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Kühle Begrüßung

Die Stille über der Lichtung wich, je näher Larno dem Torhaus kam. Jetzt im Herbst wurde Getreidekorn ausgeschlagen- so hörte es sich aus dem Inneren der Burg jedenfalls an. Und vom Torhaus hoch oben schallte laut ein Husten herunter.

 'Sechs Jahre.', dachte Larno bei sich. 'Und nun sehe ich dies wieder.'

Larno atmete tief in sich hinein. Er war unsicher. Was würde ihn hier und heute erwarten? Würde überhaupt noch jemand seinen Namen und sein Gesicht kennen? Und was wird werden?

Slivor- je näher man an die Burg kam, umso weniger wehrhaft wirkte sie. Der Wall war stark bewachsen mit Gras, Moos und Gestrüpp. Den Palisaden war die Morschheit und die Nässe anzusehen. Das Torhaus allerdings schien in gutem Zustand. Oben kündete ein Rundschild davon, dass dieses das Haus und die Burg von Wielzko Slivoric ist.

Ein erneutes Husten oberhalb des Tores am Fenster. Kurz darauf erschien dort ein älterer Brisane, der erst einen Blick auf Larno hinab warf, dann die Ebene zum Wald hin absuchte. Da er dort nichts feststellen konnte, musterte der alte Krieger den vor den Tor stehenden Larno erneut.

„Wer bist du und was willst du?", fragte die alte, kratzige Stimme des Wächters am Fenster.

„Larno bin ich. Herr und Stammesfürst Wielzko hat mich vor Jahren den Redariern und Lutizen mitgegeben. Jetzt komm ich nach Hause- hierher nach Slivor."

„Larno? Ich kenne Dich nicht. Wer sind hier deine Eltern, Bürschchen?"

„Ich habe hier keine Eltern oder Familie mehr. Den Wuko kenn ich, er war der Jüngste meiner Zieheltern. Kennst Du den Wuko? Lebt der Wuko noch hier?"

Der alte Wächter ging zum nächsten Fenster herüber.

„Ja. Den Wuko kenn ich. Warte, ich öffne Dir das Tor."

Kurz darauf wurde ein Riegel an der Innenseite des Tores bewegt und das Tor durch den alten Krieger geöffnet.

„Ich hab hin und her überlegt, Bürschchen. Ich kenn dich nicht. Aber wenn du zum Wuko möchtest- tritt ein."

„Auch ich habe überlegt- ob ich auf deinen Namen komme. Du bist der Jaropolk, stimmts?" Larno begrüßte den Alten mit einem Lächeln- wohl auch darüber, dass Larno selbst erstaunt war, sich an den Namen des Alten zu erinnern.

„Stimmt. Der Jaropolk. Das bin ich.", sagte der Alte vor sich hin und schob den Riegel wieder zum Schließen des Tores.

„Und gut siehst du aus. Fast so, als haben dir die sechs Jahre meiner Abwesenheit nichts angehabt.", schmeichelte Larno lächelnd.

„Nichts angehabt. Nichts angehabt. Ach sei still, Jungchen. Ich weiß besser, wie es um mich steht. Nichts angehabt. Warte hier- du lügnerischer Kerl. Ich hol Dir den Wuko her."

Vor sich hin murrend ging der alte Jaropolk in die Innenburg nach rechts. Der alte Krieger hatte Recht- Larno hatte gelogen. Jaropolk hatte schon bessere Tage gesehen, musste schon als Greis bezeichnet werden. Er war grau geworden und noch faltiger im Angesicht, als Larno ihn in Erinnerung hatte.

Jaropolk kam kurz darauf in Begleitung eines großgewachsenen, schwarzhaarigen Mannes zum Tor zurück. Schwarze Barthaare, gutmütige Augen, die Haare hinten zu einem Pferdeschwanz gebunden. Der Schwarzhaarige kniff beim Anblick von Larno die Augen zusammen, er wischte sich seine Hände am Leinenhemd ab und musterte Larno.

