Part 188
Mit einer Hand an der Sporthose, da sie natürlich nur einen Gummibund und keine Schnürung vorweisen kann, folge ich den Jungs aus der Umkleidekabine.
Shanes Laune hat sich wieder deutlich gebessert, da ich ihm im Schnelldurchlauf meine ereignisreiche Nacht unter die Nase gerieben habe, während Leo sich ebenfalls umgezogen hat.
Jaron ist dermaßen wütend geworden und wollte sich Cecilia sofort zur Brust nehmen.
Nachdem ich ihm eröffnet habe, dass sie schon weggebracht wurde, war er fast schon enttäuscht, aber die Aussicht auf die abendliche Fressorgie konnte ihn dann doch ganz schnell wieder besänftigen.
"So, Leute. Ich würde vorschlagen, dass Jaron und Ty Leo einmal herumführen und ihm alles zeigen, während ich mit Zoey schonmal die ersten Vorbereitungen treffe."
Die Jungs sind damit natürlich sofort einverstanden und verziehen sich in die große Halle, die unzählige von Fitnessgeräten beherbergt.
Meine Wenigkeit folgt Shane, der auf einen kleinen Raum zusteuert, in dem wir auf Lucien treffen, der sich seinen Kopf gerade mit einem Handtuch abrubbelt.
"Bist du schon durch mit diesem arroganten Typ?", fragt Mr. Model verwundert und deutet mir nebenher mit einer Handgeste, dass ich mich auf einem Stuhl niederlassen darf.
"Hör mir auf. Der war absolut nicht auf der Höhe. Mir kam er schon etwas seltsam vor, als wir unser Training begonnen haben, aber auf Nachfrage hat er gesagt, dass alles in Ordnung sei. Fünfzehn Minuten später erzählt er mir, dass er bis gestern Abend noch vierzig Grad Fieber hatte und schlecht Luft bekommt. Ich verstehe die Leute einfach nicht. Warum kommt man zum Training, wenn man noch nicht wieder ganz fit ist? Er wollte nicht verstehen, dass er sich mehr Schaden zufügt, als dass er Nutzen daraus zieht. Aaaah, Mann."
Als Lucien das Handtuch von seinem Kopf entfernt, schaut er mich überrascht an, da er wohl dachte, dass Shane alleine den Raum betreten hat:
"Sorry. Habe nicht gewusst, dass er Begleitung dabei hat. Aber das kannst du dir gleich merken: Wenn du krank bist, hast du hier nichts verloren. Lieber kurierst du dich einen Tag zu lange aus, als dass du zu früh deinen Körper belastest und deine Erkältung, Grippe oder was auch immer verschleppst!"
"Geht klar!", bestätige ich und nicke nebenher zusätzlich mit meinem Kopf.
Bei mir braucht er sich da bestimmt keine Sorgen zu machen, denn ich würde mich wahrscheinlich so lange auskurieren, bis mich die nächste Grippewelle erfasst und ein ewiger Kreislauf entsteht.
Nach einem tiefen Atemzug, legt der Holzapfelsprößling ein umwerfendes Grinsen auf und streckt mir seine Hand entgegen:
"Ich bin übrigens Lucien. Mit wem habe ich die Ehre?"
Ich ergreife die dargebotene Hand und stelle mich ebenfalls vor:
"Ich bin Zoey!"
Mein Gegenüber zieht die Augenbrauen zusammen und scheint zu überlegen, wo er mich einordnen muss.
Noch bevor ich ihm des Rätsels Lösung bieten kann, fällt ihm selbst ein, woher er meinen Namen kennt:
"Du bist bei meinem Dad in Behandlung, stimmt's? Wenn ich mich richtig erinnere, warst du an dem Tag da, als ich ihn zwecks des Sportprogramms gefragt habe."
"Genau."
"Super. Du weißt ja, dass Shane heute das Vergnügen hat, mit dir die Erstanalyse zu machen. Ich halte mich im Hintergrund und mische mich nur ein, wenn er Hilfe braucht. Dann fangt mal an!"
