tom und Leo schauen? Die zwei sind fix und alle!"
Alex nickt mir zu, streicht Zoey mit einem Lächeln über den Kopf und begibt sich mit Oli nach oben zu Tom und Leo.
Draußen angekommen, betten wir Zoey schnell auf die Liege, schnallen sie fest und schieben sie in den RTW.
Franco lässt es sich nicht nehmen, bei uns hier hinten zu sein und schmeißt Florian die Schlüssel entgegen.
Zoey gähnt unentwegt unter der Maske, lässt aber unglaublicher Weise schon wieder ein Lächeln über ihre Lippen huschen.
"Franco, häng ihr mal noch ein bisschen Volumen dran. Ich mess noch kurz den Blutzucker!" während ich den benötigten Finger desinfiziere, wird mir ein böser Blick zugeworfen, was mich allerdings mit großer Freude durchflutet.
"OKay, Blutzucker ist etwas grenzwertig, aber im Rahmen. Und wie geht's unserer Prinzessin momentan?" ich ziehe ihr die Sauerstoffmaske vom Gesicht runter und schiebe ihr ein paar verirrte Haare aus dem Gesicht.
"Eigentlich voll gut. Nur müde halt... und meine Muskulatur tut etwas weh. Ist das normal?"
"Ja, das ist alles normal. Keine Sorge! Du bist wirklich ein zäher Brocken, die meisten sind total platt nach so einem Anfall. Aber du gehörst wieder zu der geringen Menge, die das fast unbeschadet wegsteckt!" ich lass mich erledigt in den Sitz neben Zoey fallen, während Franco ganz verkrampft Zoeys Hand hält.
Ich hoffe das soetwas nicht nochmal passiert, das hängt mehr in den Knochen als eine 24-Stunden Schicht!
In der KaS angekommen, übergebe ich Zoey in die Hände von Frederik, der auch fast nicht glauben kann, das sie so einen starken Anfall hatte.
Franco und ich bleiben an Zoeys Seite, bis das der Melder uns voneinander trennt.
"Also, ich würde jetzt ein bisschen Blut entnehmen und ein MRT vom Kopf veranlassen" kaum hat Freddy diese Worte ausgesprochen, wird unser Fräulein auch schon zum Röntgen abgeholt.
"Bei euch zwei alles in Ordnung?" Freddy mustert uns skeptisch, während er sich ein paar Kleinigkeiten notiert.
"Ja, alles okay. Der Schreck sitzt nur noch in den Knochen. Ausserdem hoffe ich das es Tom und Leo soweit gut geht. Die zwei saßen so hilflos und fertig neben Zoey.... ah, neee!" ich fahre mir mit der Hand durch mein Gesicht und winke Freddy ab, da mich sonst meine Gedanken übermannen und mein Kopf nicht mehr für die anstehenden Gespräche und eventuelle Einsätze verfügbar ist.
"Ich weis nicht warum das jetzt auch noch dazukommen muss. Geballte Ladung, wie immer!" Franco lehnt sich seufzend gegen eines der Schränkchen und wird von Freddy mitleidig angeschaut.
Wir verharren einige Minuten schweigend, da jeder seinen eigenen Gedanken hinterherhängt und werden von einem Klopfen wieder in die Realität zurückgeholt.
Schwester Klara bringt uns ein Tablet, auf dem die Ergebnisse des MRT zu sehen sind.
Franco starrt Sie an und wird leicht nervös:
"Wo ist Zoey?"
"Die wird gerade von Jan, unserem Psychologen, genervt. Anscheinend kennen sich die beiden und als sie im Flur meinte, das sie bald alle umbringt, wenn sie nicht endlich nach Hause darf, fand er es wohl ganz lustig sich mit ihr zu unterhalten. Das Gespräch findet zwar nur einseitig statt, aber er lässt sich nicht davon abbringen!" schulterzuckend verschwindet sie wieder und lässt uns mit einem Schmunzeln zurück.
