Part 111
Immer noch Tom's Sicht
Wenn einer am heutigen Tag zum König der schlechten Ideen gekürt werden sollte, dann bin es definitiv ich.
Eigentlich wollte ich mir eine weitere Begegnung mit irgendeinem Weiskittel im Aufzug ersparen, doch die alternative Lösung, die Treppe zu nehmen, stellt sich gerade als regelrechter Schuss in den Ofen heraus.
Hätte wirklich nicht damit gerechnet, dass es so beschwerlich ist, mit Krücken ein paar Treppenstufen hinunter zu laufen.
Naja, mittlerweile liegen die Alustelzen schon ein paar Etagen weiter unten, da ich denen eine Freiflugstunde gegönnt habe und nur noch auf einem Bein nach unten hüpfe.
Mein Arsch dankt es mir nicht wirklich, denn auf dem bin ich auch schon dreimal gelandet.
Ich hoffe nur, dass ich es ohne Genickbruch aus der KaS schaffen werde, denn meine Kräfte neigen sich dem Ende zu und ich habe noch einige Stufen vor mir.
Nachdem ich es tatsächlich in einem Stück in das Erdgeschoss geschafft habe, bin ich klatschnass geschwitzt und etwas zittrig auf den Beinen.
Tief durchatmend nehme ich meine Gehhilfen vom Boden auf und bin jetzt doch ganz froh über diese Unterstützung, wobei mir ehrlich gesagt ein Rollstuhl gerade noch viel lieber wäre.
Die Zuckerzufuhr, die auf meinem Nachttischchen schlummert, wäre wohl doch nicht so verkehrt gewesen, aber das kann ich mir dann auch bei meiner Rückkehr noch in den Schlund werfen, vorausgesetzt die Fresssäcke haben das bis dahin nicht vernichtet.
Als ich die Türe des Treppenhauses, die in die heiligen Hallen führt, öffne, schaue ich mich versucht unauffällig um.
Hier im Flur ist alles still und keine Menschenseele ist zu sehen.
So schnell wie möglich humpele ich den Weg bis zur Empfang- und Wartehalle vor und stoppe erneut, um die Lage zu checken.
Die Rezeption ist zu meinem Glück gerade nicht besetzt und von den Ärzten ist auch weit und breit nichts zu sehen, weshalb ich jetzt meinen Weg ganz schnell fortsetze und es dann doch tatsächlich ohne gesehen zu werden nach draußen schaffe.
Vor der KaS steht eine lange Schlange von Autos und ich frage mich, wo diese ganzen Menschen sind, denn in der KaS ist es wahnsinnig ruhig.
"TOM!", schreit Marc aus irgendeiner Ecke und erschreckt mich damit fast zu Tode.
"Du kannst auch gleich direkt in der KaS eine Durchsage machen, dass du mich abholst, wenn du willst!", knurre ich in die Dunkelheit, da ich meinen Kollegen noch nicht ausfindig machen konnte.
Direkt aus dem Nichts erscheint Marc und klopft mir auf die Schulter:
"Wer wird denn gleich so miesepetrig sein?"
"Du hättest auch in deinem Auto sitzen bleiben können, zufällig kenne ich das Kennzeichen", grummel ich vor mich hin und mache mich auf den Weg zu dem besagten Fortbewegungsmittel, das an vorderster Front steht.
Dort angekommen, hält mir Herr Westernhoven die Türe auf und nachdem ich mich mit einem erleichterten Stöhnen auf dem Sitz niedergelassen habe, nimmt er mir die Krücken ab, um sie im Kofferraum zu verstauen.
Keine zwei Minuten später sitzt der Herr auf dem Fahrersitz und startet den Motor.
Allerdings haftet sein Blick eher auf mir, als auf der Straße:
"Bist du sicher, dass ich dich zu John bringen soll? Du siehst nicht gut aus!"
"Passt schon. Das war nur die Anstrengung vom Treppenhüpfen!"
"Vom was?"
"Vergiss es. Fahr los jetzt. Ich muss so schnell wie möglich wieder hier sein!" Meine Worte tragen Früchte, denn Marc fährt unverzüglich los.
Anhand seines Kopfschütteln und dem schweren Aufatmen weiß ich, dass es ihm lieber wäre, wenn ich in der KaS liegen und nicht in seinem Auto sitzen würde, aber er sagt keinen weiteren Ton.
