Part 29
Leo's Sicht
"Leonard Britz! Aufstehen und zwar zackig!" ertönt eine laute Frauenstimme und gleichzeitig ein klatschen neben meinem Ohr.
Mein Gehirn schmeißt sich in Dauerschleife gegen meinen Schädelknochen und möchte durch das Platzen meines Kopfes in die Freiheit gelangen.
"Hmmmm.."
"Tom rettet dir da draußen gerade deinen Arsch! Also, auf geht's!" die absichtlich quietschende Stimme lässt mich böse aufbrummen.
"Schimpft da etwa Rebekka mit dir?" kommt es leise von Zoey, die unterschwellige Schadenfreude ist kaum zu überhören.
Der weibliche Folterknecht beantwortet die Frage selbst:
"Ja, das wird auch mal Zeit. Die Männer haben hier lange genug ihr Unwesen getrieben. Die brauchen etwas Führung, damit mal alles wieder in geordneten Wegen verläuft!"
"Hahha. Jawohl, mein Führer!" kaum ausgesprochen bereue ich meine Worte auch schon, denn das weiche Kissen, das mit ordentlich Kraft auf meinem Rücken eintrifft, ist plötzlich alles andere als kuschelig.
"Das habe ich jetzt ganz dezent überhört. Abmarsch jetzt. Los!" quält mich Tom's Freundin weiterhin, so daß ich doch tatsächlich die weiße Fahne schwinge und meinen Körper zu einer Bewegung animiere.
"Bis nachher Babe" Zoey grinst vor sich hin und kuschelt sich mit einem seufzen in ihr Kissen.
"Warum darf Sie liegen bleiben und ich nicht?" meine langgezogene Schmollippe zeigt leider null Wirkung, hab ich doch wohl tatsächlich meinen Niedlichkeitsbonus schon verspielt.
"Das zieht nicht, junger Mann. Falls du es vergessen haben solltest: Ich bin Psychologin und habe schon vier Jahre Erfahrung mit dir und dementsprechend ein Profil von dir erstellt!"
Boah, das ist echt zuviel für meine Nerven
Unwissend, was ich als erstes machen soll, da ich voll überfordert bin und eigentlich nur schlafen will, stehe ich vor Rebekka und starre sie an.
"Waschen, Zähne putzen, anziehen, raus. Genau in dieser Reihenfolge!" der weibliche General schüttelt lachend den Kopf, worauf ich die Arme verschränke und meine Augenbrauen zusammenziehe:
"Ich bin ja nicht doof!"
"Ne, doof gewiss nicht. Aber genauso verpeilt wie Herr Mayer vorhin. Der wollte auch schon in Unterhose aus dem Haus. Da sieht man gleich, das hier ein hohes Maß an mentaler Unterstützung gefordert ist. Manchmal frage ich mich, wie ihr bisher überleben konntet" das breite Grinsen verdeutlicht mir, das sie es nicht so ernst meint, aber es kratzt dann doch ein bisschen an meinem Ego.
Desshalb und weil Zoey's Lachen mich nervt, laufe ich schnell ins Badezimmer und führe die Anweisungen aus.
Ein paar Minuten später schleiche ich aus der Haustüre und würde am liebsten gleich wieder umdrehen.
Leider habe ich keine Chance, denn Tom nimmt mich sofort in Beschlag.
Nach vielem Blabla ist bei mir angekommen, das ich jetzt sofort diesen Autospiegel reparieren soll und Tom sich als Übeltäter ausgibt, da ich laut meinem Alibi Nachtschicht hatte.
Marc versteht zuerst nicht, das diese Nachtschichttatsache nur eine Ausrede ist, aber Herr Mayer verdeutlicht ihm mit Stimme und Mimik, das er das jetzt einfach zu Schlucken hat.
Die Spannungen die hier wahrzunehmen sind, sind wohl nicht nur auf mich zurückzuführen.
Irgendetwas anderes ist da noch im Busch, doch das schiebe ich jetzt erst einmal bei Seite, denn mir fällt da siedendheiß etwas ein.
