Eiskalte Überraschung
„Was für eine Schande dass ich dich nur hier auf diesem Flug habe, Cherie." Evelyn erwidert den Blick der braunhaarigen Frau und schmunzelt, sieht an ihr runter und wieder hoch ehe sie sich an sie lehnt. Man muss dann doch so ein wenig was bieten wenn man schon so einfach mitgenommen wird. „Wir hätten nicht einmal Zeit für ein ausgedehntes... Spiel.", erwidert die weißhaarige und lässt sich am Hals entlangstreichen, ein schmunzeln auf ihren Lippen. „Und schnell ist langweilig, zumindest bei dir, Sicarius." Die braunhaarige Frau leckt sich über die eigenen Lippen. „Bei dir sind die langen Spiele die besseren. Mehr... glückliche Enden und das mit Dingen..." Evelyn schnaubt amüsiert, ehe sie zu Walter sieht der wie aus dem Nichts ein Buch hervorgeholt hatte um seinen Blick zu senken und etwas sinnvolles zu tun zu haben. Somit starrt er auch nicht, auch wenn er seine Ohren leider nicht einfach so abschalten kann. Die beiden Damen scheinen also auch schon ihre Vergangenheit gehabt zu haben, ob das so gut ist zu wissen? So interessant oder wichtig? So kann Evelyn aber wenigstens noch ein wenig Ruhe bekommen und das Handy aufladen, jedes Prozent ist wichtig wenn man nicht weiß wann man es das nächste Mal laden kann. Während die weißhaarige also schläft und das im sicheren Griff der braunhaarigen Frau die ebenfalls ihre Augen ein wenig schließt, bleibt Walter weiterhin wachsam. Noch immer weiß er nicht wo sie hinfliegen werden, es scheint nur lange genug zu sein damit Sicarius sich freiwillig ein wenig Schlaf gönnt. Jetzt stellt sich nur die Frage wie lange genau, lang dürfte es nicht sein wenn man bedenkt dass sie nicht lange schläft. Aber sie können von Glück reden dass sie mit Miss Rhyzik fliegen dürfen, es hätte auch anders laufen können und sie müssten auf die öffentlichen Flugmaschinen umsteigen. Wie viele Verbindungen Sicarius wirklich hat? Sie scheint überall genau die richtigen Leute zu kennen, schon fast unheimlich wenn man daran denkt was sie alles im Hintergrund auf die Beine stellen könnte ohne dass man so etwas höchstwahrscheinlich mitbekommt. Nach ungefähr einer halben Stunde ist auch die braunhaarige Frau eingeschlafen und nach zwei Stunden wird Evelyn schon wieder wach, die kleine Turbulenz in welche der Jet geraten ist, hatte sie genug gestört um aus dem Schlaf gerissen zu werden. Sie merkt schnell dass die Frau, auf der sie sitzt und geschlafen hatte, sie noch leicht festhält und doch ist es nicht schwierig sich zu befreien ohne sie zu wecken. Walter sieht sofort zu ihr, doch sie deutet ihm an leise zu sein. Sie geht in den hinteren Teil und genehmigt sich dann doch noch einmal eine Toilettenpause, bevor sie kurz vor dem Cockpit stehen bleibt und sich etwas zu trinken nimmt. Der ehemalige Butler schüttelt den Kopf als sie ihm stumm anbietet auch etwas zu trinken, er braucht das nicht mehr. Somit füllt Evelyn ihren Wasserhaushalt auf und leckt sich über die Lippen bevor sie zurückkehrt und sich auf den Sitz auf der anderen Seite des Ganges setzt. Auf der braunhaarigen Frau will sie nicht mehr sitzen und Walter nimmt den anderen Sitz dort schon in Anspruch, wieso sollte sie sich also Stress machen und ihn hochjagen. Der schwarzhaarige jedoch begibt sich fast augenblicklich zum Sitz gegenüber von ihr, wobei ihr das ein Schmunzeln entlockt. Wenn sie nicht wüsste dass er ihr nur zur Verfügung gestellt wurde um nicht allein zu reisen, würde sie glatt meinen dass er sie mag. Leicht lässt sie ihr Genick knacken, der leichte Druck der vorhin dort geherrscht hat, ist nun weg. Angenehm. Walter zieht seine