Durch den Seitenspiegel werde ich auf eine Reihe ebenfalls startender Autos aufmerksam und frage mich, ob das ein sehr unwahrscheinlicher Zufall ist oder ob hier irgendetwas anderes läuft.
Vorerst halte ich meinen Mund, um mich zu vergewissern, dass die fahrenden Blechbüchsen auch wirklich unsere Verfolgung aufnehmen und zähle dabei sechs uns folgende Autos.
"Was ist hier los?", frage ich dann nach einiger Zeit und sorge für ein fettes Grinsen auf Marcs Lippen:
"Schon mal was von Zusammenhalt gehört?"
"Ja, warum?"
"Du glaubst doch wohl nicht, dass wir dich alleine ins offene Messer springen lassen, oder?"
Jetzt verstehe ich nur Bahnhof und das scheint Marc anhand meiner Wortlosigkeit auch zu merken, denn er klärt mich sofort auf:
"Hinter uns fahren Robin, Moritz, Paul, Jonas und Nesrin!"
"Das sind aber sechs Autos, wenn ich mich nicht verzählt habe!"
"Einen Überraschungsgast haben wir noch im Schlepptau!"
"Marc! Den Arsch hätte ich auch alleine gepackt!"
"Es geht nicht darum, Tom! Wir halten alle zusammen und stehen genauso hinter Cedric, wie du. Außerdem wissen wir alle, dass John dich ebenso im Visier hat und wir wollen nicht riskieren, dass dir irgendetwas passiert. Okay?"
Irgendwie kann ich mich jetzt zwischen Ärger und Freude nicht entscheiden.
Natürlich finde ich es klasse, dass wir alle zusammenhalten und uns gegenseitig unterstützen, allerdings kenne ich auch unseren Gegner, der uns alle gemeinsam in die Pfanne hauen könnte.
Denn dessen Beziehungen sind weitaus mächtiger als unsere und wenn ich daran denke, dass Klaus uns allen den Arsch aufreißen wird, wenn er das hier rausbekommen sollte, wird es mir auch gleich noch einen Tick übler.
Um mich abzulenken, forsche ich mach den bisherigen Gegebenheiten nach:
"Was ist denn jetzt mit Cedric? Sitzt der noch in der Zelle oder hat Klaus ihn rausgehauen?"
Marc seufzt schwer auf:
"Das ist eine ganz verzwickte Sache.... Johns Chef ist Klaus' Cousin. Die beiden sind sich überhaupt nicht grün und du kannst dir sicherlich vorstellen, in welchem Lärmpegel das ausgeartet ist. Naja, Cedric muss vorerst bei den Arschlöchern bleiben, da ihm unter anderem auch noch 'tätlicher Angriff gegenüber einem Polizeibeamten' vorgeworfen wird und eine 'Beamtenbeleidigung'. Nicht zu vergessen natürlich der Leichentransport und die damit verbundene Vertuschung einer Straftat!"
Meine Erschöpfung weicht langsam aber sicher unbändiger Wut:
"Wie gehirnamputiert kann man eigentlich sein? Ein Leichentransport? Und Cedric soll einen Polizisten angegriffen haben, ja? Dass ich nicht lache! Wäre ich dort gewesen, dann würde ich das wirklich verstehen, aber doch nicht bei Cedric!"
"John hat ein blaues Auge und behauptet felsenfest, dass unser Kollege ihm eine verpasst hätte! Meiner Vermutung nach war das allerdings sein Kollege Tim. Dessen Knöchel an der rechten Hand weisen gewisse Spuren auf, die in keiner Weise bei Cedric vorzufinden sind!"
Innerlich tobt ein wildgewordener Stier in mir, der langsam aber sicher die Kontrolle verliert.
Bevor ich ein Statement zu Marcs Worte abgeben kann, parken wir auch schon vor einem großen Haus.
"Tom! Ich weiß dass du jetzt auf hundertachtzig bist, aber....", normalerweise sollte mein Kollege wissen, dass diese Worte ab einem gewissen Zornes Pegel bei mir abprallen und darum reiße ich auch einfach ungestüm die Autotüre auf und höre ihm gar nicht mehr zu.