Den Autospiegel kann ich nur in der Werkstatt vernünftig reparieren.
Werkstatt bedeutet Henry und Sam.
Vorausgesetzt mein eigentlich bester Kumpel ist meiner gestrigen Aufforderung nachgekommen und riskiert nicht unser beider Leben, in Anbetracht auf die damit resultierende Wut seines Onkels.
Tom merkt das etwas im Busch ist.
Sein Augenmerk liegt komplett auf mir und damit komme ich in Zugzwang.
Hier vor allen Beteiligten kann ich mich nicht Erklären und bitte Herrn Mayer daher um ein Gespräch unter vier Augen.
Ich hoffe einfach darauf, das ich durch meine Aufklärung die Reperatur ein paar Tage hinauszögern kann.
Das daraus nichts wird, macht mir Tom aber sofort und unverständlich klar:
Entweder Reperatur oder Anzeige.
Leo, da musst du jetzt durch.
Du kannst Tom nicht eine Anzeige aufhalsen, dafür das er dir den Arsch rettet.
Letztendlich willige ich natürlich ein.
Tom hat mir schließlich den Großteil meiner Suppe schon ausgelöffelt, den letzten Schluck muss ich selbst übernehmen.
Herr Lösdau nimmt mich, nach meiner Anmerkung über mein fehlendes Auto, ohne Wiederworte mit.
Gerne hätte ich Marc noch nach meinem Schlüssel gefragt, aber ich gehe davon aus, das Tom das schon regeln wird.
Herr Lösdau hat es nämlich eilig.
Mir platzt trotz Tabletten fast mein Kopf.
Das Gelabere von dem Typ neben mir ist auch nicht unbedingt von Vorteil, jedoch kann ich mich dem jetzt nicht entziehen.
Wenn der wüsste, das ich sein Auto in meinem Vollrausch um seinen Spiegel erleichtert habe, hätte er womöglich sofort eine Anzeige aufgegeben, ohne die Option, die er Tom gegeben hat.
Zumindest schätze ich ihn so ein.
"....und dann verpasse ich ein wichtiges Meeting. Ist denn das zu glauben? Wie lange brauchst du denn für die Reperatur?"
Kommt drauf an, ob du jetzt endlich die Klappe hältst oder meine Kopfschmerzen weiterhin mit deinem Gelaber verschlimmerst.
"Ich muss mir das erst genau anschauen. Voreilig möchte ich keine Zeitangabe abgeben. Alles ist möglich!" auf diese Worte hin, dreht der Herr mir den Kopf zu und kneift seine Augen zusammen.
"Möglichst schnell, versteht sich" füge ich noch hinzu und bekomme dafür ein nicken geschenkt.
Da habe ich mir wirklich wieder ne ordentliche Suppe eingebrockt.
Wenn ich jetzt auch noch auf Sam treffe, kann ich mich bestimmt nicht auf meine Arbeit konzentrieren und verärgere den Herrn neben mir erst recht.
An meinem Arbeitsplatz angekommen, springt mein Gesprächspartner sofort aus dem Auto.
Ich nutze die zwei Sekunden um mich einigermaßen zu akklimatisieren.
Ignoriere einfach alles und jeden!
Es gibt nur dich und den Spiegel!
"Reparierst du den Spiegel von innen mit Gedankenkraft oder was soll das genau werden?" der ungeduldige Stinkstiefel reißt die Türe meiner Seite auf und tapselt ungeduldig mit seinem Fuß umher.
Während ich mir auf die Zunge beiße, damit ich meinen Worten nicht ausversehen freien Lauf lasse, steige ich aus und laufe auf die Werkstatt zu.
Noch bevor ich die geöffnete Halle betrete, höre ich Sam motzen.
Was genau er da vor sich hinbrabbelt kann ich nicht verstehen, aber allein an der Tonlage weiß ich, das es keine Lobeshymnen sind.
Versucht, möglichst leise zu sein, schleiche ich mich in Richtung Werkzeugwagen, um mein benötigtes Material einfach mit auf den Hof zu nehmen.