Lucien gibt die Bühne frei, setzt sich auf einen kleinen Hocker, etwas abseits von uns, und fängt an, irgendwelche Zettel auszufüllen.
"Okay, Zoey. Wir starten jetzt mit einem Fragebogen, den wir zusammen ausfüllen. Lass dich nicht irritieren, ich frage dich auch Dinge, die ich eigentlich schon weiß!"
"Geht klar!"
Nachdem wir Name, Alter, Gewicht und Größe durchgekaut haben, kommen wir zu einem kunterbunten Fragenkatalog, der von Ernährung bis zum gewünschten Ziel reicht.
"Welches Ziel verfolgst du mit dem Personaltraining?"
"Meinen Kumpel glücklich machen und als Versuchskaninchen herzuhalten!"
Im Hintergrund höre ich ein leises Lachen, während Shane die Augen verdreht:
"Ist es dein Ziel abzunehmen, mehr Ausdauer zu bekommen, Muskeln aufzubauen...."
"Ich schätze, alles außer abnehmen!"
"Wie ernährst du dich?"
"Mit Nahrungsmitteln!"
"Mit welchen?", knurrt mir Shane leicht entgegen und mustert mich mit hochgezogenen Augenbrauen.
"Alles, auf das ich Lust habe. Außer Suppe, Brokkoli und zu gesundes Zeug."
"Wie viele Portionen isst du täglich?"
"Das ist unterschiedlich. Zwischen eins und drei."
"Was?", fragt der Schwarzhaarige überrascht.
"Ich bin halt nicht so verfressen wie ihr!"
"Ja, aber nur eine oder zwei Mahlzeiten ist wirklich ein bisschen wenig!"
"Da muss ich Shane zustimmen, Zoey. Darf ich fragen, woran es liegt? Möchtest du nicht zunehmen?", will Lucien jetzt wissen, worauf ich mich ihm zuwende und mit dem Kopf schüttele:
"Nein. Ich weiß selbst, dass ich etwas zunehmen sollte. Aber an manchen Tagen vergesse ich das Essen oder habe schlichtweg keine Zeit. Bei mir liegt keine Essstörung vor, falls du daran gedacht hast!"
"Dann hättest du also kein Problem damit, wenn dir zum Beispiel auferlegt wird, fünf Mahlzeiten pro Tag zu essen?"
Ich blase die Backen auf und schaue Lucien etwas unsicher an:
"Dagegen wehren würde ich mich nicht, aber ob ich das schaffe, ist eine andere Frage!"
"Weißt du, du kannst nur Muskeln aufbauen, wenn du in einem leichten Kalorienüberschuss isst. Der Körper hat somit etwas übrig, das er in neue Muskeln stecken kann. Verstehst du?"
"Ja", bestätige ich und bereue meine Zustimmung gleich noch viel mehr.
Schlimm genug, dass ich mir immer wieder selbst einen Tritt in den Hintern verpassen muss, um mich mehr als nötig zu bewegen.
Nein, da kommt dann auch noch dazu, dass ich mehr als nötig essen muss.
Mr. Model lenkt mich wieder mit der nächsten Frage ab:
"Wie viel Flüssigkeit nimmst du täglich zu dir? So ungefähr?"
"Pfffff. Dann, wenn ich Durst habe, trinke ich auch. Vielleicht einen halben Liter am Tag."
Die unzufriedene Äußerung hinter mir ignoriere ich einfach mal gekonnt, denn mir ist selbst bewusst, dass das zu wenig ist.
"Wie würdest du deine sportliche Motivation beschreiben?"
Jetzt muss ich doch glatt lachen.
Diese Frage hätte mir Shane wirklich nicht stellen müssen, denn er weiß ganz genau, wie ich dazu stehe.
"Nicht vorhanden!"
"Nicht mal ein kleines bisschen?", fragt Lucien fast schon geschockt.