Kaum habe ich mich aus dem Gefährt herausgekämpft und ein paar humpelnde Schritte hinter mich gebracht, werde ich durch einen festen Griff an meiner Schulter gestoppt.
Ich schließe meine Augen und blase die Backen auf, da ich auch ohne hinzuschauen weiß, wer mich hier zurückhält.
Leider kann ich mich bei dieser Person nicht einfach durch Ignoranz aus der Affäre ziehen und muss meinen tollwütigen inneren Stier in Schach halten.
"Mayer!"
"Ja, Chef?"
"Sie üben sich bitte in Zurückhaltung. Ich weiß wie viel Überwindung es sie kostet, aber ich möchte nicht noch einen weiteren Polizisten in einer Zelle sitzen sehen! Verdient hätte es dieser John, aber er ist es nicht wert! Haben wir uns verstanden?"
Von der anderen Seite legt sich ein Arm um meine Schultern:
"Das wird er, Klaus. Ich verwette nämlich meinen Arsch darauf, dass Tom ohne Abmeldung aus der KaS geflüchtet ist und er sich somit keine Verletzungen leisten kann, da er sonst in Erklärungsnot kommt. Stimmt's?"
Ich brumme Nesrin als Bestätigung nur zu, was auch genügt, denn unser Chef lässt ein leises Lachen über seine Lippen kommen und murmelt "ich habe nichts anderes erwartet" vor sich hin.
Toll wie gut dich deine Kollegen inklusive Chef kennen, Tom...
Den Ärger über das Ausbremsen meines Tatendrangs schiebe ich ganz schnell bei Seite, denn wenn Klaus diese Versammlung einfach so hinnimmt und sogar noch ein Mitwirkender ist, dann muss die Kacke ordentlich am dampfen sein.
"So! Jetzt hört mal alle zu: Ich rede! Ihr haltet alle euren Mund und lasst eure Hände am eigenen Körper. Hat sich jeder ein Alibi verschafft?" Klaus' Blick geht durch die Runde, worauf alle mit einem fest entschlossenen Gesichtsausdruck nicken.
"Sehr gut. Ihr wisst, dass das normalerweise nicht meine bevorzugte Vorgehensweise ist, aber außergewöhnliche Umstände verlangen außergewöhnliche Maßnahmen. Es ehrt sie alle, dass sie ihrem Kollegen zur Seite stehen und ich bin wirklich froh, dass ihr ein solches Saupack seid und euch nicht gegenseitig hängen lasst. So, genug geschleimt... Mayer, ohne ihre Krücken laufen sie keinen Schritt, damit das gleich klar ist!"
Marc muss zwischenzeitlich meine Alustelzen aus dem Kofferraum befreit haben, denn er wedelt damit direkt vor meinen Augen herum:
"Bitteschön!"
"Danke!", seufze ich ergeben auf und schnappe mir meine Gehhilfen.
"Also dann, abmarsch!" Klaus bildet den Kopf der Schlange und läuft mit schnellen Schritten auf das monströse Haus zu.
Als wir allesamt davor versammelt sind, klingelt Moritz Sturm und lässt erst wieder von dem Knopf ab, als wir lautes Geschrei vernehmen:
"ICH KOMME JA SCHON, HERRGOTT!"
Erst jetzt fällt mir auf, dass Robin im Dienst sein muss, denn er steht in voller Montur zwischen lauter zivil gekleideten.
Meine Kollegen nehmen eine aufrechte Haltung ein und verschränken die Arme vor der Brust, während meine Hände vor lauter Tatendrang zu zittern beginnen.
"Was ist denn?", brüllt uns John lauthals entgegen, als er die Haustüre bis zum Anschlag aufgerissen hat.
Als er realisiert was hier abgeht, zieht er seine rechte Augenbraue in die Höhe und legt ein spöttisches Grinsen auf:
"Ach guck an.... Wisst ihr euch nicht anders zu helfen, als im kompletten Rudel hier anzutanzen und einem Polizisten zu drohen?"
"Wer hat gesagt, dass das eine Drohung wird? Ist eher mit einem Versprechen gleichzusetzen!", bringt Klaus ihm ruhig entgegen und deutet mit einer Handgeste an, dass er sich gerne im Hausinneren mit John unterhalten will.
