Part 123
"Tom, jetzt mach dir doch nicht so einen Kopf. Die werden zu tun haben und sich bei dir melden, wenn sie können! Leg das Handy weg und entspann dich mal!", wettert Phil im Wohnzimmer, als ich die Haustüre so leise wie möglich öffne.
"Ja, aber ich versuche schon seit gestern Marc, Cedric und Robin zu erreichen... Das ist doch nicht normal, dass alle drei nicht an ihr Handy gehen! Die haben noch nicht einmal meine Nachrichten gelesen!", schnaubt Herr Mayer, worauf ein dumpfer Schlag zu hören ist.
Ich bin mir sicher, dass er sein Handy auf den Wohnzimmertisch geschmissen hat.
Ooookay, wir erzählen heute nichts von Szymon!
Er ist eh schon schlecht gelaunt und dann sollte man nichts herausfordern.
Aus dem oberen Stockwerk ist eine Türe zu hören.
Noch bevor ich irgendeine Bewegung vollziehen kann, kommt auch schon Franco die Treppe herunter gelaufen:
"Alles okay, Zoey? Warum stehst du dort wie angewurzelt?"
"Ähm... Ich...", da ich mit diesem schnellen Informationsaustausch nicht gerechnet habe, fällt mir spontan keine Erklärung ein, warum ich in der offenen Türe herum stehe und mich keinen Millimeter bewege.
Direkt vor meiner Nase bleibt der Italiener stehen und sieht mir in die Augen:
"War es so anstrengend bei Nico?"
"Jup!", mit einem zusätzlichen Kopfnicken bestätige ich Francos Annahme und werde von ihm weiter in den Flur geschoben, damit er die Türe schließen kann.
"Hast du Leos Jacke an?"
"Ja. Ich... Meine war mir zu kalt und...", stammele ich vor mich hin und bin heillos überfordert.
In meinem Inneren steigt die Angst auf, dass die Männer mir auf die Schliche kommen und in der nächsten Stunde eine heiße Diskussion ausbricht.
Mein Herzschlag dröhnt in meinen Ohren und eine enorme Kälte nimmt Besitz von meinen Händen ein.
Herr Fabiano platziert eine seiner Handflächen auf meiner Stirn und zieht die Augenbrauen zusammen:
"Was ist los? Fühlst du dich nicht gut?"
Direkt nach diesem Satz steht auch schon der anwesende Notarzt parat und will wissen, was los ist.
Die Hand von meiner Stirn verschwindet und der zugehörige Mensch gibt Phil antwort:
"Irgendwie ist sie komisch!"
"Zoey, alles in Ordnung?", kommt auch schon die erwartete Frage von meinem Hintermann.
"Ja, ich... Ich bin nur müde und habe Hunger! Sonst ist alles gut!"
Nach einem tiefen Atemzug zwinge ich mich endlich meinen Rucksack abzustellen und Leos Jacke auszuziehen.
"Ich mache dir schnell was vom Mittagessen war. Habt ihr keine Pizza gegessen?", will Phil wissen, bevor er sich vollends von mir abwendet.
Super...
Sage ich nein, dann kann ich das Fehlen des Geldes nicht erklären...
"Doch, aber die hat so komisch geschmeckt und dann hat Leo die gegessen", grinse ich an und ziehe mir nebenher meine Schuhe von den Füßen.
Ganz so Glücklich sieht der Notarzt nicht aus, belässt es aber vorerst dabei und verschwindet in der Küche.
"Hast du schon gesehen, dass Papa wieder da ist?" Franco legt mir einen Arm um meine Schultern und will mich mit ins Wohnzimmer ziehen, doch ich winde mich aus seinem Griff und sage ihm, dass ich erst dringend auf die Toilette muss.
Ich warte auch gar nicht lange auf irgendeine Reaktion, sondern verschwinde direkt in die Beautywerkstatt.
Dort angekommen, werfe ich mir erst einmal ein paar Ladungen kaltes Wasser ins Gesicht, damit sich mein Gehirn mal wieder besinnt und auf Normalmodus switcht.
Warum ich heute dermaßen Probleme habe, meine Missetaten zu ignorieren und so zu tun, als sei nichts besonderes geschehen, kann ich mir selbst nicht erklären.