"Also, hmmm... Auf dem MRT gibt es absolut nichts auffälliges. Blutwerte.... sind auch beim schnellcheck soweit in Ordnung.. Bevor hier also ein Massenmord passiert, nehmt ihr sie wieder mit, allerdings wäre es mir lieb wenn ihr mal ein EEG machen lassen würdet. Nur um sicher zu gehen. Wir hoffen aber natürlich, das sie keine weiteren Anfälle erleidet. Jetzt rettet sie vor Jan, die Sympathie hat ja damals schon nicht gestimmt und es wäre toll, wenn er uns erhalten bleiben würde!"
"Okay, danke Freddy. Wir sehen uns. Bis dann!" mit einem freundschaftlichen Klaps auf die Schulter verabschieden wir uns und machen uns auf die Suche nach Zoey.
Der Stimme nach zu urteilen, ist sie nicht weit weg.
Als wir um die nächste Ecke biegen, sehen wir auch schon Jan neben Zoey im Rollstuhl Knien.
Er fixiert Zoey grinsend, während diese gedanklich irgendwelche Waffen schmiedet um ihn langsam und qualvoll in seinen Tod zu stürzen.
So sieht es zumindest aus.
"Oh mein Gott, endlich! Können wir nach Hause bitte? Mir fault sonst hier das Ohr ab!" ihr flehender Blick treibt mir ein amüsiertes Lachen auf die Lippen, während sich Jan erhebt und sich bei uns mit einem Augenzwinkern verabschiedet.
"Was wollte er denn?" Franco sieht ihm verdutzt hinterher und richtet dann seine Aufmerksamkeit auf Zoey.
"Vielleicht war ich vorhin etwas zu impulsiv.... Ich hab Jan schon von weitem erkannt und das hat mich schon aufgeregt. Was schleicht der auch nachts im Krankenhaus rum? Dann hat mich noch Tabea zugelabert und Klara hat dann gemeint, das wir eine Stunde warten müssen, wenn wir nicht sofort zum MRT kommen. Daraufhin hab ich eben gemeint, das ich alle umbringe. Auf dem Rückweg hat der nette Herr eben seine Chance genutzt und wollte sich mit mir über meine bedenkliche Aussage unterhalten!" Franco kann sich sein Lachen auch nicht mehr verkneifen und schiebt Zoey bis zum Ausgang mit dem Rollstuhl.
Ab da, geht sie zu Fuß zum Nef und lässt sich auf die Rückbank fallen.
"Wir fahren dich am besten gleich heim, damit du ins Bett kommst. Wir müssen noch eine Stunde, aber das will ich dir nicht antun!" Zoey nickt zufrieden und schließt daraufhin die Augen.
Kein Wunder, es ist kurz nach eins und ihr Körper musste einiges durchmachen.
Ich hoffe Sie ist fit genug für das Picknick morgen...
Zuhause angekommen, trage ich Zoey nach oben.
Tom scheint einen leichten Schlaf zu haben, denn er ist sofort wach, als ich das Zimmer betrete und macht für sie platz.
"Und?" flüstert er mir zu.
"Alles okay. Soweit gibt es keine Auffälligkeiten. Wir sollten vielleicht mal bald ein EEG machen lassen, aber das besprechen wir dann noch. Sie war im Krankenhaus wieder topfit. Sie wird morgen wieder voll auf dem Dampfer sein. Unglaublich aber wahr."
Tom scheint sichtlich erleichtert zu sein und drückt Zoey noch kurz einen Kuss auf den Kopf um dann das Zimmer zu verlassen.
"Bei Leo und dir auch alles okay?"
Bei diesem quasi nicht vorhandenen Licht, kann ich Tom nur schlecht sehen.
"Ja, alles prima. Wir waren echt nur fertig mit den Nerven. Ich weis nur noch nicht wie ich meine Schicht in vier Stunden überleben soll!" wir grinsen uns gegenseitig an und klopfen uns auf den Rücken, ehe er in seinem Zimmer verschwindet.
Die restliche Schicht ist zum Glück fast tote Hose und um kurz nach 2 Uhr, verlassen Nick und ich die Wache.
Warum habe ich dem Picknick nochmal zugesagt?
Das gibt dann wieder eine extra Ladung Koffein...