Herr Lösdau macht mir leider einen Strich durch die Rechnung:
"LEONARD? SOLL ICH MEIN AUTO HIER REINFAHREN ODER WAS GENAU SOLL ICH TUN?"
Die Klappe halten, verdammt!
Im selben Moment, als der Blödmann seinen Mund schließt, schießt Sam's Körper in die Senkrechte und hält nach mir ausschau.
"DAS DU DICH HEUTE HIER HER TRAUST!"
Ignoriere ihn!
Nur du und der Spiegel...
"HALLO ICH REDE MIT DIR!" Sam ist leider nicht zu überhören und desshalb wird auch Herr Lösdau auf meinen Kumpel aufmerksam:
"Was schreien Sie denn hier so rum, junger Mann?"
Meine Kopfschmerzen nehmen an Intensivität zu.
"MIT IHNEN REDE ICH DOCH GAR NICHT, SONDERN MIT LEO! WER SIND SIE ÜBERHAUPT?" Sam katapultiert das Werkzeug aus seiner Hand auf den Boden und steuert auf mich zu.
Spiegel, Spiegel, Spiegel
Ich reiße jede Schublade meines Werzeugwagen auf und ziehe alles heraus, was ich benötigen könnte.
"Also ich muss mich doch sehr wundern... Sie sind ziemlich respektlos! Wissen Sie eigentlich..." Herr Lösdau wird von Sam unterbrochen, denn den scheint das Gelaber nicht wirklich zu interessieren.
Viel lieber möchte er mit mir diskutieren, was wiederum mich nicht interessiert.
"Sind deine Stimmbänder abgefault oder warum bekomme ich keine Antwort?"
"Lass stecken, Sam. Heute habe ich kein Gesprächsbedarf!" bringe ich ihm im normalen Ton entgegen, doch das wird vollkommen ignoriert:
"Achso, verzeihung Herr Britz... Wusste nicht, das ihr Gemüt heute nich in Stimmung für ein Gespräch ist!"
Meine Stirn dockt an das kühle Metall des Werkzeugwagen an.
"Wird das heute noch was mit dem Spiegel?" löchert mich auch gleich die andere Nervensäge weiter:
"Ich habe noch Termine!"
Wieder beiße ich mir auf die Zunge, um den Fragesteller nicht gehässig nachzuäffchen.
"Zwei Hände, zwei Füße, keinerlei Nerv für Diskussionen!" trällere Ich den beiden entgegen und wende mich mit dem Werkzeug ab.
An dem Auto angekommen, schaue ich mir das Malheur einmal genauer an.
Tausend Kabel für tausend Funktionen.
Das wird wohl doch etwas länger dauern als gedacht.
Der Autobesitzer kommt mit Sam im Schlepptau neben mir zum stehen.
Ich ziehe scharf die Luft ein, wohlwissend, das jetzt gleich ein Schwall an Schimpftiarde auf mich eintrifft.
"So leid es mir tut, das kann..."
"....kann eine Stunde dauern. Möchten Sie lieber einen Leihwagen oder einen Kaffee, der die Wartezeit überbrückt?" beendet Sam mein Satz und grinst Herrn Lösdau frech ins Gesicht.
"Kaffee hört sich gut an!" der gestresste Gesichtsausdruck des Geschäftsmann entspannt sich augenblicklich und weicht einem milden Lächeln.
"Sehr gut, dann kommen sie doch mit mir mit!" Sam führt unseren Gast in die Halle hinein, zu dem Getränkeautomat, der neben Henry's Büro steht.
Momentan weiß ich nicht so genau, ob er mir jetzt eins auswischen will oder was genau seine Ambitionen sind.
Das Einzige das ich weiß ist, das ich diesen Spiegel niemals innerhalb einer Stunde verkabelt bekomme, da mein Gehirn überhaupt nicht so funktioniert, wie es funktionieren sollte.
Meine Schläfen pochen extrem bei dem Gedanken, das ich dieses Zeitlimit überhaupt nicht einhalten kann.
