18 - Engel?
Posttraumatische Belastungsstörung...
Bipolare affektive Störung wu-...
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Bereits 2 Herzinfarkte erlitt-...
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Weitere psychische Beeinträchtigungen wurden festgestellt. Unter ande-...
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Bis jetzt zeigte Patientin M.S keine Wirkung auf die bereits durchgeführten Behandlungen...
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Dai schaffte es einige Informationen und Details über die gesundheitliche Lage seiner Mutter, über die er erst heute von den Ärzten aufgeklärt wurde, auszublenden.
Sichtlich genervt über sein jahrelanges Unwissen, setzte er sich von seinem Krankenbett auf, schloss seine Augen und versuchte zu meditieren, um seine rasenden Gedanken zum Schweigen zu bringen. Vergebens.
Nachdem Dai bewusstlos und mit angeschwollenem Knie im Warteraum aufgefunden wurde, hatten die Ärzte ihn sofort am ganzen Körper untersucht, seine leichten Verletzungen gepflegt und ihn in einem Einzelzimmer im Spital eingewiesen. Obwohl er nach wenigen Stunden wieder aufwachte, musste er weiterhin für drei Tage zur Beobachtung im Spital verweilen. Er wurde zusätzlich von einem Psychiater betreut, da bei ihm ein «psychischer Schock» festgestellt wurde.
Da Dai wieder einmal keine Hilfe annehmen wollte, tat er so, als würde es ihm gutgehen und in bester Verfassung sein. Dem Psychiater war Dai's überzeugendes Schauspiel tatsächlich glaubhaft genug, denn dieser hatte sich am nächsten Tag nicht mehr blicken lassen.
Aber die liebe Nachbarschwester, die ihn jeden Tag besuchen kam, liess sich nicht mehr so schnell von Dai's Schauspielkünsten täuschen und kümmerte sich wie eine Mutter um ihn. Genau wie vor einem Jahr.
Sie erinnerte Dai sehr an seine frühere Mama, die vor dem Tod seines Vaters noch existiert hatte. Heute war nur noch eine leblose Hülle ohne Seele von ihr geblieben, welche die Ärzte seit Tagen vergeblich zu retten versuchten.
Wenn Dai wieder über das Schicksal seiner Mutter nachdachte, kamen in ihm nur Tränen hoch.
Er fühlte sich wie der schlechteste Sohn auf Erden.
"Du kannst nichts dafür, Daisuke. Du bist doch selbst noch ein Kind!"
Dai schreckte bei der Stimme hoch und blickte direkt in die besorgten Augen von Krankenschwester Yuki, die sich neben ihm auf das Bett gesetzt hatte. Er hatte nicht bemerkt, dass sie in sein Zimmer hereinkam und er währenddessen seine Gedanken laut ausgesprochen hatte.
Dai senkte beschämt seinen Kopf. "Ich hätte trotzdem für sie da sein können... ich habe als Sohn versagt..."
"Nein, mein Lieber, das verstehst du falsch. Niemand aus ihrem Umfeld, mich eingeschlossen, waren für sie da und hatten nicht einmal versucht, sie zu verstehen... deshalb haben klar wir, die Erwachsenen, versagt..."
"Ja aber trotz-"
"Du hast schon genug Schicksalsschläge erlitten mein kleiner Junge. Mit diesen musst du heute noch klarkommen. Deine jetzige Situation ist auch nicht gerade leicht verkraftbar. Es ist vollkommen in Ordnung, wenn du zugibst und deine Mitmenschen wissen lässt, dass es dir nicht gut geht."
Sie klopfte ihm beruhigend auf die Schulter.
Als Dai nicht antwortete, fügte sie noch hinzu: "Du solltest keine Schuldgefühle über deine Mutter haben! Man kann von einem Teenager doch nicht verlangen, dass er die Schmerzen seiner Mutter heilt..."
"Ich hätte trotzdem für sie da sein sollen, verdammt nochmal! Gerade als ihr Sohn hätte ich, mehr als jeder andere, Verständnis zeigen und ihr zuhören sollen!" Dai's Stimme wurde lauter: "Ich bin nur ein schrecklicher Mensch... ich habe schon so vielen Leuten durch meine Aktionen das Leben erschwert! Es wäre wirklich besser gewesen, wenn ich gleich nach meinem Unfall gestorben wäre!"