„Was sollte ich machen, Wuko? Er sagt ja, er kennt dich!", sprach der Jaropolk zu dem Mann, zeigte auf Larno dabei und schickte sich sofort an, wieder die Leiter zum Turm hinauf zu klettern- ohne Interesse daran, was passiert zwischen den zwei Männern an seinem Tor.

Wortlos standen sich Larno und der Mann gegenüber. Dann sprach der Schwarzhaarige, um das Schweigen zu brechen.

„Du kennst mich? Verlangst nach mir? Ich bin Wuko. Was kann ich für dich tun?"

„Ich weiß, es ist schon lange her, Wuko. Ich bin Larno, den man vor Jahren in die Fremde..."- Larno konnte seine Worte nicht zu Ende sprechen, als es Wuko wohl schon beim Nennen des Namens wieder eingefallen war, wer hier vor ihm stand.

„Bei den Göttern- ja. Larno! Bruder!"

Unvoreingenommen umarmte Wuko den Heimkehrer. Larno war von der Herzlichkeit übermannt. Wenigstens Einer, der sich an ihn erinnern wollte. Eine andere Begrüßung oder ein Befremdlich geben wäre sicher mehr als unangenehm- noch dazu, wo der alte Jaropolk von oben zuschaute.

„Dann kennst Du ihn, Wuko?", fragte der Wachmann von oben.

„Aber ja doch, Jaropolk. Das ist Larno. Meine Eltern haben ihn als Sohn angenommen- vor Jahren, als Larno's Mutter verstarb. Er ist mir, wie ein kleiner Bruder gewesen. Alles ist in Ordnung- jetzt, wo er wieder hergekommen ist."

„Na dann ist gut. Der Bursche kann lügen wie ein lutizischer Händler."

Wuko zuckte die Schulter bei Jaropolks Worten- er fasste Larno bei der Schulter und schob ihn mit sich in das Burginnere. „Komm Larno. Gehen wir zu meiner Hütte. Dann erzählst du mir, wie es dir erging."

Im Innern der Burg Slivor waren ein gutes Dutzend kleinere Hütten und ein großes Haus- viermal so groß, wie die Hütten, die sich sonst um die große Feuerstelle in der Mitte der Burg ringten. Wuko schob Larno hinter den Hütten entlang.

„Götter- als man dich mitgenommen hat damals, da warst du noch ein Knabe. Nun sieh dich an- groß wie eine Eiche, stark wie ein Bär." Wuko schien auch die mitgebrachte habe Larno's zu beäugen. „Und gute Waffen sind das! Wirklich gute Waffen. Sowas sieht man hierzulande nicht so oft. Glaub mir!"

Wuko hielt vor dem vierten Haus auf der rechten Seite im Rund der Burg.

„So. Hier sind wir schon. Es ist klein, aber es genügt uns."

„Uns?", fragte Larno nach.

„Ja. Ich hab ein Weib und einen Jungen."

Larno hatte vergessen, dass sich das Rad der Zeit bewegt hatte. Als Larno mit fortgehen musste, war Wuko 21 Jahre und im guten Mannesalter, auch eine Familie zu gründen- wie es schien, hat er das dann wohl in diesen Jahren auch getan.

Was Larno dachte, schien auch Wuko erraten zu haben.

„Na was? Komm herein Bruder- wir heißen dich willkommen.", sprach Wuko und schob die Decke an der Tür bei Seite.

Der Raum war dunkel- Larno's Augen, hatten sich an diese Dunkelheit zu gewöhnen, als er nach Wuko in die Hütte eintrat. Er roch nach feuchtem Lehm und etwas unangenehmen, was er jedoch nicht besser einzuschätzen vermochte. Niemand war in der Hütte, der ihn noch hätte begrüßen können. Wuko wies Larno einen Platz auf einer kleinen, hölzernen Bank zu.

„Komm. Setz dich.", sprach Wuko und klopfte kalten, festen Getreidebrei in eine Holzschale. „Hier. Iss etwas."

