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Part 172

Immer noch Leos Sicht

Ziemlich erledigt fallen wir auf die Luftmatratze und kuscheln uns aneinander.
"Wie war dein Tag, Babe?"
"Anstrengend. Deine Mutter ist mit mir durch halb München gelaufen. Ich weiß jetzt wo es den besten Kaffee gibt, den günstigsten Bäcker, welches Geschäft zu den Geheimtipps unter den Klamottenläden zählt, habe Emilio, einen schwulen Friseur kennengelernt und meine Füße unerlaubt in einen Brunnen gehängt. Meine Übungen habe ich heute nicht gemacht, aber dafür bin ich mindestens einen halben Marathon gelaufen... Aber es war schön. Bei dir? Kommst du mit Marcel soweit zurecht?"

Lautes Lachen dringt aus der Küche in unsere Ohren, worauf ich den Kopf anhebe, um genauer hören zu können, was da los ist.
Ungewollt spannt sich mein Körper an, was auch Zoey sofort bemerkt.
Ihr rechter Fuß schiebt sich über meinen Beckenknochen, während sie eine Hand an meinen Hinterkopf anlegt und mich näher zu sich zieht, um mich zu küssen.
Anschließend zieht sie sich ein paar Millimeter zurück und gleitet mit ihren Fingern durch meine Haare:
"Du musst nicht aufpassen. Die beiden lachen. Es passiert nichts Schlimmes!"
Auch wenn sich gerade alles in mir sträubt, versuche ich wirklich meinen Fokus auf das heiße Gerät, das sich an meinen Körper anschmiegt, zu konzentrieren.
"Du wolltest mir erzählen, wie dein Tag war..", flüstert sie vor sich hin und berührt dabei ganz leicht meine Lippen.
"Erschreckend super!"
"Warum erschreckend?"
"Weil sich meine Einstellung so schlagartig umgewandelt hat. Marcel war total normal und hat mir vertraut, obwohl er mich kein bisschen kennt. Ich durfte ein Auto reparieren und seinen Jungs bei den Vorbereitungen zum Lackieren behilflich sein. Das hat sich so angefühlt, als wenn ich tagtäglich dort aufkreuzen würde und die drei mich gut kennen."
"Hey, dafür, dass ihr euch erst vierundzwanzig Stunden kennt, ist das doch hammer. Ich freue mich richtig, dass es so gut funktioniert und Marcel tatsächlich so lieb und umgänglich ist!"
"Es ist irgendwie schön, dass wir gemeinsame Interessen haben. Erik war es egal, was ich gerne mache oder auch nicht. Für ihn gab es nur eine Priorität: Sich selbst."
"Da siehst du doch gleich, wie unterschiedlich Erik und Marcel sind.... Morgen sollten wir die Männer anrufen und ihnen Bericht erstatten, nicht dass die vor Langeweile noch eingehen und sich unnötig Sorgen machen."
"Machen wir. Was hältst du davon, wenn..." Anstatt weiter zu reden, rutsche ich mit meiner Hand an Zoeys Hintern entlang und drücke sie noch näher an meinen Körper.
"Leo!", zischt mir meine Hexe zu, "Deine Mutter und ihr Freund sind noch wach und halten sich im Raum nebenan auf. Die Wände sind dünn wie ein Blatt Papier. Ich habe keine Lust, denen was vor zu stöhnen!"
"Dann musst du leise sein, Babe!"
Leider scheint mein Körper total auf Fräulein Mayers Seite zu stehen, denn mein Mund verselbstständigt sich und gähnt lauthals auf.
"Hahaha. Einschlaf, statt Beischlaf mein Freund. Mach deine Augen zu. Ich liebe dich!"
Grummelnd erwidere ich die Liebesbekundung und trifte innerhalb weniger Sekunden in einen unruhigen Schlaf ab.