Dai's Stimme brach und neue Tränen bahnten ihren Weg und liefen seinem Gesicht herunter.
Schwester Yuki rückte etwas näher zu ihm hin und drückte ihn ganz fest an sich. Dai liess es geschehen, auch wenn es ihm ziemlich unangenehm war.
Sie strich ihm beruhigend über seine Haare, während sie sprach: "Nein mein Junge. Vielleicht sieht es für dich so aus, aber viele Dinge, die in unserem Leben passieren, können wir nicht kontrollieren. Diese Geschehnisse wären sicher auch ohne deinen Einfluss irgendeinmal eingetroffen."
Sie strich ihm jetzt über seinen Rücken, da sein Körper leicht zu krampfen anfing und redete weiter: "Manchmal geschehen schreckliche Dinge in unserem Leben, um uns stärker zu machen und uns wachsen zu lassen. Durch solche Erfahrungen lernen wir vor allem, das Leben mehr zu schätzen. Daisuke, du bist ein wundervoller Junge mit dem schönsten und reinsten Herzen, das ich je gesehen habe... du bist ein wahrer Engel!"
Dai war sprachlos. Er und Engel? Ganz sicher nicht! Dai wollte sie schon vom Gegenteil überzeugen, hätte die Krankenschwester nicht wieder das Wort ergriffen:
"Bitte verzeih dir für deine Fehler Dai! Kein Mensch ist perfekt, das musst du wissen! Das Beste, was du jetzt und in Zukunft machen kannst, ist es, von deinen Fehlern zu lernen und im Leben weiterzugehen. Sehe immer das Positive in schlechten Dingen, sei zu jedem freundlich, vergib denjenigen, die dir Schlechtes angetan haben und... gib niemals dich oder deinen Träumen auf!"
"Mir selbst verzeihen? Meine Träume niemals aufgeben?"
Träume.
"Oh scheisse!"
Dai löste sich abrupt von der Krankenschwester und klatschte betroffen seine Hand auf der Stirn. Nervös blickte er aus dem Fenster und fragte: "Was ist heute für ein Tag?"
Frau Yuki sah ihn etwas verwirrt an, bevor sie ihm antwortete: "Mittwoch. Aber wieso..."
"Verdammt!" Dai fuhr sich frustriert über die Haare, bis er plötzlich innehielt. "Vielleicht ist es noch nicht zu spät..."
Dai wandte sich wieder zu seiner Pflegeperson: "Was für eine Zeit haben wir jetzt?"
Frau Yuki sah schnell auf ihre Uhr: "Ehm... jetzt ist es genau 16:30 Uhr."
"Waasss? Scheisse! Die Vorführung für den Wettbewerb hat ja bereits angefangen!"
Dai seufzte und sprang sofort von seinem Bett ab. Was eine ziemlich schlechte Idee gewesen war, denn er hatte seine Prothese gar nicht an.
Bevor er auf den Boden stürzte, hielt ihn die Schwester noch rechtzeitig an seiner Schulter fest.
"Ganz langsam, mein Junge. Wo hast du es denn plötzlich so eilig? Ist es wegen der Schule? Da musst du dir keine Sorgen machen, du wurdest doch bis Sonntag krankgemeldet..."
"Yoshiaki ist es egal, ob ich krank bin oder nicht! Er wird mich und Hei-Ran bestimmt aus dem Wettbewerb rauswerfen, wenn ich nicht bald auftauche! Ich muss jetzt so schnell wie möglich zur Schule... kennen Sie vielleicht eine Abkürzung?"
Dai war nicht mehr aufzuhalten.
Er hatte den endgültigen Entschluss getroffen, sein Herzensstück vorzuspielen und die Klasse felsenfest davon zu überzeugen, dass Professor Yoshiaki die richtige Wahl getroffen hatte. Zudem wollte er Hei-Ran nicht im Stich lassen.
Wenn Dai sich jetzt beeilte, konnte er es sicherlich noch rechtzeitig vor dem Ende der Musikstunde schaffen...
