
Part 21
Zoey's Sicht
Wir sitzen schon gefühlt Stunden auf dem Sofa und keiner sagt irgendetwas.
Die Tatsache, das Linus hier anwesend ist, macht mich sehr nervös.
Ich möchte nicht vor ihm mit den Männern reden und meine seelischen Probleme breittreten.
Wer weiß, was er mit diesen Informationen anstellen wird.
Ausserdem erwarte ich von Rebekka, daß sie mich mit ihrem Psychotick total auseinandernehmen wird.
Auch wenn Tom mich hier festhält und mir damit etwas Sicherheit gibt, brauche ich ein paar Minuten Luft von der ganzen Meute, die nur darauf wartet sich mit mir in ein ausgiebiges Gespräch zu vertiefen.
Ich drücke mich etwas näher an Tom und versuche mit meinem Mund so nah wie möglich an sein Ohr zu gelangen, um ihm meine Bitte zuflüstern zu können:
"Können wir kurz ins Bad? Mir ist nicht gut!"
Ohne zu zögern schiebt Tom seinen rechten Arm unter meine Kniekehlen und legt den linken an meinem Rücken an, um sich mit mir vom Sofa zu erheben.
Mit schnellen Schritten durchquert er das Wohnzimmer und stoppt erst wieder, als wir inmitten des Badezimmer stehen.
Nachdem er mich auf dem Klodeckel abgesetzt hat, kniet er sich vor mich und mustert mein Gesicht:
"Musst du dich übergeben?"
Ich schüttel meinen Kopf, versuche den Blick in sein Gesicht zu vermeiden.
"War dir das da drüben kurz zuviel?"
Diesmal nicke ich, denn er hat wieder mal den Nagel auf den Kopf getroffen.
Tom streicht mir mit seiner rechten Hand zärtlich über meine Wange und signalisiert mir somit, das es in Ordnung ist und ich mir die Zeit nehmen kann, die ich brauche.
Während ich auf dem Klodeckel sitze und vor mich hinstarre, da ich mir eigentlich ein paar Worte für das bevorstehende Gespräch in meinem Kopf zurecht legen will, steht Tom wieder auf und kramt aus einer der Schubladen einen Waschlappen heraus.
Den hält er ein paar Sekunden später unter den Wasserstrahl des Waschbeckenwasserhahn und wringt ihn letztendlich aus.
Anschließend kniet er sich wieder vor mich:
"Nicht erschrecken, das wird kurz kalt. Wird dir aber sicherlich gut tun!"
Als der kühle Waschlappen in meinem Gesicht eintrifft, schließe ich automatisch die Augen und heiße die Erfrischung auf meiner Haut willkommen.
"Zoey... Ich möchte gerne, daß du bei unserer Rückkehr ins Wohnzimmer mit uns allen sprichst. Okay? Sag uns was du fühlst, was dir Angst macht, was du denkst... und bitte sei ehrlich. Es bringt nichts, wenn du uns die Wahrheit vorenthälst. Sowas wie vorhin darf nicht wieder vorkommen! Du musst reden!" Tom spricht in so einem gefühlvollen Ton mit mir, als hätte er Angst mit einer etwas gefestigteren Stimme meine Seele zu zerbrechen.
Auch wenn er sein Päckchen zu diesem Zusammenbruch beigetragen hat, brauche ich ihn an meiner Seite.
Er muss mich festhalten und mir den nötigen Halt geben, damit ich mich nicht selbst verliere.
Bei ihm fühle ich mich sicher.
"Willst du ein anderes Oberteil anziehen? Das ist doch bestimmt ganz verschwitzt, mh?" redet er weiter, ohne auf eine Antwort auf seine vorherige Aufforderung zu beharren und legt den Frotteelappen am Rand des Waschbecken ab.
Nachdem ich ihn angesehen und gleichzeitig genickt habe, wendet er sich der Türe zu, an der ein paar Haken angebracht wurden.
Dort hängt ein Hoodie von ihm, den er sofort an sich nimmt und anschließend direkt vor meinen Augen präsentiert:
"Willst du den anziehen?"
Das Grinsen in seinem Gesicht verrät mir, das er die Antwort ganz genau kennt und ich verbal gar keine näheren Ausführungen von mir geben muss.