☆☆☆☆☆☆☆
"Guten Mooooorgen ihr Schlafmützen! Kommt aufstehen!" Phil schreit hochmotiviert durch einen Spalt der Türe durch und ich frag mich ob der Mensch noch alle Tassen im Schrank hat.
Halb lebendig, halb tod nuschle ich ihm entgegen das heute Samstag ist.
"Danke, ich weiß. Kommt steht schon auf! Wir machen ein Picknick im Park!"
Leo reist seine Augen auf und richtet seinen erschrockenen Blick auf mich:
"Hat er jetzt wirklich Picknick im Park gesagt?"
"Ja, allerdings. Da ist was faul" nuschle ich ihm entgegen.
"Na los! Rebekka und Markus warten schon eine halbe Ewigkeit da unten!" nörgelt Phil und denkt tatsächlich das wir uns erheben würden.
"Da haben wir es ja schon... Psychotante und Möchtegern-Psychologe im Doppelpack...das kann nur in die Hose gehen!" ich zieh mir ein Kissen über den Kopf und versuche den zappeligen Lockenkopf, der nun das Zimmer betritt, zu ignorieren.
"Vielleicht bremsen wir unterwegs noch beim HNO ein und lassen eure Ohren checken!" meckert er uns entgegen und versucht uns die Bettdecken zu klauen.
"Ey, Phil! Lass das! Was wollen die denn von uns? Die sollen ihr Psychoverhör an ihren Patienten ausleben und uns in Ruhe lassen...."
"Zoey! Die beiden haben frei und wollten einfach zur Abwechslung ein Picknick mit uns veranstalten. Was ist daran denn so verwerflich? Ich komm doch auch mit!" Phil wirkt ein bisschen angefressen und ich merke schon, das wir eigentlich von Anfang an keine Chance hatten!
Wenn ich daran denke, wie Markus vor zwei Tagen in seinem Auto abgegangen ist, dann kann das heute ja nur total schief gehen und die größte Folter werden.
Leo stöhnt genervt neben mir auf und schickt Phil mit den Worten "Wir kommen ja gleich!" aus dem Zimmer.
"Wehe ihr steht in 10 Minuten nicht im Bad!" Phil lässt die Türe unsanft hinter sich ins Schloss fallen und stampft die Treppen runter.
"Boah, ich dreh durch! Zoey, hör zu: Du machst bei allem mit, was die wollen und schmierst denen Honig ums Maul wo es nur geht! Wir haben sonst die größten Probleme am Hals und anschließend heute abend die hitzigsten Diskussionen!" Leo sieht mich erwartungsvoll an und gibt mir einen Kuss.
"Das kann ja nur in die Hose gehen. Wenn ich wieder das blaue vom Himmel runterlüge, öffnen sich nachher wieder irgendwelche anderen katastrophalen Wege und sage ich die Wahrheit, ist mir eine Therapie sicher....." meine Hände fahren durch mein Gesicht und ich wünschte, ich würde mich in Luft auflösen.
"Ich bin bei dir! Lass uns das so schnell wie möglich hinter uns bringen und dann gönnen wir uns als Belohnung einen geilen Abend, okay?" Leos zwinkern lässt mich schmunzeln und ich versuche mir einzureden, das es vielleicht gar nicht so schlimm werden wird.
"Wie geht's dir denn? Ist alles in Ordnung?" Leos besorgter Blick brennt förmlich auf mir.
"Alles okay soweit! Mein Körper fühlt sich nur nach komplettennMuskelkater an und meine Backe tut weh, ansonsten ist alles im grünen Bereich!"
Unmotiviert, genervt und halb im Schlaf stehen wir auf, schnappen uns frische Klamotten aus dem Schrank und stampfen die Treppe runter.
"Guten Morgen ihr zwei! Na, habt ihr noch einigermaßen gut geschlafen?Gehts dir gut Zoey?" Rebekka trällert uns ihre Worte wie ein Kanarienvogel auf Drogen zu und denkt wohl tatsächlich das wir bester Laune wären.
"Morgen. Nein" Leo antwortet knapp für uns beide, worauf wir uns kurz darauf ins Bad verziehen.
"Es ist erst 10 Uhr!" als ich die Badezimmeruhr erblicke, muss ich ungläubig mit dem Kopf schütteln.