"Ehrlich gesagt nicht. Das einzige, was mich in letzter Zeit so richtig angespornt hat, war der Zorn deines Vaters. Um den zu umgehen, habe ich mir selbst täglich einen Arschtritt verpasst und meine Übungen durchgezogen."
"Da könnte ich dich glatt mit meiner Schwester zusammenstecken. Ihr wärt das absolute Dreamteam!", schnaubt Lucien belustigt vor sich hin.
"Ah, die habe ich auch schon kennengelernt. Die zwei Kleinen sind während der Behandlung ins Zimmer gestürmt und wollten zu ihrem Opa. Wie geht es ihr denn? Sind die anderen Zwillinge schon da?"
Der ausgebildete Personaltrainer verzieht eine gequälte Grimasse:
"Nein, die beiden haben noch ein bisschen Zeit, bis sie das Licht der Welt erblicken. Meiner Schwester geht es eigentlich schon gut, aber sie mutet sich einfach zu viel zu, so dass jeder sie ermahnen muss, etwas Gas wegzunehmen. Das wiederum drückt so sehr auf ihr Gemüt, dass sie fast Rund um die Uhr den Miesepeter raushängen lässt und dauernd mit ihrem Mann, ihrem Schwiegervater oder mit unserem Vater streitet. Na ja. Irgendwann hat das auch ein Ende..."
"Also wenn du mich fragst, sollte man sie vielleicht einfach in ihren Vorhaben unterstützen und unter die Arme greifen. So kann sie etwas tun, fühlt sich nicht so nutzlos und ihr könnt trotzdem ein Auge darauf werfen, dass sie nicht zu viel macht. Ich stelle mir das nicht so prickelnd vor, wenn jeder nur schimpft und sagt, was sie NICHT tun soll. Da würde ich auch die Fresse bis zum Boden ziehen und alle anfauchen. Schon alleine aus Prinzip!"
Der Braunhaarige sieht mich einen Moment lang nachdenklich an und ich könnte mir vorstellen, dass er sich meine Worte durch den Kopf gehen lässt.
Irgendwie finde ich es süß, dass der Bruder sich so viele Gedanken über seine Schwester macht.
Ob das bei uns auch mal so sein wird, wenn Tom und Rebekka Nachwuchs bekommen?
Über dieses Thema wolltest du übrigens auch noch mit Herrn Mayer reden...
"Kann ich dich mal was persönliches fragen?"
"Klar. Schieß los!"
"Wer von euch beiden ist älter?"
"Ich."
"War das... irgendwie komisch, als du ein Geschwisterchen bekommen hast?"
"Als Papa mir das vor ein paar Monaten erzählt hat, war das schon sehr seltsam, ja."
"Ähm... Eher vor ein paar Jahren, oder?"
"Nein. Meine Schwester kenne ich erst seit ein paar Monaten. Wir haben den selben Vater, aber verschiedene Mütter."
"Oh..." Jetzt ist mir meine Frage fast schon wieder peinlich, aber es beruhigt mich dann doch irgendwie, dass es noch weitere Familienkonstellationen gibt, die nicht ganz dem "normalen" Konzept entsprechen und die trotzdem funktionieren.
"Alles gut. Wir kommen damit super klar. Was genau wolltest du denn wissen?"
Ich winke ihm ab und drehe mich wieder zu Shane.
Unsere Situation ist nicht ansatzweise miteinander vergleichbar und darum lohnt es sich auch nicht, weitere Nachforschungen anzustellen.
Gefühlte hundert Fragen später, schreiten wir zum nächsten Punkt über. Körperanalyse.
Zuerst muss ich mich in so eine Art Kasten begeben und barfuß auf zwei Elektroden, die in der Bodenplatte eingearbeitet sind, stellen.
Das Gerät misst somit mein genaues Gewicht, das bei siebenundvierzig Komma acht liegt.
