Siegesfreude?
Burg Slivor glich einem abgebrannten Scheiterhaufen. Von den vielen Hütten waren drei größere und zwei kleinere Hütten unbeschädigt. Trotz des Sieges, den fünf der Slepnaer Mitstreiter mit dem Leben bezahlt haben und einiger kleinerer Wunden, stand man hier fast vor dem Nichts: zu wenig Unterkunft für die Überlebenden Slivorer und Slepnaer Leute, fast kein Vieh und nur wenige Vorräte.
Mit dem hellen Tageslicht waren auch die meisten Feuer in der Burg nun gelöscht. Trotz der vielen helfenden Hände beim Ablöschen- tatenlos musste man zusehen, wie drei Gebäude herunterbrannten.
Sogar die Holzstatue des Vier- Gesichtigen Gottes Svarosic hatte abgestrahlte Hitze abbekommen. Die Säule zeigte neben Rußflecken auch Risse.
Das Torhaus jedoch konnte zumindest im unteren Bereich erhalten werden.
Überall stieg Rauch auf, der die ganze Niederung um die Burg mit einem feinen, ekelig riechenden Dunst überzog.
Stanielub und Andra schleppten eine abgemagerte Gestalt zum Hauptplatz, wo Larno mit einigen Slivorer Leuten stand. Larno hörte sich die Sorgen der Leute an, die von den Untaten der Redarier nach deren Eroberung der Burg berichteten.
"Sieh nur Larno, wenn wir dort vorn in einem schlammigen, offenen Verschlag gefunden haben!", sprach der junge Andra- sich sichtlich freuend.
"Sladko? Du lebst? Oh Götter- sieh Dich an!", sagte Larno erschrocken über den geschwächten Freund.
Kaum stehen konnte Sladko vor Schwäche- gestützt musste er werden. Sein Leib war von blauen Blutergüssen gezeichnet und die Augen wirkten matt. Durch die zerfetzte Hose konnte man deutlich eine lange verschorfte Wunde sehen. Dennoch wollte Sladko mannhaft umarmen aus Freude der Rettung und des Widersehens.
"Haben mich nicht gemocht, die Redarier! Ich dachte, Neromir hatte mich zum Gastmahl geladen! Sonst wäre ich doch niemals freiwillig hierher gekommen!", witzelte Sladko.
"Schön, dass Du am Leben bist! Wir hatten schon jede Hoffnungen für Dich und Wencel aufgegeben! Doch nun, erzähl! Was ist passiert bei den Felsen?", fragte Andra wissbegierig.
"Ja. Als wir sie nicht weiter abwehren konnten, hab ich noch zwei in die Fallen zwischen die Felsen gelockt. Musste vom Felsen herunter dazu- damit ich sie locken konnte. Zu Fünft kamen sie an und wollten mich schnappen. Als die zwei in die Speere der Fallen fielen waren die anderen vorsichtig- aber es gab kaum noch Möglichkeit, ihnen zu entkommen. Mit einem Pfeil habe ich noch einen erwischt, dann bekam ich ordentlich was ab. Ein Schnitt ins Bein und dann einen Schlag vor den Kopf. Dann kam ich erst wieder zu mir, als Neromir sich die ausgebrannten Reste der Höhle besah und Leute losschickte, Euch zu finden. Der Boran hat den toten Leib vom Wencel neben mich geworfen. Wencel hatte sich bis zuletzt oben auf dem Felsen gehalten. Er war von Pfeilen und Spießen gezeichnet- schlimm sah er aus."
"Und hier? Wir hörten nur Gerede, dass man Dich hierher gebracht hatte- mehr bekamen wir nicht zu Ohr!", fragte Larno.
"Am ersten Tag haben sie mich vor den Slivorern zur Schau gestellt. Neromir sagte, er habe alle von Uns getötet. Gelacht habe ich darüber. Dann hatte Boran und noch einer Fragen gestellt: Wo Ihr Verstecke haben könntet, wo das Erbeutete versteckt ist, über Eure Waffen. So etwas eben. Hab mich Dumm gestellt! Das fiel mir auch nicht schwer nach dem Schlag war ich lange ganz benommen. Sie wollten es nicht glauben- haben mich in den kalten offenen Käfig eingepfercht. Jeden Tag gab es Schläge- ohne Fragen- einfach mal eben so von den Wachen. Angepisst haben sie mich. Naja. Bin froh, dass Das vorbei ist!"
Larno nickte. "Du riechst auch schon wie ein Redarier von deren Pisse! Komm! Mach Dich fein!"
"Wieso? Die Slivorer haben mich von weitem jeden Tag gerochen."
"Nicht für unsere Slivorer! Für meine Hochzeit!", gab Larno dem schwachen Freund bekannt.
"Ah. Du bist kein Zauderer, Larno. Aber wo ist die Nemanja? Sie ist doch die Braut, oder? Ich seh sie nicht?"- Sladko machte einen langen Hals und sein suchender Blick ging in die Runde.
