
Part 38
Sensible oder harte Tour?
Langsam rantasten und dann...
Ja, was dann Tom?
Mit dem Hammer draufhauen, erpressen, foltern?
Ohje, da hätte ich lieber einen Schwerverbrecher vor mir sitzen, als das Fräulein da oben.
Noch ganz in Gedanken versunken, stöhne ich laut auf und bemerke gar nicht, das Alex mit meiner Kopfschmerzbetäubung zurück gekehrt ist:
"Bist du sicher das du da hoch willst?"
"Nein!" augenverdrehend nehme ich die Tablette entgegen, schmeiße sie mir in den Rachen und spüle mit einem großen Schluck Wasser aus der Flasche nach, die mir Alex freundlicher Weise auch noch mitgebracht hat.
"Ist Robert eigentlich bei Zoey oder ist sie alleine?"
"Robert ist da und Rebekka ebenfalls!"
"Was..."
"Frag nicht... Weißt du schon was von Leo?"
"Der kommt heute Abend mit Phil nachhause. Herr Funke hat Dienst und bringt ihn dann mit. Weiß er schon bescheid? Das wird das nächste Spektakel geben!"
"Ich glaube nicht, das er schon Bescheid weiß, sonst würde er bestimmt auch schon auf der Matte stehen. Lass mich erst mal das da oben hinter mich bringen und dann zerbreche ich mir um alles andere den Kopf" schwerfällig erhebe ich mich von der Liege und trete den Gang in das oberste Stockwerk an.
Mein unüberhörbares Klopfen an Clea's Zimmertüre wird ignoriert.
Das schreckt mich allerdings kein bisschen ab, da ich das schon zu genüge von meiner Gewitterwolke kenne.
Desshalb öffne ich langsam die Türe und stecke meinen Kopf durch einen schmalen Spalt, damit ich den Raum abscannen kann.
Direkt auf dem Bett werde ich fündig.
Unsere Überltäterin liegt in Ihrer Bettdecke eingewickelt auf der Matratze und tippt auf Ihrem Handy herum.
"Darf ich reinkommen?" des Anstandes halber, frage ich erst um Erlaubniss, bevor ich die Gefahrenzone betrete.
"Du würdest es doch so oder so tun!" kommt mir postwendend die patzige Antwort entgegengeflogen.
Natürlich hat sie Recht, doch eine Antwort darauf gebe ich ihr nicht.
Nachdem ich den Raum betreten und die Türe geschlossen habe, lehne ich mich mit meinen Rücken gegen das hölzerne Türblatt und lasse damit noch genug Abstand, damit sich Clea nicht gleich überfahren fühlt.
"Können wir reden?" natürlich versuche ich es zuerst auf die versöhnliche Art und Weise und hoffe, das sie darauf eingehen wird.
"Ich habe nichts zu sagen!"
Oookay, die Option "freundlich" können wir getrost bei Seite schieben!
"Das sehe ich anders! Clea, das was du hier mit Zoey abziehst ist einfach unter aller Sau. Weist du, ich verstehe nicht wie du von heute auf morgen die Freundschaft mit Zoey einfach so wegwerfen kannst!"
Sehr beeindruckt scheint das Fräulein von meinen Worten nicht zu sein:
"Wenn du das aus meiner Sicht sehen würdest, dann könntest du das verstehen!"
"Du gibst aber niemanden die Chance es aus deiner Sicht zu sehen!" gebe ich energisch von mir, da sie vielleicht diesen Punkt irgendwie übersehen hat und nur darauf aufmerksam gemacht werden muss.
"Geht ja auch niemanden etwas an!"
Ein leises, ungläubiges Lachen entkommt meinem Mund:
"Das geht uns sehr wohl etwas an! Ich würde deine Beweggründe wirklich gerne verstehen und wäre dankbar, wenn du wenigstens versuchen könntest mir das zu erklären!"
"Ich habe gerade andere Dinge zu tun!" Clea winkt mir ab und lässt ein Videoclip nach dem anderen auf ihrem Handy abspielen.
Tief durchatmen und ruhig bleiben....
Nach einigen kurzen, aber kontrollierten Atemzügen nähere ich mich dem Bett und verschränke die Arme:
"Ich bitte dich dein Handy auf die Seite zu legen und mich anzuschauen, wenn wir miteinander reden. Sowas nennt sich Respekt, Clea!"
"Ich will aber nicht mit dir reden!" das genervte Stöhnen kratzt stark an meiner Beherrschung und ich muss mich immens zusammenreißen, nicht sofort laut zu werden.