Augenbrauen hoch, steht aber wortlos auf, stellt sich hinter den Sitz und die weißhaarige zuckt zusammen als sie plötzlich seine Finger wieder an ihrem Hals hat. Erst legt sie den Kopf in den Nacken, schnaubt lächelnd, formuliert ein stummes: ‚Danke' und lässt den Kopf nach vorn hängen. Ihr tut nicht wirklich etwas weh, aber es hat etwas vertrautes und entspannendes wenn Walter sich um ihre vermeintlichen Verspannungen kümmert. Wann hat sie zuletzt jemanden an sich herangelassen bei dem es nicht um Sex oder einen Kampf ging? Traurig zu was ihr Leben verkommen ist... und das alles nur um zu einem Ziel zu gelangen in der Hoffnung dass man es bald erreicht hat, aber was solls. Langsam leert sich ihr Hirn, die herumschwirrenden Gedanken sinken langsam zu Boden und es ist unheimlich wie still es sein kann wenn man nicht tausende Schritte vorplant sondern- Einfach nur sitzt und an nichts denkt. Sie muss Walter wirklich irgendwie entlohnen, aber mit was? Er braucht nichts, er ist eine Seele. Frieden? Ob Alucard das zulassen würde? Er wird Walter durch seine Taten in der Vergangenheit nicht einfach so vom Haken lassen, das kann sich Evelyn durchaus vorstellen und auch verstehen.
Von der Hitze in die Kälte, das ist der einzige Gedanke als Walter nach Sicarius nach draußen steigt und sich umsieht. Es ist Winter, somit liegt Schnee in Estland und wenn er den Piloten glauben schenken kann, dann dürften es hier -9° Celsius, also ungefähr 16° Fahrenheit sein. Er war hier schon lange nicht mehr, das letzte Mal war- Überrascht blinzelnd braucht Walter ein paar Sekunden, ehe er seine Hand hebt um das Monokel zu richten und ein amüsiertes Lachen hört. Langsam dreht er seinen Kopf zu der weißhaarigen Frau die ihn breit grinsend ansieht, in ihrer Hand noch Überreste des Schneeballs welchen sie ihm an den Kopf geschmissen hatte. „Ich dachte du hättest eine gute Reaktionsgeschwindigkeit... was ist damit passiert?" Der ehemalige Butler zieht die Augenbrauen hoch, wie kindisch kann man bitte als erwachsene Frau sein? Wobei- Er muss sich nur Alucard ansehen. „Ich habe zugegebenermaßen nicht damit gerechnet mit einem Schneeball von Ihnen abgeworfen zu werden.", erwidert er ruhig und wischt sich ein paar Reste noch seitlich aus dem Gesicht. „Hehe... whups...?" Aha, na was solls. „Sicarius, meine Beste!" Evelyn dreht den Kopf zu der braunhaarigen Frau die sich zu ihr stellt. „Ich habe Taavi bescheid gegeben dass du mit mir kommst, wenn du Informationen brauchst, dann wende dich einfach an ihn." Sie gibt ihr noch einen Kuss auf die Stirn, ehe sie wieder in den Jet steigt und dieser nach dem Schließen der Türen wieder auf das Rollfeld rollt. Sie hat sie hier nur abgesetzt, um nach Finnland weiterzufliegen. Im nächsten Augenblick wird ihr Kopf ein wenig nach vorn gezwungen und sie spürt etwas kaltes am Hinterkopf, was auch in den Kragen läuft. Sofort drückt Evelyn den Rücken durch und sieht zu Walter, der sich lächelnd die Hände abklopft. „Whups." Zwar geht ihr Mund auf, aber sie kann sich das Grinsen nicht verkneifen- Er kann ja doch auch ein bisschen kindisch! Doch durch weiteren geschmolzenen Schnee an ihrem Rücken wird ihr die Kälte bewusst und sie zieht sich die Jacke aus, bevor sie ihr Top hinten ein wenig schüttelt, ist das EKELHAFT! Der ehemalige Butler sieht ihre missliche Lage und hilft ihr die restlichen Schneeklumpen und halb geschmolzenen Brocken zu entfernen, bevor sie sich wieder die Jacke anziehen kann. „Danke...", murmelt Evelyn und schüttelt den Kopf. „Man merkt wirklich wie lange man allein unterwegs ist, wenn man jemanden an der Seite hat der