Die Decke an der Tür bewegte sich und aus der hellen Außenwelt der Burg wankte ein kleiner Junge in die Hütte. Das Kind war gut 2 Jahre.

„Ah. Da bist du ja. Komm Bohumil, begrüße unseren Gast.", sprach Wuko zu dem Kleinen, der sich gleich an Wuko's Bein festhielt. „Das ist mein Junge, der Bohumil. Sonst ist er ja nicht so schüchtern, mein kleiner Wilder."

„Bohumil?" Eine kleine, dünne Frau mit fragendem Blick folgte dem Kind kurz darauf in die Hütte.

„Ja, Conia, er ist hier- bei mir. Und sieh, wir haben einen Gast im Haus."

Conia, die wohl augenscheinlich die Frau von Wuko war, betrat das Innere der Hütte ebenfalls. Ihr Blick ging zuerst zu dem Kind. Larno vermutete, dass sich der Kleine mit schnellen Kinderfüßen der Mutter entzogen hatte.

„Conia ist mein liebes Weib. Wir sind seit 4 Sommern vermählt."

Conia blickte Wuko fragend an- überdeutlich fragend. Sie schien einerseits zu fragen, wer der Fremde im Haus ist und zudem auch, wie lange er zu bleiben gedenkt. Viel Platz in der kleinen, beengten Hütte war nicht.

„Conia. Ich möchte Dir Larno bekannt machen.", sagte Wuko überschwänglich und freudig, zeigte mit einer offenen Hand auf den jungen Besucher. Um ihr noch mehr zu erklären, sagte er dann: „Du weißt doch, der Junge, dem die Mutter Larna gestorben war und den meine Eltern dann an Kindes statt bei sich behielten."

Conia schien diese Geschichte oft gehört zu haben, denn sofort schienen ihre Fragen zum Fremden beantwortet zu sein. „Oh, der Bezdomni! Der Heimatlose! Der kleine Bruder, von dem du mir erzählt hast."

„Genau der." Wuko schien erleichtert, sich nicht noch mehr erklären zu müssen.

„Larno, richtig?"

Larno hatte gerade noch den festen Brei aus Getreide im Mund und versuchte mehrmals, diesen Klumpen herunter zu schlucken, um Antwort geben zu können. So nickte er bestätigend und brummte- was auch als 'Ja!' von Conia erkannt wurde.

Conia zog den kleinen Bohumil zu sich heran und setzte sich neben Larno auf die Bank. „Dir hat das Leben auch böse mitgespielt. Erst aus der Heimat geflohen, dann die Mutter verloren, dann Wuko's Eltern und- als wenn dies nicht genug Unglück ist- schickt Dich der Herr Wielzko wieder in die Ferne nach Rethra. Doch schätze Dich von den Göttern beschützt, Larno. Die Kinder, die wir nach Rethra gegeben haben- kaum einer kehrte bislang zurück. Vor fünf Jahren soll der Zimko aus Rethra zurückgekehrt sein- seither keiner mehr bis heute. Zimko redet nicht über seine Zeit dort, doch er soll sehr verändert sein- gegenüber früher. Und nun kommst Du daher. Ich denke, abgesehen von meinem Wuko hat niemand geglaubt, dass Du zurückkommen würdest."

Wuko nickte. „Man erzählt sich schauerliche Geschichten über Rethra's Krieger und deren Ausbildung. Selbst wenn diese Geschichten nur zur Hälfte wahr sein sollten- sei froh, von dort nach der Zeit gehen zu dürfen."

Larno nickte bestätigend. „Ich wird Euch alles erzählen, was ihr wissen wollt. Doch muss ich mich erst einmal vor dem Herren Wielzko zeigen und meine Rückkehr mitteilen. Ich muss von ihm erfahren, was mit mir werden soll- hier auf Slivor. Und ich brauche ein Dach über den Kopf und ein Lager zur Nacht- nicht das ich Euch zu lang zur Last fallen muss. Ich will – und ich muss mein eigenes Leben anpacken."