Meine Träume werden von meinem Erzeuger heimgesucht, der meiner Mutter auf jede erdenkliche Art und Weise Schmerzen zufügen will.
Ich selbst stehe da, wie eingefroren und kann nichts dagegen tun, außer mit anzusehen, wie er sich an ihrem Leid ergötzt.
Kurz nachdem er seinen Gürtel aus der Hose gezogen hat und schwungvoll damit ausholt, erwache ich aus diesem Albtraum.
Schweißgebadet schiebe ich Zoey von mir runter und setze mich auf, um wieder einen klaren Kopf zu bekommen.
Solche furchtbaren Träume hatte ich schon seit Ewigkeiten nicht mehr und ich muss sagen, dass ich sie wirklich nicht vermisst habe.

Irgendwo in der Wohnung fällt etwas zu Boden und lässt mich den Geräuschen nach schlussfolgern, dass es in tausend Teile zersplittert sein muss.
Mein wirrer Kopf treibt mich zur Alarmbereitschaft an, da diese Träume auch eine Art Vorwarnung hätten sein können.
Als ich Marcel in einem strengeren Ton etwas sagen höre, was genau, verstehe ich nicht, testet mein Herz gleich mal wieder aus, ob es einen neuen Rekord im "Blut durch den Körper pumpen" aufstellen kann.
So leise wie möglich erhebe ich mich von der Matratze und schleiche mich zur Türe, jeden Moment bereit, meiner Mutter zur Hilfe zu eilen.
Gerade als ich mein Ohr an die Türe anlege, höre ich meine Mutter leise wimmern:
"Au.. Marcel, lass das bitte!"
Damit ist auch schon der große rote Knopf in meinem Kopf aktiviert worden, der mich einfach nur noch handeln und nicht mehr denken lässt.

Ich reiße die Türe auf und laufe so schnell wie möglich in den Flur.
Da im Wohnzimmer noch Licht brennt, gehe ich davon aus, dass die beiden sich dort aufhalten und stürme innerhalb von Sekunden den Raum.
Was ich dort sehe, raubt mir fast den Atmen: Meine Mutter liegt bäuchlings und scheinbar regungslos auf dem Boden, während Marcel ein Knie auf ihrem Hintern platziert hat und ihren Fuß komisch verbiegt.
Ohne auch nur einen Ton von mir zu geben, hechte ich auf den Kerl zu und beglücke ihn mit der vollen Wucht meines Körpers.
Da ich den Überraschungsmoment auf meiner Seite habe, klettere ich auf den am Boden liegenden drauf, drücke ihm mein Knie in den Magen und hole mit meiner Faust aus.
"LEO! NICHT!"
Mit aller Kraft, die ich aufbringen kann, schwinge ich meine zusammengeballten Finger in Richtung Marcels Gesicht und rechne nicht damit, dass er mit seinem Kopf ausweicht.

Kaum fegt der unbändige Schmerz durch meine Finger, da meine Knöchel den harten Boden geküsst haben, nutzt mein Gegner die Gunst der Stunde, packt mich an den Schultern und dreht uns mit enormen Schwung auf die Seite, so dass er jetzt über mir sitzt.
Trotz der Schmerzen gebe ich nicht auf und winde mich wie ein Wurm unter Marcel.
Ich versuche immer wieder, meine Hände aus seinem Griff zu befreien, doch ich komme einfach nicht gegen ihn an.
Er ist viel zu stark.
"Leo, beruhige dich, bitte!", bringt er mir in Dauerschleife entgegen, doch ich denke gar nicht daran:
"Ich lasse nicht zu, dass du ihr weh tust!"
Geblendet von meinem Zorn realisiere ich gar nicht, dass Marcel versucht, mich von meinen Trip runter zu bringen, anstatt sich mit mir zu prügeln.
Ich nehme wahr, dass im Hintergrund ein paar Stimmen andauernd etwas sagen, doch welche Bedeutung diese Worte haben, will sich mir nicht erschließen.
Da ich mit meinen Händen nicht weiter komme, versuche ich dem Kerl über mir eine Kopfnuss zu verpassen, doch er ist absolut nicht dumm und weicht schneller zurück, als dass meine Stirn seiner in die Nähe kommt.
Wutentbrannt schreie ich, dass er mich loslassen soll, doch er schüttelt nur energisch mit dem Kopf.