Ich versuche mein Gewissen zu beruhigen und rede mir gut zu, dass ich Tom innerhalb der nächsten zwei Tage ein Geständnis liefere, wenn er dann auch wieder bessere Laune hat.
Eigentlich würde ich mich jetzt liebend gerne in meinem Bett verkriechen und mich von allem und jedem abschotten, aber das wäre leider mehr als auffällig und darum gebe ich mir einen Ruck und laufe im Zeitlupentempo ins Wohnzimmer.
Tom liegt auf unserem neuen Sofa, mit einer kuscheligen Decke über seinem Körper und starrt Löcher in die Luft.
Wie gerne würde ich mich jetzt einfach zu ihm kuscheln und meine Gefühle wieder erden, aber ich bin mir leider nur allzu sicher, dass er spürt, dass irgendetwas nicht stimmt.
Als Phil mit einem voll beladenen, dampfenden Teller aus der Küche gelaufen kommt, mustert er mich skeptisch und sieht zwischen mir und Tom hin und her.
Vermutlich denkt er, dass irgendetwas vorgefallen ist, denn mein Verhalten ist sehr abnormal.
Das Geräusch des abstellenden Tellers ruft mir in Erinnerung, dass ich mich jetzt irgendwie bewegen muss und schlage natürlich zuerst den Weg zu Herrn Mayer ein.
Als ich direkt neben ihm stehe, erhellt sich seine Mine in Rekordgeschwindigkeit und er breitet seine Arme aus, um mich in Empfang zu nehmen.
Leider bekomme ich nur ein wackeliges Grinsen zustande, da ich befürchte, dass bei der kleinsten Körperberührung alle Alarmglocken bei dem Polizisten aktiviert werden.
"Wer wird denn da meine angebotene Umarmung ignorieren?" Tom zieht eine beleidigte Schnute, die mir dann doch einen Ruck gibt, damit ich mich in seine Fänge begebe.
Kaum haben sich die männlichen Arme um meinen Körper gelegt, zieht er mich mit einem Ruck auf seine Vorderseite und stöhnt kurz schmerzerfüllt auf.
"Tom! Auch wenn Madame ein Fliegengewicht ist, solltest du langsam machen!", giftet Phil sofort los, was Herrn Mayer natürlich überhaupt nicht interessiert:
"Jaja!"
Meine eingenommene, versteift Haltung löst sich in Sekundenschnelle auf, als die Körperwärme meines lebendigen Kissens auf mich übergeht und sein Geruch meine Sinne einlullt.
Ich vergrabe mein Gesicht in seiner Haßberge und genieße das berauschende Gefühl der Sorglosigkeit, auch wenn es nur für eine kurze Zeit anhält.
"Alles gut, Prinzessin?"
Ich nicke leicht vor mich hin und versuche sofort von mir abzulenken, damit keine dummen Fragen auftauchen:
"Was macht dein Rücken und wie geht es deinem Zeh?"
"Alles noch dran und nichts, woran ich sterben werde!"
Im Hintergrund ist Stereo-Gebrumme zu hören und ich weiß ganz genau, dass Herr Mayer die medizinisch Angehauchten mit seinen Worten wieder auf die Palme bringt.
"Zoey, komm essen, bevor es kalt wird. Du kannst nachher wieder zu dem sturen Bock", fordert mich Phil auf und sorgt dafür, dass Tom leise vor sich hin lacht.
"Kannst du mich von dir wegschieben? Meine Rückenmuskulatur hat ihre Dienste untersagt!", tatsächlich merke ich erst jetzt, dass mir Nicos Massage wieder mehr Schmerzen eingebracht, als beseitigt hat.
Natürlich ist mein Gedankenneutralisator so gütig und kommt meiner Bitte nach.
Bevor ich mich vollends von ihm entferne, drücke ich ihm einen Kuss auf die Backe und setze mich anschließend zwischen Phil und
Franco an den Esstisch.
Die undefinierbare Pampe auf meinem Teller lässt mich unbegeistert das Gesicht verziehen.
Ich bin mir nicht sicher, ob Phil mir auf den Teller gekotzt hat oder ob das tatsächlich etwas Essbares darstellen soll.
"Jetzt guck nicht so! Das sieht echt scheiße aus, aber es schmeckt fantastisch!", lacht Franco neben mir, während ich versuche, die komischen Komponenten, die ich mit der Gabel voneinander trenne, zu erraten.