Anschließend muss ich meine Hände an zwei Haltegriffen platzieren, wovon jeweils einer links und der andere rechts angebracht ist.
Nach ein paar Sekunden ist die Messung vorbei und ich darf das Gerät wieder verlassen.
Meine Ergebnisse bekomme ich auf einem Monitor zu sehen.
Die genau erfasste Körperzusammensetzung, also den Anteil von Fett, Muskelmasse und Wasser, wird mir von Shane genau erklärt.
Natürlich war nichts anderes zu erwarten, als dass alle Werte im Keller liegen.
Während des kurzen Scan-Vorgangs hat dieses Maschinchen ebenfalls verschiedene Datenpunkte wie Herzfrequenz, Sauerstoffsättigung und Blutdruck ausgewertet, was zum Glück alles im Normbereich liegt.
Wenigstens gibt es hier nichts zu meckern.
"Okay, Zoey. Wir testen jetzt gleich noch die Beweglichkeit und dann bist du für heute auch schon durch. Deinen Trainings- und Ernährungsplan stellen wir so schnell wie möglich zusammen und geben ihn dir in den nächsten Tagen. Stelle dich aber bitte auf mehrere kleine Mahlzeiten pro Tag ein. Deinen Wasserkonsum musst du auch erheblich steigern. Du brauchst dir aber keine Sorgen machen, wir fangen klein an und steigern uns nach dem Tempo deines Körpers. Du kannst deine Schuhe wieder anziehen und darfst dann Lucien folgen."
Ich befolge ganz brav Shanes Anweisungen, wobei ich ja nur meine Socken anziehen muss, da ich keine Sportschuhe dabei habe und verfolge den Braunhaarigen einmal quer durchs Fitnessstudio.
"Hey! Seid ihr zum Gaffen hier oder zum Trainieren? Wer lacht, fliegt raus! Schreibt euch das hinter die Ohren!", motzt Lucien ein Grüppchen Halbstarker an, die eine Frau in hautenger Funktionskleidung anvisiert haben und sich über sie lustig machen, da sie fast unter dem Gewicht ihrer auserwählten Hanteln zusammenbricht.
Einer der eingebildeten Fratzen verdreht die Augen und lässt meinem Vordermann den Mittelfinger zukommen.
"Zoey. Entschuldige mich kurz!"
Mit schnellen Schritten macht sich Lucien auf den Weg zu dem Grüppchen und baut sich in voller Größe vor ihnen auf.
Der Großteil der Schnösel scheint die Worte, die gesprochen werden, zu verinnerlichen, denn die ziehen ihre Köpfe ein und nicken mit reuevollem Gesichtsausdruck vor sich hin.
Der selbsternannte King scheint aber kein Interesse an einem gesittet Umgang mit seinen Mitmenschen zu haben und bekommt durch Luciens Finger den Weg zur Türe gezeigt.
Ich muss schon sagen, dass mich dieser Einsatz des Personaltrainer beeindruckt.
Wie oft kommen Menschen in solche Sportstätten, nur um andere Körper zu begaffen oder um sich über den ein oder anderen lustig zu machen.
Mit dem Wissen, dass hier wirklich auch auf das Wohlbefinden den Trainierenden geachtet wird, fühlt man sich gleich noch ein bisschen wohler.
Holzapfel Junior hat es nach einer weiteren kleinen Diskussionsrunde geschafft, dass sich der "King" mit der Hälfte seiner Untertanen verzieht.
Die, die übrig bleiben, sind wohl auch diejenigen, die wirklich hier sind, um Sport zu treiben.
"Sorry. Manchmal brauchen gewisse Kerle einfach mal eine Ansage..." Lucien winkt mich hinter sich her und betritt einen Raum, der durch eine Glastüre zugänglich gemacht wurde.
Dort treffen wir auch auf Ty, Jaron und Leo.
Mein Freund beobachtet seine Kumpels beim Boxen und anhand seiner begeisterten Ausstrahlung, würde es mich nicht wundern, wenn er auch bald mit dieser Sportart beginnen möchte.