"Es tut mir leid, aber darauf kann ich keine Rücksicht nehmen. Es wird jetzt geredet, ob du willst oder nicht. Es kann nicht angehen, daß du deine Freundin mit Vorwürfen bombadierst und ihr bildlich gesprochen eine Ohrfeige verpasst und dann nicht einmal den Arsch in der Hose besitzt und dein eigentliches Problem offenbarst!" meine Beobachtungsgabe teilt mir mit, daß ich genauso gut mit der gegenüberliegenden Wand reden könnte, wobei die eventuell noch aufmerksamer zuhören würde.
Clea tippt weiterhin desinteressiert auf dem Display ihres Smartphone herum und versucht mich zu ignorieren.
Mittlerweile sollte sie mich eigentlich besser kennen und wissen, das ich, wenn es darauf ankommt, nicht zimperlich bin.
"Ich verschaffe mir auch höchstpersönlich deine Aufmerksamkeit, wenn es sein muss" ich will mal nicht so sein und lasse eine kleine Vorwarnung raus, damit der Troublemaker nochmals eine Chance hat, sich zu entscheiden.
"Tzzz!"
"Sicher, dass das deine entscheidende Reaktion ist?" heute kann ich wirklich stolz auf mich sein, denn so viele Vorwarnungen habe ich wirklich noch niemanden gewährt.
"Was willst du denn machen? Mich zutexten bis ich Hirnblutungen bekomme?"
Okay, jetzt reicht es!
Ohne zu zögern schnappe ich mir Clea's Smartphone und nutze den Überraschungseffekt, da sie damit nicht gerechnet hat.
Das Handy bekommt anschließend eine Freiflugstunde in den Flur hinaus, was der Dame im Bett nicht sonderlich zu gefallen scheint:
"Sag mal spinnst du?"
Als ich die Zimmertüre wieder geschlossen habe, drehe ich mich zu der Terrorzicke um und blicke in ein ungläubiges Gesicht.
Meine Aktion war zu hundert Prozent erfolgreich, denn jetzt habe ich erreicht was ich wollte.
Volle Aufmerksamkeit.
"Hi Clea! Können wir reden?" ich versuche dem Fräulein einfach nochmal eine Chance zu geben, dieses Gespräch jetzt in andere Bahnen zu lenken.
Das ich dabei eventuell wie ein Bekloppter rüberkomme, ist mir schlichtweg egal.
"Ich will mein Handy wieder haben!"
"Und ich will reden. Da haben wir also zwei Parteien und zwei Wunschäußerungen. Was machen wir denn jetzt mit dieser Situation?"
Anstatt mir zu antworten, schält sich Clea aus der Decke und setzt sich anständig auf ihr Bett.
Auch wenn sie mich, ihrem Gesichtsausdruck nach, auf mindestens tausend Arten töten will, scheint sie mir entgegen zu kommen:
"Was willst du denn hören?"
"Die Warheit! Warum machst du Zoey fertig? Hat sie dir irgendetwas getan?"
"Ich bin genervt von ihr, da sie immer nur Probleme hat und sich alles nur um sie dreht. Zoey hat doch alles was man sich wünschen kann: einen Vater, einen Freund, ein Zuhause, einen tollen Freundeskreis... und trotzdem geht es ihr immer nur schlecht. Das nervt. Vielleicht bin ich eifersüchtig, da immer nur sie im Mittelpunkt steht, keine Ahnung. Ich habe einfach keine Lust mehr, mir dieses ständige Drama zu geben. Zufrieden?" mit einer hochgezogen Augenbraue werde ich erwartungsvoll gemustert, während ich mir die gesamten Worte durch den Kopf gehen lasse.
Meinem Gefühl nach hat sich Clea hier eine schöne Aussage zusammengebastelt, die aus all den Vermutungen ihres Umfelds entstanden ist.
Die emotionslosen Gesichtsausdrücke deuten ebenfalls auf eine gut Überlegte Ausrede hin, denn Clea gehört ebenso wie Zoey zu den Menschen, denen man im Gesicht sofort ihre Gefühlsagen ablesen kann.
Dieses Gesicht zeigt mir jedenfalls keinen richtigen Ärger und auch keine Verletzlichkeit.
Das Einzige, das sie ausstrahlt, ist Desinteresse und das hat bei so einer Aussage nichts in der Mimik einer besten Freundin verloren.