"Ich lasse euch nur über meine Leiche hier rein!"
"Sollte kein Problem darstellen!", rutscht es mir aus Versehen aus dem Mund, worauf ich mich an Klaus vorbei drücke, meine rechte Krücke fallen lasse und dem überheblich grinsenden Arschloch einen kräftigen Schubs verpasse.
Als er auf dem Hosenboden landet, drücken sich Robin und Moritz an mir vorbei, packen den Polizisten unter die Arme und ziehen ihn den Flur entlang bis an das angrenzende Wohnzimmer.
Klaus straft mich mit einem kurzen, bösen Blick, lässt aber kein rügendes Wort verlauten und stapft sofort der restlichen Mannschaft hinterher.
"Zurückhaltung ist ganz und gar nicht dein Ding, mh?" Paul drückt mir lachend meine Krücke wieder in die Hand und klopft mir auf den Rücken, als Zeichen dafür, dass er mir den Vortritt lässt.
In der Zwischenzeit wurde unser Zielobjekt auf einem Stuhl platziert, hinter dem Robin und Moritz stehen, um John jederzeit wieder auf den Stuhl zurückdrücken zu können, falls dieser Anstalten macht, aufstehen zu wollen.
Klaus begibt sich direkt vor John in die Hocke und legt einen fast schon versöhnlichen Gesichtsausdruck auf:
"Verstehen Sie uns nicht falsch... Wir sind nicht hier um Ihnen zu drohen oder gar irgendwelche körperlichen Auseinandersetzungen zu tätigen... Wir möchten Sie eher auf Ihr unverschämtes und gesetzeswidriges Verhalten hinweisen. Unser Kollege, der Aufgrund falscher Tatsachen festgehalten wird, wird schmerzlich vermisst und wir würden es bevorzugen, wenn diese lächerlichen Anklagepunkte fallen gelassen werden und er wieder seine Freiheit genießen kann!"
John lacht verachtend auf:
"Haben Sie eigentlich vergessen, wer mein Vater ist?"
"Oh, nein... In der Tat nicht, aber ich habe da auch einige interessante Informationen für Ihren alten Herrn, die sicherlich kein gutes Licht auf seinen Sprössling werfen werden. Die Presse würde sich sicherlich auch über ein paar Informationen über einen korrupten Polizisten freuen und sich sicherlich nicht so zurückhaltend mit dem Informationsaustausch gegenüber der Öffentlichkeit zeigen!" Klaus zieht einen Stapel Papiere aus der Innentasche seiner Jacke heraus und wedelt damit vor der Nase unseres Gegners herum:
"Das hier ist nur ein kleiner Auszug der Missetaten während Ihrer Dienstzeit. Wir hätten natürlich noch viel mehr vorzuweisen. Ihre Laufbahn vor Amtsantritt wäre ebenfalls Pressestoff für die nächsten zehn Wochen!"
Auch wenn John versucht seine Gesichtszüge gleichgültig erscheinen zu lassen, sehe ich in seinen Augen ein klein wenig Angst aufflackern:
"Wenn mein Vater von dieser Aktion erfährt, seid ihr alle ganz schnell euren Job los!"
"Das glaube ich kaum... Denn wenn bekannt wird, dass ihr Vater über all diese Vergehen hinweggesehen hat, genauso wie Viktor, dann seid ihr alle am Arsch. Ihr werdet in Köln sicherlich nicht mehr glücklich werden, denn die Kripo wird euch auseinandernehmen und jedes noch so kleine Vergehen aufdecken und breit treten. Ich könnte wetten, dass ich dann nicht der einzige Informant bleiben werde, denn die Opfer werden sich in diesem Zuge ebenfalls trauen, den Mund aufzumachen!"
Langsam aber sicher verlassen mich meine Kräfte und es fällt mir schwer zu stehen.
Das zunehmende Zittern in meinen abstützenden Armen verrät meinem Nebenmann Paul, den sich verschlechternden Zustand.
Ich könnte mich selbst dafür in den Arsch beißen, dass sich mein noch immer schlechter körperlicher Zustand so offensichtlich bemerkbar macht, aber darüber habe ich gerade einfach keine Macht.