Nachdem meine Mundwinkel ein Stück in die Höhe gewandert sind, nickt der Polizist wissen vor sich hin und deutet mir mit einer Handgeste an, das ich die Arme in die Höhe strecken soll.
Somit tauscht mir Tom das Oberteil aus und sorgt sofort dafür, das ich mich um einiges wohler fühle.
Kurz darauf ist die Haustüre zu hören und ich frage mich, was da los ist.
Mir fallen nur zwei Optionen ein:
Entweder ist Linus gegangen, wobei ich mir bei meinem "Glück" keine große Hoffnungen mache oder es ist Herr Funke oder Herr Fabiano nachhause gekommen, was ich als wahrscheinlicher erachte.
Da in meinem Kopf keine passenden Worte zustande kommen, mit denen ich das Gespräch mit der Meute im Wohnzimmer eröffnen könnte, seufze ich einfach nur vor mich hin.
"Ich weiß das es schwer ist und dich viel Überwindung kostet.... Aber es ist jetzt verdammt wichtig das wir reden. Wir gehen das in deinem Tempo an. Versprich mir bitte einfach nur, das du ehrlich bist und alles sagst, was dich belastet. Ich will nicht wieder erleben müssen, das du aufgrund aufgestauter Belastungen zusammenbrichst!" Tom fixiert mich mit seinem Blick und dieses Mal erwartet er eine Antwort.
Das er nach diesen Worten so traurig aussieht, schmerzt mich mehr als die Tatsache, das er mir die Sache mit Clea verheimlicht hat.
"Okay" flüstere ich ihm entgegen und versuche mich auf die Füße zu stellen, denn das unvermeidliche lässt sich nicht länger hinauszögern.
Herr Mayer wartet gar nicht ab, ob ich es schaffe ein paar Schritte zu laufen, sondern lädt mich sofort wieder auf seine Arme auf.
Im Wohnzimmer angekommen, setzt sich Tom wieder neben Rebekka, behält mich aber auf seinem Schoß, was mir natürlich mehr als recht ist.
Zu meiner Freude scheint Herr Hoffmann tatsächlich nachhause gegangen zu sein, was mich natürlich ein Stück weit erleichtert.
Da ich weiß, das ich den Anfang machen muss, mir aber irgendwie nicht die passenden Worte einfallen wollen, haue ich einfach mal eine Entschuldigung raus.
Das ist im Normalfall immer ein guter Anfang.
Zu meinem Erstaunen wirken die Männer eher verwundert darüber.
Alex ist der Erste, der das Wort erhebt und sich in diesem Zug auch gleich für sein vorheriges Verhalten bei mir entschuldigt.
Ich bin froh das wir auf einen gemeinsamen Nenner kommen und er mich nicht weiterhin Linus zum Fraß vorwerfen wird.
Das keiner nach den tatsächlichen Gründen meiner Abneigung gegenüber Herr Hoffmann nachforscht, ist mir fast schon unheimlich, bringt mich somit aber auch nicht dazu, eine neue Sorgenwelle aufkommen zu lassen.
Ich bin mir sicher das ich das schon irgendwie und irgendwann selbst in den Griff bekommen werde.
Was mich heute mehr als überrascht ist die Tatsache, das Rebekka auf meiner Seite zu stehen scheint.
Sie ist ja sonst auch kein Unmensch oder so, aber im Normalfall nimmt sie mich auseinander, anstatt mich so wie heute zu ermutigen, den Männern alles was mich stört aufs Brot zu schmieren.
Ich nehme mir vor, nicht mehr gleich von vornherein schlecht über Rebekka zu denken, denn anscheinend steht sie in besonderen Fällen auch mal hinter mir.
Als das Thema zwecks Clea durchgekaut, meine Tränen weitestgehend aufgebraucht und die Situation annähernd entschärft ist, starten die Männer eine Runde Gruppenkuscheln.
Diese Verbundenheit genieße ich in vollen Zügen, da das in letzter Zeit viel zu kurz gekommen ist.
Genauer darauf eingehen möchte ich allerdings nicht, da ich den Herren kein schlechtes Gewissen machen möchte.
