Part 170
Phils Sicht
Mittlerweile haben wir es kurz nach acht Uhr abends und Cecilia hat sich nicht einmal blicken lassen.
Stephan und Oli, die vor ein paar Minuten vom Dienst heim gekommen sind, wurden von Franco über unseren reizenden Gast informiert.
Herr Sindera, Rebekka, Tristan und auch Oli sind meiner Meinung und wollen das Mädel nicht einfach so in die Obhut eines Fremden abgeben, während Franco tausend Tode stirbt und das volljährige Kind am liebsten eigenhändig vor die Türe setzen würde.
Herr Mayer hängt total beflügelt auf dem Sofa ab, weiß der Geier, was der sich eingeschmissen hat, und hat zuletzt verlauten lassen, dass unsere Chaoten in München angekommen sind.
Egal was er genommen hat, ich hätte auch gerne etwas davon.
Herr Hetkamp hat momentan die besten Karten, denn der ist zu seiner Schicht abgedampft.
"Phil? Was meinst du dazu?", will Tristan wissen und wirft mir einen ernsten Blick zu.
Leider Gottes habe ich keine Ahnung, was die vier gerade beratschlagt haben, da ich gedanklich an irgendeinem Strand liege und mich von der Sonne verbrennen lasse.
"Wie fällt das Urteil aus, wenn ich Bestätige?"
Stephan stöhnt laut auf und stützt seinen Kopf auf seinem Arm ab:
"Er hat überhaupt nicht zugehört!"
Gut kombiniert, Stephan!
Oli schüttelt mit dem Kopf, erbarmt sich aber mir eine kurze Zusammenfassung zu geben:
"Wir müssen die Bombe da oben unbedingt entschärfen. Was meinst du, was hier los ist, wenn Zoey und Leo zurückkommen und das Mädel mit diesem Temperament über die beiden herfällt? Das gibt Krieg. Wenn wiederum ein Schlachtfeld entsteht, tut das Tom gar nicht gut... Rebekka hat zwar vorgeschlagen, zu sich zu gehen, aber Tom wird Zoey nicht zurücklassen und die wird wiederum nicht das Feld räumen. Was sie ja auch nicht soll, aber ja... Des Weiteren haben wir uns überlegt, ob wir einen Kompromiss vorschlagen könnten. Cecilia kann zu ihrem Freund, kommt aber abends hierher, damit wir sie ein klein wenig im Auge haben. Außerdem wäre es sicherlich von Vorteil, wenn wir sie tatsächlich zu einem Praktikum bewegen könnten. So blindlings können wir sie niemals in ihre Zukunft laufen lassen!"
Ich nicke verstehend vor mich hin, obwohl ich schon bei der Erwähnung von Zoeys Namen abgeschaltet habe.
Ich bin mir sicher, dass das nur in einer Katastrophe enden kann und ich werde schuld an diesem unausweichlichen Chaos sein.
Ob es die Situation entschärft, wenn ich unsere Hexe anrufe und berichte, dass ich vergessen habe, sie einzuweihen?
Wäre sicherlich nicht von Nachteil.
"Phil? Sag mal, hast du mir überhaupt zugehört?" Oli stupft mir mit seinem Ellenbogen in die Seite und mustert mich kopfschüttelnd.
"Klar. Soll ich Zoey anrufen und sie schon auf Cecilia vorbereiten? Wäre nur fair, damit sie sich darauf einstellen kann und sich nicht hintergangen fühlt!", schlage ich vor, bekomme aber sofort ein Veto von Rebekka:
"Nicht jetzt! Warte erst ab, wie sich das Wiedersehen mit Leo und Tanja entwickelt, sonst könnte das in die Hose gehen. Wenn Zoey Leo aufbauen muss und dann noch solch eine Nachricht aufgetischt bekommt, dann wird das zu viel. Wenn sie sich morgen gemeldet hat und alles gut läuft, kannst du es ihr sagen. Das ist jetzt zumindest meine Meinung!"
Da ich den Wald gerade eh vor lauter Bäumen nicht mehr sehe und Frau Tersing in psychologischer Hinsicht mehr Ahnung hat als ich, stimme ich ihrem Vorschlag zu und lebe einfach bis morgen mit meinem schlechten Gewissen.