"Die haben doch ne Macke! Das hätte auch gut um 14 Uhr gereicht!" Leo brodelt vor sich hin, was ich absolut nachempfinden kann.
Wir lassen uns Zeit und versuchen irgendwie unsere Augen offen zu halten, während Phil im Flur wieder sein Organ belasten muss:
"Seid ihr jetzt im Bad eingeschlafen oder muss man euch irgendwie behilflich sein?"
"Was ist denn dein Problem? Es ist Samstag morgen 10 Uhr! SAMSTAG! 10 Uhr!" so stinkig war Leo schon lange nicht mehr und ich befürchte, dass das heute wohl noch ein seeeeeeehr langer Tag werden kann.
Zu meiner Freude habe ich das passendste Tshirt aus meinem Schrank herausgezogen das ich finden konnte.
Die Aufschrift sagt schon alles:
NERVST DU DICH AUCH SO WIE MICH?
Zumindest findet Leo dadurch sein Lachen wieder und dafür hat es sich allemal gelohnt.
"Die da draußen werden förmlich vor Begeisterung sprühen, wenn sie das lesen" seine Arme umschlingen meinen Körper, während er seufzend sein Gesicht an meinen Hals drückt.
"Dann wissen Sie gleich wo sie dran sind!" meine Finger streichen unter sein Tshirt über seinen gesamten Rücken entlang und verschaffen ihm eine Gänsehaut.
"Hmmmmm" Leo die Schmusekatze tut es mir gleich und wenn Phil jetzt nicht angefangen hätte penetrant an der Türe zu klopfen, könnte ich für nichts garantieren.
Leo löst sich nörgelnd von mir und reißt mit einem Ruck die Türe auf:
"Was für Probleme hast du heute eigentlich Phil? Wir sind doch schon fertig und wollten gerade rauskommen!"
"Geht doch! Also los, ins Auto. Rebekka und Markus sitzen schon und warten nur noch auf euch!"
Diese Hektik am Morgen, vor allem am Wochenende, kann ich leiden wie Zahnweh.
Phil nimmt mich schnell noch auf die Seite:
"Wie fühlst du dich? Wenns dir irgendwie schlecht geht oder du dich unwohl fühlst, dann sag mir bescheid, ok?" auch Phils Blick ist besorgt, aber es bringt doch nichts nur noch rumzusitzen und abzuwarten, ob sich ein neuer Anfall anbahnt.
"Bis auf Muskelkater und meine lädierte Backe, geht es mir gut! Ich sag dir bescheid, versprochen!"
Wir ziehen unsere Schuhe an und verlassen die WG um in Markus' Auto einzusteigen.
"Hi" ertönt es von uns beiden gleichzeitig und die beiden Therapeuten begrüßen uns mit geballter Euphorie.
Als Phil dann auch endlich im Auto sitzt, fährt Markus los und ich kontrolliere ob er sein Auto geputzt hat.
Hier hinten liegt sogar noch mehr Staub als vorne.
Vielleicht sieht er schlecht und ich sollte es ihm einfach mal sagen.
"Und du Zoey?" Markus Frage schreckt mich aus meinen Gedanken.
Warum muss der immer mit mir reden, wenn ich gedanklich abwesend bin?
Das macht er bestimmt mit Absicht!
Leos Blick trifft mich und er nickt mir erwartungsvoll zu.
Ich schaue ihn fragend und verzweifelt an, da ich keinen blassen Schimmer habe, was Markus gefragt hat.
Leo nickt mir nochmals zu und ich haue unsicher ein kleinlautes "Ja" raus.
"Das ist schön. Wir sind auch gleich da!" Markus beobachtet mich andauernd durch den Rückspiegel und ich muss mich zusammenreißen, meine Zunge in der hintersten Ecke meines Mundes zu belassen.
Als das Auto geparkt ist, schnappen sich Markus und Phil jeweils einen Korb, Leo eine Tasche und Rebekka und ich klemmen uns eine Picknickdecke unter die Arme.
"Phil hast du mein Antibiotika mitgenommen? Das hab ich natürlich wieder voll vergessen!" entschuldigend schaue ich Phil an und zucke mit den Schultern.