"Tom wollte es zuerst auch nicht essen, aber dann konnte er gar nicht genug davon bekommen. Da ist nur Hackfleisch, Schafskäse, Spinat, Tomaten, Kartoffeln, Sahne und Gratinkäse drin", erklärt mir Phil, der sich somit auch als Koch entpuppt.
Mit gerümpfter Nase tauche ich die Gabel in den Haufen Pampe und führe diese minimal beladene mit Zinken ausgestattete Nahrungsmittelaufnahmegerät an meinen Mund.
Zugegebenermaßen schmeckt dieses Zeug gar nicht mal so schlecht, aber mein Gehirn möchte mich bei diesem unschönen Anblick dazu animieren, die hungerstillende Aktion zu beenden.
"Wie war die Schule?", startet Phil ein Gespräch, was mir sofort einiges an Adrenalin durch den Körper pumpt.
"Warum?"
"Rein aus Interesse... Hat alles geklappt?"
"Klar doch!"
Tom mischt sich zusätzlich ein und zieht sich mit einer Hand an dem Sofarückenteil in eine aufrechte Sitzposition:
"Hat der Griemer gesagt, was er bei uns wollte?"
"Nö!"
Du hättest dich besser auf das Gespräch vorbereiten sollen!
Herr Mayer zieht die Augenbrauen zusammen und schüttelt leicht den Kopf:
"Seltsam... Dabei war das doch anscheinend sooooo wichtig!"
"Keine Ahnung. Kennst ihn doch. Vielleicht saß mal wieder ein Furz quer und ihm ist erst im Nachhinein bewusst geworden, dass es nicht so wichtig ist!"
"Hast du dein Referat abgegeben?", rattert Tom die nächste Frage herunter, worauf ich mir jetzt doch eine vollbeladene Gabel Matschepampe in den Mund schiebe, damit ich vielleicht um die Antwort herum komme.
Zu viele Lügen möchte ich ihm nicht auftischen.
Ich deute ihm mit der Hand auf meinen Mund und grinse leicht, damit er versteht, dass ich erst einmal nicht antworten kann.
Dass Phil jetzt seine Arme verschränkt, sich gegen die Stuhllehne zurückfallen lässt und mich kritisch ins Visier nimmt, beruhigt mich keinesfalls:
"Was hat denn die Sportlehrerin gesagt?"
Ich deute nochmal mit dem Finger auf meinen Mund und überlege, ob ich ihr hätte etwas ausrichten müssen oder auf was Herr Funke da eine Anspielung macht.
Leider kann man die Matschepampe nicht ewig kauen und daher ist mein Mund schneller als gewollt wieder Sprechbereit:
"Ihr geht's gut. Sie genießt Ihr Leben... Wann dürfen eigentlich Alex und Oli nach Hause?"
Diese Antwort liefert mir sofort Tom, aber nur, da er immer noch auf die Antwort auf seine Frage wartet:
"Wenn alles gut läuft, werden beide am Montag entlassen. Was ist jetzt mit deinem Praktikumsbericht?"
"Cool. Dann sind ja endlich mal wieder alle zuhause! Der Bericht wurde von Stephan ausgedruckt und ich habe ihn mitgenommen!"
"Gut!", zufrieden bringt sich der Polizist wieder in eine waagerechte Lage und lässt mich zu meiner Verwunderung in Ruhe.
Womöglich geht es ihm gerade nicht so gut, denn wenn er ganz auf der Höhe wäre, wäre ihm aufgefallen, dass ich nicht gesagt habe, dass ich den Bericht abgegeben haben.
Meine Vermutung muss stimmen, denn Phil erhebt sich und macht einen Kontrollgang zu seinem Kumpel, um zu überprüfen, ob er irgendwie helfen kann.
Franco lässt sich ebenfalls ablenken und organisiert dem Sofalieger etwas zu trinken, da er laut Gemecker viel zu wenig getrunken hat.
Meine Wenigkeit nutzt die Gunst der Stunde und entsorgt den Inhalt des Tellers, da ich mich mit der Konsistenz einfach nicht anfreunden kann.
