Part 104
Cedric's Sicht
"Mensch, Cedric... Jetzt zieh doch nicht so ein Gesicht!", schimpft Jonas und boxt mir mit der Faust gegen meine Schulter.
"Lass mich in Ruhe!", zische ich zurück und werfe einen Blick aus dem seitlichen Fenster, um meinen Augen irgendetwas erfreuliches vorzuführen.
Bis auf eine Frau, deren Hund gerade direkt auf den Gehweg vor dem Revier kackt, kann ich leider nichts finden.
Normalerweise sollte ich der Guten jetzt hinterher rennen und ihr ein Bußgeld aufs Auge drücken, aber danach steht mir gerade überhaupt nicht der Sinn.
"Wenn du es einrichten kannst, sollten wir langsam mal zur WG fahren und die Autoschlüssel abholen. Marc wird nicht ewig Geduld aufbringen können und uns sicherlich schon bald mit einem Anruf beglücken!"
Jonas hört sich genauso genervt an, wie ich mich fühle.
Eigentlich sollten wir wirklich schon seit mindestens zehn Minuten mit dem Streifenwagen unterwegs sein, denn Jonas stand schon zur Abholung vor dem Revier bereit und somit hätten wir keine Zeit verloren.
Leider hat meine nicht vorhandene Motivation die Oberhand gewonnen und dafür gesorgt, dass wir uns bisher noch keinen Millimeter bewegt haben.
"Cedric, was ist denn los? Du warst heute morgen doch noch nicht so schräg drauf!"
"Da wusste ich auch noch nicht, dass wir Chauffeur für Toms und Leos Karre spielen müssen!"
"Ich verstehe dein Problem nicht so ganz.... Wir setzen uns in die Autos, fahren sie in die WG und gehen anschließend wieder ganz normal unserem Dienst nach. Wo genau liegt hier bitte dein Trigger?"
"Bei Tom und Leo im Zusammenhang mit ihren Autos!", knurre ich vor mich hin, denn wenn ich an die letzte Fahrt mit Leos Auto denke, bekomme ich eine großflächige Gänsehaut.
Ich selbst bin die Karre damals zwar nicht gefahren, aber ich war in den Unfall verwickelt.
Wenn man dann das grausame Schicksal betrachtet, das jedes Mal, wenn wir es mit Tom, Zoey und Leo in irgendeiner Weise zu tun haben, zuschlägt, dann sollte man sich, meiner Meinung nach, einfach aus diesen Angelegenheiten raushalten.
Mir ist bewusst, dass ich nicht bis Feierabend hier im Streifenwagen sitzen bleiben kann, aber ich habe Hoffnung auf eine Flut von Einsätzen, die uns den ganzen Tag fordern und wir somit keine Zeit haben, die Autos zu ihrem Zuhause zu bewegen.
"Boah, ne jetzt. Entspann dich doch mal! Die drei sind überhaupt nicht anwesend. Wenn es dir derart zusetzt, dann lass Marc und mich die Autos fahren und du begnügst dich mit dem Streifenwagen!"
"Hahaha, das hatte ich auch vorgeschlagen, aber Marc hat mir schon verdeutlicht, dass er in keiner dieser Karren auch nur ein Fuß hineinsetzen wird", brumme ich vor mich hin und verschränke die Arme vor der Brust.
Mein Verhalten mag vielleicht etwas kindisch sein, aber die Höllenvisionen vor meinem inneren Auge schrecken mich einfach zu sehr ab.
"Dann fahr ich eben erst Leos Auto zur WG und anschließend Toms. Du musst dann einfach mit dem Streifenwagen hinterher und damit hat es sich dann auch schon erledigt!", schlägt mein Kollege vor, doch damit werden wir keinesfalls durchkommen:
"Marc wird das nicht zulassen, das dauert zu lange", stöhne ich gequält auf und verdrehe sofort die Augen, als Jonas' Handyklingelton ertönt.
"Fahr. Jetzt. Los!", zischt mir Herr Schmidt zu und fummelt in seiner Hosentasche herum, um sein Smartphone daraus zu befreien.
Ich gebe mir einen Ruck und starte den Motor, denn Marcs schlechte Laune könnte ebenso fatal sein, wie eines dieser Mayer-Autos zu fahren.