"Gut. Machen wir es so. Und jetzt? Soll ich mal versuchen, sie dort oben raus zu locken?", frage ich in die Runde.
"Ohne Cecilia ist es schwer, ein Gespräch mit ihr aufzubauen. Wäre also von Vorteil!", sagt Oli und grinst mich blöde an, da er merkt, dass ich komplett überfordert bin.
"Helft ihr mir bei der Raubtierbändigung?" Ich brauche erst die Bestätigung für ein gewisses Maß an Beistand, bevor ich mich an diese Herausforderung wage.
"Er hat uns wirklich kein bisschen zugehört!", sagt Stephan und stöhnt einfach nur vor sich hin.
Da sich das ganz klar nach einer Zusage anhört, rappel ich mich von meinem Stuhl auf und laufe eine Etage höher.
Die einzige Türe, die verschlossen ist, ist die von Toms Zimmer, also gehe ich davon aus, dass sich Cecilia dort verschanzt hat.
Tief durchatmend stelle ich mich vor die funktionelle Holzplatte und klopfe sanft dagegen.
Nichts. Keine Reaktion.
Ich klopfe ein weiteres Mal, nur viel energischer, doch auch darauf bekomme ich keine Antwort.
"Cecilia? Kannst du bitte mal rauskommen? Wir müssen reden!"
"Was verstehst du eigentlich nicht daran, wenn ich sage, dass ich nicht gestört werden will?", ertönt es bitterböse aus dem Raum hinter der Türe.
"Sorry, aber wir müssen über diese... Situation sprechen. Kommst du bitte?"
"Keinen Bock!"
Ich fahre mir mit einer Hand durch die Haare und verspüre den Drang, meine Stirn ein paar Mal gegen das Holz zu hämmern, unterlasse es jedoch, da das keinen guten Eindruck schinden könnte.
"Cecilia. Komm bitte mit runter und rede mit uns!"
"Was wenn nicht?"
"Ich habe wirklich keine Lust dir mit irgendetwas zu drohen. Entweder du kommst freiwillig..."
"... oder was? Das ist doch schon eine Drohung, oder nicht? Verkrümele dich endlich. Du störst."
Meine Güte....
Nicht mal Zoey war jemals so frech...
Was hast du dir nur dabei gedacht, Phil?
Während ich gequält versuche in meinem Kopf nach einer Lösung zu suchen, kommt einer der Männer die Treppen hoch getrampelt.
Tristan schiebt mich zur Seite und klopft sehr kraftvoll gegen das Holz, das Zimmer und Flur voneinander trennt.
"Du hast zwei Minuten Zeit, um dich unten im Esszimmer einzufinden. Ohne Gespräch gehst du morgen nirgendwo hin. Die Zeit läuft ab jetzt!"
Einen kurzen Augenblick erschrecke ich vor der dunklen, autoritären Stimme des Oberarztes und mustere sein ungewohnt strenges Gesicht.
Als er mein Starren bemerkt, grinst er mich kurz an und zeigt mir mit einem Handzeichen, dass ich ihm nach unten folgen soll.
Kaum steht er auf der ersten Treppenstufe, informiert er das bockig Geschöpf über die restlich verbleibende Zeit:
"Die Zeit wird knapp. Eine Minute noch!"
Gerade als wir das Esszimmer betreten, hört man, wie sich im ersten Stock eine Türe öffnet und ein abfälliges Schnauben ertönt.
Vielleicht sollten wir mal auf Tollwut testen lassen...
Als wir uns mit unseren Hintern auf den Stühlen platzieren, zieht auch das Unwetter Cecilia im Esszimmer ein und nimmt auf der Kopfseite, mit genügend Abstand zu uns, Platz.
Ihre Unwilligkeit demonstriert sie mit verschränkten Armen vor ihrem Körper und einer Fresse, die sie bis zum Boden zieht.
Ich atme einmal tief durch und nehme mich dann Beatrice' Tochter an:
"Zu aller Anfang wäre es vielleicht sinnvoll, wenn du weißt, wer hier alles wohnt. Also, das sind Tristan, Stephan, Oli, Franco und Rebekka. Da drüben auf dem Sofa sitzt Tom und in ein paar Tagen kommen Zoey und Leo zurück. Alex ist derzeit beim Arbeiten." Alle namentlich genannten und anwesenden erheben kurz die Hand, damit sie den Namen zugeordnet werden können und versuchen, einen einigermaßen freundlichen Gesichtsausdruck aufzulegen.