Conia schien etwas erleichtert. Wuko hingegen hatte guten Rat für Larno: „Hör zu. An Arbeit mangelt es nicht. Die Leute freuen sich über jede Hand, die helfen kann. Wenn der Herr schlau ist, schickt er Dich nicht fort. Ich kann mich für Dich verwenden- kann Bitten, dass Du mir beim Holzarbeiten zur Hand gehst. An Männern ist es auf Slivor ein Mangel, von Jahr zu Jahr kommen weniger Männer von den Kriegszügen nach Hause. Und Beute bringen sie auch nur wenig mit. Das Land ist reich an Wild und die Felder haben gute Erträge- aber es ist kaum einer mehr da, der sich gut auf das Jagen versteht. Wenigstens sind noch einige Bauern hier. Aber – unter uns gesagt und behalt es für Dich, Larno- Slivor ist kein sicherer Platz zum Leben mehr. Die Redarier fordern und fordern. Rethra fordert und fordert. Die Kämpfer des Lutizenbundes fordern und nehmen, wenn sie durchziehen. Ehrlichen Handel gibt es kaum noch mit den Redariern- nur noch mit einigen Brisanen- Siedlungen im Westen und Süden und den Linonen im Norden. Slivor und seinen Menschen ergeht es schlechter, als jemals zuvor. Du bist mir wie ein Bruder, Larno. Doch wenn du klug bist, geh nach Westen oder Norden- weg von den Lutizenleuten. Weit weg. Ich sage es Dir, weil ich Dir vertraue. Hier ist kaum etwas so friedlich, wie es noch vor Jahren war."

Besorgnis zeigte sich in Wukos Gesicht. Auch Conia, die still neben Larno saß und den kleinen Jungen streichelte, zeigte ein sorgenvolles Gesicht- ohne Worte dazu geben zu müssen. Conia war wohl zu vorsichtig, um sich auch durch offene Worte den Mund zu verbrennen.

Larno schob sich mit der Hand das letzte Stück vom festen Brei in den Mund. Dieses Stück hatte eine besonders starke Süße vom beigemischten Honig. Larno dachte nach, wie er auf diese offenen, ehrlichen Worte antworten konnte. Wuko war ein gutherziger Mann. Er blieb auch hier. Und Conia? Sie hat hier ihre Familie- und wie es sich in den Gesten zwischen dem Paar zeigte, standen sie zueinander. Gute Menschen.

„Wuko, ich werde bleiben. Ich werde mich umsehen hier. So ich kann, will ich Euch helfen. Daher freue ich mich über dein Angebot. Wenn Herr Wielzko zustimmt, gehe ich mit Dir und lerne von Dir, besser mit Holz zu arbeiten."

„Wielzko ist aber noch mehrere Tage weg von hier.", warf Conia ein. „Daher wird wohl sein Sohn entscheiden müssen."

„Der junge Herr Wolod?", fragte Larno nach. „Ein guter Mensch. Ich habe ihn als Knabe sehr bewundert."

„Nein Larno." Wuko's Stimme klang fest und besorgt. „Wolod musste vor zwei Jahren mit den Lutizenkriegern in den Kampf ziehen. Er kam nicht zurück. Man sagt, seine Knochen liegen weit im Südosten- dort wo er gegen polnische und deutsche Ritter im Kampf gefallen ist. Wladim, der zweitgeborene Sohn von Herrn Wielzko hat das Sagen, wenn der Fürst des Stammes nicht da ist."

„Wladim?"

„Ja. Derselbe Wladim, der Dich mit seinen Freunden seinerzeit einmal mit einem Stecken geschlagen hatte. Du weißt doch- am Fluss unten."

Larno erinnerte sich. Keine schöne Erinnerung an seine Kindheit. Wie Conia vorhin, hatten die Jungen ihn auch „Bezdomni!" gerufen, als er verprügelt wurde.