Herr Richter stellt sich etwas dichter an meine linke Seite, greift mit der einen Hand an die Krücke und mit der anderen an meinen Arm:
"Lass los!"
Nachdem ich ohne Gemotze seiner Aufforderung nachgekommen bin, legt er meinen Arm um seine Schultern und gibt mir somit etwas mehr Halt.
John wirft uns einen flüchtigen Blick zu, konzentriert sich danach aber schnell wieder auf Klaus.
Der leicht zuckende Mundwinkel entgeht mir nicht, jedoch stemple ich das als Schadenfreude ab und konzentriere mich darauf, weiterhin durchzuhalten.
"Wie stellen Sie sich denn das Ganze vor? Soll ich morgen ins Revier einmarschieren und verkünden, dass alles nur gelogen ist und ihr Kollege zu Unrecht in Gewahrsam genommen wurde? Wie stehe ich denn dann da? Vor allem wird Viktor den Braten riechen und sicherlich nicht so schnell klein beigeben!"
"Das, mein Lieber, überlasse ich voll und ganz Ihrer Fantasie. Wenn Herr Scherer morgen Mittag nicht unversehrt bei mir auf der Matte steht, werde ich ein nettes Pläuschen mit Valerie Conzelmann halten. Die Verabredung zum Abendessen steht schon. Jetzt liegt es in Ihren Händen, welche Gespräche dort geführt werden! Außerdem setze ich natürlich voraus, dass sie Herrn Scherer in Zukunft in Ruhe lassen werden!" Solch einen Trumpf hätte ich Klaus niemals zugetraut und bin wirklich erstaunt über diese Worte.
Jetzt scheint bei unserem arroganten "Freund" doch so etwas wie Verstand einzusetzen, denn ihm wird Augenblicklich bewusst, wessen Name da gerade genannt wurde.
Valerie ist eine der erfolgreichsten Journalistinnen der Stadt und wenn sie auch nur einen Hauch von Skandal riecht, kann sie keiner mehr zurückhalten.
Sie bohrt so lange in der Wunde, bis diese vollkommen ausgeblutet ist.
Eine Mischung aus Wut und Verzweiflung kommt in John auf, der seinen Kopf knallrot anlaufen lässt.
Unsicher schweifen seine Augen von einer Person zur anderen, während er kaum merklich mit dem Fuß zu wippen beginnt.
Dass Klaus wirklich alle Register zieht, scheint keiner in diesem Raum anzuzweifeln, auch die kleine dreckige Ratte nicht:
"Okay!"
"Okay, was?", will Klaus wissen und begibt sich etwas ächzend aus der Hocke in einen aufrechten Stand.
"Ich werde dafür sorgen, dass Cedric wieder freigelassen wird und werde ihn in Zukunft in Ruhe lassen!"
"Das will ich für sie hoffen. Nicht nur Sie und Viktor können schmutzige Spielchen spielen!", damit beendet unser Chef den Einsatz und deutet uns alle mit einem Kopfnicken, dass wir das Haus verlassen sollen.
Während die ersten sich in Richtung Haustüre bewegen, tausche ich Paul wieder gegen meine Krücke aus.
Im Augenwinkel beobachte ich unseren Feind, wie er sich langsam von seinem Stuhl erhebt und auf mich zukommt.
Da wir mittlerweile alleine im Raum sind, mache ich mich auf alles gefasst, denn diesem Kerl traue ich keine zehn Meter über den Weg.
"Das wirst du noch bereuen, Mayer!", zischt er mir zu und funkelt mich bitterböse an.
Warum ich diesen Fön jetzt wieder alleine abbekomme, ist mir ein Rätsel, aber wir beide konnten uns schon von Anfang an nicht riechen:
"Glaubst du, ich habe Angst vor dir? Du bist der größte Abschaum, der mir jemals untergekommen ist. Sei froh, dass Klaus hier war, sonst könntest du die nächsten Wochen nur löffelnd deine Nahrung zu dir nehmen!"
"TOM? KOMMST DU BITTE!", brüllt Marc, worauf ich mich dann einfach von John abwenden will, doch der möchte anscheinend noch etwas loswerden:
"Warte kurz, eins muss ich dir noch auf den Weg mitgeben!"