Nachdem das Geschirr in der Spülmaschine verräumt ist, öffne ich den Kühlschrank und suche nach irgendetwas essbarem, dass ich mir schnell und unbemerkt in den Mund schieben kann.
Außer einer Scheibe Käse lässt sich zu meinem Unbehagen nichts finden und stopfen mir daher mit voller Wucht die gelbliche Scheibe in den Mund.
Befriedigt ist mein Magen noch nicht, aber ich beschließe, einfach in ein paar Minuten nochmal nach geeigneter Nahrung zu suchen.
Als ich in den Wohnbereich zurückkehre, wedelt Phil mit einem Briefumschlag vor seinem Gesicht herum und hat einen undefinierbaren Blick aufgelegt.
"Ist dir zu warm oder führt sein Körper zu wenig Sauerstoff?", obwohl meine Frage ernst gemeint ist, fängt Phil an zu lachen.
Ich bleibe unschlüssig stehen und versuche mir in mein Gedächtnis zu rufen, ob ein Sauerstoffmangel auch einen Grad an Wahnsinn mir sich bringt, bekomme allerdings die Lösung des komischen Verhaltens direkt von dem Notarzt präsentiert:
"Ich habe hier eine Entschuldigung für deine Nichtteilnahme am Sportunterricht!"
"Die bringt dir doch gar nichts. Die solltest du eher Frau... oh...", erst ziemlich spät fällt mir mein Fehler auf und verdrehe deshalb die Augen:
"Sorry, bin gerade nicht so auf der Höhe!"
"Leg dich ein bisschen hin. Du bist tatsächlich voll neben der Spur. Ich stecke den Brief in deinen Schulranzen und..." Phil ist schon dabei, sich auf den Weg in den Flur zu machen, als ich unbedacht ein lauthalses "NEEEEEIN!" durch den Raum schreie.
Mein Gott...
Geht es noch auffälliger?
"Ähm... Ich mache das selbst. Nicht, dass ich das Briefchen morgen nicht mehr finde!"
"Morgen ist Samstag! Du hast erst wieder am Montag Schule!", wirft Franco jetzt ein worauf ich ihm ein "Sag ich doch!" zuwerfe und ihn vollkommen verwirre.
Ich nutze die Gunst der Stunde, laufe im Stechschritt an Herrn Funke vorbei und entziehe ihm den Briefumschlag, den ich höchstpersönlich in den Schulranzen, direkt zu meinem Referat, hinein werfe.
Bevor nochmals solch eine Situation auftritt, schnappe ich mir das Schulbüchertransportmittel und befördere es in mein Zimmer.
Dort tausche ich auch meine Jeanshose gegen eine bequeme Jogginghose und werde auch schon von Tom gerufen:
"ZOOOOOEEEEY! KOMM ZU MIR!! BITTTTEEEEE!"
Ein leichtes Schmunzeln legt sich auf meine Lippen, obwohl ich immer noch Angst habe, dass er irgendetwas bemerken könnte.
Damit der Herr nicht noch vor Sehnsucht zergeht, trabe ich wieder zurück und quetsche mich zwischen Polizist und Sofalehne.
Ein zufriedenes Seufzen erreicht meine Ohren, als ich meinen Kopf auf seiner Brust ablege und er seinen Arm um mich legt.
Phil und Franco gesellen sich ebenfalls auf das Sofa und schalten den Flimmerkasten an, um sich etwas berieseln zu lassen.
Da die Herrschaften, vor allem Tom, abgelenkt sind, schaue ich mir meinen nicht genetischen Vater etwas genauer an.
Mir fällt auf, dass seine Nase etwas spitzer ist als die von Szymon und auch seine Oberlippe ist um einiges schmaler.
Ich bin mir nicht sicher, ob das jeder Laie sehen würde, aber mir fällt es sofort auf.
Als sich kleine, minimale Fältchen um Toms Augen bilden, bin ich mir sofort im Klaren, dass er in ein paar Jahren genauso viele sympathische Lachfalten im Gesicht trägt wie sein Vater.
Obwohl ich fast schon bezweifle, dass die Falten seines Vaters vom Lachen kommen.
Ob man auch Grummelfalten bekommt?
"Hast du in den paar Stunden vergessen, wie ich aussehe oder habe ich irgendwo etwas kleben, was nicht in mein Gesicht gehört?", will der Polizist lachend wissen und mir erschließt sich plötzlich das spontane Auftreten der Fältchen.