Der bloße Versuch die klitzekleinen Kabel mit meinem Auge zu fokussieren, lassen mich verzweifeln.
"Rutsch mal rüber!" wie aus dem Nichts taucht Sam neben mir auf.
Zu meiner Überraschung sind seine Gesichtszüge total entspannt und seine Stimmung scheint auch wieder auf dem normalen Samlevel zu schweben.
Ihm scheint mein irritierter Gesichtsausdruck nicht entgangen zu sein:
"Jetzt guck nicht so. Hatte erst vor zwei Tagen fast das gleiche Fabrikat und weiß noch, wie ich das alles ohne Umwege hinbekomme. Du siehst mir so aus, als hättest du gestern zu tief ins Glas geschaut. Wenn ich dann bedenke, wie dreckig es dir gehen muss und die Tatsache mit diesem Choleriker im Nacken... Kann dich schlecht hängen lassen, Bro! Egal wie es gerade um unsere Freundschaft steht!"
Ich weiß gar nicht was ich sagen soll.
Erst liegt mir auf der Zunge, das er mir etwas von seinen Drogen abgeben soll.
Aber das wäre auch wieder ein neuer Streitgrund, falls er es doch in den falschen Hals bekommen sollte und in meiner jetzigen Situation will ich das nicht riskieren.
"Danke!" dies scheint mir die einzig angemessene Antwort zu sein.
"Passt schon!"
"Nein... Was ist nur aus uns geworden, mh? Früher haben wir uns doch auch immer alles erzählt und nichts und niemand hätte uns auseinander bringen können...." meine Hände wandern zu meinen Schläfen und massieren diese, da dieses hämmern im Kopf immer schlimmer wird.
Herr Brandstetter stellt seine Arbeit ein und lehnt sich gegen das Auto.
Seine Mundwinkel fallen Richtung Boden, sein Blick wird reumütig:
"Können wir nicht einfach alles resetten und den ganzen Scheiß vergessen? Es tut mir wirklich leid, Leo. Keine Ahnung was uns da geritten hat. Das war eine ganz blöde Aktion. Ich will nicht, das soetwas zwischen uns steht. Die letzten Tage waren reine Folter!"
"Ging mir doch auch so... Aber so ganz einfach ist das mit dem resetten nicht, Sam. Es ist okay wenn du deine Freundin verteidigst und zu ihr stehst. Mache ich auch. Allerdings nur, wenn sie nicht solchen Bockmist verzapft. Das geht nicht. Vor allem hatte Zoey einen Nervenzusammenbruch und dann wirft deine Tussi noch mehr Ballast oben drauf!" ich hoffe sehr, daß mein Kumpel einlenkt und nicht wieder gegen mich schießt.
Denn die genannten Tatsachen kann ich nicht einfach unter den Teppich kehren.
Sam fährt sich durchs Gesicht und seufzt schwer auf:
"Ich weiß. Clea wird sich als erstes entschuldigen und wenn die durch ist, werde ich das selbe tun. Seid ihr denn heute mittag zuhause?"
Etwas baff bin ich schon.
Mit solch einer schnellen Einsicht, wenn man seinen Ausraster bei meinem Eintreffen berücksichtigt, hätte ich nicht gerechnet.
"Was ist? Chance schon vertan?" leichte Verzweiflung spiegelt sich in seinem Blick wieder.
"Nein. Nein. Ich kann nur... Man Sam, mir ist hundeelend... Wenn ihr euch entschuldigt habt und zwar richtig, dann ist alles wieder gut. Dann will ich aber auch nie wieder solch eine Aktion miterleben müssen. Okay?"
"Okay!" Sam gibt mir zum Spaß eine leichte Backpfeife, was mich qualvoll aufstöhnen lässt.
"Sorry.... Sorry, das war keine Absicht. Hab nicht an deine Kopfschmerzen gedacht!"
"Ich frage mich gerade wirklich wie du mit deinem Siebhirn diesen Autospiegel auf die schnelle reparieren willst!"
"Lass mich einfach mal machen!" schnalzt er mit der Zunge und macht sich wieder ans Werk.