Erst als Zoeys Stimme zu mir durchdringt und meine Kräfte langsam schwinden, verstehe ich endlich, was sie mir die ganze Zeit versucht zu sagen:
"Leo, das ist ein Missverständnis. Er wollte deiner Mutter doch nur eine Glasscherbe aus dem Fuß ziehen. Er hat ihr nichts getan!"

Fuck!

Auf einen Schlag entweicht meinem Körper die gesamte Spannung und Energie.
Meine Arme, die bis gerade eben noch in Marcels festen Griff steckten, fallen kraftlos zu Boden, während sich mein Brustkorb wie ein Presslufthammer auf und ab bewegt.
"Ganz ruhig atmen. Es ist alles in Ordnung!", sagt Marcel und legt seine flache Hand auf meinem Brustbein ab.
Ich frage mich, wie er noch so ruhig sein kann.
Wenn ich die Chance gehabt hätte, hätte ich ihm gerade alle Zähne ausgeschlagen und nicht damit aufgehört, bis er kein bisschen mehr zuckt.
Je bewusster mir wird, wie weit ich gegangen wäre, desto größer werden meine Vorwürfe.

Du hättest ihn grundlos geschlagen und alles kaputt gemacht...
Das hast du vermutlich jetzt schon, du hohle Nuss!

"Es tut mir leid", flüstere ich vor mich hin und drehe meinen Kopf zur Seite, um Marcel nicht anschauen zu müssen.
"Es ist nichts passiert. Alles ist gut. Was ist mit deiner Hand?"
"Scheiß drauf. Nicht wichtig!"
"Lass mich mal sehen!"
"Nein!", fauche ich ihm entgegen und möchte mich eigentlich von ihm befreien, doch der Herr hat nicht vor, mir die Flucht zu gewähren.
Meine Augen füllen sich mit Tränen, da ich es selbst nicht fassen kann, dass ich auf Marcel los gegangen bin, obwohl er gar nichts getan hat.
Für mich war es aber so eindeutig.
Als die Tränen überschwappen, wische ich sie mir schnell aus dem Gesicht und versuche den Brocken über mir zur Seite zu stürzen, da ich mir jetzt nicht anders zu helfen weiß.
"Hey, hey. Ganz ruhig bleiben. Ich wollte deiner Mutter nicht weh tun, sondern nur eine Scherbe aus ihrem Fuß ziehen. Ihr geht es gut, okay?!"
"Ich wollte das nicht...", schluchze ich vor mich hin und komme mir so unbeschreiblich dumm vor.
Wäre ich jetzt in Köln, würde ich flüchten und mir die Birne wegbeamen, aber da ich mich in München aufhalte und keinen blassen Schimmer habe, wo die nächste Kneipe zu finden ist, schiebe ich diesen Drang zur Seite und lege meine Arme über mein Gesicht.
"Das weiß ich, Leo, und ich nehme es dir auch nicht übel. Du wolltest nur deine Mutter beschützen. Ich verstehe das!"
Ich weiß nicht warum, aber dieses Verständnis, das er mir entgegenbringt, macht mich wieder dermaßen wütend, dass mein Körper zu zittern beginnt.

"Zoey, komm. Wir gehen kurz in die Küche!", höre ich meine Mutter flüstern.
"Ich bleibe lieber..."
"Lass das Marcel machen. Er weiß schon, was er tut!"