Heimatloser! Aber Larno war zwei Jahre älter als Wladim und seine Kumpane, er war größer, flinker und stärker. Irgendwann hatte Larno in seiner Angst nach einem Stein gegriffen- und dieser Stein fand seinen Weg zu Wladims Kopf. Eine blutende Wunde und blutverklebte Haare schleppte Wladim zu seinem Vater zurück und log über das tatsächlich Geschehene, um nicht bestraft zu werden. Tagelang suchten Wladim und seine Kumpane jede Gelegenheit, Larno aufzulauern und böswillige Beschimpfungen zu geben. Auch ein Bein stellte ihm Wladim dann noch einmal aus Bosheit- danach waren die Wogen der Rage um die Wunde langsam abgeebt. Doch so etwas vergisst niemand wirklich- kein Larno- und sicherlich auch kein Wladim.

„Der Wladim also? Dann muss er entscheiden."

„Larno, sei besonnen. Wladim gibt sich schon wie der Herr von Burg Slivor. Und dies meine ich mit bitterem Ernst. Du tust gut daran, auf Herrn Wielzko zu warten oder zu gehen. Noch bist du unerkannt hier. Ich kann sagen, ich hatte einen Gast aus einer anderen Siedlung."

„Nein Wuko. Conia, bitte versteht mich. Wenn ich bleiben kann, so werde ich mich auch den alten, bösen Geistern stellen müssen."

Larno erhob sich. „Ich werde meine Habe und Ausrüstung hier lassen. Ich werde vor Wladim treten."

„Dann komm ich mit Dir vor den jungen Herrn." Wuko hatte gemerkt, wie ernst es Larno mit dem Hierbleiben auf Slivor schien. So half er Larno beim Ablegen und verstaute die Erkennungsmerkmale des Kriegers hinter der Holzbank, warf eine Decke darüber.

Der Weg zum Haupthaus der Burg war nicht weit. Doch im Angesicht des Erwartbaren fielen die Schritte für Larno schwer. Es war abzusehen, wie Wladim reagieren würde- wenn er noch der gleiche Charakter war, wie damals vor vielen Jahren.

Das Haupthaus hatte zwei Eingänge, beide durch kunstvoll geschnitzte Türen zu erkennen. Eine Tür- zu den Räumen der Stammesfamilie war verschlossen. Die zweite Tür- zum Versammlungsraum des Stammes war weit offen, um Luft und Licht in den großen Saal zu lassen. Zu dieser Tür führte Wuko den Heimkehrer. Der Geruch von Gebratenem kam aus dieser Pforte.

„Larno? Lass mich reden. Glaub mir, das ist besser." Wuko hiebt Larno ermundernd auf die Schulter und trat zuerst in den Saal, wo er gleich zum Tisch des 'amtierenden' Stammesherren trat.

Wladim saß dort an der Tafel und genoss ein gutes Abendessen. Ein anderer Mann in Wladims Alter saß ebenfalls an der langen Tafel und scherzte mit Wladim. Dann war da ein weiterer Knabe- nicht älter als 16 Jahre, aber mit gutem Gewand- der nach einem freien Platz etwas abseits und still zur rechten Seite saß. Links neben Wladim saß eine junge Frau- gut aussehend und auch mit Wladim und dem anderen Krieger scherzend.

„Wuko!", rief der junge Herr Wladim laut heraus im Angesicht des Eintretenden. Wladim winkte ihn mit einer Hühnerkeule näher heran. Larno folgte schweigend und mit gesengtem Haupt, jedoch aufmerksam umblickend. „Wuko. Guter Mann. Was gibt es? Und wen bringst Du?"

„Guter Herr Wladim!" schmeichelte Wuko offen. „Ich habe heute Besuch bekommen. Mein kleiner Bruder Larno ist angekommen, zurück von der Tempelburg Rethra. Er bittet bleiben zu dürfen- hier in Slivor. Ich möchte für ihn sprechen."