"Nein, Alex und ich haben beschlossen das du das nicht mehr weiter einnehmen wirst!" er lächelt mich leicht an und stolpert neben mir auf die Wiese zu.
"Verträgt sie es nicht?" während Markus den Korb abstellt und Rebekka die erste Picknickdecke ausbreitet, gibt Phil den Grund für die Entscheidung preis:
"Alex hat erzählt das Zoey gestern einen drei Minütigen Krampfanfall, mit Sehstörungen, hatte. Ausserdem konnte sie sich davor schon innerhalb von zwei Minuten nicht mehr merken, was sie gesagt hat!"
Markus wirkt aufeinmal ziemlich geschockt und mustert mich kritisch, während er mit Phil weiterredet:
"Meint ihr, das es wirklich von dem Antibiotikum kommt?"
"Wir sind uns nicht sicher. Wir möchten Zoey aber nächste Woche am Montag durchchecken lassen. Gerade ist die ganze Symptomatik die sie aufweist etwas verwirrend."
Toll, das ich das am Rande auch mal mitbekomme.
Tief durchatmen, runterschlucken und weiter lächeln....
Leo hat während meinen Selbstbeherrschungsversuchen die zweite Picknickdecke ausgebreitet und schnappt sich meine Hand, um sich mit mir hinzusetzen.
Als Markus sich neben mich platziert, liest er zum ersten Mal meinen Aufdruck, zieht eine Augenbraue hoch und schaut mir vorwurfsvoll ins Gesicht.
Meine Reaktion darauf ist lediglich ein grinsendes Schulterzucken.
Eins muss man Rebekka lassen, sie hat sich wirklich Mühe gemacht verschiedene Fruchtspieße herzustellen und allerlei süße Stückchen und leckere Naschereien einzupacken.
Während ich ein paar Erdbeeren nasche und den Gesprächen von Markus und Rebekka lausche, frage ich mich ob es ihr Ziel ist, mich hier mit ihren Worten einzuschläfern.
Leo scheint es allerdings genauso zu gehen und deshalb mach ich mir doch keine allzu großen Sorgen.
"Kommt, wir spielen ein Spiel! Sonst schlafen die beiden bloß noch ein!" Rebekka kramt in einer Tasche herum, während Leo sich gedanklich auf einen anderen Planeten beamt.
Leo hasst Spiele.
Alle Arten.
Egal ob Trinkspiele, Kartenspiele, Brettspiele.....
Anscheinend ist sie endlich fündig geworden und zieht ein ein Kartenspiel mit der Aufschrift "Erzählt euch mehr" hervor.
Leider kann ich mir mein genervtes Aufstöhnen nicht unterdrücken und ernte darauf von Markus einen Klaps gegen mein Knie.
Das war doch bestimmt der Hauptgrund für diese Veranstaltung, der Rest sollte nur zur Ablenkung dienen.
Leos Blick nach, denkt er das selbe wie ich.
"Also, immer einer zieht eine Karte und liest die Frage oder Aufforderung einer x-Beliebigen Person vor!" Rebekka erklärt kurz den einfachen Ablauf und fängt auch gleich mit der ersten Karte an:
"Markus: Welche Eigenschaften anderer Menschen macht dich wahnsinnig?"
Man könnte das auch umformulieren in die Frage: Welcher Mensch macht dich komplett wahnsinnig.
Die Antwort sitzt ja direkt neben ihm.
"Sturheit, Unzuverlässigkeit, Aggressivität und Uneinsichtigkeit" er überlegt kurz, nickt dann aber zufrieden als er sich sicher ist, alles aufgezählt zu haben.
Er zieht die nächste Karte:
"Zoey: Welche drei Dinge brauchst du auf jeden Fall zum Glücklichsein?"
Da brauche ich nicht lange zu Überlegen und haue den Therapeuten meine Antwort sofort um die Ohren:
"Leo, Familie und Freunde!" unbeeindruckt ziehe ich die nächste Karte:
"Leo: Welche wichtige Lektion musstest du auf die harte Tour lernen?" nachdem ich die Frage ausgesprochen habe, bleibt mir fast die Spucke im Hals stecken, da vor meinem inneren Auge sofort sein Vater auftaucht.