Stanielub antwortete- was Larno recht war, denn sein Schmerz war so groß wie der Schmerz von Nemanja's Vater. "Mein Mädchen wird noch kommen. Sie wurde sehr böse auf der Flucht zugerichtet, weißt Du? Bin froh, wenn sie den heutigen Tag noch erleben darf."
"Was?" Sladko war erschrocken, griff sich fest ins Haar vor Mitgefühl.
================
Milorad hatte SIE wieder gefunden- Seine Versprochene Danuta! Endlich konnte er seine Hände wieder in ihr Haar eingraben , ihre liebe Stimme hören, Danuta's Haut berühren und fühlen. Sie war ihm bei den Slivorer Leuten erst nicht aufgefallen im Dunkel der Nacht- jedoch hatte sie sich durch die Leute gedrängt und an seinen Hals geworfen. So hatte es sich Milorad so lange gewünscht! Doch musste er weiter in den Kampf.
Nun jedoch standen Beide schon lange auf dem Wall hinter der Palisade und blickten in der aufgehenden Sonne entgegen.
Viel gab es zu erzählen- sehr viel. Und Beide erzählten sie sich, was mittlerweile geschehen war. Gutes und schlechtes!
Da Milorad spürte, dass Auch Danuta's Liebe für Ihn noch da war trotz der langen Trennung, nahm er allen Mut zusammen, um Danuta von Nemanja und Larno zu berichten- und das Milorad mit dem erwarteten Schamanen gemeinsam das Paar vor den Göttern verbinden soll. Auch das Nemanja so schwer verletzt sei, dass sie dem Tode schon sehr nahe ist, behielt Milorad vor seiner Versprochenen nicht für sich.
Danuta konnte kaum glauben, über welch starke Liebe ihr Milorad da berichtete.
Milorad endete seinen Bericht mit einer Frage: "Danuta. Da auch unsere Liebe solch finstere Zeit überdauert hat - würdest Du mich auch zum Manne nehmen? Heute? Gleich hier? Vor all unseren Leuten?"
Milorad hatte sich für Danuta im Wesen verändert, ja. Aber zu seinem Vorteil, wie Danuta fand. Auch sie hatte schlimme Zeiten hier überstanden, war eine andere Frau- eine reifere Frau geworden.
"Das will ich! Ja, mein Liebster! Ich will deine Frau sein!", mit diesen Worten umschlossen ihre Hände seine kalten Hände fest. Sie küssten einander.
"Dann will ich Larno bitten! Eine Doppelhochzeit soll das heute werden!"
=============================
Conia hatte die edlen Frauen und Bohumil irgendwann aus der Hütte geführt.
Sie hatte den redarischen Herrn Boran noch gehört, wie er lauthals schrie, dass die Frauen gebracht werden sollen. Als Geiseln und Schild sollten die edlen Frauen ihm noch nützlich sein. Weinend hatte Conia ihr Kind in die Hände von Frau Nerin und Reglindis übergeben und sich aus Nerin's Hand den Dolch entrungen.
Sie würde - wenn nötig- nun ihr Leben geben, um die hochgestellten Frauen zu schützen! Mit Ihrem Leben! Ja!
Die Frauen verstanden Conia- auch ohne Worte! Nerin hatte Boran's Drohung den Frauen übersetzt. Noch mehr kauerten sie sich aus Angst zusammen.
Jetzt, da Larno gerade aus der Hütte war, würde sie- Conia- zwischen den Frauen und Jedem stehen, der versuchen würde, die Frauen aus der Hütte zu bringen.
Entschlossen stellte sie sich mit Blick zur Tür vor die Frauen.
Doch es gab nahen Kampflärm - auch direkt neben der Hütte. Geschrei aller Orten in der Burg! Dann wurde es ruhiger!
Erst mit dem lauten Jubel der Leute draußen in der Burg kam auch in Conia's angespannten Körper ein warmer Friede zurück.
Conia war von der Anspannung so erschöpft, dass sie einfach vor den Frauen weinend zu Boden fiel. Es war geschafft. Sie- und auch die Frauen- brauchten kein weiteres Leid erdulden.
"Conia? Sag etwas! Komm!"- die edle Nerin und Fräulein Sania halfen ihr, wieder zur Besinnung zu kommen. "Komm. Sag etwas!"- forderte Frau Nerin.
"Wir sind frei! Wir sind endlich wieder frei! Alle!" -flüsterte Conia nur in die Hütte.
Ein Bündel der Umarmungen für einander bildete sich in der Hütte.
=============================
Auch wenn seine Schwägerin noch so sehr drängte, Larno etwas sehr Wichtiges sagen zu wollen- Larno hatte keine Zeit für sie gefunden.
Die edlen Frauen hatte er nun schon gesehen- auch gehört, dass sie in fremder Sprache redeten. Auch sah er, dass alle Frauen unbeschadet waren und in guter Gesundheit die letzte Nacht überstanden hatten. Sie- diese edlen Damen- machten sich nützlich und halfen dort selbst mit, wo es notwendig schien und gesehen wurde.