Eine halbe Stunde später möchte ich gerne vom Fleck weg sterben.
"Also... meinst du es fällt auf, wenn ich dieses Kabel hier abzwicke? Das gehört nirgends hin!"
"Saaaaaam. Die Kabel waren vorher schon alle da, also gehört das auch da irgendwo hin. Du machst mich echt fertig!" leider habe ich beim restlichen Zusammenbauen des Spiegels nicht aufgepasst, da ich meine Augen ausgeruht habe.
Somit kann ich nicht nachvollziehen, wann genau er den Fehler gemacht hat.
"Komm, das fällt dem doch gar nicht auf! Soll er mal beweisen, das wir ein Kabel abgezwickt haben!" das begleitende Lachen vergeht meinem Kumpel sogleich, als hinter ihm eine dunkle Stimme ertönt:
"Willst du etwa pfuschen, lieber Neffe?"
Unser beider Körper versteifen sich.
"Was treibt ihr da?" Henry legt jedem von uns eine seiner Pranken in den Nacken und dreht uns so, das wir ihm direkt in sein Gesicht schauen können.
"A-Also, wir... Ich... ähm" auf die Schnelle will meinem Gehirn keine gute Ausrede einfallen, was Henry sehr zu amüsieren scheint:
"Ich höre!"
"Naja, da ist ein überflüssiges Kabel und das..."
"Es gibt niemals überflüssige Kabel! Alle Kabel die dran waren, gehören da auch hin."
Ich schenke Sam einen bedeutungsvollen Blick, worauf er nur die Augen verdreht.
"WAS IST DENN JETZT MIT DEM SPIEGEL? ICH BIN IM VERZUG. IN DREIßIG SEKUNDEN IST DIE FRIST ABGELAUFEN UND ICH ...." während Herr Lösdau wieder am meckern ist, mustert Henry den Unbekannten:
"Wer ist das Jungs?"
"Herr Lösdau" antworte ich wahrheitsgemäß, doch das scheint Sam's Onkel nicht zu reichen:
"Und was will der Herr hier?"
"Tom hat den Seitenspiegel von Herrn Lösdau abgerissen und wenn ich das nicht sofort repariert hätte, dann würde es eine Anzeige hageln".
Der Schreihals hat uns mittlerweile erreicht, nimmt aber keine großartige Notitz von Henry:
"Seid ihr jetzt beide schwerhörig? Ich will jetzt mein Auto wieder haben und zwar dalli!"
Die beiden Pranken lösen sich aus unseren Nacken und ein großer breiter Körper schiebt sich vor unsere Sicht.
Henry plustert sich noch ein kleines Stück mehr auf, da ihm solche schnöseligen Wichtigtuer auch immer gegen den Strich gehen:
"Hallo erstmal. Zu allererst würde ich Sie bitten, in einem anderen Ton mit meinen Jungs zu reden. Desweiteren werden sie wohl für eine hochwertige Reperaturarbeit ein paar weitere Minuten opfern können. Oder ist das etwa zuviel verlangt?"
"Wer sind denn Sie jetzt?"
"Der Chef von dem Schuppen!"
"Oh. Ja, wissen Sie, ich habe es eben eilig... Aber auf ein paar Minuten wird es bestimmt nicht drauf ankommen!" das zerknirschte Gesicht deutet eigentlich auf etwas anderes, aber Henry scheint die nötige respektvolle Ausstrahlung zu besitzen.
"Sicher, sicher. Eine Kaffeelänge wird sicherlich noch drin sein" mit seiner rechten Pranke schubst Henry den Choleriker zurück in die Richtung von der er gekommen ist.
Bevor er sich selbst auf den Weg macht, wendet er sich uns zu:
"Ihr knipst jetzt das überflüssige Kabel ab. Wehe, ihr lasst Beweise übrig. Danach befestigt ihr so schnell wie möglich diesen Spiegel, damit wir diesen Idiot los werden. Auf ans Werk!"
Sam und ich nicken Synchron und machen uns zusammen an die Arbeit.