"Hi Ma... Ja, wir sind schon auf dem Weg zur WG... Sorry, ich musste noch einen Anruf auf dem Revier entgegennehmen.... Ne, Moritz war auf dem Klo und Robin hat sich einen Kaffee geholt.... Nein, Cedric ist ganz gechillt und... Ja doch. Wir beeilen uns. Bis gleich!", kopfschüttelnd pfeffert Jonas sein Handy in die Mittelkonsole und schenkt mir einen bitterbösen Blick:
"Der ist auf hundertachtzig, weil wir so lange brauchen!"
"Marc hat selbst die Hosen voll!", murre ich vor mich hin und verstumme anschließend für die restliche Fahrt, damit ich mir selbst gut zureden kann.
Kaum haben wir uns sicher vor die Pforten der Hölle gebracht, fordert Jonas' Handy wieder nach Aufmerksamkeit.
Nach einem kurzen Blick auf das Display, entweicht Jonas ein gequältes "Klaus!" über die Lippen, was mich dann dazu animiert, schleunigst meinen Arsch aus dem Streifenwagen zu bewegen.
Meine Nerven würden den Brüllaffen nicht auch noch ertragen und darum opfere ich mich lieber dafür auf, die benötigten Schlüssel zu holen.
Vor der Haustüre angekommen, wird diese von Linus geöffnet, bevor ich überhaupt meinen Finger in Richtung Klingel bewegen kann:
"Morgen! Hier sind die beiden Schlüssel. Die restliche Bande ist gerade nicht abkömmlich. Wenn ihr die Autos hier abgestellt habt, dann werft die Schlüssel einfach in den Briefkasten. Stephan wird sich bei euch melden und im Voraus soll ich schonmal herzlichen Dank ausrichten!"
Nachdem meine Hand die zwei benötigten Türschlossentriegler empfangen hat, mustere ich Linus etwas genauer:
"Alles okay? Du siehst nicht sonderlich fit aus!"
"Hab nicht so gut geschlafen, sonst ist alles gut. Sorry, aber ich muss gleich los zur Arbeit und sollte nochmal schnell bei allen Kranken vorbeischauen. Halt die Ohren steif. Wir sehen uns", lächelt mir der Notarzt müde entgegen und schließt schneller die Türe, als dass ich irgendeine Antwort von mir geben könnte.
Mir scheint es fast so, als hätte Herr Hoffmann das ganze Übel auf sich gezogen, womit ich eigentlich aus dem Schneider sein sollte.
So viele negative Vibes können nicht einmal diese Herrschaften übrig haben, dass es auch noch für meine Wenigkeit ausreichend ist.
Ich kann es nicht verhindern, dass sich ein kleines Lächeln auf mein Gesicht schleicht, als ich mich von der Haustüre abwende und zu unserer polizeilichen Kutsche zurück laufe.
Im Gegensatz zu meinem aufkommenden sonnigen Gemüt, scheint bei Jonas ein großes Unwetter einzukehren, denn seine Mundwinkel fallen ihm fast auf den Schoß.
Als mein Hintern auf dem Fahrersitz platziert und die Autotüre geschlossen ist, drücke ich meinem Kollegen die Schlüssel in die Hand:
"Was hat dich denn gebissen?"
"Klaus!"
"Was ist los?", frage ich beiläufig, während ich den Motor starte und den Streifenwagen wieder auf die Straße bringe.
"Klaus wollte wissen, wo ich bin, da ich schließlich Innendienst habe und jetzt niemand seine blöden Akten von A nach B trägt!"
"Moritz und Robin sind doch auch noch da!"
"Die sind anscheinend so in ihrer Arbeit vertieft, dass er sie nicht stören möchte.... Naja, hab ihm gesagt, dass ihr kurz Unterstützung braucht und ich bald wieder da bin!"
"Das hat er dann einfach so akzeptiert?", frage ich verwundert und ernte ein verachtendes Schnauben:
"Nachdem er irgendwas von "unfähigem Pack" geschnauzt hat, ja".
Ich bin wahnsinnig erleichtert, dass ich den ganzen Tag auf Streife unterwegs bin und somit einer Begegnung mit Klaus zu neunzig Prozent umgehen kann.
Jonas tut mir wirklich Leid, da er sich nachher direkt in die Fänge des Muffel begeben muss und damit er nicht mehr Gemotze abbekommt als nötig, fasse ich einen Entschluss:
"Du fährst Leos Auto und ich Toms, okay? Dann zieht sich das nicht so lange und du kannst weiteren Ärger vermeiden. Hoffentlich!"