An Leos Blick, sehe ich das er weiß was ich denke und er scheint den gleichen Gedanken zu haben.
Wir starren uns einige Momente Wortlos an, bevor er einmal tief durchatmet und dann seine Antwort raushaut:
"Das Liebe keine Selbstverständlichkeit ist. Erst recht nicht vom eigenen Fleisch und Blut!" unbeirrt zückt er die nächste Karte und grinst schon blöd vor sich hin:
"Zoey: Welche gemeinsame Situation war dir peinlich und warum?"
Mir schwirren tausend Situationen durch den Kopf, die mir ein ungläubiges Lächeln auf mein Gesicht zaubern, aber eine Situation grenzt sich besonders ab!
"Die Situation in dieser Umkleidekabine, beim Bikini kaufen. Das "Warum" muss ich wohl kaum erläutern, oder?" die Antwort nuschel ich eigentlich nur so vor mich hin, aber es scheint jeder verstanden zu haben.
Rebekka bekommt den Lachflash des Jahrhunderts und lacht bittere Tränen, während Markus die Welt nicht mehr versteht.
Nachdem Rebekka sich etwas gefangen hat, erzählt sie Markus die Geschichte und amüsiert sich immer noch über Toms entglittene Gesichtszüge, als er mit uns beiden im Schlepptau ind das Kaffee zurückgekehrt ist.
Während der Erzählung müssen auch Phil und Markus lachen und beide schütteln ungläubig die Köpfe.
Ich entnehme dem Stapel eine neue Karte und stelle Rebekka ganz frech diese Frage, da ich davon ausgehe, das sie im Zusammenhang mit mir, eh nicht viel zu lächeln hat:
"Rebekka: Welche kleine Angewohnheit von mir, zaubert dir ein Lächeln auf die Lippen?"
"Die Art, wie du Tom, Phil, Alex, Franco, Stephan, Oli und auch Markus anschaust! Leo ist aussenvor, der wird eh immer angeschmachtet!"
"Wieso, wie schaue ich die Männer denn an?" Irgendwie verstehe ich ihre denkweise nicht so ganz.
"Egal was du sagst oder wie du von außen wirkst, deine Augen strahlen diesen Männern immer deine bedingungslose Liebe aus. Und das ist etwas, was mir nicht nur ein Lächeln auf die Lippen zaubert, sondern jedes Mal meinem Herzen zeigt, was für eine Liebenswerte Person du eigentlich bist."
Bäm!
Das hätte ich unter keinen Umständen erwartet und wirft mich für einen kurzen Moment völlig aus der Bahn.
Rebekka macht einfach mit der nächsten Karte weiter:
"Phil: Was ist deine aktuell größte Sorge?"
Ohne mit der Wimper zu zucken, nennt er meinen Namen und zieht die nächste Karte:
"Markus: Welchen besonderen Moment in deinem Leben, würdest du gerne nochmal erleben?"
"Das ist einfach: Als ich das erste Mal ein Menschenleben retten konnte!"
Während Markus sich die nächste Karte krallt, schaue ich Phil immer noch fragend an.
Dieser ignoriert mich aber gekonnt.
"Zoey: Wenn du einen Flaschengeist finden würdest, was wären zwei deiner Wünsche?"
"Das uns allen nie etwas zustößt bzw. alle gesund bleiben....hmmm... und das ich nicht immer so viel falsch mache.." ich greife nach der nächsten Karte und werde jetzt von den anderen stumm angestarrt.
"Leo: Wenn du plötzlich eine Million Euro bekommen würdest, was würdest du als aller erstes tun?"
"Sofort einen extravaganten Familienurlaub inklusive Freunden buchen. Allerdings wären Zoey und ich in einem anderen Hotel" Leo grinst mich frech an, worauf ich wissend zurückgrinse.
Markus verteilt eine Runde gekühlte Getränke und wir legen eine Pause mit der Fragerunde ein.
Ich lege mich auf den Rücken und parke meinen Kopf auf Leos Füßen.