"Mhhhh...." mein Kopf wiegt leicht hin und her, da ich ihr somit schon im Vorfeld meine Bedenken ausdrücken will.
Nebenher nehme ich Kurs auf das Bett, um mich mit genügend Abstand darauf nieder zu lassen.
"Ich glaube dir nicht!" mehr sage ich vorerst nicht, denn ich muss die Reaktion von Clea ganz genau beobachten.
Wie zu erwarten scheint sie genervt davon zu sein, das ihre Aussage nicht für voll genommen wird und bleibt eine Zeit lang stumm.
Wäre sie von ihren Worten selbst überzeugt, hätte sie bestimmt sofort losgewettert und mich zur Schnecke gemacht.
Ich gehe davon aus, das sie versucht sich einen neuen Plan zurecht zu legen, denn sie sieht sich immer wieder hilfesuchend im Raum um, obwohl es hier drin nichts gibt, das ihr helfen könnte.
"Überleg nicht so lange was du sagen könntest, sondern lass endlich die Wahrheit raus!" bei meinen Worten zuckt Clea etwas erschrocken zusammen und zupft sich anschließend ziemlich unentschlossen an der Nagelhaut ihres Daumen herum.
Nach ungefähr fünf Minuten, ist immer noch kein Wort an mein Ohr gedrungen.
Ich stupse sie leicht mit meinem Ellenbogen an und hoffe, das sie endlich ihren Mund aufmacht.
"Mann, Tom... Wenn ich aber sage was los ist, dann...." Clea stockt mitten im Satz und atmet schwer auf.
Ihre Augen füllen sich mit Tränen und das erste mal, während unseren Gesprächsversuchen, sehe ich keine Abwehrhaltung oder Gegenwehr, sondern Angst und Verzweiflung.
Das zeigt mir sofort, daß da wirklich nicht nur eine vermutete Eifersucht dahinter stecken kann, sondern sich ein viel größeres Problem zusammengebraut hat.
"Egal was es ist, lass es jetzt raus. Es quält dich und ich glaube auch nicht, das du freiwillig die Freundschaft mit Zoey beenden möchtest. Ihr habt so viel zusammen erlebt und durchgestanden.... Das wirft sich nicht einfach so von heute auf morgen weg!"
"Ich hab Angst, Tom!" flüstert sie beinahe lautlos vor sich hin und schaut mich mit großen Kulleraugen an.
"Vor wem? Vor mir oder einem der anderen?"
"Nein.... Vor euch doch nicht. Aber wenn ich das sage, macht das alles kaputt!"
Ich frage mich ernsthaft, ob Clea die ganzen Streitigkeiten mit Zoey, Sam und uns Männern vergessen oder verdrängt hat.
Denn so wie sie jetzt gerade handelt, macht es nicht weniger kaputt.
"Ich habe einen großen Fehler begangen!" entweicht es ihr mit zittriger Stimme.
"Okay... und der wäre?"
"Es tut mit wahnsinnig leid und ich bereue es zu tiefst...." anstatt endlich auf den Punkt zu kommen, redet das Fräulein nur weiter um den heißen Brei, was mich ziemlich ungeduldig werden lässt.
Was ein Fehler ihrerseits mit Zoey zu tun haben könnte, kann ich mir nicht zusammenreimen und bin desshalb sehr gespannt, was sich da nun für Abgründe auftun.
"Ich..." bevor sie weiter reden kann, entfährt ihr ein lauter Schluchzer, der wiederum ein klein wenig an meiner harten Schale kratzt.
Doch bevor ich irgendeine Regung von mir geben kann, platzt auch schon die Bombe:
"Ich habe Sam betrogen!"
Ups!
Leider kann ich es nicht vermeiden, das mein Gesicht eine seltendämliche Grimasse zieht.
Ich hätte ja mit vielem gerechnet, aber das Clea ihren Freund betrügt, wäre mir wirklich nicht in den Sinn gekommen.
"Das ist nicht so optimal!" so auf die schnelle fällt mir nichts anderes ein, das ich sagen könnte.
Neben mir nimmt der Tränenfluss rasant zu und verdeutlicht mir, dass das wirklich die Wahrheit ist.
"Kannst du mir.... Erzähl doch mal, was passiert ist und was Zoey damit.... Ähm, das war aber nicht mit Leo?" für einen Augenblick bleibt mir mein Herz stehen, obwohl ich das meinem Jungen niemals zutrauen würde.
Doch die Tatsache das Clea fremd gegangen ist und sich jetzt von Zoey distanziert, weckt nunmal diese unschönen Gedanken.