"Woher kommt der plötzliche Wandel?"
"Ich lass dich doch nicht einfach so im Stich! Wir müssen zusammenhalten", ich strecke meinem Kollegen eine Faust entgegen, die er mit einem Andocken seiner ebenfalls zur Faust umgewandelt Hand würdigt.
Die erste Haltestelle, die durch das unverkennbare Sonnengelb des Autos keinesfalls zu übersehen ist, ist schnell erreicht.
Als mein Kollege mitsamt Schlüssel ausgestiegen ist, wünsche ich ihm viel Glück und fahre zur nächsten Station, an der mich schon ein mürrischer Marc erwartet.
Am liebsten würde ich jetzt sitzen bleiben, aber das würde nur das Unvermeidliche hinauszögern.
Sobald ich die Fahrertüre geöffnet habe, wettert Herr Westernhoven auch schon los:
"Wo bleibst du denn? In dieser Zeit zeugen andere Menschen fünf Kinder!"
"Brauchst du so lange zum Abschuß?", rutscht es mir unbedacht raus, was meinem Kollegen eine hochrote Birne beschert.
Bevor er mich für diese Aussage in Grund und Boden stampft, überbrücke ich die paar Schritte zu ihm und treibe ihn ebenfalls zur Eile an:
"Wir dürfen jetzt keine Zeit verlieren. Fahr schon mal in die WG und schnapp dir dann Jonas. Der muss schnell zurück aufs Revier, Klaus hat nach ihm verlangt. Mich kannst du danach in aller Ruhe abholen!"
Marcs Gesichtszüge wandeln sich von zornig zu gequält um:
"Och nö. Ich dachte, er ist heute unterwegs und würde von der Sache nichts mitbekommen. Warum kann denn nicht einmal etwas glatt laufen?"
"Beruhig dich. Jonas hat ihm gesagt, dass wir Unterstützung gebraucht und ihn deswegen abgeholt haben!"
Mein Kollege zieht seine rechte Augenbraue in die Höhe:
"Na super! Für was haben wir denn Unterstützung gebraucht, mh?"
"Um die fünf gezeugten Kinder zu entbinden? Hahaha", gerade noch rechtzeitig kann ich dem Schlag gegen meine Schulter ausweichen und deute Marc mit einer ausladenden Handgeste darauf hin, sich endlich in den Streifenwagen zu begeben.
Herr Westernhoven folgt meiner Anweisung tatsächlich, denn Klaus' Nerven, noch weiter zu strapazieren, könnte böse für uns alle enden.
Nett wie ich bin, winke ich dem Herrn noch hinterher, worauf er mir einen Mittelfinger schenkt und mit Vollgas davon braust.
Vor mich hin lachend inspiziere ich vorsorglich die Karosserie des Audis, damit ich weiß, welche Kratzer und Macken schon vor meiner Fahrt bestanden haben.
Außer einem langen Kratzer, der in der Fahrertür verewigt wurde, kann ich nichts finden.
Zur Beweissicherung und als Absicherung meines eigenen Lebens, zücke ich mein Handy aus der Hosentasche und wähle die Kamerafunktion aus.
Damit mir keiner etwas unterstellen kann, halte ich noch meine Armbanduhr ins Bild, damit auch die Uhrzeit und das Datum gut sichtbar sind und mir keine Manipulation irgendwelcher digitaler Daten nachgesagt werden kann.
Habe ich alles bedacht?
Eigentlich schon....
Marc müsste mit dem Streifenwagen weit genug weg sein und das Auto wurde von außen gecheckt.
Mehr kann ich nicht tun.
Zufrieden mit meiner bisherigen Vorgehensweise, öffne ich die Fahrertüre und lasse mich auf den Sitz fallen.
Als ich nach dem Türgriff greifen möchte, schleicht ein furchtbar ekelerregender Geruch in meine Nase, der mich fast würgen lässt.
Was zur Hölle....
Um mir weitere Gedanken machen zu können, hüpfe ich so schnell wie möglich aus dem Gefährt, da der Innenraum einer Gaskammer gleicht und kein normaler Mensch dort drin denken kann.
Boah, hat Tom seinen Einkauf vergessen?
Bei der Wärme da drin und eventuell gelagerten Eiern könnte sich der Geruch erklären lassen...
Einen tiefen Atemzug Frischluft später, klettere ich im Auto herum und suche nach den vermutlich verdorbenen Eiern.
