Hilfe
Alex wusste nicht, wieviel Zeit verging, aber irgendwann schaffte sie es, sich halbwegs aufzurappeln. Mit dem Rücken lehnte sie an der Wand. Sie schmeckte Blut, sie spürte jeden einzelnen Knochen. Ihr Bauch schmerzte.
Genau in dem Moment, als sie versuchte aufzustehen, wurde die Tür aufgestoßen, welche Jo nicht ganz geschlossen hatte.
Sören, der immer gut gelaunt war, kam laut sprechend: "Meine Liebe, jetzt sehen wir zu, das er verschwindet und...!", stoppte aber, als er sie sah. "Der Dreckskerl!", presste er hervor.
"Er war schon da!", brachte sie noch hervor, ehe ihre Beine erneut ihren Dienst versagten. In den Knien knickte sie ein.
Der Freund schaffte es, den geschwächten und verletzten Körper abzufangen und hielt sie auf beiden Armen. Irgendwie bekam er es hin, sie dazu zu bewegen, ihr Handy und das Portomonaie von der Kommode zu nehmen, griff selber nach dem dort liegenden Schlüssel und trug sie zu seinem Auto. Er wollte sie selber ins Krankenhaus bringen, wollte kein Aufheben durch einen RTW.
Alex schaffte es nicht zu protestieren und ließ es zu, daß er mit ihr in die Notaufnahme des Krankenhauses fuhr. Während sie beim Röntgen war, rief er Danny an. Er erzählte was geschehen war, was der Arzt bisher gesagt hatte.
Alex wurde untersucht, die Verletzungen wurden dokumentiert, falls sie sich doch zu einer Anzeige durchringen wollte. Stumm und ohne Schmerzäusserung ließ sie jede einzelne Aktion über sich ergehen. Es gab glücklicherweise keine Knochenbrüche, wenn gleich das die Situation in keinster Weise besser machte. Er erfuhr Dinge über ihren Körper, die ihn traurig machten, die ihn schockten. Es waren Sachen, bei denen er nicht wusste, wie Jo ihnen in die Augen hatte sehen können. Wie er sie alle so anlügen konnte.
Es kam erst etwas Aktionismus in sie, als man sie über Nacht dort behalten wollte. Sie wehrte sich vehement, beinahe mit Händen und Füssen.
Sören versprach auf sie zu achten und durfte sie mitnehmen. Sie bekam Schmerztabletten ausgehändigt und ein leichtes Beruhigungsmittel verabreicht.
In der Wohnung packte Alex dann mit der Hilfe von Sören ein paar Sachen ein und er nahm sie mit zu sich. Während der Zeit in der Wohnung hatte er Danny unterrichtet, das er Alex mit zu sich nahm. Er wollte sie nicht sich selbst überlassen.
Einen Großteil der Fahrt dämmerte sie vor sich hin, wurde aber pünktlich zur Ankunft wacher.
Sören half ihr beim Aussteigen und führte sie in seine Wohnung. Sie lehnte am Türrahmen der Küche. "Kleines, ich war nicht auf Erwachsenenbesuch eingestellt. Ich fahre kurz einkaufen und bringe dann Justin mit. Fühl dich wie zuhause, sieh dich um! Mach es Dir bequem, lege Dich ins Bett!", erklärte er sich.
Sie stimmte ihm matt zu und er verließ die Wohnung, nachdem er ihr einen Kuss auf die Stirn gedrückt hatte. .
Alex schaffte es unter den Schmerzmitteln, sich einigermaßen zu bewegen. So ging sie duschen, musste den Krankenhausgeruch und die Blutspuren los werden und legte sich dann umgezogen auf sein Bett.
Als sie zwei Stunden später wach wurde, hatte sie Schmerzen und fühlte sich gerädert. Aus der Wohnung drang gedämpftes Stimmengewirr zu ihr und sie roch etwas zu essen.
Mühsam stand sie auf, denn ohne die Wirkung der Schmerzmittel taten ihr sämtliche Bewegungen weh.
Nach der Dusche hatte sie Leggins und T-Shirt an, ihre rotbraunen Locken fielen ihr tief in den Rücken.
Als sie barfuß aus dem Schlafzimmer zur großen Küche trat, sah sie, daß Danny und ihr Mann Manuel ebenfalls da waren. Auch deren vierjährige Tochter Laura und Sörens bald zweijähriger Sohn Justin waren dort.