"Nein! Also ganz so bescheuert bin ich nicht!" Clea ist geradewegs empört, aber das ist mir egal, denn die Tat an sich ist in meinen Augen schon schlimm genug.
"Wer war es dann? Wann? Warum?"
Die Flutschleusenöffnerin wischt sich mit ihren Händen übers Gesicht und atmet tief durch:
"Es ist noch nicht so lange her. Ich war im Bootshaus... Alkohol und so, du verstehst?"
"Nein, nicht wirklich. Normalerweise hat man sich in dieser Hinsicht trotz beduselter Birne im Griff! Aber das ist eine Grundsatzdiskussion, die wir jetzt nicht führen müssen. Wenn du also im Bootshaus warst, wirst du nicht alleine dort gewesen sein. Warst du mit den restlichen Jungs unterwegs?"
Ein zögerliches Nicken bestätigt meine Worte.
"Einer von ihnen?"
Wieder nickt mir Clea als Bestätigung zu.
"Seid ihr eigentlich total bescheuert?" meine Kulanzgrenze liegt bei diesem Thema eh schon bei Null, wenn dann aber der Betrogene auch noch mit dem Übeltäter befreundet ist und alle zusammen zu einer Clique gehören, muss ich mich wirklich zurückhalten nicht völlig auszurasten.
"REDE DOCH MAL!" ein kurzer Temperamentschub meinerseits lässt sich dann leider doch nicht vermeiden.
"A-Also... Wir waren beide total betrunken und haben uns geküsst und so...." ein unschönes Szenario bildet sich in meinem Kopf, das leider eine gewisse Vermutung aufkommen lässt:
"Sag mir, das ihr wenigstens Kondome benutzt habt!"
"Ja!" kommt es fast schon vorwurfsvoll von meiner Gesprächspartnerin, was mich natürlich kalt lässt, da ich den Rest auch hören will.
"Am nächsten Tag haben wir es sofort bereut und wir würden das natürlich sofort rückgängig machen... Aber das geht nicht!"
Was du nicht sagst...
Ich fahre mir mit beiden Händen durchs Gesicht und stöhne laut auf, da das wirklich alles unbegreiflich ist:
"Was hat dann Zoey mit der ganzen Sache zu tun?"
"Zoey würde doch sofort merken, daß da irgendetwas nicht stimmt, wenn wir uns alle zusammen treffen. Die spürt sowas!"
"Achso.... na dann.. Da wirft man ihr lieber ekelhafte Dinge an den Kopf und kündigt die Freundschaft, damit dieser Fehltritt niemals auffliegt"
"So war der Plan!" gibt Clea offen und ehrlich zu und lässt mich somit komplett vom Glauben abfallen:
"Das ist ein außerordentlich beschissener Plan. Du verzapfst scheiße und lässt andere dafür bluten!"
"Ich dachte halt, das ich so eben nur eine Person verliere... Wenn Sam das rausbekommen sollte, macht er doch mit mir Schluß!" die Worte die jetzt in meinen Gehörgang vordringen, machen mich fast sprachlos und wütend.
Ein paar Sekunden lang versuche ich mich zu beherrschen, doch leider gelingt mir das nicht ganz so wie geplant:
"Du lässt andere deine Fehler ausbaden, anstatt ehrlich zu sein und für deine Taten einzustehen? DAS, MEINE LIEBE, IST UNTERSTE SCHUBLADE! ICH KANN ES NICHT FASSEN, DAS DU ZOEY SOETWAS ANTUST, NUR UM DEINEN KOPF AUS DEINER EIGENS GEFERTIGTEN SCHLINGE ZU ZIEHEN! UND SAM.... DAS IST EIN ABSOLUT FANTASTISCHER JUNGE UND DU BETRÜGST IHN?"
"Du wirst es ihm doch nicht sagen oder?"
Mein Kopf muss mittlerweile in sämtlichen Rottönen erstrahlen, da ich kurz davor bin, das mir der Kragen platzt.
Aber so richtig.
Um mich wieder etwas abzuregen, stehe ich auf und laufe ein paar Runden im Zimmer umher.
Clea beobachtet mich auf Schritt und Tritt, da sie auf eine Antwort von mir wartet.
Meine Wut will einfach nicht abklingen und erkämpft sich immer wieder die Oberhand.