Jedoch ist weder im vorderen Bereich noch auf oder unter der Rückbank etwas zu finden.
Um nicht eines elenden Todes zu sterben, gönne ich mir im Anschluss ein paar Minuten an der frischen Luft und überlege gequält, auf was sich dieser ekelerregende Geruch zurückführen lässt.
Das Gedudel meines Klingeltons lenkt mich von meiner aufkommenden Sorge, dass die Entstehung dieses fiesen Geruchskillers mir in die Schuhe geschoben wird, ab:
Ich: "Scherer"
Jonas: "Hey. Wie weit bist du? Leos Karre steht jetzt unversehrt vor der WG und Marc fährt mich gleich zurück aufs Revier!"
Ich: "Ich habe ein kleines Problem!"
Jonas: "Och nööö. Was hast du angestellt?"
Ich: "Gar nichts! Die Karre stinkt im Innenraum dermaßen... Das kannst du dir nicht vorstellen... Ich kotze, wenn ich mich länger als zwei Minuten da drin aufhalten muss!"
Jonas: "Cedric, jetzt stell dich nicht so an. So schlimm kann es echt nicht sein... Marc ist extrem geladen und nervös dazu. Weißt du, was das für eine hochexplosive Mischung ergibt? Nase zu und durch!"
Ich: "Du kannst dich gerne selbst davon überzeugen! Das riecht nach faulen Eiern... Anders kann ich das nicht beschreiben!"
Jonas: "Liegt denn irgendwas im Auto rum, auf das der Geruch zurückzuführen ist?"
Ich: "Nein. Ich habe schon alles im Innenraum abgesucht!"
Jonas: "Kofferraum auch?"
Ich: "Nein, den noch nicht!"
Jonas: "Dann mach mal. Vielleicht verwest da hinten irgendwas"
Ich: "Meinst du... Aber Tom würde doch niemals..."
Jonas: "Boah, Cedric. Ich meine ein Tier und keine Leiche!"
Im Hintergrund ist Marc zu hören, der durch das Wort "Leiche" wohl in Alarmbereitschaft versetzt worden ist.
Es wundert mich daher auch nicht, dass keine Minute später seine Stimme am anderen Ende der Leitung zu hören ist:
Marc: "Wen hat er umgebracht? Scheiße... Wo sollen wir die Leiche denn entsorgen? Beton an die Füße und dann im Rhein versenken?"
Ich: "Schalt mal einen Gang runter! Als ob Tom einen Mord begehen würde..."
Bei genauerer Überlegung, in Betracht auf die Kinder, wäre es ihm vielleicht doch zuzutrauen.
Wenn ich an die Geschichte denke, die mir Moritz vor kurzem erzählt hat, dann wird mir ganz anders.
Natürlich hat Tom den Typ namens Markus nicht getötet, aber wer weiß wie weit er gegangen wäre, hätten die Kollegen nicht eingegriffen.
Das Erscheinungsbild des Opfers muss ja wirklich sehr unschön gewesen sein.
Marc: "Wie kommt ihr dann auf den Gedanken einer Leiche?"
Ich: "Weil es in der Karre abartig stinkt!"
Marc: "Hast du den Kofferraum schon geöffnet?"
Ich: "Nein!"
Marc: "Worauf wartest du dann noch?"
Ich: "Keine Ahnung!"
Marc: "Dann mach mal, ich bleibe so lange in der Leitung!"
Mit einem mulmigen Gefühl laufe ich an das Heck des Audis und platziere meine linke Hand an der Kofferraumöffnung.
Als sich dieser langsam in die Höhe bewegt, kneife ich die Augen zusammen und halte automatisch die Luft an.
Tausend Dinge, wie man eine Leiche ohne eine nachzuweisen Spur beseitigen könnte, schießen mir durch den Kopf.
Marc: "Cedric? Was siehst du?"
Ich: "Nichts!"
Marc: "Warum?"
Ich: "Ich habe die Augen geschlossen"
Marc: "Vollidiot! Dann mach die Augen auf!"
Meine Augenlider lassen sich nur im Schneckentempo öffnen, da die Furcht in mir, irgendetwas Schlimmes in dem Kofferraum vorzufinden, gerade meine Nerven auffrisst.
Marc: "WAS IST DENN JETZT? WIE LANGE BRAUCHST DU DENN UM IN DIESEN SCHEIß KOFFERRAUM ZU GUCKEN?"