„Aus Rethra sagst Du?", Wladim legte die Keule ab, stand auf und kam langsam um den Tisch herum. Hierbei musterte er den Rückkehrer von Rethra.

„Wie ist dein Name?"

„Larno, Herr."

„Larno? Ich kenn Dich doch." Wladim setzte sich auf die Tischseite, die zum Saal zugewandt war. Wladim schien wohl zu stören, dass Larno nun mit gesenktem Haupt zu Boden blickte. „Sieh mich an, wenn ich mit Dir rede."

Larno hob den Kopf langsam.

Wladim nickte langsam. „Ja! Dich kenne ich noch."

Der andere junge Mann, wohl guter Freund des jungen Herren Wladim, warf einige Worte ein- wohl um Wladim's Gedanken auf die Sprünge zu helfen.

„Ist das nicht Der, dem du die Narbe am Kopf zu verdanken hast? Dieser Weisenknabe? Vom Fluss damals?" Der Andere- wohl ein Krieger- kniff die Augen zusammen und nahm einen langen Hieb aus seinem Becher.

„Halt den Mund, Slawav! Fall mir nicht ins Wort, wenn ich rede." Herrschte Wladim seinen Freund an, wohl auch, um ihm seinen Platz zu zeigen vor den anderen Anwesenden. Dann blickte er wieder zu Larno. „Ja. Der bist du."

Auch die am Tisch sitzende junge Frau und der stille Knabe betrachteten Larno aufmerksam nach diesen Worten. Offenbar war diese Geschichte auch diesen Beiden wohlbekannt. Eine Frau mittleren Alters kam aus der Kammer nebenan und brachte einen Krug mit Bier herein. Auch diese Frau blickte Wuko und den Fremden an.

Wladim erhob sich vom Tisch und ging langsam um Larno herum, um ihn zu mustern.

„Und warum bist Du nun wieder hier? Warum stehst Du nun vor mir? Mir- als deinem Herren?"

Wuko antwortete kleinlaut dem jungen Herren Wladim darauf. „Guter Herr. Der Larno ist aus Rethra zurückgekommen, weil er nicht weiß wohin sonst. Ihr wisst ja, er ist nicht der Schlaueste. Ich wollte ihn mit zu den Holzarbeiten nehmen, wenn Ihr es erlaubt. Er ist ja zu nichts groß nütze. Aber groß und kräftig, um mir zu helfen, ist er allemal."

„Stark und Dumm. Ja. Das bist Du, Larno. Für wahr. Aber ich will Dich hier in der Burg nicht haben!"

„Herr. Der Larno muss nicht in der Burg bleiben. Wenn ihr ihm nur das bleiben erlauben würdet. Er könnte sich eine der leeren Hütten am Waldrand herrichten, guter Herr. Bitte habt ein Herz." bat Wuko offen und kurz und und gab sich sogleich wieder leise und demütig.

Wladim schien zu überlegen. Wuko hatte gut fürgesprochen. Wladim setzte sich auf den Tisch zurück.

„Den dummen Larno will ich nicht in der Burg. Wuko, du hast aber Recht. Er soll sich eine der leeren Hütten am Wald herrichten. Dann muss ich sein Gesicht nicht sehen. Er kann dir helfen mit dem Holz."

„Danke Herr Wladim. Ihr seid großherzig.", antwortete Wuko leise, aber für alle hörbar.

„Wenn...", rief Wladim plötzlich laut heraus und hob den Finger dabei mahnend. Und für Jeden im Raum war klar, dass nun Wladim noch etwas Grobes oder Übles folgen lassen wird: „Wenn der Larno hierher vor mich kommt und sein Knie vor mir als seinem Herren beugt. Er muss das Knie beugen und sich tief vor mir verbeugen!"

Für Slawen eine grobe, böse Erniedrigung. Freie Slawen würden dies nicht machen- nur die Unfreien, die man wie Dreck unter dem Fuß behandelte- hatten sich willenlos so zu unterwerfen. Ein Slawe- noch dazu ein Eber- Krieger wie Larno- knien vor niemanden.