❀❀❀
Hei-Ran sah nervös auf die Uhr.
Noch 10 Minuten, dann ist ihr gemeinsamer Traum mit Dai, beim nationalen Musikwettbewerb mitzumachen und zu gewinnen, endgültig Geschichte.
Am Anfang fühlte sie sich schuldig, dass sie als Austauschschülerin und Neuling einen Platz zu diesem Wettbewerb "gestohlen" hatte.
Der tötende Blick ihrer Mitschüler und ihr zugewiesener Partner machten ihr so viel Angst und Druck, dass sie gleich nach der Bekanntgabe der Auserwählten fliehen wollte.
Aber nachdem sie ihren Projektpartner Dai besser kennengelernt hatte und seit ihrem ersten Zusammenspiel eine spezielle Verbindung zu ihm spürte, glaubte sie, dass es Schicksal sein musste, dass sie sich durch die Musik gefunden hatten.
Nachdem Dai während des Essens ihr versichert hatte, dass sie sich nicht als "Platzdiebin" sehen sollte und nur aufgrund ihres Talentes in diesem Wettbewerb geschafft hatte, nahm es ihre Schuldgefühle etwas weg.
Durch Dai bekam sie den inneren Drang, der Musikklasse, vor allem aber Haruto, ihr Können beweisen zu müssen. Gleichzeitig wollte sie ihren Mutmacher Dai nicht enttäuschen.
Es war im Grunde genommen sein einziger Traum, der ihm jetzt noch am Leben festhielt. Zumindest hatte sie es so interpretiert. Für sie war es schliesslich nicht anders...
Ihr neuer Motivator und Freund hatte sich leider seit Tagen in der Schule nicht mehr blicken lassen. Sogar auf ihre Nachrichten hatte er seit Sonntagnacht nicht mehr geantwortet. Zudem schien Dais Absenz seinem besten Freund auch nicht wirklich zu kümmern, denn dieser verbrachte die Tage mit der beliebten Gruppe der Schule, die bei Takeos Abwesenheit nur über Dai lästerten.
Hei-Ran verstand nicht, wie dieser kalt wirkende Junge beliebt und dann noch mit Dai befreundet sein konnte. "Heiss" sah dieser Basketball-Captain schon aus, aber sein Aussehen war nichts mit der Schönheit, die Dai ausstrahlte, zu vergleichen.
Dai war in Hei-Ran's Augen innerlich sowie auch äusserlich, ein strahlender Engel!
Auch wenn sein Gesicht mit einigen Narben verziert war, hatte es ihm dennoch keines bisschen unattraktiv werden lassen.
Seine wunderschönen Reh-Augen, seine fluffigen und leicht gewellten Haare, seine zierliche Nase, markantes Kinn, prächtige Statur und Grösse machten ihn geradezu richtig anziehend. Über seine weich wirkenden Lippen wollte sie erst gar nicht reden...
Zudem war sie fest davon überzeugt, dass an Dais betonten, aber auch gleichzeitig weichen Muskeln niemand rankam! Darüber hinaus roch er soo gut und sein warmer Körper...
"Oh, was mache ich denn da! Jetzt fantasiere ich sogar über ihn!"
Hei-Ran spürte, wie ihr Gesicht zu glühen anfing.
"Was ist nur los mit mir? Konzentriere dich Hei-Ran!"
Zurück zu Dai.
Laut Yoshiaki war er krankgeschrieben. Aber das hielt den Professor dennoch nicht davon ab, ein Auge zuzudrücken.
"Wenn es dem lieben Herrn Sakurazaki dieser durchaus bedeutende Compétition wichtig wäre, wäre er trotz aller Umstände heute erschienen. Ich gebe ihm jetzt bis Ende der Stunde Zeit. Falls er bis dahin nicht auftaucht, müssen Sie Miss Park, alleine übernehmen!"
Hei-Ran machte es nichts aus, das Stück als Solo vorzuspielen. Sie hatte in den letzten drei Tagen schliesslich ohne Dai geübt.
Aber ohne Dai kann die Geschichte von Lauren auf keinen Fall erzählt werden!
Ohne ihn würde es ganz schwierig werden, diese Magie, welches die beiden miteinander verband und in eine völlig andere Welt führte, zu erzeugen.