Da ich mich über Marcs lauten stimmlichen Ausbruch erschrecke, reiße ich ungewollt die Augen auf und blicke direkt in einen leeren Kofferraum.
Auf einen Schlag entweicht mir sämtliche Anspannung und ich frage mich allen ernstes, wie ich so blöd sein und eine Leiche in Toms Auto vermuten konnte.
Ich: "Alles gut!"
Marc: "Definiere mir dein 'alles gut'. Ist da keine Leiche drin oder ist sie so weit vorbereitet, dass wir sie mühelos entsorgen können?"
Ich: "Hahaha. Es gibt keine Leiche. Irgendwie ist es doch total ungesund, dass wir dermaßen schlecht von Tom denken, oder? Vielleicht sollten wir alle mal zum Psychologen. Zoey hat mir da einen tollen Vorschlag gemacht. Erst war ich etwas skeptisch, aber in letzter Zeit komme ich immer wieder zu dem Entschluss, dass es uns allen gut tun könnte."
Marc: "Zoey hat dir einen Psychologen empfohlen?"
Ich: "Ja, ist aber eher eine Psychologin"
Marc: "Hahaha, na dann. Tu dir keinen Zwang an und jetzt setzt du deinen Arsch in Toms Karre und schaffst sie hier her!"
Ich: "Aber die stinkt bis zum Himmel!"
Marc: "Stell dich nicht so an. So schlimm kann es gar nicht sein!"
Damit scheint das Telefonat auch beendet zu sein, denke ich zumindest, da anstatt Marcs Stimme nur noch ein Tuten zu hören ist.
Seufzend schiebe ich mein Smartphone wieder in meine Hosentasche und werde auf ein paar gaffende Passanten aufmerksam, die auf der anderen Straßenseite stehen und miteinander tuscheln.
"Hier gibt es nichts zu sehen! Laufen Sie bitte weiter!", rufe ich den Menschen zu und deute mit meiner Hand, dass sie verschwinden sollen.
Doch anstatt meiner Aufforderung nachzukommen, wird das Getuschel lauter.
Augenverdrehend wende ich mich wieder dem stinkenden Gefährt zu und versuche mich selbst zu motivieren, in das Auto einzusteigen und es endlich zur WG zu bringen.
Gerade als ich meine Nasengänge bestmöglich verschlossen habe und mein Körper sich in dem Audi befindet, hält direkt hinter mir ein anderer Wagen, der mir den Weg absichtlich blockiert.
Das darf doch jetzt nicht wahr sein!
Bevor ich zu viel des giftigen Gases einatme, schwinge ich mich erneut aus der Karre und stöhne gequält auf, da sich die Blockade als Streifenwagen entpuppt, dessen Insasse mich überhaupt nicht glücklich stimmt.
"Cedric! Was für eine Überraschung!", grinst John schadenfreudig und bewegt sich mit schnellen Schritten auf mich zu.
Ich weiß jetzt schon, dass Toms Auto heute sicherlich nicht mehr den Weg nach Hause finden wird.
"John... Was machst du denn hier?", frage ich weniger begeistert und mustere seinen Kollegen, der mir allerdings überhaupt nicht bekannt ist.
"Meiner Pflicht nachkommen. Uns wurde mitgeteilt, dass hier vermutlich eine Leiche in einem Kofferraum vorzufinden wäre!".
Leck mich doch am Arsch, hab ich so laut geredet?
Warum rufen die Leute bei der Polizei an, wenn hier doch schon ein Beamter am Werk ist...
"Völliger Unsinn. Da war es wohl jemandem langweilig!", ich hoffe dass dieser eingebildete Sack sich damit zufrieden gibt und endlich wieder abzieht, doch damit liege ich natürlich Gründlich daneben:
"Soso. Naja, du weißt ja, dass man solchen Dingen natürlich nachkommen muss, oder?"
Ich erhebe abwehrend meine Hände:
"Tu dir keinen Zwang an. Bitteschön!"
Herr von und zu Möchtegern, Superpolizist begibt sich zuallererst an den Kofferraum, in dem er natürlich nichts finden kann.
Anschließend setzt er sich in den vorderen Teil der Karre, um alles genau unter die Lupe zu nehmen, steht jedoch schneller als ich gucken kann, wieder neben mir:
"Was um himmels willen, hast du da drin veranstaltet?"