"Leck mich!", gifte ich ihm zu und sehe viel zu spät, dass dieser Mistkerl seinen Fuß anhebt und seine Ferse mit voller Wucht auf meinen gebrochenen Zeh donnern lässt.
Mein Schrei ist sicherlich bis zu dem nächstgelegenen Kontinent zu hören, bevor ich meinen Halt verliere und rückwärts gegen das Sideboard an der Wand knalle, das sich mit der Ecke direkt neben meine Wirbelsäule bohrt.
Dieser Schmerz raubt mir vollkommen die Luft und lässt meinen Körper komplett erstarren, so dass ich ungebremst zu Boden falle und die Sterne zum Greifen nah sind.
Das plötzlich auftretende laute Geschrei nehme ich nur wie durch Watte wahr, da ich mit den unerträglichen Schmerzen im Fuß- und Rückenbereich kämpfen muss und dem Fußboden eine Sintflut an Tränen schenke.
"Tom? Hey, schau mich mal an! Was ist passiert?" Moritz klatscht mir leicht auf die Wange, da ich meine Augen und Zähne fest zusammengepresst habe und mich keinen Millimeter bewege.
Im Hintergrund höre ich nur Klaus brüllen, dass John festgenommen und abgeführt werden soll.
Aufgrund welcher Tatsachen er das rechtfertigen will, verstehe ich gerade nicht, aber ehrlich gesagt, ist mir das momentan auch scheißegal.
"Was ist mit ihm?", will Nesrin wissen, die sich an meine freie Seite begibt.
"Ich weis nicht, er sagt nichts!" Moritz hört sich ziemlich verzweifelt an, weshalb ich dann auch meine Augen öffne, durch die ich allerdings aufgrund des Tränenschleiers nichts sehen kann.
"Breuer braucht Mayer einen RTW?", brüllt Klaus aufgebracht und gesellt sich jetzt ebenfalls zu uns.
"Nein", flüstere ich vor mich hin, da mir das nur wieder einen Einlauf der Ärzteschaft einbringen würde und darauf kann ich sehr gut verzichten.
Ich bin guter Hoffnung, dass nicht allzu viel passiert ist und die Schmerzen größer als der angerichtete Schaden sind.
"Was ist denn passiert? Wir haben dich nur schreien gehört!", hakt Nesrin jetzt nochmal nach und befreit meine Wangen mit ihrer Handfläche von der Nässe.
"Er ist mir auf den Fuß getreten!" Nach dieser Info wettert Klaus allerlei Schimpfwörter vor sich hin und will wissen, ob er sich das Gebiet da unten mal anschauen soll.
Da ich vor Schmerzen fast verrückt werde, lehne ich sofort ab.
"Kannst du dich aufsetzen? Ich helfe dir auch dabei!" Nesrin schiebt ihre Hand so gut wie möglich unter meinen Rücken und Moritz packt meine Arme, um mich zusätzlich zu unterstützen.
Als ich jedoch sitze, verschlimmern sich die Schmerzen rasant und schenken mir wieder eine neue Welle an Tränen.
"ROBIN! SOFORT EINEN RTW ANFORDERN!", brüllt Klaus durch die ganze Bude, was ich gerne verhindern würde, doch mein Chef kommt mir mit seinen Worten zuvor:
"Sie halten jetzt die Backen still, Tom! Wir werden nichts riskieren. Wenn Sie schon dermaßen heulen, dann ist es schlimmer als Sie zugeben und das bereitet mir dann doch große Sorge. Ich werde mit in die Klinik fahren und dafür sorgen, dass sie keinen Anschiss bekommen. Schließlich haben sie sich heute von ihrer vorbildlichen Seite gezeigt und waren vollkommen beherrscht. Ich nehme die Schuld auf mich, fertig!"
"Wo hast du noch Schmerzen?", forscht jetzt Moritz nach, dem ich nur das Wörtchen "Rücken" zukommen lasse.
Nesrin macht sich darauf sofort an meinem Oberteil zu schaffen, da die Rettungstruppe es mir nachher so oder so vom Leib entfernen würde:
"Ach du scheiße!"
"Der Rettungswagen ist unterwegs!", verkündet der eintreffende Robin, der etwas komisch näselnd redet und ich somit einen Blick zu ihm riskiere.