Letztendlich versuche ich in gedämpfter Tonlage diesem Mädchen eine Antwort zu liefern:
"Nein, ich werde es Sam nicht sagen. Das wirst du schön selbst übernehmen! Ich gebe dir eine Woche Zeit um Sam in Kenntniss zu setzen und dich bei Zoey aufrichtig zu entschuldigen. Sam hat verdient die Wahrheit zu erfahren. Ihr wolltet zusammenziehen und du baust den Grundstein eurer gemeinsamen Zukunft auf einer Lüge auf. Das geht so nicht. Ihr wollt immer alle erwachsen sein und ebenfalls so behandelt werden. Also, bitteschön. Als Erwachsener hat man zu seinen Taten zu stehen und ich gebe dir die Chance, das alles selbst zu klären!"
"Aber..."
"Nichts aber. Wenn du innerhalb einer Woche immer noch in deinem Lügenmeer badest, werde ich etwas nachhelfen und glaub mir, diese Blamage möchtest du nicht über dich ergehen lassen. Bis dato werde ich keinem etwas sagen, denn das ist deine Aufgabe.... So und jetzt würde ich dich am liebsten zu deinem Liebhaber fahren, denn wenn Leo bald hier auftaucht und erfährt was für eine Show du hier abgezogen hast, wird er nicht allzu gnädig gestimmt sein. Ist dir bewusst oder?"
Mit gesenktem Kopf und lautlosen Dauertränen rutscht Clea von ihrem Bett herunter und läuft auf die Türe zu.
War ich jetzt zu hart?
Nein...
Es scheint als wenn das Fräulein meinem Ratschlag nachkommen möchte, da sie sich schon auf den Weg in die untere Etage macht.
Immer noch fassungslos und mit so viel mehr wütenden Worten geladen, laufe ich ihr hinterher und versuche mich dann etwas zu beruhigen, da Herr Hetkamp unten im Flur steht und einen gewissen Blick drauf hat:
"Muss ich mir Sorgen machen?"
"Nein, musst du nicht!" ich merke genau, das er mir meine Wut ansieht und schaue desshalb lieber wieder auf den Boden.
"Wo geht ihr hin?" will der Notarzt wissen, doch ich denke das es besser ist, wenn er so wenig wie möglich weis:
"Ich bring sie weg von hier!"
"Tom!"
"Ich hinterlasse keine Spuren, versprochen!" leicht grinsend schließe ich die Haustüre hinter mir und folge Clea zu meinem Auto.
Mich würde tatsächlich interessieren, wer den anderen Übeltäter verkörpert, doch viel Auswahl besteht eh nicht.
Es kann sich hierbei nur um Tyson oder Mitch handeln.
Vielleicht sollte ich jetzt nicht unbedingt weitere Nachforschungen anstellen, denn dafür das ich die nächsten sieben Tage nichts weiß, weiß ich eindeutig schon zuviel.
Ich hoffe schlichtweg, daß sich das Fräulein mit ihrer Beichte nicht bis zum letzten Tag Zeit lässt, wobei mein Bauchgefühl ordentlich dagegen stimmt.
Die Fahrt zu der Jungs-WG verläuft stillschweigend.
Weder Clea noch ich verspüren den Drang, uns über irgendetwas auszutauschen, was für mein Mundwerk heute eindeutig die beste Option darstellt.
Ab und zu wird die Stille von einem leisen Schluchzen durchzogen, was mir fast mein Herz erweicht.
Aber nur fast.
Auch wenn der Drang in meinem Innern besteht, das weinende Mädchen neben mir in den Arm zu nehmen, halte ich mich zurück.
Mit dieser miesen Nummer die Sie hier abgezogen hat und auch weiterhin durchziehen wollte, hat sie keinerlei Trost von meiner Seite aus zu erwarten.
Kaum bremse ich mein Auto ab und komme komplett zum stehen, öffnet Clea ihre Türe und steigt aus:
"Danke fürs bringen!"
"Gern geschehen. Erinnere dich an meine Worte! Sieben Tage und denk nicht daran mich zu verkackeiern" meine Aussage hört sich schon nach einer halben Drohung an, doch ich bin froh, das ich mein Stimmvolumen derart in Zaum halten kann und nicht die ganze Gegend zusammenbrülle.
Mir wäre es ja wirklich eher nach unkontrolliertem Schreien gewesen, aber ehrlich gesagt, hätte das jetzt auch nichts gebracht.
Mir vielleicht etwas Erleichterung, ja, aber sonst auch nichts.
Als Clea durch die Türe des Mehrfamilienhauses verschwunden ist, lasse ich mich gegen die Lehne meines Sitz fallen und schließe die Auge.