"Super. Ich überschlage mich vor Freude. Was willst du jetzt?"
"Wie wäre es, wenn du einen anderen Ton anschlagen würdest? Bei uns herrscht ein normaler Umgangston und wir verstehen auch ohne deine abwertende Stimmlage, dass du keine Lust auf ein Gespräch hast. Allerdings bist du Gast bei uns und daher sollten wir einige Dinge klarstellen. Zuerst möchte ich, dass du verstehst, dass ich während der Abwesenheit deiner Mutter die Verantwortung trage und daher auch etwas über deine Aktivitäten im Bilde sein sollte!"
"Ich bin achtzehn und nicht acht. Ich bin dir sicherlich keine Rechenschaft schuldig. Ab morgen bin ich eh weg, also was machst du so einen großen Aufriss?"
"Das ist der zweite Punkt, den ich ansprechen möchte. Deine Mutter hat mich nicht umsonst gebeten, dich bei uns aufzunehmen. Ich möchte nicht, dass du für ein halbes Jahr zu einem mir Unbekannten ziehst und ich zu keiner Zeit weiß, wie es dir geht. Falls dir irgendetwas passieren sollte.."
"Boah, Alter. Was verstehst du denn nicht daran? Ich bin volljährig und kann selbst entscheiden, was ich mache. Ich brauche niemanden mehr, der mir Händchen hält und andauernd meine Aktivitäten überwacht. Mein Freund wird sich schon um mich kümmern! Wars das?"
"Nein, das wars noch lange nicht!" Langsam komme ich so richtig in Fahrt, da mich diese Einstellung wirklich zur Weißglut treibt.
"Was denn noch?", will Cecilia augenverdrehend wissen und betrachtet die Beschaffenheit ihrer lackierten Nägel.
"Ich möchte dir einen Kompromiss anbieten. Du kannst tagsüber zu deinem Freund, verbringst Zeit mit ihm und bemühst dich, tatsächlich einen Praktikumsplatz zu finden. Meiner Meinung ist es wichtig, sich selbst um seine Zukunft zu kümmern und sich nicht von einer anderen Person abhängig zu machen. Was würde aus dir werden, wenn dich dein Freund nicht mehr will? Du stehst ohne Ausbildung oder dergleichen da und musst zurück zu Mama kriechen. Ist das in deinem Sinne?"
"Boah, ehrlich... Warum sollte mich mein Freund verlassen? Er liebt mich und ist froh, dass er mich hat. Falls es jemals dazu kommen sollte, dass wir uns trennen, werde ich mir einen anderen suchen. Was meinst du, wie schnell ich wieder einen Kerl um den Finger gewickelt habe? Die stehen bei mir Schlange!"
Tief in meinem Inneren bin ich geschockt.
Ich kann nicht verstehen, wie man mit achtzehn Jahren solch eine Einstellung haben kann und nichts aus seinem Leben machen möchte.
Selbst Rebekka, die bestimmt einiges von ihren Patienten gewohnt ist, sieht leicht geschockt aus.
"Von meiner Seite aus ist alles gesagt. Danke fürs Gespräch. Ciao!" Schneller als ich gucken kann, steht das möchtegern erwachsene Kind auf und marschiert wieder auf die Treppen zu, um sich nach oben zu verkrümeln.
Tristans schriller Pfiff lässt uns alle zusammenzucken und selbst Cecilia bleibt stehen und wendet sich ihm zu.
"Junges Fräulein, wir sind noch nicht fertig! Du möchtest gerne erwachsen sein, dann benimm dich auch so! Zum Erwachsensein gehört viel mehr, als nur sein eigenes Ding durchzuziehen. Deinen Hang zum Realitätsverlust können wir so nicht hinnehmen und werden dich in deinem Verhalten auch in keiner Weise unterstützen. Du kommst jetzt bitte wieder hierher, setzt dich hin und führst mit uns ein ordentliches Gespräch. Ansonsten wird Phil deiner Mutter anrufen, dass sie ihren Arbeitseinsatz unterbrechen muss und ich werde dich höchstpersönlich nach Hause fahren. Das ist kein Scherz. Haben wir jetzt eine grundlegende Basis zur normalen Gesprächsbereitschaft oder wollen wir weiterhin die Schiene eines verzogenen, bockigen Kindes durchziehen?"