mit einem reist." Ein zustimmendes Nicken ist von ihm zu sehen, durchaus merkt man das erst wenn einem vor Augen geführt wird was man bisher verpasst hat. Nicht nur Hilfe in manchen Dingen, sondern auch kurze Ablenkungen und Spaß. Spaß der nichts mit einem Kampf, sexuellen Handlungen oder irgendeiner Rache zu tun hat. „Ist sonst alles in Ordnung, Sicarius? Ich muss mich entschuldigen, dass-" „Eh? Wofür entschuldigst du dich jetzt?" Er kann die ehrliche Verwirrung in ihren Augen sehen, die Irritation wieso er das jetzt macht. „Nun ja, durch meine Handlung ist es zu einer sehr unangenehmen Situation gekommen, oder liege ich falsch?" Ein paar Mal blinzelt die weißhaarige und runzelt die Stirn. „Und ich hab dir einen Ball ins Fressbrett geklatscht- Was ist dein Punkt?" Dennoch fühlt sich Walter dazu verpflichtet sich zu entschuldigen. Wieder legt sie ihm einen Arm um die Schulter, lächelt leicht und sieht ihm direkt in die Augen. „Ich weiß dass du bis zu deinem Ende mit deinem Doppelleben als Butler einiges einstecken und dich für solche Kleinigkeiten entschuldigen musstest, aber ist das hier das Anwesen? Ist Alucard hier oder gerade überhaupt wach? Ich weiß nicht ob du nicht entspannen kannst weil dir das so in Fleisch und Blut übergegangen ist, aber... bei mir musst du das nicht, okay? Wenn du willst kannst du mich auch duzen, SO alt bin ich jetzt auch wieder nicht. Und ich besitze keinen Status der so etwas in Betracht ziehen würde." Sie klopft ihm auf den Oberarm und lässt ihn los, ehe sie beginnt in eine Richtung zu gehen. „Kommst du?" Walter folgt sofort, in seinem Kopf herrscht dennoch so eine gewisse Zwiespaltung was das Thema angeht welches sie gerade angesprochen hatte. Wenn er sich nun aber an den gelasseneren Umgang gewöhnt und dann wieder zurück ist- das könnte zu Problemen führen. Dennoch wäre so etwas zur Abwechslung wirklich einmal zu gebrauchen und wenn er eh schon sein eigenes Bewusstsein behalten konnte was seine neue Seelenform angeht, dann sollte er es ausnutzen. Alucard kann ihm dahingehend nichts verbieten, es ist ja auf Wunsch von Sicarius. Er wünschte er könnte ihm das unter die Nase reiben! Irgendwie, auch nur ein kleines bisschen. Wobei... er könnte es machen, wenn man das nächste Mal so ein Privatgespräch hat wie es in Assua der Fall war.
„Ich finde es schön dass du unsterblich bist, aber musst du auch so fahren?" Die weißhaarige dreht leicht ihren Kopf, durch die verspiegelte Schutzbrille kann man ihren Blick nicht sehen und doch reicht ihr ausgelassenes Grinsen aus. Die Haare hat sie unter eine Mütze gestopft, sodass sie dem armen Kerl nicht im Gesicht herumfliegen. „Sag bloß du hast Angst vor ein paar Sprüngen!" Walter verdreht nur die Augen, er ist ja nicht um sich besorgt, sondern um sie. Evelyn lenkt das Schneemobil zu einem weiteren kleinen Sprung und stellt sich leicht auf um die Landung besser abfedern zu können, bevor sie ihre Leichtsinnigkeit ein wenig besser in den Griff bekommt und weiterfährt. Taavi hat ihnen ein Schneemobil zur Verfügung gestellt und die genauen Koordinaten gegeben wo sich eine der ersten Frauen aufhalten sollen. Ihr offizieller Name lautet Maive, dennoch ist sie aus der Auflösung von vor sieben Jahren hierher verscherbelt worden und sie werden sehen was sich ihnen präsentiert. Taavi war überrascht als er hörte um was es geht und hat sich sofort gegen so eine Aktion ausgesprochen, auch wenn er viel macht und auch für einige Morde zuständig ist- Familie ist ihm heilig und gegen Menschenhandel geht er schon lange vor. Dass ihm das einfach so durch die Lappen gegangen ist, das