Mit siebzehn sollte man selbstständig sein und nicht wie ein Kleinkind an den imaginären Rockzipfeln hängen.
So wie Matteo es gesagt hat, hat jeder sein eigenes Leben und seinen eigenen Weg.
Ich möchte keinesfalls der Grund sein, das die Männer ihr Leben einschränken, nur weil klein Zoey nach Zuwendung verlangt.
Langsam muss die erwachsene Zoey an die Oberfläche gelangen, denn schließlich werde ich in einem Jahr volljährig und sollte beweisen, daß ich selbst lebensfähig und nicht wie ein Kleinkind umsorgt werden muss.
Kurz bevor ich an Luftnot sterbe, gebe ich meinen bevorstehenden Tod bekannt uns sorge somit wieder für ein bisschen mehr Freiraum.
Wie es aussieht, sind die Männer zufrieden und wenn sie es sind, dann bin ich es auch.
Ob sie mich jetzt eher in anfallende Entscheidungen miteinbeziehen oder irgendwann wieder etwas verschweigen werden, weiß ich nicht.
Vielleicht stellen sie es in Zukunft auch geschickter an, damit ich einfach nichts merke, aber das liegt dann nicht in meinen Händen.
Oli reißt mich aus meinen Gedanken, indem er mir ein Glas Wasser vor die Nase hält.
Die kühle Erfrischung für meinen Mund ist wirklich nötig gewesen und lässt mich gleich wieder etwas besser fühlen.
Damit ich nicht noch mehr Stress ausgesetzt bin, will Herr Dreier Jaron wegschicken und macht sich schon auf den Weg nach oben.
Auch wenn ich jetzt eigentlich genug habe und mir schon wieder mehr der Sinn nach Ruhe steht, will ich nicht, das Jaron das Haus verlässt und unsere Situation weiterhin ungeklärt bleibt.
Wenn er schonmal hier ist, muss das auch jetzt geregelt werden.
Desshalb halte ich Oli auch auf und löse mich von Tom, damit ich nach oben zu den Jungs kann.
Meine Beine wollen leider nicht ganz so gefestigt den Weg entlangstolzieren, wie ich es mir ausgemalt habe und desshalb kommt Oli sofort auf mich zugelaufen und hält mich an der Hand fest, damit ich im Notfall nicht auf der Nase lande.
Vor meiner Zimmertüre legen wir einen Stopp ein.
Ich atme nochmal tief durch und versuche das unbehagliche Gefühl aus meinem Körper zu verbannen.
Leider weiß ich nicht wie Jaron reagieren wird und was er zu sagen hat.
Wenn er mir hier und jetzt die Freundschaft kündigt, weil ihm Shane wichtiger ist, werde ich garantiert sterben.
"Zoey!" Oli dreht mich so um, das ich ihm ins Gesicht schauen muss:
"Wenn dir das Gespräch zuviel wird, dann brichst du es bitte ab. Ihr müsst jetzt wirklich nichts erzwingen. Du solltest dir eigentlich Ruhe gönnen und dich nicht ins nächste Chaos stürzen, aber ich verstehe natürlich auch, daß du das endlich geklärt haben willst. Wenn was ist, dann brauchst du nur zu rufen, okay?"
"Versprochen!"
"Also gut, dann mal los!" Oli klopft für mich an der Türe und öffnet sie anschließend, ohne auf eine Antwort zu warten.
Leo und Jaron sitzen auf dem Bett und scheinen sich bis gerade eben noch unterhalten zu haben.
Ihre Blicke wandern sofort zu mir und man kann ihnen ansehen, das ich einen nicht ganz so stabilen Eindruck mache.
Leo springt sofort auf und kommt auf uns zugelaufen, um mich in Empfang zu nehmen.
Er zieht mich in eine schützende Umarmung und drückt mir einen Kuss auf den Kopf.
"Ihr lasst es langsam und ruhig angehen, verstanden? Wenn irgendetwas sein sollte, ruft ihr bitte sofort nach uns!" nachdem Herr Dreier seine Anweisung, die von dem strengen Notarztton begleitet wird, ausgesprochen hat, schließt er die Türe und verschwindet wieder in das untere Stockwerk.
Mein Freund schiebt mich etwas von sich weg, mustert mein Gesicht und legt anschließend seine Stirn gegen meine:
"Tut mir leid das ich so schroff zu dir war!"