Kaum sind die beiden verschwunden, klettert der Braunhaarige von mir runter und setzt sich neben mich auf den Boden.
"Es tut mir so leid, ich wollte das nicht... Wir fahren gleich morgen früh nach Hause und..."
"Nein! Ihr bleibt schön hier. Mir war schon klar, dass noch irgendetwas kommen wird, da das alles viel zu gut gelaufen ist. Ich nehme dir das wirklich nicht übel. Zum Glück hast du mich nicht getroffen, du hast wirklich ordentlich Kraft!"
Ich kann mich zwischen der Wut auf mich selbst, dem nicht erklärbaren Verständnis und der Scham, über das, was ich hier veranstaltet habe, überhaupt nicht auf eine Gefühlsregung festlegen und rolle mich deshalb auf den Bauch und vergrabe meinen Kopf unter den Armen.
Wenn mich nicht alles täuscht, könnte einer der Finger gebrochen sein, denn nicht alle Greiforgane lassen sich so reibungslos wie sonst bewegen und verursachen bei jedem Versuch einen furchtbaren Schmerz, der sich bis zu meinem Ellenbogen durchzieht.
"Ich hätte eh keine Chance gegen dich gehabt"
"Nur ein paar Sekunden länger, dann hättest du mich gehabt. Aber das spielt keine Rolle. Ich möchte jetzt bitte wissen, wie es deiner Hand geht!"
"Tut weh, wird aber wieder werden. Bin ja selbst schuld."
"Ne, ne. Zeig mal bitte her!"
Widerwillig strecke ich den entsprechenden Arm nach oben und atme tief durch, da das eigentlich gerade das Letzte ist, was mich interessiert.

"Wenn mich nicht alles täuscht, hast du dir einen Teil deines kleinen Fingers ausgekugelt", stellt Marcel fest, doch das juckt mich echt wenig, obwohl die Schmerzen immer stärker werden.
Ich sehe es als Strafe an, da ich solch eine Scheiße abgezogen habe.
"Lass ich dann von einem der Ärzte in der WG richten!"
"Das ist zu spät. Ich hole dir jetzt einen Kühlpad und dann fahren wir ins Krankenhaus. Das sollte so schnell wie möglich wieder in Ordnung gebracht werden!"
"Muss das wirklich sein? Das reicht doch auch morgen noch..."
"Das muss sein. Keine Widerrede!"
Während ich meinen Arm wieder auf dem Kopf ablege, verschwindet mein Opfer in die Küche.
Ich höre, wie die drei miteinander reden und Marcel ein paar Mal zu den Frauen sagt, dass er mich alleine fahren wird.

Ob er mich unterwegs entsorgen will?
Besser wäre es vielleicht...

"So. Jetzt stehst du auf und kühlst deinen Finger. Ich besorge dir schnell eine Jogginghose und deine Schuhe!"
Ich bin wirklich nicht gewillt mich in irgendeiner Weise zu bewegen, da ich lieber bis zu unserer Abreise so liegen bleiben und in Vorwürfen ertrinken würde, doch der Hausherr hat anscheinend ganz andere Vorstellungen.
Der klopft mir zweimal auffordernd auf den Rücken und greift danach, da ich keine Anstalten mache aufzustehen, um meinen Brustkorb und zieht mich nach oben, worauf ich letztendlich doch mitarbeite und kurze Zeit später auf meinen Beinen stehe.
"Hier, nimm!" Marcel drückt mir das in ein Handtuch eingewickelte Kühlpad in die Hand und verschwindet dann aus dem Zimmer.
Da mich mein schlechtes Gewissen so sehr plagt, laufe ich in die Küche und schaue meiner Mutter schuldbewusst ins Gesicht:
"Entschuldigung, ich wollte nicht...." Ich unterbreche meinen Satz, da mein Mund so sehr zu zittern beginnt und ich mir sicher bin, dass da nur noch klägliche Laute folgen werden.
Mama fackelt gar nicht lange, kommt auf mich zu und nimmt mich in den Arm:
"Das war eine blöde Situation. Es ist soweit nichts passiert. Ich weiß, dass du mich nur schützen wolltest."
"Es war so ein schöner Tag... und.. und ich mache... alles kaputt!" Ob meine Worte verständlich sind, kann ich nicht beurteilen, da mein Schluchzen wieder zunimmt und ich mich selbst kaum verstehe.
"Pscht, beruhige dich, Leo. Es ist nichts passiert!" Meine Mutter zieht meinen Körper fest an ihren und streicht mir sanft über meinen Hinterkopf, so wie damals, als ich noch klein war und ab und zu doch mal getröstet werden musste.