Der nächste Krieg kommt ganz sicher und das kann richtig unschön werden.
Wir können uns alle warm anziehen, denn ich vermute, dass das ein völlig neues Ausmaß nehmen könnte
Zum jetzigen Zeitpunkt bereue ich fast schon meine Nachforschungen, denn solch ereignissreiche Offenbahrungen sind nicht gerade das, was mein Gemüt gerade gebrauchen kann.
Allerdings bin ich auch froh, das der Seitensprung ans Licht gekommen ist, denn eine Verschleierung solcher Tatsachen, hat keiner verdient.
Besonders nicht Sam, der arme Kerl.
Bevor ich meinen Rücktritt in Rebekka's Wohnung antrete, lasse ich noch schnell bei Alex durchklingeln:
Alex: "Wow! Hast du Übung oder warst du schlampig?"
Ich: "Was?"
Alex: "Hahaha, im Leiche beseitigen"
Ich: "Haha achso... Da tendiere ich eher zur Übung"
Alex: "Hast du was aus ihr rausbekommen?"
Ich: "........"
Alex: "Tom? Bist du noch dran?"
Ich: "Jaja. Nein!"
Alex: "Sag mal, ist alles in Ordnung?"
Ich: "Klar doch, war nur mit meinen Gedanken wo anders. Hör mal, weswegen ich eigentlich anrufe: Wenn Leo zu uns möchte, dann ruf mir an. Ich kann ihn dann abholen"
Alex: "Klar, kann ich machen. Warum hast du Clea weggeschafft und wo hast du sie hingebracht?"
Ich: "Ich wollte euch zumindest für heute einen weiteren Krieg ersparen. Wenn Leo nachhause kommt und von dem erneuten Zirkus, den Clea veranstaltet hat, Wind bekommt, wird er sicherlich nicht die Füße stillhalten. Darum behalte ich den Aufenthaltsort für mich, dann musst du schon nicht lügen, das du nicht wüsstest wo sie sich aufhält!"
Alex: "Tja, mir fällt da ganz spontan nur ein Ort ein, an dem sie sich aufhalten könnte und ich schätze Leo nicht so ein, das er darauf nicht selbst kommen wird!"
Ich: "Boah, Alex.... Wenn er sie aufsuchen will, wird er es auch machen. Das kann ich nicht verhindern, aber auf einem silbernen Tablett werde ich ihm das nicht servieren"
Alex: "Also entweder hast du noch mit Nachwirkungen deiner Türbegegnung zu kämpfen oder du weißt irgendetwas, das dich aus der Spur gehauen hat."
Ich: "Ich bin einfach nur fertig und habe nicht viel Schlaf abbekommen. Wenn ich mich endlich ein bisschen ausruhen kann, wird das schon wieder werden!"
Alex: "Das überlasse ich aber keinesfalls dem Zufall. Wir sehen uns heute abend!"
Ich: "Alex!"
Alex: "Was denn?"
Ich: "Ich kann schon noch selbst einschätzen ob es mir gut geht oder nicht, okay?"
Alex: "Mhm. Du weißt das ich in dieser Hinsicht nicht locker lassen werde!"
Ich: "Ne, ich kenn dich ja kaum!"
Alex: "Dann frage ich mich, warum du noch ewig lange herumduskutierst. Bis später. Tschüss."
Noch bevor ich irgendetwas erwiedern kann, hat der Notarzt aufgelegt.
Vielleicht sollte ich einen Koffer packen und so lange verschwinden, bis das bevorstehende Drama ausgestanden ist.
Wäre sicherlich gut für meine Nerven und die Notärzte würden das unter Umständen auch noch befürworten.
Da ich dieses Wunschdenken niemals umsetzen kann und werde, mache ich mich endlich auf den Weg zu Rebekka nachhause.
Ich hoffe, das die Stimmung dort so gut sein wird, das ich mich davon anstecken lassen und etwas abschalten kann.
"Was riecht hier denn so gut?" kaum habe ich die Haustüre ins Schloss fallen lassen, steigt mir ein köstlicher Geruch in die Nase.
"Das Kind kocht mit ihrem Onkel zusammen das Mittagessen!" informiert mich Rebekka lauthals aus dem Wohnzimmer, worauf auch sofort mein Magen zu knurren anfängt.
"Das nenne ich eine gelungene Überraschung!" meine Gefühlswelt fährt sogleich ein wenig runter und lässt die innerlich aufgestaute Wut verpuffen.