"Keine Ahnung! Das Auto gehört mir gar nicht!"
"Aha. Was hast du dann damit vor?"
"Ich muss es dem Besitzer wieder zurückbringen. Der Gestank hat mich allerdings davon abgehalten.. Jetzt mach doch nicht so eine große Welle!"
"Bist du dir mit deiner Aussage auch ganz sicher oder musstest du etwas entsorgen, dass nicht von anderen Personen gefunden werden durfte?"
"Genau. Ich habe eine Leiche in meine Hosentasche gepackt und wollte gerade mit ihr weg spazieren!"
"Du gibst also zu, dass in diesem Wagen eine Leiche lag? Habe ich das richtig verstanden?"
"NEIN! Das war ein Witz!"
"Macht man über Leichen Witze, Ceddy?", der bedrohliche Unterton lässt mich schon Schlimmes erahnen, aber ein kleiner Funken Hoffnung auf eine spontan eintreffende Rettung, lässt mich nicht vollends verzweifeln.
"Leg doch nicht alles auf die Goldwaage. Wenn du jemanden ärgern willst, dann fahr ein paar Runden und such dir ein paar Umweltsünder oder dergleichen.
Ich bin im Dienst und muss dann jetzt auch wieder meiner Arbeit nachkommen!", versuche ich, dem arroganten Arsch mit Nachdruck zu vermitteln.
"Die wäre? Vertuschung schwerwiegender Straftaten?"
"Du bist so ein Arschloch!"
"Oooh, auch noch Beamtenbeleidigung. Cedric, Cedric... Tztztz. Hast du das mit, Tim?"
Johns Kollege erscheint wie ein strammer Soldat neben mir und bestätigt die gestellte Frage mit einem "Ja!"
"Sehr gut. Ich rufe dann mal einen Abschleppwagen und du, lieber Cedric, wirst uns anschließend mit aufs Revier begleiten. Tim wird dir schonmal Handschellen anlegen und sich mit dir in unser Blaulicht Taxi setzen!"
"Sag mal, spinnst du? Jetzt übertreib mal nicht. Dieser Gestank kann niemals von einer Leiche kommen, eher von faulen Eiern oder was weiß ich was und...", meinen Satz kann ich gar nicht weiter ausführen, denn das eingebildete Arschloch unterbricht mich harsch:
"Schnauze! Scheinst dich ja super mit Leichengeruch auszukennen, mh? Ich schätze, dass es sich lohnt, da etwas tiefer zu graben!"
Tim macht Anstalten, mir Handschellen anlegen zu wollen, doch ich weigere mich, mich derart demütigen zu lassen, da überhaupt gar nichts gegen mich vorliegt und John mir nur eins reinwürgen will.
Dass ein gekränktes Ego so ein Nachspiel mit sich ziehen würde, hätte ich mir niemals träumen lassen!
Ehe ich mich versehe, steckt mein Unterkiefer in einem festen Griff:
"Jetzt hörst du mir mal zu: Du wirst dir jetzt Handschellen anlegen lassen, da du nämlich Widerstand geleistet hast. Tim kann das bezeugen. Wenn du jetzt nicht tust..."
"John! Da drüben stehen immer noch Leute. Lass ihn los, das sehen die doch auch", zischt der Handlanger in unsere Richtung und sorgt tatsächlich dafür, dass mein Kiefer wieder seine Freiheit genießen darf, was ich von meinen Händen nicht behaupten kann.
An denen werde ich nämlich gepackt und frontal gegen Toms Auto geschleudert, damit meine Arme nach hinten gerissen und mit silbernen Armreifen verziert werden können.
Ich wehre mich jetzt einfach nicht mehr, da ich mir sicher bin, dass ich damit die Situation nur verschlimmere.
Womit ich mir auch sicher bin, ist, dass bei Tom sehr bald womöglich doch eine Leiche im Kofferraum liegen wird, wenn er dieses Spektakel zu Ohren bekommt.
Auf John ist er nämlich überhaupt nicht gut zu sprechen und da er von den Schikanen, die dieser Gorilla mir gegenüber immer wieder ausführt, schon lange nicht begeistert ist, wird er bei dieser absolut übertriebenen Schikane sicherlich nicht die Füße stillhalten.
Momentan weiß ich nicht, was mir mehr Angst macht: Die Aussicht auf Toms Reaktion oder das, was John noch mit mir vorhat.
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