Als Marcel wieder in der Küche eintrifft, löse ich mich aus der Umarmung und wische mir nochmal mein Gesicht trocken.
"Zeig mal deinen Finger", bittet Tanja, worauf ich ihr meine Hand entgegenstrecke und selbst erschrecke, da mein kleiner Finger nicht mehr geradeaus, sondern eine Kurve nach links zeigt.
"Ist der wirklich nur ausgekugelt?", fragt Zoey und verzieht ihr Gesicht in alle Richtungen.
"Ich bin kein Arzt, aber bei Jimmy sah das auch mal so aus, als er seinen Daumen an einer Autotüre hat hängen lassen. Egal was es ist, es gehört behandelt und darum fahren wir jetzt auch sofort ins Krankenhaus. Hier Leo, zieh die Hose an!"
Zoey schnappt sich die Beinbekleidung, bevor ich meine unversehrte Hand danach ausstrecken kann und ist mir beim Anziehen behilflich.
Auch meine Schuhe bindet sie mir zu, da die Schmerzen in meiner Hand jetzt doch sehr stark werden und ich sie so wenig wie möglich bewegen will.
Zur Verabschiedung drückt mir meine bessere Hälfte einen Kuss auf die Lippen und lächelt mir leicht zu.
Leider kann ich das Lächeln so gar nicht erwidern.
Am liebsten würde ich mich in Dauerschleife selbst Ohrfeigen und sofort wieder nach Hause fahren.

Kaum sitzen wir im Auto, startet Marcel auch schon den Wagen und fährt los.
Ich fühle mich so schlecht und wage es nicht, auch nur den kleinsten Blick zu ihm zu werfen.

"Trinkst du viel, Leo?", fragt Marcel jetzt völlig zusammenhangslos.
"Nein!"
"Bist du sicher?"
"Manchmal vielleicht...", seufze ich vor mich hin und verstehe nicht, was er mit dieser Fragerei bezwecken will.
"Wann ist dieses manchmal?"
"Wenn ich wütend bin und mir alles zu viel wird. Wie kommst du jetzt da drauf?"
"Ich bin einfach nur von mir ausgegangen. Weißt du, du hast nie gelernt schlechte Gefühle zu verarbeiten. Du warst immer damit beschäftigt auf Abruf bereit zu stehen und dich auf den nächsten Kampf vorzubereiten. Dabei hast du alles andere nur verdrängt und nie wirklich verarbeitet. Mir diente der Alkohol lange Zeit als eine Art Trauerbewältigungsunterstützung und ich dachte mir, dass es bei dir vielleicht genauso sein könnte. Lass dir aber gesagt sein, dass das überhaupt keine Probleme löst, im schlimmsten Fall sogar noch mehr Probleme schafft."
"Ich weiß, hat Tom auch schon oft gesagt..."
"Was war vorhin denn genau los, dass deine Emotionen sich dermaßen überschlagen haben?"
"Ich habe schlecht geträumt.. Von Erik, wie er meiner Mutter weh tut und dann habe ich etwas fallen hören und den Schmerzlaut... Das hat mich so sehr daran erinnert, wie..." Ich unterbreche meinen Satz, da ich ihn nicht weiter ausführen will und Marcel eh weiß, wie er enden wird.
"Ich erzähle dir mal was. Das erklärt vielleicht auch, warum ich es dir nicht Krumm nehme und dich sogar eher verstehe. Als mein Kumpel mich damals ein paar Mal auf gewisse Auffälligkeiten in meiner Beziehung angesprochen hat, bin ich richtig wütend geworden, da es schließlich meine Sache war. Als er dann das Wort "häusliche Gewalt" ausgesprochen hat, bin ich total ausgerastet und habe auf ihn eingeschlagen, wie ein Verrückter. Warum? Keine Ahnung. Er hat mich einfach so wütend gemacht. Vielleicht weil ich dachte, dass ich alles im Griff habe und es keiner bemerkt. Sei es drum. Das Resultat war ein gebrochenes Handgelenk, ein fehlender Zahn, zwei blaue Augen und eine aufgeplatzte Lippe. Die Punkte waren gleichmäßig verteilt, da wir in etwa gleich stark sind. Im Nachhinein habe ich mich so sehr dafür geschämt und Abstand zu ihm gesucht, da ich mein schlechtes Gewissen kaum noch ausgehalten habe. Was hat er gemacht? Er hat so getan, als sei nie etwas passiert und hat mir überhaupt nichts übel genommen, da er wusste, dass diese Wut eigentlich überhaupt nicht für ihn vorgesehen war. Ich kann dir gar nicht sagen, wie froh ich über diese Reaktion war. Bei dir ist das alles nochmal eine Spur verständlicher und nachvollziehbarer und darum kannst du mir glauben, wenn ich sage, dass ich dir das nicht übel nehme. Wir kennen uns kaum und dass du dann in solch einer zweideutigen Situation an das denkst, was du leider so gut kennst, ist nicht verwerflich. Mach dir bitte keine Gedanken mehr darüber. Wir vergessen das Ganze einfach!"
Was ich darauf erwidern soll, weiß ich nicht.
Ein popliges Danke scheint mir zu wenig und mich vor ihm auf den Boden zu werfen, etwas zu viel.
Noch ehe ich mich entscheiden kann, was ich tun soll, stoppt Marcel auch schon auf dem Parkplatz eines Krankenhauses.