Als ich einen Blick in die Küche werfe, frage ich mich zwar ob wir direkt vom Fußboden essen werden, lasse aber keinen Ton darüber verlauten.
Zoey strahlt über das ganze Gesicht und auch Robert scheint seinen Spaß zu haben.
Das möchte ich nicht durch einen nörgelnden Kommentar zunichte machen.
"Hey, das riecht gut! Was zaubert ihr denn schönes?"
"Hi Tom. Wir machen Lasagne. Einmal ganz normal und einmal vegetarisch. Erna kommt nachher noch vorbei und die verzichtet zur Zeit auf tierische Produkte" als mein Mädchen mich anlächelt und mir ein halbes Kilo Spinat zwischen ihren Zähnen ins Auge sticht, muss ich ebenfalls lachen und wende mich schnell ab, um die Lage bei meiner Freundin zu checken.
Rebekka liegt auf dem Sofa, mit hochgelagertem Bein und liest in einer Zeitschrift.
"Na? Habt ihr beiden euch ausgesprochen?" ich stütze meine Unterarme auf der Sofalehne ab und mustere die Zeitung, die Rebekka's Gesicht verdeckt.
Kaum einen Wimpernschlag später, wandert das bunt bedruckte Papier auf den weiblichen Bauch, damit wir freie Sicht zueinander haben:
"Das haben wir, ja!"
"Und?"
"Was und?"
"Wie findest du das? Freust du dich für deinen Bruder oder willst du lieber wie eine alte Glucke an seinem Rockzipfel hängen?" kaum ausgesprochen, habe ich schon ein Kissen im Gesicht kleben.
"Blödmann. Hahaha. Natürlich freue ich mich für Robert! Es wird mir nicht leicht fallen, das gebe ich offen und ehrlich zu, aber wir sind ja auch nicht aus der Welt und können jederzeit behilflich sein!" mit solch einer positiven Reaktion hätte ich nicht gerechnet, doch das freut mich natürlich umso mehr:
"Schön. Langsam lenkt sich alles in geregelte Bahnen!"
Hier zumindest!
"Ja, das stimmt. Was hat das Gespräch mit Clea ergeben?"
"Nichts!" ich winke Rebekka ab und laufe zurück in den Flur, um endlich meine Schuhe loszuwerden.
"Aha!"
Leichtsinnig wie ich manchmal bin, habe ich doch glatt vergessen das meine Freundin einer Berufsgruppe angehört, die sich nicht so einfach mit einem kleinen Wort abwimmeln lassen.
Damit ich etwas zu tun habe, organisiere ich schonmal Teller aus der Küche, um den Esstisch für später zu decken.
Ein stechender Blick trifft mich sofort beim betreten des Ess- und Wohnbereich:
"Hat sie überhaupt nicht mit dir gesprochen?"
"Nicht wirklich. Sie hat mir verdeutlicht, das sie nicht mit mir reden will und dann habe ich das eben so hingenommen. Vielleicht sollte Stephan sich nochmal ranklemmen und versuchen, etwas aus ihr herauszubekommen!"
"Hahhaha. Sie will nicht mit dir reden und du nimmst das so hin?" auch wenn ich mit dem Rücken zu ihr stehe, sehe ich die beiden hochgezogenen Augenbrauen bildlich vor mir.
"Ja. Man kann nicht immer alles mit einer aggressiven Vorgehensweise lösen und muss auch manchmal nachgeben. Wer weiß was sie bedrückt. Wenn man zuviel Druck ausübt, könnte sich das negativ auswirken!"
"Hahha, ja klar und jetzt sei bitte ehrlich!" bei dem herzhaften Lachen kann ich fast nicht wiederstehen und lasse meine Mundwinkel ebenfalls kurzzeitig in die Höhe schießen.
Es dauert einen Augenblick bis ich mich wieder im Griff habe und mich mit ernstem Gesichtsausdruck meiner Freundin zuwende:
"Sag mal... Glaubst du mir etwa nicht?"
"Nein!"
"Das hättest du auch ein bisschen netter verpacken können!" gebe ich gespielt beleidigt von mir, worauf Rebekka nur wieder zu lachen anfängt:
"Kann der sonst so starke Herr Mayer heute keine klaren Worte ertragen?"
"Nein, mein Kopf tut immer noch so weh und der wenige Schlaf macht mir auch zu schaffen. Heute bin ich sensibel!" meine langgezogene Schnute zeigt dann doch Wirkung, denn Rebekka breitet ihre Arme aus, um mich in Empfang zu nehmen.