Meine Kinnlade würde jetzt ungebremst auf der Tischplatte aufschlagen, wenn ich nicht noch einen Funken Selbstbeherrschung aufweisen könnte.
Die anderen Herrschaften sind ebenfalls erstaunt von dieser ungewohnten Härte in Tristans Stimme und auch bei ihnen scheinen die Worte zu wirken, denn plötzlich richtet sich jeder auf und setzt sich ordentlich hin.
Wenn es nicht so traurig wäre, dass dieses Kind anscheinend keinerlei Erziehung genossen hat, würde ich jetzt eventuell auch lachen.
In Cecilias Blick ändert sich etwas.
Was genau, kann ich nicht beurteilen, aber Tristans Strenge zieht besser als mein Versuch, auf Augenhöhe zu bleiben.
Das Mädel kommt langsamen Schrittes zurück und setzt sich wieder auf den Stuhl, auf dem sie zuvor mit abwehrender Haltung saß.
Dieses Mal allerdings eine Spur Gesellschaftstauglicher.
Ihr Blick richtet sich auf Herrn Ontsheim, der hier ganz klar den richtigen Ton angeschlagen hat und jetzt auch anfängt, das Gespräch zu leiten:
"Verstehst du, was es bedeutet, die Verantwortung für einen anderen Menschen zu übernehmen?"
"Ja", kommt es kleinlaut von der Zicke, worauf unser WG Mitglied weiter fortfährt:
"Gut. Dass Phil die Verantwortung für dich übertragen bekommen hat, bedeutet nicht, dass er Babysitter spielen und dich auf Schritt und Tritt verfolgen wird. Denn, so wie du schon gesagt hast, bist du volljährig und mächtig, eigene Entscheidungen zu treffen. Doch nur, weil du volljährig bist, bedeutet das nicht, dass jede deiner Entscheidungen von anderen bewilligt werden und für richtig gehalten werden muss. Es gehört ein gewisses Maß an Erfahrungen dazu, um abwägen zu können, was man mal ebenso ausprobieren kann und was definitiv zu einer Katastrophe führt. Dafür sind Phil und auch wir im Hintergrund da. Diese schon genannte Verantwortung beinhaltet zum Beispiel auch Beistand zu leisten, wenn du dir unsicher oder mit deinem Latein am Ende bist. Dir mit Rat zur Seite zu stehen, um dich größeren Katastrophen zu schützen und dir den bestmöglichen Weg zu weisen. Es will dir hier niemand etwas vorschreiben oder verbieten, aber dein Vorhaben können wir dich nicht einfach so durchziehen lassen, da wir dich sonst direkt in dein Verderben rennen lassen. Das kann keiner mit seinem Gewissen vereinbaren. Im Normalfall sind wir ganz umgängliche Typen und drücken auch das ein oder andere Auge zu, aber wenn du uns schon von vornherein so trotzig und abweisend begegnest, kannst du nicht erwarten, dass wir dir Honig ums Maul schmieren. Haben wir uns verstanden?"
"Ja!"
Oh, plötzlich so wortkarg?
Tristan legt einen zufriedenen Gesichtsausdruck auf und nickt mir zu, damit ich weiß, dass ich wieder das Zepter übernehmen kann.
"Können wir uns denn darauf einigen, dass du dich abends wieder bei uns einfindest? Vielleicht können wir auch mal deinen Freund kennenlernen und ein paar Takte mit ihm reden. Wenn man weiß, mit wem man es zu tun hat, könnten wir uns gerne nochmal zusammensetzen und neu über alles diskutieren", schlage ich vor und treffe natürlich nicht auf Begeisterung, was mir durch leichtes aufblasen der Backen signalisiert wird.
"Ich denke nicht, dass mein Freund dem zustimmen wird. Aber wenn es dich besser schlafen lässt, sage ich eben zu. Das kannst du ja dann mit ihm verhandeln!"
