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First

Bäume peitschten, Blätter wirbelten, abgefallene Äste klatschten gegen die großen Fenster des Altenheims. Sturmhoch Christian (voll witzig, Sturmtief entsteht ja im Tiefdruckgebiet und hat in geraden Jahren Mädchen- und in ungeraden Jungsnamen. Ebenso bei den Sturmhoch) war vor zwei Stunden ohne Vorwarnung ins Lande geweht und würde laut der Wetterstationen eine unruhige Nacht bescheren.

Etwa 30 Senioren saßen in dem warmen und gemütlichen Gemeinschaftsraum. Es wurden Spiele gespielt, beliebt wie immer war Bingo (was für ein Klischee), doch auch Rommee und Mensch-ärger-dich-nicht waren vertreten. Andere schwangen, so gut wie es ging, das Tanzbein zu 50er Jahre Musik. Zwischen all dem liefen die vier Betreuer herum. Wirbelten eher, ebenso wie der Sturm draußen, auf dem großen Privatgelände. Gossen da Getränke ein, verteilten dort Essen, es war ähnlich wie in einem Restaurant, in dem die Älteren Gäste und die Betreuer Kellner waren, um die Gäste zu bespaßen.

Abseits des ganzen Spektakels saßen zwei alte Männer. Der eine, mit faltigem Gesicht und wenig mit grauen Haaren bestücktem Kopf, saß in einem der alten, längst nicht mehr heilen, Ohrensessel, die Augen auf der flackernden Flamme im Kamin liegend. Der zweite Mann saß in einem korbgeflochtenen Schaukelstuhl, eine Wasserpfeife zwischen den rissigen Lippen, mit verträumtem Blick auf die nun auch vom Regen gezeichneten Scheiben, in die Dunkelheit und Umrisse des Sturmes.

Diese zwei Männer nun, beide dem rauschenden Lärm lauschend, sie sollten heute, an diesem stürmischen Tag, ein großes Geheimnis lüften. Dieses sollte mit einem Unfall beginnen und mit einer Heirat enden.

Tomas, der jüngste Betreuer und zugleich Student, kam auf Jonathan, den Mann im Ohrensessel, zu. „Ihre Nichte", begann er, „sie hatte einen Unfall." War das zweite, was er sagte. Mit „Es tut mir sehr leid, doch sie wird es wohl nicht schaffen", beendete er die Meldung, ehe er wieder ging. Er hatte gedacht, dass Jonathan ihn nicht verstanden, die Nachricht nicht registriert hatte, doch Jonathan war es leid. Er war es leid, ständig Schwäche zu zeigen, wenn seine Liebsten aus dem Leben gerissen wurden, zu oft war es so gewesen, zu oft war sein Herz gerissen, immer seltener Tränen geflossen. Seine Frau, sein Sohn, seine Tante, sein Vater und nun seine Nichte, alle waren sie fort. Fort in eine andere, bessere Welt. Es konnte ihn nicht mehr berühren, als innerer Schmerz, der eines blutenden Herzen. Und wieder waren seine Gefühle wie der Sturm auf dem Gelände des Heimes, doch sein Äußeres blieb standhaft, wie die Wurzeln der großen Eiche unter dem Wind.

Ein Husten, mehr ein Räuspern, drängte Jonathans Gedanken an den Rand und sein Blick schwenkte in Richtung des rauchenden Mannes. „Jaja, irgendwann steht man drüber. Aber es tut trotzdem weh, nicht wahr?", Mike drehte sich um, sein Lächeln entblößte zwei Goldzähne, und zog den Rauch seiner Pfeife ein.

„Meine Mutter starb damals, als ich noch ein Kind war. Es hat mich fertiggemacht, ich konnte nicht mehr in die Schule. Jedes Mal hat es mich innerlich zerstört, wenn ich eine Mutter mit Kind gesehen habe. Mein Vater hat versucht, mich meinen Schmerz vergessen zu lassen. Mit Geschenken und Aufmerksamkeit. Damals hat es mich getröstet, jetzt finde ich es nur noch lächerlich. In der Schule wurde hinter meinem Rücken schlecht über ich geredet. Ich sei ja jetzt ein Psychopath, depressiv, weil ich meine Mutter verloren habe. Sie haben gelogen, immer wieder. Sie haben mich ausgegrenzt, weil ich ja anders war. Weil ich der einzige ohne Mutter war. Wenn man mal so drüber nachdenkt, eigentlich vollkommen jämmerlich." Mike stoppte kurz und zog an seiner Pfeife. „Mein Vater hatte irgendwann eine neue Freundin mitgebracht. Die hatte zwei Kinder. Jungs. Beide in meinem Alter. Es ist nicht wie im Märchen Aschenputtel verlaufen, aber auch nicht wie heiter, bunter Sonnenschein." Und so erzählte der Alte rauchend seine Lebensgeschichte, während er vor dem Fenster saß, im Stuhl sanft hin und her wiegend, nicht wie der Sturm draußen, von seinen Brüdern, wie sie ihn immer ein wenig überlegen angegrinst hatten, von seinem etwas komplizierten Familienleben über Jobsuche bis hin zu der Einweisung ins Seniorenheim. Die Erzählungen wurden viel ausgeschmückt mit Beispielen, detaillierten Beschreibung, Mike erfand kein einziges Wort dazu oder nur ansatzweise gelogen.

Jeder andere wäre längst in Gedanken versunken, in andere Welten abgedriftet, gar eingeschlafen. Doch Jonathan nicht. Er nahm jedes Wort Mikes auf und lauschte angestrengter, wenn der Sturm sich etwas mehr erhob, etwas mehr Schaden anrichtete. Vielleicht lag es daran, dass er nichts Besseres zu tun hatte, Langeweile, dass er traurig war, Verlust oder dass er Mike interessant fand, seine Geschichte, wie er erzählte. Teils durchlebte er die Ereignisse aus dem Leben des Pfeife rauchenden Mannes, teils litt er mit ihm mit.