"Da war gerade eine Wimper, aber ich habe sie aus den Augen verloren!"
"Hahaha, guter Wortwitz!", amüsiert sich Franco und ich beschließe meine Beobachtungen einzustellen und mich dem Geschehen des Smart-TVs zu widmen.
Wie sage ich Tom denn, dass ich bei seinem Vater war?
"Hey, ich war bei Opa. So scheiße kam er gar nicht rüber!".... Neee...
"Ich habe einen Verwandtschaftsbesuch getätigt und habe herausgefunden, dass der Brief auf einer Lüge aufgebaut ist. Aber dein Vater scheint ganz in Ordnung zu sein!"
Ich seufze unbedacht vor mich hin und ziehe natürlich wieder die volle Aufmerksamkeit auf mich.
"Prinzessin, was ist los? Was beschäftigt dich denn?"
Meine Lügen!
"Mich? Gar nichts! Hab ich denn schon ausgerichtet, dass Leo nach der Arbeit noch mit Shane und Jaron was trinken geht und voraussichtlich nicht nach Hause kommt?" Die spontane Eingebung, da in dem Film gerade ein paar Männer ein Bierchen kippen, lässt die Welle der Besorgnis abflachen und mein eigentlicher Sorgenfresser schüttelt mit dem Kopf:
"Nein, hast du nicht. Leo hat mir aber selbst schon Bescheid gesagt und daher habe ich auch noch nicht nach ihm gefragt!"
"Aha. Sehr Vorbildlich!", in Gedanken hänge ich noch 'im Gegensatz zu mir' an.
Wir konzentrieren uns wieder auf den Film, wobei mir immer wieder verschiedene Szenen in den Sinn kommen, wie entsetzt Tom über meinen Ausflug ist und wie er mich vor die Türe verbannt oder in den Zug, mit Oneway-Ticket, zu seinem Vater setzt.
Tom schnauft etwas lauter auf und richtet seinen Blick wieder auf mich.
Hört der jetzt meine Gedanken?
"Was ist?", frage ich unsicher und werde erst wieder einige Sekunden gemustert, bevor ich die aufschlussreiche Information entgegen geschmettert bekomme:
"Du zappelst abartig mit deinem Fuß!"
"Ups.. Sorry.. Mein Rücken schmerzt!"
Jetzt richtet sich Phil wieder auf und bewegt sich in Richtung Küche.
Nach dem Geräusch von fließendem Wasser und dem verräterischen Klicken des Wasserkochers bin ich mir sicher, dass ich bald eine Wärmflasche gereicht bekomme.
Eigentlich ist mir eh schon viel zu warm, aber ich will mich nicht beschweren.
Zehn Minuten später sterbe ich fast an Überhitzung und winde mich hin und her, um die Gummiverpackung des Heißwassers unbemerkt etwas von meinem Körper zu entfernen.
Da mein Gezappel anscheinend wieder viel zu auffällig ist, krault mir schon bald eine Hand über die Kopfhaut und versucht somit meine andauernden Bewegungen durch Gliedmaßenlähmung, aufgrund von Genuss durch Massage, zu lähmen.
Leider funktioniert diese sichere Methode heute überhaupt nicht und ich bin mir leider nur allzu sicher, dass mich meine Gedanken noch auffressen und ich den nächsten Sonnenaufgang nicht erleben werde.
Ich lege meine Hoffnungen in Phil, der mir hoffentlich wieder meinen Kopf anflicken wird, falls Tom ihn mir abreißt und sammle meinen ganzen Mut zusammen, da ich sonst eventuell noch platze.
Als Unterstützung lasse ich meine Finger in die Haarstruktur des männlichen Gesichts eintauchen:
"Tom?"
"Mh?"
"Ich...", kaum habe ich das erste Wort aus meinem Mund entlassen, öffnet sich die Haustüre und Stephan kommt mit Nesrin lauthals lachend hereingeschneit.
"Warte kurz, Prinzessin! Stephan?" Herr Mayer richtet sich schmerzvoll stöhnend auf und wendet seinen Kopf den beiden Ankömmlingen zu.