"Hey, Jungs! Es stört euch bestimmt nicht, wenn ich die Dame zu meiner Rechten da hinten kurz durchnehme, oder?"
Direkt nach Luciens Frage fällt meinem Freund fast die komplette Mimik aus dem Gesicht.
"Falsche Wortwahl, Luc. Da sitzt der Freund dieser Dame!", lacht Jaron und sorgt dafür, dass sich der Personaltrainer gleich korrigiert:
"Ich nehme sie in sportlicher Hinsicht durch!"
"Macht es nicht unbedingt besser!", lacht jetzt auch Ty, worauf Shane versucht, die Sache zu retten:
"Wir testen doch nur Ihre Beweglichkeit!"
Tyson und Jaron stoppen jetzt ihre Bewegungen und versumpfen in einem Lachflash, während Leo immer noch entsetzt in Luciens Richtung starrt.
Shane kratzt sich am Hinterkopf und wirft Herrn Britz eine weitere Frage zu:
"Willst du mitmachen?"
Jetzt kann ich mich dann doch auch nicht mehr halten und lache ebenfalls los, da sich Lucien und Shane immer weiter ins Verderben reiten.
"Mann, Leo... Jetzt guck doch nicht so! Du weißt doch, wie das gemeint ist. Herrgott", muffelt Shane vor sich hin und schiebt mich an den Schultern auf eine Matte zu, die in der rechten Ecke des Raumes liegt.
Dort angekommen, werfe ich einen Blick auf die Jungs und sehe, dass Lucien sich gerade bei Leo vorstellt und ihm, hoffentlich, im Normalmodus erklärt, was die zwei mit mir vorhaben.
"Seit wann ist er denn so empfindlich?", mault mich Shane an und erwartet allen Ernstes eine Antwort von mir.
"Du weißt doch ganz genau, wie Leo auf fremde Typen reagiert und wenn die dann noch solche Worte über die Lippen bringen, brauchst du dich wirklich nicht zu wundern! Bei euch sind solche Kommentare eine andere Sache. Das darfst du nicht miteinander vergleichen!"
Irgendwie scheint Shane dann doch noch Einsicht zu bekommen, denn die Zornesfalte zwischen seinen Augenbrauen löst sich innerhalb von Sekunden wieder in Luft auf.
Vielleicht verwendet er das nächste Mal auch neutrale Versuchskaninchen, mit denen er wenig bis gar nichts im freundschaftlichen Sektor zu tun hat.
Wäre wohl besser für uns alle.
Herr Britz und Herr Holzapfel Junior scheinen die Lage geklärt zu haben, denn der zuletzt Fenannte trifft mit einem Lächeln bei uns ein.
"Zoey, wir machen jetzt ein paar Übungen, bei denen ich dich unterstützen werde, damit du sie richtig und sauber ausführst. Wenn es klappt, wird Shane nochmal dasselbe mit dir durchführen. Ich möchte nur im Voraus sehen und merken können, wie weit ich deinem Rücken gewisse Dinge zumuten kann. Damit ist nämlich nicht zu spaßen und wir wollen schließlich keine Verschlechterung herbeiführen."
Ich bin zwar froh, dass er auf mein Leiden Rücksicht nimmt, aber dass ich die ganze Kacke doppelt machen muss, weckt nicht unbedingt meine Begeisterung.
"Guck nicht so genervt! Wir wollen dich nicht foltern, sondern nur sehen, mit welcher Intensität wir starten können. Das wirst du schon überleben. Ich möchte schon fast eine Wette mit dir abschließen, dass du letztendlich doch Gefallen am Sport findest und es irgendwann ohne Missmut, dafür mit Freude angehen wirst."
Dass jetzt Shane und ich gleichzeitig anfangen zu Lachen, scheint Lucien etwas zu irritieren:
"Was habe ich jetzt wieder falsches gesagt?"