Während „Tutti Frutti" durch die Lautsprecher vielfach in dem mit Menschen bestückten Raum wiedergegeben wurde, beendete Mike die Geschichte seines Lebens. Als er seine Pfeife ausdrückte und sich ächzend aus dem Stuhl erhob, knarrte dieser erleichternd. Mike holte ein altes Buch aus der obersten Reihe von dem breiten Bücherregal und schlug es auf. Fotos waren darin abgebildet, von ihm, als Kind, als Teenager, als Erwachsender, mit seiner Familie. Als er so durch die alten Zeiten stöberte, in dem dicken Fotoalbum, dass seine Geschichte in Bildern festgehalten hatte, lief Mike unbewusst zu Jonathan hin. Ohne es zu merken setzte er sich auf das Sofa neben den Ohrensessel, Jonathan konnte nun auch die alten Erinnerungen bestaunen. Während sie so blätterten, Staub lag zwischen den einzelnen Seiten, wirbelte auf und legte sich auf dem Birkenholzlaminat nieder, pfiff der Wind hinter den Fenstern, durchwirbelte die noch hängenden Blätter an den Ästen und der Zeiger der altmodischen Standuhr, nahe dem Kamin, sprang auf die 11.

Mike schlug das Bild seiner Tante mit ihren zwei Kindern um, auf die letzte Seite des Buches, die ein wenig zusammengeklebt und nur schwer zu lösen war. Wie bei vielen anderen auch, musste er erst die jahrelange Vernachlässigung weg pusten. Seltsam, dass nur ein Foto auf der vergilbten Albumseite abgebildet war. Deutlich zeigte es eine Hochzeit, wenn auch nur in schwarz-weiß. Das Brautpaar, gekleidet in hellen Tönen, lächelte sich glücklich an und hielten die Hände verschränkt. Sie liefen über eine Waldlichtung und die Frau hob ihr mehrlagiges weißes Kleid etwas über den Boden, damit es nicht verdreckte. Mikes Finger zitterte, als er über das alte Bild fuhr. „Das ist meine Mutter." Seine Finger wanderten weiter umher, nahm die Konturen des Paares wahr. Jonathan war etwas verwirrt, denn der Mann, mit dem leichten Bartansatz auf dem Foto, das war unverkennbar er. „Mein Vater", hauchte er, beinahe unhörbar. Sie beide verstanden nicht. Noch nicht.

Das in Leder gebundene Buch rutschte Mike von den leicht wackelnden Knien, er hielt es gerade noch vor dem Fall. Ein kleines, weiteres Foto fiel aus dem Buch, segelte an Jonathans Fuß vorbei und legte sich auf dem staubbedeckten Boden. Mikes Finger hoben es aus Reflex hoch und hielten sie ins Licht. Bestrahlt wurden zwei Babys, aussehend wie zusammengepresste Pellwürste, die sich Hand in Hand hielten und etwas erschrocken ihre älteren Ichs ansahen. Durch das dicke Fotopapier konnte man die eingeprägte Schrift eines Kugelschreibers fühlen und Mike sah diese an, Jonathan lugte ihm dabei immer noch über die Schulter, und seine Augen weiteten sich ein weiteres und auch letztes Mal. Man könnte es eine Erkenntnis nennen, als er sich den kleinen, mit gehetzter Handschrift geschriebenen Text durchlas.

Meine zwei Söhne. Ihr sollt ein schönes Leben haben, ein besseres als das Liebesleben eures Vaters und mir. Ich muss euch trennen, ihr sollt dies erfahren, wenn es soweit ist. Jonathan, ich liebe dich. Ich liebe dich sosehr, wie eine Mutter ihren Sohn nur lieben kann. Und noch mehr. Mike, mein kleiner. Dich liebe ich genau so sehr, doch auch dich muss ich trennen. Wir werden uns wiedersehen, wenn wir glücklich sind. Wir alle. Ich liebe euch

Eure Mama

Jonathan verstand. Er hatte gerade eben, zum ersten Mal in seinem Leben seine Mutter gesehen. Nicht hautnahe, nicht real, würde sie auch niemals richtig sehen. Nicht als Mensch. Nur Fotos hielten sie am Leben, in den Köpfen der zwei Brüder, die nebeneinandersaßen und ihr Glück noch nicht wirklich fassen konnten. In Grautönen war sie und würde sie bleiben.

„Mein Vater und deine Mutter haben geheiratet. Dann haben sie zwei Kinder bekommen, aber ihre Liebe hat nicht gehalten. Ich wurde von Mama und du von Papa genommen. Sie haben das vor uns geheim gehalten, Mama hätte mich niemals aufklären können, und Papa wollte das wohl einfach nicht." Mit diesen Worten fasste Mike seine Gedanken zusammen. „Das heißt, ich habe einen Bruder. Einen richtig, echten Bruder." Damit fielen sich die zwei in die Arme, wie es alten Männern eben möglich war, und für die zwar war diese Geschichte beendete."

 Rock around the clock" spielte im Hintergrund und übertönte den verblassenden Sturm, als zwei Brüder glücklich zu einander fanden.

Und für dich, lieber Leser, ist die Geschichte nun auch zu Ende. Es war eine kleine, feine Anregung für dich. Du musst nichts davon mitnehmen, von mir aus darfst du es auch längst wieder vergessen haben. Doch trotzdem freue ich mich, dass du dir, gib die Schuld meinen Fingern, mein produziertes Wrack an etwas bis hier hin durchgelesen hast.

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