"Was denn?" Stephan bremst mit Nesrin händchenhaltend im Wohnzimmer ein und schaut Tom fragend an.
"Weißt du was von Marc, Cedric oder Robin?"
Ich weiß jetzt schon, dass dieses Thema länger dauert und darum verlässt mich auch sofort wieder der Mut.
Es ärgert mich ein bisschen, dass die beiden gekommen sind, denn beinahe hätte ich mich von dieser Last auf meiner Seele befreien können.
Da ich jetzt ganz unbequem liege, klettere ich aus diesem entstandenen Graben heraus und wandere Richtung Treppe.
Ich schenke Nesrin ein kurzes Begrüßungslächeln und verschwinde dann hoch in mein Zimmer, damit ich nachher nicht noch in ein Kreuzverhör gerate und mehr Zuhörer und Richter habe, als mir lieb ist.
Um meine Gedanken etwas abzulenken, schmeiße ich mir Kopfhörer über mein Halsdach, wähle meine Musikliste auf meinem Handy aus und lasse ein paar willkürlich ausgewählte Lieder durch meine Gehörgänge rauschen.
Ich nehme mir einfach vor, morgen das Geheimnis zu lüften und vergrabe mich komplett unter meiner Bettdecke.
Toms Sicht
Im Augenwinkel sehe ich, dass Zoey das Feld räumt und denke mir erst, dass sie vielleicht auf Toilette muss, da sie schon die ganze Zeit so zappelig ist.
Deswegen widme ich mich auch weiterhin Stephan, der mir noch die Antwort auf meine Frage schuldig bleibt.
Dieser setzt sich auf ein freies Stück Sofa, genauso wie seine Freundin und nimmt mich ins Visier:
"Marc und Cedric haben heute frei. Von Robin haben wir tatsächlich seit dem Treffen mit John nichts mehr gehört. Cem hat aber gemeint, dass er bestimmt zu seinem Bruder gegangen ist, damit er nicht so alleine ist. Warum fragst du?"
"Weil ich den dreien gestern unzählige Nachrichten geschrieben habe und auf diese, sowie auf meine Anrufe nicht geantwortet wird! Ich mache mir einfach nur Sorgen! Bei John weiß man nie, was er als nächstes ausheckt, sowieso wenn man ihm auf den Schlips getreten ist", gebe ich meine Gedanken preis und schiebe meine Beine über den Rand des Sofas, damit ich mich normal hinsetzen kann.
"Tom, jetzt mal nicht den Teufel an die Wand. Cedric will bestimmt etwas Abstand zum Mayer-Clan und Marc ist halt Marc. Du wirst sehen, morgen melden sich die beiden bestimmt und wenn nicht, kann ich sie ja fragen, was los ist!"
"Dann erzähl du mir doch, was es neues gibt und warum ich bisher immer noch keinen Bescheid bekommen habe, dass ich mein Auto wieder abholen kann!", gebe ich genervt von mir und fahre mir mit beiden Händen durchs Gesicht, da ich nervlich gerade ziemlich instabil bin.
Ich bin ehrlich gesagt noch nicht so richtig auf dem Damm, obwohl der Druck des Hämatom endlich weg ist und ich mich dadurch leichter bewegen kann.
Mittlerweile weiß ich nicht, ob mir der Rücken vom Sturz oder von dem vielen liegen weh tut.
Stephan seufzt leise auf:
"Du darfst doch jetzt eh kein Auto fahren, also mach nicht so einen Wirbel. Klaus kümmert sich und wird dir schon mitteilen, wenn du deine Karre wieder abholen kannst!"
"Stephan, ganz ehrlich. Die haben doch mittlerweile schon das komplette Auto auseinander genommen und müssen doch gerafft haben, dass dort drin niemals eine Leiche transportiert wurde. Was dauert denn da dann bitte noch so lange?", ich kann mir einfach nicht erklären, wo genau das Problem liegt und vermute eher wieder eine fiese Attacke.
Der Zeitungsartikel, von dem mir Rebekka ein Foto geschickt hat, bereitet mir große Bauchschmerzen.
Dass diese Sache angegangen werden musste und John somit endlich klar wird, dass er nicht tun und lassen kann, was er will, ist die eine Sache, aber dieser Mann gehört zu den ganz hinterlistigen Personen und hat dazu auch noch die richtigen Kontakte.