Sie konnte nur hoffen, dass Dai gleich auftauchte.
Denn Haruto und Yami, die absoluten Lieblingskandidaten der Musikklasse, spielten ihr Stück «Snowflake» bereits zu Ende.
"Oh nein, sie waren die letzten..." Hei-Ran sah zur geschlossenen Tür. "Bitte beeile dich Daisuke!"
Die Schüler klatschten und auch der Musikprofessor schien von den beiden begeistert zu sein.
"Sehr schön, sehr schön! Das war eine hervorragende Leistung, meine Herren! Ihr könnt jetzt wieder an euren Plätzen gehen."
Die beiden Schüler nickten freudig ihrem Lehrer zu und gingen wieder an ihren zugewiesenen Plätzen. Dabei erging Hei-Ran nicht, wie feindselig und schadenfroh zugleich Haruto sie ansah. Wieso musste er auch noch in der gleichen Klasse wie sie sein!
Professor Yoshiaki erhaschte einen kurzen Blick auf seine Armbanduhr.
"Daisuke hat noch fünf Minuten, aber ich denke trotzdem, dass ich ihn disquali-"
"Ich bin da!", rief eine bekannte Jungenstimme.
Hei-Ran sah freudig zu Dai rüber, welcher keuchend vor dem Türrahmen stand. Seine Haare waren zersaust und er hatte einen türkisfarbenen Spitalhemd und grüne Schlafpantoffeln an. Kleine Schweisstropfen fielen ihm von der Stirn runter, die er sofort mit seinem Arm wegwischte.
"Wieso trägt er Krankenhaus-Klamotten? Ist ihm was zugestossen?"
Besorgt sah sie ihn an und erstarrte, als Dai's strahlende Augen auf einmal in ihren blickten. Mit einem Mal war ihre Sorge verschwunden.
Sie strich sich nervös über die Haare und lächelte ihn fröhlich an.Was für eine Erleichterung es doch war, dass Dai jetzt hier war!
Professor Yoshiaki sah ihn über seine Kleidung etwas entgeistert an: "Sie haben hoffentlich eine Erklärung dafür, in diesem Aufzug im heiligen Saal einzutreten, Herr Sakurazaki!"
"Tut mir leid, ich kam direkt vom Spital hierher und..."
"Ich will keine Entschuldigungen mehr Ihrerseits hören! Spielen Sie noch, bevor die Stunde vorbei ist! Die Industrie wird schliesslich auch keine Rücksicht auf ihre Umstände nehmen!"
"Verstanden Professor. Vielen Dank, dass sie mir eine Chance geben!"
Dai verbeugte sich vor dem Musiklehrer, bevor er Hei-Ran mit dem Kopf in Richtung des Klaviers deutete. Hei-Ran nickte und nahm sofort ihre Geige und die Notenblätter aus ihrem Koffer heraus, während Dai sich vor dem Flügel setzte.
Sie breitete die Partitur auf dem Notenhalter aus und sah Dai dann lächelnd an: "Ich wusste doch, dass du es noch rechtzeitig schaffst! Aber bist du dir auch sicher, dass du spielen kannst?"
Dai zwinkerte ihr als Antwort nur zu, was Hei-Ran sofort erröten liess.
Sie positionierte sich dann gegenüber dem Flügel, um Dai direkt in die Augen sehen zu können. Sie stellte die Geige auf ihrer linken Schulter ab und hielt die Saiten über den Bogen bereit. Jetzt musste nur noch Dais Einsatz kommen.
Dai atmete nochmals tief durch und glitt seine Hände sanft über die Elfenbeintasten.
"Ganz ruhig Dai. Das schaffst du schon!" sagte er zu sich, bevor er seine volle Aufmerksamkeit den Noten vor ihm richtete.
Engel?
Ja, du bist ein wahrhaftig leuchtender Engel! Ein heller Stern, der eine wunderschöne Konstellation im Universum bildet! :)
Lasse nie deinen Schein durch deine Vergangenheit, Meinung anderer über dich oder deiner negativen inneren Stimme verblassen!
Du bist wertvoll und wichtig für diese Welt! Bitte vergiss das nie! ❤︎
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