"Scheiße... Ich habe meinen Geldbeutel nicht dabei... Der muss irgendwo im Auto liegen, glaube ich!"
Nachdem Marcel sich abgeschnallt hat, winkt er mir ab:
"Egal jetzt. Daran habe ich auch nicht gedacht. Wenn die Behandlung als notwendig erachtet wird, werden sie uns nicht wegschicken. Deine Versicherungskarte können wir dann auch morgen nachreichen."
Somit machen wir uns auf den Weg zu der Eingangstüre des riesigen Betonklotz und werden von einer ausgesprochen netten jungen Frau empfangen, da wir an der Nachtpforte klingeln müssen.
"Hallo. Wie kann ich Ihnen helfen?"
Ich halte meine Hand nach oben und bringe ein gequältes Lächeln zustande, denn meiner Meinung nach, ist das Aussagekräftig genug.
"Oh, kommen sie rein. Das schreit schon förmlich nach einem Arzt!"
Auf dem Weg in eines der Behandlungszimmer erklärt meine Begleitung die Gegebenheit mit meiner Versicherungskarte, was Rosalie, so hat sie sich uns vorgestellt, nickend zur Kenntnis nimmt:
"Gut, im Normalfall behandeln wir nicht ohne das Kärtchen, aber das können wir wirklich nicht so lassen. Sie füllen mir nachher einfach einen Zettel aus, der als vorübergehender Nachweis gilt und bringen dann morgen das Kärtchen vorbei. In Ordnung?"
Marcel bestätigt das Ganze sofort, während ich mich auf die Behandlungsliege setze und jetzt schon Angst davor habe, dass ich gleich noch viel mehr Schmerzen habe werde.

Es dauert fast zwanzig Minuten, bis ein total verschlafener Arzt den Raum betritt.
Zum Glück scheint dieser ebenfalls friedlich gestimmt zu sein, denn auf einen mürrischen und zwecks dem Schlafraub nachtragenden Arzt kann ich wirklich gut verzichten.
"Hallo, die Herrschaften. Was haben wir denn für ein Problem?"
Auch ihm strecke ich meine Hand entgegen und vermittle somit gleich, was Sache ist.
"Oh. Was haben Sie angestellt?"