"Du solltest ein bisschen mehr trinken Zoey!" Phil hat ja recht und als ich meinen Arm nach meinem Getränk ausstrecken will, muss ich mit Entsetzen feststellen, das es nicht funktioniert.
Warum kann ich meinem Arm nicht mehr strecken?
Anscheinend muss ich ein saudummes Gesicht ziehen, denn Markus beobachtet mich angespannt:
"Was ist los?"
Ich schlucke schwer und schüttle meinen Kopf:
"Nichts!"
Vielleicht hab ich mir was eingeklemmt und es geht wieder weg.
Ich will jetzt nicht unnötig die Pferde scheu machen.
Mein linker Arm funktioniert glücklicher Weise noch normal und somit greife ich mit links nach meiner Getränkedose.
Leo schiebt mich mit beiden Händen am Rücken in die Senkrechte und denkt wohl, das ich nur wieder zu faul bin.
Mein rechter Arm hängt leblos an meinem Körper und ich hoffe das es vorübergehend niemanden auffällt.
"Hast du keinen Hunger?" Rebekka hält mir einen Fruchtspieß entgegen, doch ich schüttle nur den Kopf.
Am liebsten würde ich ihr entgegenschreien, das ich keine 2 Jahre alt bin und ich mir mein Essen selbst nehmen kann, wenn ich hungrig bin.
Ich beherrsche mich aber einfach, des Friedens willen.
Leo rutscht ein Stück an mich ran und schlingt seine Arme um mich:
"Was ist los? Gehts dir nicht gut?"
Ich hasse es, wenn ich mit innerer Panik beschäftigt bin und mich jeder frägt, ob alles in Ordnung ist.
"Doch es ist alles in Ordnung. Jetzt fragt doch nicht andauernd! Das nervt langsam!" ich kann mich gerade noch so beherrschen meine Tonlage in den normaleren Frequenzen zu halten.
"Müsst ihr heute noch arbeiten?" Leo versucht von mir abzulenken, was allerdings nur kurzzeitig funktioniert.
"Ja, ich muss auf Station und Markus hat heute noch Nef-Schicht" Phil antwortet einfach mal für Markus mit und Rebekka muss heute auch eine Nachtschicht einlegen.
"Hast du deine Schulsachen eigentlich schon aufgearbeitet?" war ja klar das Phil wieder auf ein Thema für mich lenkt.
"Ja, das eine da hab ich doch mit dir gemacht und dann hab ich mit Clea das eine Zeug mit den Formeln gemacht. Und Physik ist auch fertig" hoffentlich gibt er sich damit zufrieden.
"Was für ein Fach haben wir gemacht? Und was ist das mit den Formeln?"
Der macht das doch mit Absicht!
Mir fallen aber die Namen gerade nicht mehr ein....
"Phil! Du fängst wieder an zu nerven! Du weist ganz genau welche Fächer ich meine!" während sich diese Schlinge um meinen Hals zuzieht, kommt wenigstens wieder ein kleines bisschen Gefühl in meinen Arm.
Ich bete einfach dafür, das es sich bis zu unserem Aufbruch wieder komplett normalisiert hat, aber Rebekka hat da andere Pläne.
"Ich würde sagen, wir brechen mal wieder auf, damit wir alle noch ein bisschen schlafen können, bevor unsere Dienste starten. Das war ein schöner Vormittag! Sollten wir öfters machen!" Rebekka erhebt sich von ihrem Platz und fängt an, alles zusammen zu räumen.
Ich helfe ihr schnell mit meiner linken Hand, da ich mich sonst beim Decken zusammenlegen verraten würde.
Als alles zusammengeräumt ist, schleppen wir die Sachen wieder zum Auto und steigen ein.
Mein Arm funktioniert fast wieder vollständig, womit das anschnallen problemlos klappt.
Ich atme erleichtert aus und greife nach Leos Hand, um meine Finger zwischen seine zu schieben.
Wir grinsen uns gegenseitig an und ehe wir uns versehen, sind wir auch schon wieder zuhause.
Markus und Rebekka fahren zum Glück gleich weiter und setzen uns lediglich vor der Haustüre ab.
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