"Schon okay."
Dem seufzen nach zu urteilen, denkt Leo nicht das es okay ist, doch für mich ist es das wirklich.
Er konnte doch nicht ahnen, das sich in mir solch ein Gewitter zusammenbraut.
Nachdem ich ihm einen Kuss geschenkt habe, wende ich mich Jaron zu und muss schon ordentlich schlucken, als ich seine glänzenden Augen sehe.
"Soll ich euch alleine lassen?" will Leo wissen, doch Jaron und ich hauen gleichzeitig ein "Nein" raus, da es im Grunde genommen viel einfacher ist wenn er dabei ist.
Ich würde es ihm im Nachhinein eh erzählen.
Jaron klopft auffordernd neben sich auf die Matratze, worauf ich mich in Bewegung setze und mich neben ihm nieder lasse.
Herr Britz nimmt auf dem Schreibtischstuhl platz und beobachtet die Situation mit Adleraugen.
Er will bestimmt nicht riskieren das er eine Verschlechterung meines Zustand übersieht, da ihm Oli sonst die Ohren langziehen würde.
Erst jetzt, als ich inmitten meines Bett sitze, merke ich wie müde ich eigentlich bin.
Am liebsten würde ich mich jetzt hinlegen und eine Runde schlafen, aber ich will zuerst dieses Gespräch hinter mich bringen.
"Ähm.... Zoey... Ich...." mein Blondi fährt sich mit der Hand durch sein Gesicht und schenkt mir darauf einen zerknirschten Gesichtsausdruck:
"Ich habe Scheiße gebaut und würde das liebendgerne wieder gerade biegen, wenn du das überhaupt noch willst. Das hätte ich eigentlich schon viel früher tun sollen... Ach was... Ich hätte gar nicht erst so scheiße reagieren sollen!"
Mein Gegenüber wird wahnsinnig nervös und fängt an, leicht mit dem Knie zu wippen.
"Natürlich will ich das Jaron, aber ich würde auch gerne verstehen, warum du so reagiert hast. Das ist für mich ein großes Rätsel!"
"In dieser Situation kann ich mich irgendwie auch nicht verstehen.... Weist du, ich habe da irgendwie einen leichten Knacks weg, wenn es um Beziehungen geht. Da ist Cody gar nicht so unschuldig daran.... Aber das ist wieder ein anderes Thema... Ich hätte dich an dem Abend nicht einfach so alleine stehen lassen dürfen. Du hattest ja recht! Es war meine Idee gewesen, meine hirnrissige Notlüge und meine verdammte Pflicht, dich zu unterstützen oder gar die Lage aufzuklären und die Schuld auf mich zu nehmen. Aber ich habe es nicht getan und das tut mir wahnsinnig leid.... Als Shane so ausgetickt ist, hat es bei mir irgendeinen Schalter umgelegt und ich konnte nur noch daran denken, das er mir nie verzeihen und mich verlassen wird. Ich liebe diesen Typ einfach zu sehr, als das ich ihn verlieren wollte. Dich liebe ich natürlich auch, aber ich wusste einfach, daß du stark genug bist und die Sache schon irgendwie retten wirst. Das schaffst du nämlich immer.... Denn im Gegensatz zu mir bist du stark" ein paar Tränen kullern über Jaron's Wange, die er sich aber sofort mit dem Hoodieärmel aus dem Gesicht wischt und dann weiter redet:
"Du weißt ja von Shane's Situation zuhause und das hat er wiederum hirnrissiger Weise auf uns projiziert. Ich hatte alle Hände voll zu tun, ihm das auszureden und ihn wieder in die richtige Spur zu lenken..."
Jaron's leidender Anblick macht mir wirklich zu schaffen, aber er muss auch verstehen, wie ich mich gefühlt habe:
"Es kam mir aber dadurch so vor, das du dich für ihn entschieden hast und ich dir egal bin, Jaron!"