Dem komme ich natürlich nach und verschiebe das weitere Tischdecken auf später.
Kaum habe ich ein paar Küsse und Streicheleinheiten für mich beanspruchen können, wird auch schon lauthals nach meinem Typ verlangt:
"TOM! Komm schnell! Ich glaube die Lasagne brennt!"
Verwundert löse ich meinen Kopf von Rebekka's Schulter und schaue in Richtung Küche:
"Hast du da Spiritus reingeleert?"
"Eigentlich nicht!" da mir diese Aussage etwas zu unsicher rüberkommt, mache ich mich doch lieber schnell auf den Weg zum Backofen, um das Spektakel in Augenschein zu nehmen.
Kaum habe ich freien Blick auf das Backofeninnenleben, sehe ich auch schon eine starke Rauchentwicklung darin.
"Was machst du denn, Prinzessin?" hastig drehe ich die Temperatur, die auf zweihunderfünfzig Grad eingestellt ist, runter, öffne die Backofentüre und anschließend gleich das Fenster.
Zu unserem Glück brennt nicht wirklich etwas, aber lange hätte das sicher nicht mehr gedauert.
"Kannst du mir mal verraten, warum du Backpapier da drin liegen hast, wenn die Lasagne doch in den Auflaufformen verstaut ist?"
"Ich dachte, das ich mir das putzen ersparen kann, falls etwas tropft!" schulterzuckend fächert sich Zoey mit ihrer Hand etwas Luft zu, da gerade eine Rauchschwade an ihr vorbeizieht.
"Und seit wann gehört eine Lasagne bei zweihundertfünfzig Grad in den Ofen?"
"Das steht so in dem Rezept!" mault mein Mädchen sofort los und kann es anscheinend nicht fassen, dass das zu heiß gewesen sein sollte.
"Zeig mal her!" da ich mein gesamtes Leben noch niemals die Temperatur so hoch einstellen musste, will ich mich mit eigenen Augen davon überzeugen.
Zoey tippt auf Ihrem Handy herum und hält mir anschließend das Display vor die Nase.
"Da steht zweihundert Grad!" ein leicht Überheblichkeit Grinsen kann ich mir leider doch nicht verkneifen.
"Nein, niemals! Vorhin stand da noch zweihundertfünfzig!"
"Hahha glaubst du die haben das Rezept während deinen Zubereitungen verändert?"
"Ganz sicher! Anders kann ich mir das nicht erklären" es ist fast schon süß, wie verpeilt und ungläubig Zoey die geschriebenen Zeilen durchliest und sich letztendlich nur überfordert am Hinterkopf kratzt.
Pünktlich, um die hoffentlich nicht zu Kohlebriketts gewordenen Lasagnen zu verköstigen, klingelt es an der Haustüre.
"ICH GEH SCHON!" brüllt Robert durch die Bude und rollt kurz darauf im überdurchschnittlichen Tempo durch den Flur.
Ein paar Sekunden später ist auch schon Erna zu hören:
"Hallo Rebekka! Oh, das duftet aber... verbrannt?"
Zoey's Gesicht verdunkelt sich sofort, was mir natürlich wieder ein Stich ins Herz versetzt, da sie sich solche Mühe gegeben hat.
"Nein, alles prima. Ich habe nur die Zeit vergessen. Es ist alles essbar und wohlschmeckend!" damit die schlechte Laune sich nicht festigen kann und eventuell belehrende Worte Zoey's Stimmung nicht weiter nach unten drücken, nehme ich die Schuld einfach auf mich.
Ich zwinkere Zoey zu und schubse sie mit einem Hüftschwung aus dem Weg, damit ich unser Essen aus dem Qualm befreien kann.
"Thomas! Wenn du dich schon um das Essen kümmerst, musst du dich auch voll darauf konzentrieren!"
"Erna! Er heißt immer noch Tom!" ruft Rebekka lachend aus dem Wohnzimmer, doch ich glaube nicht mehr daran, das diese Frau sich irgendwann meinen Namen merken kann.
"Jaja, weiß ich doch. Oh, Schätzchen, du bist ja auch da! Lass dich drücken!" Robert's Freundin zieht Zoey total unerwartet in ihre Arme und das arme Mädchen wird darauf mit weit aufgerissenen Augen in einem Meer aus Brust ertränkt.
Wenigstens bleibt mir das erspart!
Hahaha
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