"Haha. Freude, Sport und Zoey in einem Satz, geht absolut gar nicht. Das ist ungefähr mit Säure, Gift und Tod gleichzusetzen!"
"Ach komm... Ich wette dagegen. Bisher hat sich noch jeder umstimmen lassen!", siegessicher streckt mir der Braunhaarige seine Hand entgegen, die ich ohne nachzudenken annehme.
Da würde ich vorher eine Eins in Chemie schreiben, als dass mir Sport irgendwann mal Freude bereitet.
Wenn man da die Wahrscheinlichkeit des ersten Punktes beachtet, weiß man sofort, wo der Hase langläuft.
"Den Wetteinsatz muss ich mir noch durch den Kopf gehen lassen. Das besprechen wir beim nächsten Treffen. In Ordnung?"
"Geht klar. Überlege dir aber eine Bestrafung für dich, die du verkraften kannst. Ich will ja nicht, dass du letztendlich noch heulen musst!"
Nach unzähligen Übungen, die sehr anstrengend, aber recht gut machbar sind, werde ich aus der Folter entlassen und chille mich in eine Ecke, um Ty und Jaron zu beobachten.
Bei Leo geht die ganze Sache etwas schneller, aber ich vermute, dass es bei ihm einfacher ist, da er keinen lädierten Rücken hat und genügend isst.
Letztendlich verlassen wir gegen drei Uhr Nachmittag die Folterkammer und nehmen Kurs auf die WG.
Zuhause angekommen, springen Leo und ich schnell unter die Dusche.
Ich bin mir fast schon sicher, dass ich mir morgen ein Voltaren Bad gönnen muss, da ich jetzt schon leichte Schmerzen in verschiedenen Muskelgruppen merke, obwohl ich die Übungen nicht als überaus anstrengend empfunden habe.
Vor allem merke ich Schmerzen in solchen Regionen, in denen ich überhaupt nicht geahnt habe, dass ich dort Muskeln besitze.
"Alles gut?" Leo legt seine Hände um meinen Bauch und zieht mich mit meinem Rücken gegen seine Front.
"Ich werde morgen Muskelkater des Todes haben!"
"Von dem bisschen Sport?"
"Ja, leider.... Aber was noch viel schlimmer ist: Ich weiß nicht, ob ich mich an den Ernährungsplan halten kann. Der spinnt doch, mit den vielen Mahlzeiten!"
"Ich finde es eher schlimm, dass da so Zeug wie Reis mit Hühnchen und Brokkoli drauf stehen wird. Keine Pizza, keine Hamburger..."
"Dafür hast du doch deinen Cheatday! Aber ich sehe es schon kommen, dass du an diesem Tag deinen Erfolg der Woche wieder zunichte machst!"
"Nein. Ich möchte, dass Shane Erfolge vorweisen kann und werde mich zusammenreißen. Auch wenn es mir schwer fällt!"
Verwundert drehe ich mein Gesicht zu dem König der Fressmaschinen und glaube, mich verhört zu haben:
"Kannst du das nochmal wiederholen?"
"Du kannst deinen Ohren ruhig trauen. Wir stehen das zusammen durch. Wird schon werden. Mal was anderes: Ist es okay, wenn ich Sam und Steffi frage, ob sie heute Abend mitkommen wollen? Wäre irgendwie unfair..."
"Ja!"
"Echt jetzt? Ohne Meckern und ohne Zicken?"
"Ja. Ich habe beschlossen, Steffi eine Chance zu geben. Vielleicht ist sie doch ganz in Ordnung und ich will sie nicht aufgrund der Fehler anderer zu Unrecht verurteilen."
Herr Britz strahlt plötzlich über das ganze Gesicht und drückt mir sofort einen Kuss auf.
Vermutlich hat er die Freundschaft mit Sam schon auf der Kippe stehen sehen und sich Sorgen gemacht, wie er alles koordinieren soll, damit er es jedem recht machen kann.