Larno beriet sich mit Wibor, dem Slepnaer Ältesten. Auch Stanielub, der Brisanenkrieger Luran und der alte Zdanko waren dabei, als man am beschädigten Torhaus auf dem Wall stand und sich die Burg Slivor ansah. Milorad kam mit einem Lächeln auf den Lippen nun auch dazu.
"Was beredet ihr?", fragte Milorad in die Runde.
Larno biss die Lippen aufeinander, als wolle er seinem Freund und Mitstreiter nicht Bericht geben.
Stanielub klopfte Milorad auf die Schulter. "Um die Burg geht es, Milorad. Um die Burg!"
"Wieso? Was ist mit der Burg?"
"Sieh Dich um- Slivorer Fürstensohn! Hier! Sie Dich einfach nur um!", forderte der Wibor. "Sie dir die Menschen an, Milorad- egal ob es Eure Slivorer sind oder meine Slepnaer Leute. Und dann sieh dir an, was die Redarier und die Feuer von der Burg gelassen haben!"
Milorad blickte sich um. Die Menschen rafften notwendiges zusammen- in den verkohlten Trümmern der Hütten wurde gesucht, in den Verschlägen. Froh waren sie- das schon. Aber sie waren auch erschöpft und mit wenig Hoffnung, hier Nahrung und ausreichend Obdacht zu finden. Wenn man genau hinsah, so konnte man dies in den Gesichtern sehen. Und die Befestigung? Das Tor war noch brauchbar, jedoch das obere Torhaus ausgebrannt wie viele der Hütten. Auch das Herrenhaus des Vaters lag in Schutt und Asche. Vorräte gab es nicht.
Milorad verstand.
Larno sprach aus, was alle Männer in dieser Runde für sich behielten, obwohl es so offensichtlich war: "Milorad. Ich habe vorgeschlagen Burg Slivor zu verlassen. Die Slepnaer- die auch kein Zuhause mehr ihr eigen nennen können und die Hoffnung hatten, hier ein neues Heim zu finden- würden sich anschließen. Wir könnten gemeinsam irgendwo neu anfangen."
Milorad verstand die Gründe Larno's, jedoch nicht, warum man den Neuanfang nicht hier machen wollte, wo eine Palisade alle schützte. "Aber warum fortgehen? Wir können uns doch alle hier zusammentun und alles wieder aufbauen! Soll all der Kampf umsonst gewesen sein?"
Larno zog die Stirn in Falten und griff sich besorgt ins Haar.
Luran, der weder mit Slivor oder Slepna ein Band hatte und nur zum Kampf hierher gekommen war, antwortete: "Es war nicht umsonst mein Freund! Wir haben den Menschen etwas gegeben- ein freies Leben! Ohne Unterdrückung! Ohne Mühsal! Sieh dir deine Leute doch einmal an! Sie werden als Freie eine neue Heimat finden. Bei Uns wärt ihr sicher willkommen und...."
Luran konnte seine Worte nicht zu Ende bringen, denn Stanielub sprach unvermittelt dazwischen.
"Seht nur! Da kommen sie ja endlich!"
Alle blickten zum Waldrand an der Brücke zur Burg, wo sich ein zweirädriger Ochsenkarren auf dem Weg zeigte.
Der Schamane Pridmir und das Kräuterweib Lumiki saßen vorn auf dem Karrenbock. Sie winkten! Lumiki drehte sich nach hinten um und sagte etwas dorthin.
"Da kommt ja meine Nemanja!", sprach Stanielub.
"Und meine Nemanja... .", gab Larno noch hinzu.
Wibor meldete sich zu Wort- und alle Überlegungen über Bleiben und Weggehen waren verblasst. "Wir haben die Trümmer so gut es ging weggeräumt um die Statue Svarosic's. Nur Blumengebinde- darauf müssen wir wohl verzichten. Oder ihr Brautleute müsst darauf verzichten. Aber die Frauen haben einige bunte Tücher zum Schwenken!"
Larno nickte- dennoch zufrieden, denn die Zeit drängte.
Milorad's Gedanken um sein Glück waren jetzt auch wieder da. "Stanielub? Larno? Wenn Ihr einverstanden seit- Nemanja und Du? Ich würde gern auch heute meine Danuta zur Braut nehmen. Gleich nach Euch, wenn ich darf?"
Larno nickte und wuselte dem verlegenen Milorad den Kopf.
Wibor sprach in die Runde: "Die Hochzeit vom Milorad und seiner Braut kann ich mit dem Schamanen durchführen. Mein Segen als Ältester wird den Göttern gefallen. Glaubt mir!"
Alle nickten.
"Nun denn! Wollen wir unsere Bräute nicht warten lassen. Deine Danuta hat sich schnell auch zu schmücken und raus zu putzen für Dich!" Larno drückte den Freund mit diesen Worten.
Bạn đang đọc truyện trên: Truyen247.Pro