Als Danny aufsah und sie erblickte, erschrak sie fürchterlich. "Wenn ich das Schwein in die Finger bekomme!", sprach sie aus und stand auf, um sie in den Arm zu nehmen, Manuel tat es ihr gleich. Alex blickte zu Sören.
Sören zuckte mit den breiten Schultern. "Sie ließen sich nicht aufhalten. Hoffentlich ist das nicht zuviel Trubel.", erklärte er, daß sie da waren. Alex versuchte ein Lächeln zustande zu bringen, was ihr aber nicht wirklich gelang. "Schmerzen?", wollte er wissen und sie nickte. Der Freund gab ihr eine der Schmerztabletten und ein Wasser, was sie sogleich einnahm. Im Anschluß setzte sich sich zu allen an den Tisch.
Sie beobachtete Manuel der mit Laura spielte, Danny und Sören, welche kochten und den kleinen Justin, der auf seinem Stuhl mit Salzstangen beschäftigt war. Er grinste sie an, als er sie sah. Sie ließ sich von dem Gewusel um sie herum berieseln. Sie nahm Justin auf ihren Schoss, der danach verlangte. Er streichelte zart über die angeschwollen Schläfe. "Lexie Aua!", flüsterte er. "Ja mein Kleiner, das war Jo!", sagte sie. "Jo böse!", war seine einfache und kindliche Schlussfolgerung. Und dann drückte der Zwerg einen schmatzenden Kuss auf die Stelle. Ihr stiegen Tränen in die Augen.
Nach einem schmackhaften Essen, von dem Alex nur wenig genießen konnte, zog sie sich zurück ins Bad. Sie sass auf dem Rand der Wanne und schluchzte leise. Sören stand vor der geschlossenen Tür und zögerte. Er hörte sie weinen, was ihn selber schmerzte. Die Freundin trat neben ihn. "Lass mich mal, das ist jetzt etwas für Mädchen!", brachte sie hervor. Danny trat irgendwann zu ihr ein und setzte sich stumm neben sie. Eine Weile hielt sie die weinenden Frau, die sie ohne Worte verstand.
Danny erfuhr, was am Mittag in der Wohnung geschehen war.
Alex erfuhr, daß Sören sich Vorwürfe machte.
Sie erfuhr, daß Jo sich bei Danny gemeldet hatte und auf Friede, Freude, Eierkuchen gemacht hatte. Von der Zeit her nachdem er sein gewalttätiges Potential ausgelassen hatte.
Zurück bei den anderen bot Sören ihr an, daß sie bleiben konnte, solange sie wollte.
Alle erklärten ihr, das sie hinter ihr standen, ganz gleich, was ihr nächster Schritt war.
Hilfe.
Alle boten ihr Hilfe an.
Sie hatte ihre Freunde zurück.
Jetzt wollte sie auch ihr Leben zurück.
Später an dem Abend machten Danny und Manuel sich mit Laura auf den Weg in ihre Ferienwohnung, die sie bis Sonntag Mittag gemietet hatten.
Am Tag drauf, sollte es gutes Wetter geben und sie planten einen Ausflug mit den Kindern.
Justin schlief bereits in seinem Bett und Alex hatte sich umgezogen. Sören war dabei, sich die Couch zum Schlafen parat zu machen.
"Was soll das?", wollte Alex wissen.
"Ich schlafe auf der Couch.", entgegnete er, doch Alex lehnte dies ab. Sie musste ihn nicht lange überreden auch im Schlafzimmer zu sein.
Beide lagen wenig später in seinem großen Bett. Es war dunkel, kein Ton war zu hören.
"Es tut mir leid!", flüsterte er in die Stille, entschuldigend.
"Sören, es ist nicht deine Schuld. Es ist seine Schuld. Es ist meine Schuld, weil ich es so lange toleriert habe. Aber ganz bestimmt ist es nicht Deine Schuld!", erwiderte sie.
Im dunkel des Schlafzimmer suchte sie seine Hand und drückte sie. Sie rutschte näher an den Freund, der einen Arm um sie legte. Diese Umarmung hatte etwas tröstliches.
Beide schwiegen sie und schliefen darüber ein.
Hui...
Harter Tobak, oder?
Wie seht ihr das?
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