Als wir wieder auf Werkeinstellung zurückgesetzt sind, wollen wir uns noch eine Runde auf das Sofa schmeißen, um uns eine ausgiebige Ruhepause zu gönnen.
Im Esszimmer treffen wir auf Alex, der alleine am Tisch sitzt und gelangweilt in einer Zeitung herumblättert.
"Hey. Bist du ganz alleine?"
"Hi, ihr beiden. Ja, Tom ist mit Rebekka Farbe einkaufen und der Rest beim arbeiten. Wie wars im Fitnessstudio?"
"Mörderisch!"
"Haha. Das wird mit der Zeit sicherlich besser. Was habt ihr heute noch vor?"
"Wir treffen uns nachher noch mit den Jungs und machen uns einen chilligen Abend. Du?"
"Ich gehe nachher gleich zu Saskia. Ach, bevor wir es wieder vergessen. Kannst du die Jungs dann mal fragen, ob sie auf einen Massenurlaub Lust haben?"
"Wie jetzt? Massenurlaub?"
"Na ja. Du wolltest doch letztes Jahr im Winter schon einen Urlaub mit allen zusammen. Da das leider nicht möglich war, haben wir uns gedacht, dass wir das doch diesen Sommer machen könnten."
"Sicher?"
"Nein, nicht wirklich. Ich sehe schon sämtliche Horrorszenarien vor mir...", lacht Alex gequält und reibt sich ein paar Mal durch sein Gesicht.
Da er mir irgendwie leid tut, laufe ich zu ihm und schließe ihn in eine Umarmung:
"Das wird gar nicht so schlimm werden, wie du dir das jetzt vielleicht vorstellst. Leo und ich sind viel vernünftiger und die restliche Bande wird sich auch zu benehmen wissen!"
"Ich habe nicht nur an euch gedacht, Zoey. Weißt du, Saskia und Nesrin sind auch so ganz wundervolle Katastrophenmagnete!"
"Ooooh, eure Freundinnen gehen auch alle mit? Hahaha. Okay, dann darfst du dir Sorgen machen!"
Herr Hetkamp stöhnt gequält auf und bringt Leo und mich noch mehr zum Lachen.
"Wohin gehen wir denn?", will Leo jetzt wissen und reibt sich ein paar Lachtränen aus den Augen.
"Das dürft ihr entscheiden. Aber vielleicht wäre es sinnvoll, wenn wir eine Insel mitten im Meer auswählen, auf der es nichts gibt, womit man sich verletzen kann. Keine Buchten, keine Kamele..."
"Aber es wird immer etwas zu essen und Sonne geben!"
"Jaaaa. Ich werde dieses Mal wirklich aufpassen, was ich esse und Leo überziehen wir mit einer extra Schicht Sonnencreme und tackern ihm eine Mütze auf den Kopf. Tom darf nirgends rumklettern und Stephan darf nichts besteigen!"
Leo prustet auf einen Schlag lauthals los und muss derart lachen, dass ihm schon nach kurzer Zeit wieder Tränen über die Wangen laufen.
"Was ist jetzt mit dir?", fragt Alex fast schon verzweifelt, worauf Herr Britz mit leichter Schnappatmung Alex' Worte so wiederholt, dass dem Notarzt ein Licht aufgeht:
"Hahaha. Ich weiß nicht, ob Nesrin das so toll findet, wenn Stephan nichts besteigen darf. Hahaha"
Der Notarzt stöhnt abermals laut auf, legt seinen Kopf auf der Tischplatte ab und nuschelt irgendetwas unverständliches vor sich hin.
Ob die Männer sich das wirklich gut mit diesem Massenurlaub überlegt haben, kann ich nicht beurteilen, aber letztendlich werden wir das schon irgendwie herausfinden.
Dieses Mal stehen die Chancen wenigstens gut, dass ich den Urlaub nicht mit mir selbst verbringen muss, da mir eine Außergefechtssetzung von nahezu zwanzig Personen, mehr als unmöglich erscheint.
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