Wenn es ihm in den Kram passt, ist man innerhalb eines Fingerschnippen weg vom Fenster und solange ich dermaßen außer Gefecht gesetzt bin und meine Pappenheimer nicht selbst im Auge habe, bin ich lieber einmal zu vorsichtig und frage so lange nach, bis ich meine Antworten bekomme.
Nesrin legt ein leichtes Lächeln auf:
"Wenn du möchtest, schreibe ich dir gleich morgen früh eine Nachricht, wenn die zwei ihren Dienst antreten. Vielleicht beruhigt dich das dann ein bisschen, mh?"
Ich brumme nur genervt vor mich hin, da ich das Gefühl habe, dass mich hier keiner für voll nimmt und alle nicht ernst genug an die Sache ran gehen.
Als niemand mehr ein Wort sagt, fällt mir erst einmal auf, dass Zoey schon viel zu lange im Badezimmer herum gammelt:
"Wo ist eigentlich Zoey hin?"
"Die ist schnurstracks nach oben!", gibt Nesrin preis, da sie anscheinend die Aufmerksamste war.
"Ach Mist!"
"Wieso? Ist irgendetwas?" Stephan mustert mich mitleidig, als ich mich ächzend auf die Beine stelle.
"Weiß nicht so genau. Seitdem sie nach hause gekommen ist, wirkt sie seltsam. Als ihr vorhin erschienen seid, wollte sie mir etwas sagen und ich habe sie vertröstet!", murre ich vor mich hin und humpele auf die Treppe zu.
Fluchend erkämpfe ich jede einzelne Treppenstufe und bekomme einen Gänsehautschauer nach dem anderen, da immer noch jede Belastung meines lädierten Zeh's unwahrscheinlich schmerzt.
Im oberen Stockwerk angekommen, muss ich erst in meinem Zimmer einbremsen, um mir ein frisches Oberteil anzuziehen, da ich gefühlt einen halben Ozean aus meinen Körperporen heraus geschwitzt habe.
Ich weiß nicht warum, aber mein erster Blick, nachdem ich die Türe geöffnet habe, wandert zu meinem Bett.
Man kann ganz genau sehen, dass dort jemand gelegen ist und ich bin mir zu hundert Prozent sicher, dass das nur meine Prinzessin gewesen sein kann.
Das begünstigt natürlich meine Gedanken, dass sie irgendetwas belastet, denn die Sehnsucht wird bestimmt nicht so groß gewesen sein, schließlich haben wir uns gestern morgen erst gesehen.
Bei meiner nächsten Haltestelle krame ich ein T-Shirt aus meinem Kleideraufbewahrungsbehälter und tausche es gegen den durchgeschwitzten Hoodie ein.
Natürlich wäre duschen auch eine Option, aber ich werde einen Teufel tun und öfter als nötig diese Treppenstufen benutzen.
Nachdem ich mein Zimmer verlassen habe, schleiche ich zu meiner Prinzessin und klopfe an die Türe.
Als so gar keine Reaktion kommt, öffne ich langsam die Türe und spickel in den Raum hinein.
Mir ist gleich klar, dass dieser Berg unter der Decke meine Kleine sein muss und sie doch irgendein Problem in ihrem Inneren beherbergt.
Schwermütig, da mich jetzt allerhand Schuldgefühle übermannen, laufe ich zu dem Bett und setze mich vorsichtig auf die Matratze.
Meine Ohren vernehmen leise Musik, worauf ich dann vorsichtig die Bettdecke wegziehe und sehe, dass Zoey sich die volle Musikdröhnung gibt.
Nachdem ich die Kopfhörer von ihrem Haupt entfernt habe, ist mir definitiv klar, dass sie schläft, da keinerlei Gemotze oder Gegenwehr kommt.
Das Musikwiedergabegerät lege ich auf dem Nachttisch ab und rutsche anschließend mit meinem kompletten Oberkörper auf die Matratze, um mich neben Zoey zu legen.
Es dauert nicht lange, bis das unsichtbare Magnetfeld aktiviert ist und mein Kind direkt auf meiner Brust klebt.
Meine Arme legen sich beschützend um den zierlichen Körper, während ich meine Augen schließe und mich meiner plötzlich aufkommenden Müdigkeit hingebe.
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