Zufrieden stimmt mich diese Antwort ganz und gar nicht, aber im Geheimen habe ich die Hoffnung, dass zumindest der Mitte Dreißigjährige etwas Hirn besitzt und mit sich reden lässt.
"Was hältst du davon, dir einen Praktikumsplatz zu suchen?"
Ein genervtes Stöhnen dringt an unsere Ohren:
"Alter.. "
Kaum ist dieses Wörtchen aus dem Mund gehuscht, räuspert sich Tristan etwas lauter und stützt sich mit seinen Unterarmen auf der Tischplatte ab.
Cecilia sieht nur einen sekundenbruchteil zu ihm, bevor sie sich ebenfalls räuspert und mich wieder ins Visier nimmt:
"Phil, ich habe ehrlich gesagt keine Lust ein Praktikum zu machen. Ich weiß gar nicht, wo ich hin gehen sollte. Das ist reine Zeitverschwendung!"
"Ich nehme an, dass du dir noch nicht ein einziges Mal Gedanken darüber gemacht hast. Wie wäre es, wenn du dir heute Abend einfach mal durch den Kopf gehen lässt, was dir gefallen würde und worin deine Stärken liegen, mh? Schreib das alles auf und wenn du morgen abend von deinem Freund zurück kommst, dann schauen wir uns das gemeinsam an. Außerdem sind Praktika dafür da, um herauszufinden, ob einem die eingeschlagene Richtung wirklich gefällt oder ob es doch nicht das ist, was man sich vorgestellt hat. Mach was aus deiner Zeit und lass sie nicht nutzlos verstreichen!"
"Ich kann es versuchen", nuschelt das Fräulein vor sich hin, hört sich aber keinesfalls überzeugt an.
Tatsächlich habe ich mit einigem gerechnet, was das Temperament von Cecilia betrifft, aber dass Beatrice ihre Tochter machen lässt, was sie will und das Kind um das Zehnfache schlimmer ist als ihre Mutter, überrascht mich dann doch mehr als gedacht.
"Darf ich wieder nach oben? Ich bin müde!"
"Möchtest du denn noch etwas essen?", will ich wissen, damit man mir später nicht nachsagen kann, ich würde das Kind verhungern lassen.
"Nein!"
"Okay, dann abmarsch. Schlaf gut!"
Ohne uns eines weiteren Blickes zu würdigen, zischt das mir jetzt schon graue Haare verschaffende Kind ab und knallt hörbar laut die Türe im Obergeschoss zu.
Leider ist unsere neue Betitelung, die Cecilia zischend über die Lippen bringt, nicht zu überhören:
"Arschgeigen!"
Ich schließe meine Augen und lege meinen Kopf in den Nacken:
"Es tut mir leid. Ich wusste nicht, dass sie so... Boah, mir fehlen einfach die Worte!"
"Das ist schon ein Kaliber für sich. Mann o Mann. Ich werde mich nie wieder, in meinem gesamten Leben, über Zoey beschweren. Die ist im Gegensatz zu diesem Temperamentsbolzen das reinste Lämmchen!", stellt Oli fest und spricht sicherlich aus, was wir alle denken.
"Mein lieber Schieber, Tristan, ich wusste gar nicht, dass du so streng sein kannst!" Auf Francos Worte hin, öffne ich wieder meine Augen und schaue den Genannten an.
Dieser zuckt unbeeindruckt mit den Schultern:
"Manchmal muss man einfach etwas Strenge in die Stimme legen und dann klappt das auch. Ich schätze, dass Cecilia zuhause absolute Narrenfreiheit hat. Wenn man es dann nicht anders kennt, lässt man sich von niemandem etwas sagen. Wir müssen da von Anfang an die Bremse reinhauen, sonst tanzt sie uns nur auf der Nase herum. Ich möchte eigentlich auch nicht in diesem Ton mit ihr reden, aber die normale Schiene funktioniert ja offensichtlich nicht. Hoffentlich bekommen wir das hin, bis Zoey und Leo wieder hier sind. Euer Mädchen lässt sich auf solch einen Umgang nämlich auch nicht ein. Soweit kenne ich sie dann doch schon ganz gut!"