Mein nichtgenetischer Zwilling rauft sich leicht die Haare:
"Das war mir zu diesem Zeitpunkt einfach nicht bewusst. In meinem Kopf hat sich eine Dauerschleife gebildet, die mir vorgegaukelt hat, das er mich verlassen wird. Ich habe dann Abstand zu dir genommen, obwohl es mich innerlich zerrissen hat.... Ich bin mit mir selbst überfordert gewesen und habe dich dafür bluten lassen. Für dieses Verhalten schäme ich mich ungemein und es ist eigentlich auch gar nicht mehr gut zu machen. Aber ich werde mich nie nur für einen von euch entscheiden, weil ich euch beide brauche! Das ich jetzt so lange gebraucht habe mich zu entschuldigen, liegt auch daran, das ich mich für mein Verhalten geschämt habe.... Oli hat mir allerdings meinen Verstand wieder gerade gerückt und mir klar gemacht, das mein Rückzug nicht gerade zu einer Verbesserung der Situation beiträgt, sondern eher das Gegenteil bewirkt!"
Ich sehe meinem Blondi an, wie leid es ihm tut und das es ihn fast zerreißt, da er nicht weiß, wie ich reagieren werde.
Auch Jaron ist ein kaputter Mensch, der in seiner Vergangenheit viel erlebt hat und bis heute noch damit zu kämpfen hat.
Vielleicht ist auch genau das der Grund, warum ich ihm gar nicht mehr böse bin, denn die kaputten Seelen müssen zusammenhalten, da nur die genau wissen, wie sich der innerliche, meist tief verborgene Schmerz anfühlt.
"Bevor ich dir jetzt sage, ob ich deine Entschuldigung annehmen werde, muss ich noch ein paar Punkte los werden: Erstens: Will ich nie wieder so abweisend von dir behandelt werden, denn das hat mich wirklich schwer getroffen. Zweitens: Werden wir nie wieder irgendwelche Fahrstunden zusammen abhalten. Drittens: Du wirst unter gar keinen Umständen jemals wieder eine Ausrede benutzen, in der irgendeine sexuelle Handlung zwischen uns vorkommt. Viertens: Es wird niemand mehr im Stich gelassen! Es wird dem- oder derjenigen so lange zur Seite gestanden, bis die Situation aufgeklärt oder erfolgreich vertuscht ist. Klar?"
Wie ein kleiner Junge, der gerade von seiner Mutter ausgeschimpft wurde, nickt Jaron ganz schnell vor sich hin:
"Hoch und heilig versprochen! Ehrenwort!"
Eine Zeit lang starre ich ihn noch ausdruckslos an, einfach nur, um die momentane Überlegenheit auszunutzen.
Nachdem Leo sich dann laut räuspert, da er meinen Plan leider durchschaut hat, strecke ich meine Arme aus und grinse Jaron an:
"Dann komm her!"
Voller Wucht wirft sich mein bester Kumpel in meine Arme und drückt mich fest an sich.
Dem Beben seines Körper nach zu urteilen, unterdrückt er sich gerade einige Tränen und Schluchzer, was mir wiederum eine Gänsehaut beschert.
Wenn es ihm nicht so wichtig wäre, würde er nicht dermaßen emotional reagieren.
Somit streiche ich auch den letzten Funken Skepsis aus meinem Kopf:
"Es ist alles gut! Lass uns das vergessen und nie wieder so miteinander umgehen. Ich hab dich wahnsinnig vermisst!"
"Ja, das machen wir. Ich habe dich auch wahnsinnig vermisst, Zoey!" flüstert mir Jaron mit kratziger Stimme ins Ohr.
Wir genießen unsere Umarmung so lange, bis ein herzhaftes Gähnen über meine Lippen stolpert und Jaron sich somit von mir löst:
"Komm, wir legen uns hin. Ich bleibe noch eine Weile. Du solltest dich wirklich ausruhen!"
Blondi rutscht weiter nach hinten, legt sich hin und klopft auffordernd auf seine Brust.
Diesem Angebot komme ich natürlich sofort nach und schmeiße mich förmlich in seine Arme.
Leo bequemt sich auch zu uns und legt sich dicht hinter mich.
Ich genieße es, endlich wieder mit Jaron vereint zu sein und unseren Streit, oder was auch immer das war, endlich abhaken zu können.
Mein Körper entspannt sich immer mehr und ich kann die Erleichterung in meinem Herzen spüren.