war ihm schon fast peinlich. Aber er ist froh dass sie sich darum kümmern werden und man solle ihn auf dem laufenden halten. Sollte es nicht die Person gewesen sein die sie suchen, so sollen sie ihm einfach bescheid geben und er wird sich darum kümmern dass man nicht nur die Frau zurückbringt, wenn sie es möchte, sondern sich auch um Veli gekümmert wird. Dem Mann der das alles geschafft hatte bis jetzt geheim zu halten. Er hätte es auch geschafft, wenn Evelyn nicht nach einer bestimmten Person suchen würde und nicht weiß wo sie ist. Taavi hat versprochen auch nichts zu sagen oder durchsickern zu lassen bis das alles vorbei ist und sie vertraut ihm dahingehend, auch wenn er hinterlistig sein kann... bei so etwas macht er keinen Spaß und das weiß sie und das wissen alle die ihn wirklich kennen. Mit einem Mal spürt sie eine Vibration an ihrer Brust, ihr Handy. Evelyn wird langsamer und Walter will schon fragen was los ist, wobei sie schon an das Handy geht bevor sie den Motor ausschalten konnte. „BEEIL DICH!" Überrascht zieht sie die Augenbrauen hoch, seit wann ist Taavi so panisch? „Ich habe einen Anruf von Maive bekommen, Veli ist am Durchdrehen! Er scheint Infos bekommen zu haben dass man nach denjenigen sucht die vor sieben Jahren verkauft wurden! Sie hat Todesangst!" Taavi ist nicht nur derjenige mit den besten Kontakten unterhalb des Radars, sondern auch so etwas wie der Cop an den man sich wendet wenn man Angst hat. Evelyn kneift die Augen zusammen. „Fuck- Wir kümmern uns darum." Sie legt sofort auf, startet die Maschine und lässt den Motor aufheulen. Walter hatte mitbekommen was los ist und hält sich wieder an ihr fest, hat das Gesicht aber verzogen. „Das bedeutet dass irgendjemand eine Liste hat mit denen wir die Leute ausfindig machen könnten ohne die Lady zu belästigen." Sie nickt, fährt so schnell es geht. „Und es gibt jemanden der es sich zur Aufgabe gemacht hat die Leute zu warnen dass wir auftauchen werden." Aber es gibt einen Punkt der wohl als einziges positiv genug ist- man scheint nicht zu wissen nach wem man sucht! Sonst würde man nur diese Person informieren und nicht alle anderen warnen. Aber sie hat den Namen herumposaunt, inklusive Beschreibung. Wer also weiß dass man nach jemandem aus der Auflösung sucht, aber nicht wer es genau ist? Wie unlogisch ist das bitte? Evelyn beugt sich plötzlich weiter nach vorn, er spürt wie sie sich anspannt. Warum? Sein Blick geht an ihrem Kopf vorbei nach vorn und könnte sich im nächsten Moment eine Hand auf das Gesicht legen. Taavi sagte ‚schnell' nicht ‚Selbstmord'! Wobei- Sie kann sich ja nicht umbringen soweit er weiß. Der Motor heult im nächsten Moment auf als die Gleiskette keinen Schnee mehr hat in welche sie greifen könnte. Die Schwerkraft setzt ein und sie fallen schon fast nach unten, wobei Walter überrascht ist als sie auf einer Art Landerampe aufkommen und sie sofort weiterfahren. Woher wusste sie das? Kennt sie das Gelände so gut? „Woher wusstest du dass da eine Rampe ist?", ruft er und sie gibt noch einmal Gas, dreht leicht den Kopf sodass er sie hören kann. „Das hier ist eine beliebte Strecke für Schneemobile! Hast du nicht die vorherigen Abdrücke oben gesehen? Da sind schon mehr runtergefahren also musste hier sowas sein!" Zu 100% sicher war sie sich nicht, aber sie hat keine Zeit um sich darüber Gedanken zu machen. Sie sind noch ein paar Minuten von dem Dorf entfernt in welchem sie sich aufhalten sollen, zumindest wenn sie dem eingebauten Navi glauben schenken kann, welches sie in die richtige Richtung leitet.
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