Herr Sindera gibt auch noch etwas zum Besten, was mein schlechtes Gewissen nicht unbedingt entschärft:
"Wenn man bedenkt, dass das mit Clea noch gar nicht so lange her ist und sie mit weiblichen Wesen eh auf Kriegsfuß steht, dann sehe ich ziemlich schwarze Wolken auf uns zukommen. Cecilia muss sich unbedingt benehmen, denn ich möchte nicht, dass die letzten paar Wochen, die Zoey in der WG verbringt, zu einem Horrortrip werden!"
Ich stimme Stephan absolut zu und werde mir einen guten Plan überlegen müssen, um das alles irgendwie in richtige Bahnen zu lenken.
Natürlich wären alle Probleme damit gelöst, wenn ich Cecilia einfach zu ihrem Freund gehen lasse und sie aus dem Schuss ist, aber das kann ich absolut nicht verantworten.
"Ich werde morgen früh ihren Freund abfangen und versuchen mit ihm zu reden. Vielleicht kann er uns ja irgendwie weiterhelfen und etwas unterstützen!", schlage ich vor und ernte die volle Zustimmung.
Tristan opfert sich ebenfalls und möchte mich bei dem Gespräch unterstützen, was ich dankend annehme.
Mir fällt dann auch gleich noch ein, dass Tom bald seinen nächsten Psychologentermin haben müsste und möchte gerne in Erfahrung bringen, wann das genau ist.
Falls es ihm anschließend wieder so zu schaffen macht, wie die letzten zweimal, muss ich das Fräulein bitten, sich an diesem Tag wirklich zusammen zu reißen, denn zusätzlich eintreffender Stress ist da nicht unbedingt förderlich.
"Tom?" Ich drehe mich Richtung Sofa um und warte auf eine Reaktion, aber der Angesprochene meldet sich nicht zu Wort.
Rebekka steht sofort auf und macht sich auf den Weg zu ihrem Liebsten, um festzustellen, dass er schläft.
"Hier läuft die größte Diskussion und Herr Mayer schläft einfach. Unglaublich!", lacht Frau Tersing und schüttelt amüsiert den Kopf.
"Nicht mehr lange. Er sollte dringend etwas essen. Außer heute Mittag hat er seinem Magen nichts mehr zugeführt", lässt Tristan verlauten und sieht alles andere als glücklich aus.
Tom isst in der Tat sehr wenig und muss immer daran erinnert werden, aber ich habe die Hoffnung, dass sich das von alleine wieder einpendelt, genauso wie das mit dem Schlafen.
"Was wolltest du denn wissen?", fragt Rebekka und kehrt wieder zu ihrem Sitzplatz zurück.
"Wann er seinen nächsten Termin beim Psychologen hat. Ich möchte nicht, dass er mit sich selbst zu kämpfen hat und dann auch noch unter Umständen solch einem Spektakel wie gerade eben ausgesetzt ist."
In diesem Fall scheint Stephan voll im Bilde zu sein:
"Übermorgen steht der nächste Termin an. Vielleicht sieht die Welt bis dahin auch wieder etwas anders aus. Falls nicht, dann quartieren wir ihn eben doch aus, damit er zur Ruhe kommen kann!" Der Polizist sieht zu Rebekka, die sofort nickt:
"Klar. Meine Wohnung steht jederzeit zur Verfügung. Du kannst spontan entscheiden, Tom hat einen Schlüssel. Sag mir dann einfach Bescheid, ob ich hierher oder zur WG kommen soll."
"Geht klar. Gibt es sonst noch etwas zu bedenken? Wann kommen die Kids zurück?"
Ich überlege kurz, was die zwei verlauten haben lassen, bin mir aber auch nicht zu hundert Prozent sicher:
"Ich weiß nur, dass sie ungefähr drei Tage bei Tanja bleiben und sich dann mit diesen Jungs treffen. Das wären dann zwei Tage, glaube ich. Also müssen wir schauen, dass wir in den nächsten fünf Tagen alles auf die Kette bekommen."
Da es momentan noch eher nach einem Ding der Unmöglichkeit aussieht, blasen wir alle die Backen auf und stoßen die Luft laut aus.
Ich versuche mich jetzt einfach auf einen positiven Verlauf einzustellen und an das Gute in diesem Mädchen zu glauben, denn im Grunde kann sie ja auch nichts dafür, dass Beatrice sie so verkorkst hat.
Wird schon schief gehen.
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