Larno hätte Wladim sofort das Schwert aus dem Gürtel entreißen und allesamt binnen weniger Momente töten können- außer den Wuko, der zu ihm stand.

Jetzt musste Larno entscheiden, wie er auf diese Böse Erniedrigung reagierte. Larno blickte langsam zu Wuko, der mit Entsetzen die Forderung von dem jungen Herren Wladim angehört hatte. Wuko ahnte Schlimmes.

Wladim indes blickte zu der jungen Frau am Tisch und dann zu seinem Freund Slawav, der genau wie Wladim die Situation belustigend fand.

Larno machte einen Schritt auf Wladim zu, den Kopf gesenkt.

Wladim forderte: „Näher! Noch näher! Noch näher!"

Larno stand nun mit gesenktem Kopf und auf den Boden blickend auf eine Armlänge vor Wladim. Jede Ohrfeige, jeder Hieb würden jetzt ihr Ziel sofort hart treffen, dachte Larno.

„Gut so!" Wladim saß auf der Tischkante und verschränkte in einer Pose der Selbstgefälligkeit seine Arme vor der Brust. „Und jetzt beuge das Knie vor mir!"

Auch die Magd mit dem Krug beobachtete angespannt, was passieren würde. Langsam stellte sie den Krug auf den Tisch und hatte dabei weit aufgerissene Augen.

Larno beugte langsam ein Knie ein und legte seine Arme auf das linke Knie, als er sich tief vor Wladim verbeugte. Larno sagte kein Wort, blickte nach unten.

Als ob diese Demütigung nicht ausreichte, so trat Wladim mit dem beschuhten Fuß an Larno's Schulter und schob ihn mit Beinkraft so weg, dass Larno das Gleichgewicht verlieren musste. Larno blieb auch jetzt ruhig. Innerlich jedoch brodelte es in ihm und seine Ehre als Krieger war tief gekränkt. Auch jetzt noch sagte Larno nichts- er schwieg. Und dieses Schweigen verlieh Larno Stärke- gegenüber Wuko, gegenüber der Magd und gegenüber dem stillen Knaben am Tisch- auch wenn er als Untergebener markiert und vorgeführt worden war.

Das junge Weib am Tisch lachte über Wladims 'Erfolg und Machtbeweis'.

Wuko half Larno auf- die Blicke der Männer trafen sich kurz- verstehend.

„Dann kann ich den Larno als Hilfe haben und ihm beim Bau an der Hütte helfen, guter Herr?", hakte Wuko nach.

„Ja. Larno kann bleiben. Und wenn der Dumme deine Hilfe braucht, so hilf ihm. Allein wäre er wohl verloren, der Dumme!" Wladim ging zurück zu seinem Platz an der Tafel, um weiter zu essen und mit seiner Begleitung den Vorfall für sich auszulegen.

Die wahren Gewinner jedoch verließen gerade den Saal zum Innenhof der Burg hin.

Die wahren Gewinner waren Wuko und Larno. Die Männer lachten erlöst einander zu und holten tief Luft im Burghof.

„Für einen Moment dachte ich wirklich, du bringst Wladim noch eine Wunde bei! Ich glaube, der Wladim weiß gar nicht, wie viel Glück er gerade hatte."

Larno zog die Augenbraue hoch, als wollte er sagen: Hier ist das letzte Wort noch nicht gesprochen. „Zumindest war ich dann doch nicht so dumm, ihm vor aller Augen sein Bein abzuschlagen." Sagte es und hieb Wuko auf die Schulter. „Und glaube mir- das hätte ich schneller geschafft, als es der 'gute Herr Wladim' begriffen hätte. Doch nun lass uns bitte etwas trinken und meine Heimkehr feiern."

„So sei es." lachte Wuko vorsichtig und blickte sich noch einmal zum Herrenhaus um.


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