Wenn der Chef Pfusch in Auftrag gibt, dann liegt die Verantwortung bei ihm und wir sind schön aus dem Schneider.
Da läuft die Arbeit schon fast von alleine.
"Feeertig!" brüllt Sam über den kompletten Hof und sorgt dafür, das Herr von und zu im Eiltempo auf uns zugebrettert kommt:
"Wunderbar. Super, vielen Dank! Ich muss los. Tschüss!"
Wir können gerade noch so unser Werkzeug in Sicherheit bringen, da gibt Herr Lösdau auch schon Gas und fährt davon.
Sam und ich Grinsen uns an und schlagen, auf den erfolgreichen Pfusch, miteinander ein.
Leider währt unsere Freude nicht lange, da Henry lauthals unsere Namen brüllt.
Somit machen wir uns auf den Weg in die Höhle des Löwen.
Wie zwei Schuljungen stehen wir mit gesenkten Köpfen in dessen Büro vor dem Schreibtisch und warten auf unseren Anschiss.
"Sind die Autos für heute fertig?"
"Nein!"
"Definiere dieses Nein, bitte!"
"Nordpol Emil Ida Nordpol" rattert da Sam auch schon runter und ich frage mich, was mit dem Jungen nicht stimmt.
"Du sollst es mir nicht Buchstabieren. Herrgott, ihr zwei! Warum sind die Aufträge nicht erledigt und was muss noch gemacht werden?"
Da ich keine Ahnung habe, was Sam bisher erledigt hat und was nicht, überlasse ich ihm weiterhin das Wort.
"Der Mercedes ist noch nicht fertig, alles andere schon!"
Der Werkstattbesitzer lehnt sich in seinem Stuhl zurück und atmet erleichtert auf:
"Gut... Gar nicht so schlimm wie ich vermutet habe. Sowas wie gestern will ich dann aber nicht mehr erleben. Wenn ihr früher gehen müsst, kein Problem. Einfach rechtzeitig bescheid geben und dann ist das kein Thema. Wenn ich aber in die Werkstatt komme und überhaupt niemanden antreffe und nichts erledigt ist, dann bekomme ich Puls. Sehr schnellen Puls. Heute drücke ich nochmal ein Auge zu.... Leo, du gehst bitte nachhause, siehst ziemlich beschissen aus. Sam, du machst den Mercedes fertig und kannst anschließend auch die Kurve kratzen!"
"Wird nicht wieder vorkommen!" beteuere ich und auch Sam gibt sein Versprechen ab, nicht wieder unabgemeldet zu verschwinden.
Als wir gerade das Büro verlassen wollen, räuspert sich der Herr der Schraubschlüssel noch lauthals:
"Jungs?"
"Ja?" wir drehen uns zeitgleich um und warten, was da wohl noch kommen mag.
"Tut mir einen Gefallen und vertragt euch wieder. Das ist nicht auszuhalten, wenn ihr solche langen Gesichter zieht und es mucksmäuschen still ist!"
"Schon geschehen" grinse ich ihm entgegen und lege meinen Arm in Sam's Nacken.
Als wir vor dem Mercedes ankommen, schauen wir uns den Motor zusammen an.
Wir stellen einen Marderbiss fest, der sich zum Glück auf nur zwei Kabel beschränkt und die Reperatur nicht allzu viel Zeit in Anspruch nehmen dürfte.
Als ich die Ärmel hochkrämple, wirft mir Sam einen fragenden Blick zu.
"Eine Hand wäscht die andere. Hättest du mir nicht geholfen, dann wärst du schon längst fertig. Jetzt erledigen wir das zusammen und im Anschluss fährst du mich heim. Abgemacht?"
"Abgemacht!"
Hand in Hand bearbeiten wir den Schaden und haben endlich mal wieder Spaß bei der Arbeit.
Die Kopfschmerzen sind vergessen, die Übelkeit weggeatmet und ein Versöhnungsgespräch auf den nächsten Tag veranschlagt.
Wenn doch nur alles immer so einfach wäre.
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