Während ich mit geschlossenen Augen vor mich hindöse, lausche ich so gut wie möglich den Gesprächen der Jungs.
"Was geht jetzt bei Shane ab?" da mich die Antwort auf diese Frage ebenso interessiert, bemühe ich mich noch etwas wach zu bleiben.
"Er hat sich für seine Mutter entschieden, da er nicht wegziehen möchte. Das liegt ihm zwar ziemlich quer im Magen, da deren Verhältniss nicht gerade das Beste ist, aber er nimmt das anscheinend einfach in Kauf. Allerdings wird er bestimmt eh mehr bei mir pennen und sich in unserer WG aufhalten, als bei seiner Mutter zu sein. Von demher sollte das kein Problem darstellen. Wenn das mit dem Umzug seines Vaters über die Bühne ist, wird er sich auch bei Zoey entschuldigen. Gerade ist er nur..." bevor Jaron sich sein Mund fusselig redet, grätscht mein Freund dazwischen:
"Du brauchst ihn nicht zu entschuldigen. Gerade Wir wissen wie das alles ist und können das verstehen. Es ist ja nicht so, das wir alle supertolle Eltern haben und uns nicht in solch eine verzwickte Lage hineinversetzen könnten!"
"Das stimmt wohl... Was ist denn eigentlich mit deiner Mutter? Hast du noch Kontakt zu ihr?"
"Mhm. Wir telefonieren ab und zu. Sie hat einen Mann in der Theraphiegruppe für Opfer von häuslicher Gewalt kennengelernt, der auch ein paar Jahre durch die Hölle gegangen ist. Er scheint nett zu sein, zumindest ihren Erzählungen nach und unternimmt viel mit ihr. Seitdem sie ihn kennt, hört sie sich sogar wieder ein bisschen glücklich an. Ich habe mir vorgenommen sie in Zoey's Sommerferien zu besuchen. Wir haben uns das letzte Mal an dem Tag der Verhandlung über einen Bildschirm gesehen...." die Gewissensbisse sind sehr deutlich herauszuhören, doch ich weis, das er diese Situation bald ändern wird.
"Warum habt ihr euch zwischenzeitlich denn nicht mal besucht?"
"Naja, sie war lange im Frauenhaus und danach hatte sie Vollzeittherapie. Wir hatten hier ja auch ein Chaos nach dem anderen.... und ehrlich gesagt, hatte ich bisher Angst davor..."
"Warum das denn?" Jaron kann den Hintergrund des Ganzen schlecht nachvollziehen, da er kaum etwas weiß.
Zumindest merkt er jetzt einmal so richtig, daß Leo genauso ein großes Päckchen zu tragen hat, wie Jaron und auch ich.
"Ich.... Ich dachte, das sie vielleicht enttäuscht von mir ist, da ich nicht genug geholfen habe oder sie mich vielleicht nicht sehen will, da ich sie zu sehr an Erik erinnere.... Aber das haben wir schon in den letzten beiden Telefonaten miteinander geklärt. Sie will jetzt endlich Zoey kennenlernen, denn die hat sie nur einmal gesehen und das war an dem Tag des Britz- Armageddon".
Schon alleine der Gedanke an diesen Tag, verschafft mir ein unbehagliches Gefühl und auch Leo drückt das ordentlich auf sein Gemüt.
Dieser drückt sich jetzt fest an meine Kehrseite und legt seinen Arm um meine Hüfte.
Ich komme mir irgendwie vor, als wäre ich der Mittelteil eines Sandwich, allerdings genieße ich es mit meinen beiden Jungs wieder so sehr vereint zu sein.
Als nächstes forscht Jaron nach den damaligen Umständen nach.
Leo ist bereit von seiner Vergangenheit zu erzählen und weiht Jaron in den ganzen schlimmen Mist ein, den er damals aushalten und durchstehen musste.
Wie es aussieht, ist heute der Tag der Wahrheit und der Offenbarung.
Meiner Meinung nach ist das der größte Vertrauensbeweis, den Leo Jaron entgegen bringen kann.
Ich weiß aber auch, das Jaron das würdigen wird und gebe mich desshalb endlich meinem dringend benötigten Schlaf hin, mit der Hoffnung, daß die Welt morgen wieder besser aussieht.
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