Die blutende Nase lässt meine Wut sofort wieder aufkochen, doch der penetrante Schmerz in meinem Körper hindert mich an einem Rachefeldzug, den ich jetzt liebend gerne ausführen würde.
"Legen Sie Tom wieder auf dem Boden ab, der verliert gerade beachtlich an Farbe und Sie, Sturm, lassen sich auch direkt durchchecken, wenn die Retter eintreffen. Jonas soll mit Herrn Breuer den Festgenommenen aufs Revier bringen. Ich gebe dort sofort Bescheid, dass wir einen Übernachtungsgast haben!" Klaus zückt sofort sein Handy und setzt seine Worte in die Tat um, während ich von meinen Kollegen wieder auf den Boden zurückgedrückt werde.
Solange wir auf den medizinischen Versorgungstrupp warten, hält mir Marc Händchen und Nesrin streicht mir immer wieder beruhigend über den Kopf.
Das mildert zwar die Schmerzen nicht im geringsten, doch schon alleine der Beistand lässt mich etwas ruhiger werden.
Ich bereue es trotz diesem Vorfall nicht, für Cedric hier gewesen zu sein, denn unser Kollege musste seelisch auch wieder mal einiges einstecken und das wird einen längeren Rattenschwanz mit sich ziehen, als meine körperlichen Verletzungen.
"Rettungsdienst!"
Als mir die erlösenden Worte zu Ohren kommen, atme ich erleichtert auf, denn die Aussicht auf eine ordentliche Portion Schmerzmittel ist momentan besser als ein Sechser im Lotto.
Marion und Nick betreten zuerst die Räumlichkeiten, wobei der Letztere gequält aufstöhnt:
"Ich dachte, du wärst in der KaS? Du bist schlimmer als ein Sack Flöhe!"
Als nächstes kommen Linus und Florian durch die Türe gerauscht.
Nesrin und Marc rutschen sofort zur Seite, damit die Retter ihres Amtes walten können.
Stephans Freundin zählt dem Notarzt meine Blessuren auf, die dieser nickend aufnimmt und sich anschließend mir widmet:
"Hey, was machst du denn für Sachen, mh? Wie stark sind deine Schmerzen?"
Erst jetzt fallen Linus meine geröteten Augen auf, die ihm schon genug Antwort sind:
"Nick, leg mir bitte einen Zugang. Marion, du verkabelst Tom bitte gleich. Ich schaue mir nur schnell den Rücken an! Tom? Wir drehen dich jetzt vorsichtig zur Seite, damit ich das Ausmaß sehen kann, okay?"
"Tu was du nicht lassen kannst!", flüstere ich vor mich hin und beiße kurz darauf die Zähne zusammen, da ich sonst womöglich wieder schreien werden.
Kaum liege ich auf der Seite, wird mir kotzübel und kralle mich aufgrund der Schmerzen in Nicks Bein, der sofort reagiert:
"Linus!"
Weitere Worte kommen nicht über die Lippen des Sanitäters, das werden die beiden sicherlich durch Körpersprache untereinander kommunizieren.
Nach der Umlagerung werde ich sofort Stereo von den Sanis bearbeitet und vernehme nach kurzer Zeit ein kühles Gefühl, das durch meine Venen zieht.
Da gleichzeitig zu der Schmerzvernichtung auch ein schläfriges Gefühl eintritt, bekomme ich etwas Muffensausen und sorge für ein schnelleres Piepsen des Monitors.
"Was ist los?" Linus sucht meinen Blick und mustert meine Mimik, während er eine Hand auf meinem Brustbein ablegt, um mir zu deuten, dass ich etwas ruhiger werden soll.
"Hast du mir Beruhigungsmittel gespritzt?"
"Nein, wieso sollte ich?"
"Weis nicht..."
"Dass du schläfrig wirst, ist ganz normal. Du bist eh nicht ganz auf der Höhe gewesen und aufgrund der ganzen Anspannung, durch die Schmerzen, hast du viel Energie verbraucht. Du kannst mir vertrauen, du hast wirklich nur Schmerzmittel bekommen!", versichert mir der Blondschopf, dem ich jetzt einfach mal vertraue und mich sofort wieder etwas beruhige.
Als dann die volle Wirkung der Schmerzmittel greifen, schließe ich die Augen und gebe mich einfach meiner Müdigkeit hin.
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