Ich wollte dem Herrn neben mir die Fresse polieren....

So lange wie ich noch nach den passenden Worten suche, haut Marcel eine etwas abgewandelte Form der Erklärung raus:
"Wir haben rumgeblödelt und dabei ist er ungeschickt auf seine Hand gefallen."
"Verstehe... Das müssen wir auf alle Fälle zuerst röntgen. Ohne Bildgebung kann ich nicht beurteilen, ob das betroffene Fingergelenk vollständig oder nur teilweise ausgekugelt ist. Außerdem sehen wir so auch, ob weitere Verletzungen entstanden sind. Ich schicke Ihnen gleich eine Schwester, die sie zum Röntgen bringt und anschließend besprechen wir das weitere Vorgehen."

In der Zeit, in der ich mich mit dem Knochenfotoapparat vergnüge, füllt Marcel den Wisch zwecks der fehlenden Versicherungskarte so weit wie möglich aus.
Die restlichen Details gebe ich ihm dann, als ich wieder auf der Behandlungsliege Platz nehme und auf den Weißkittel warte.

Es stellt sich heraus, dass mein Finger nur teilweise ausgekugelt ist, aber nichts desto trotz wieder in die richtige Position gebracht werden muss.
Der Arzt bittet mich, eine liegende Position einzunehmen, was ich dann auch sofort in die Tat umsetze.
Marcel stellt sich an die freie Seite und schnappt sich meine unverletzte Hand, vermeidet aber jeden Blickkontakt.
Ob er den schmerzverzerrten Gesichtsausdruck nicht sehen will oder sich unsicher ist, ob mir dieser Beistand unangenehm ist, weiß ich nicht, aber ich bin insgeheim froh, dass er mir Händchen hält.
Der erste Schritt besteht darin, meinen Finger zu betäuben, was mittels einer fiesen Spritze in das Grundgelenk meines kleinen Fingers geschieht.
Ich bin unendlich dankbar, dass ich Marcels Unterstützung genießen darf, denn die ganze Prozedur ist wirklich sehr schmerzhaft.
Zeit zum Verschnaufen bleibt mir überhaupt nicht, denn sobald das Betäubungsmittel greift, macht sich der Mediziner auch schon an die Arbeit und bringt das Gelenk mittels Zug wieder in die richtige Position.
Ganz schmerzlos ist die ganze Prozedur nicht, was auch der Händchenhalter bemerkt, denn dem zerquetsche ich fast die Hand.
Nach einem Kontrollröntgen wird der kleine Finger an den Ringfinger mittels eines Tapes fixiert und ich wieder in die Freiheit entlassen.

Gähnend lasse ich mich auf dem Beifahrersitz nieder und würde am liebsten die Augen schließen und schlafen, jedoch muss ich erst noch eine Sache hinter mich bringen:
"Danke für deinen Beistand. Das.. Ich... Wenn..."
Da ich einfach nicht die richtigen Worte finde und nur irgendetwas vor mich hin stammele, übernimmt der andere männliche Part in diesem Auto das Wort:
"Habe ich gerne gemacht und ich stehe auch jederzeit wieder zur Verfügung. Hast du starke Schmerzen?"
"Nein, es geht. Ich bin nur müde!"
"Das glaube ich dir. Jetzt fahren wir nach Hause und du gehst dann schlafen. Morgen beginnen wir ganz von vorne und vergessen unser kleines Gerangele. Einverstanden?"
"Bist du sicher, dass du mir das verzeihen kannst?", frage ich unsicher und drehe meinen Kopf zu dem Angesprochenen.
"Das letzte Mal, als ich mir einer Sache so sicher war, habe ich deine Mutter geküsst und sie gefragt, ob sie mit mir zusammen sein will!"
"Ich hoffe, wir zwei können das mit dem Kuss überspringen!"
"Hahaha. Spinner!"

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