Burg Slivor sieht Sieger und Besiegte
Neromirs Kämpfer kamen zurück in die Burg Slivor. Nachdem man im Wald genächtigt hatte, kam man nun gegen die Tagesmitte zurück.
Als Sieger?
Ja, als Sieger kamen sie wohl zurück. Doch die Sieger hatten einen hohen Blutzoll bezahlt, wie es den Anschein hatte. Sieben Krieger tot, mehrere verwundet. Von einem Mann, dem buckligen kleinen Hüter über die Hunde, fehlte jedwede Spur bislang.
Der Kampf im Wald war ungleich- Redarier und Lutizen waren an Männern weit überlegen.
Dennoch- man hatte den Kampfeswillen der Rebellen unterschätzt. Ebenfalls deren Fähigkeiten im Umgang mit ihren Waffen. Geschickt nutzten sie die für die Redarier fremde Umgebung im Wald für sich aus. Selbst die kampferprobten Lutizen- Hirschkrieger waren den Rebellen unterlegen. Sie waren wohl zu selbstsicher und unvorsichtig in den Kampf gezogen. Fünf der Gefallenen waren aus ihren Reihen. Die Pfeile der Aufsässigen waren gut platziert und man konnte zu Anfang nicht einmal zuordnen, woher die Pfeile geflogen kamen.
Kinder hatte Neromir erwartet- Kinder, die bei Drohung einer echten Lebensgefahr die Waffen strecken würden.
Doch es zeigte sich, das einer der Rebellen ein älterer Mann war- ein Geflohener aus Slivor. Der Andere, den man nach zähen Ringen am Lager dingfest machen konnte, war ein junger Mann.
Wladim- der Slivorer Fürstensohn, der seine Unterwürfigkeit und Treue gegenüber den neuen Herren Neromir und dem Burgherren Boran vor allen Slivorern gezeigt hatte- kannte diesen Burschen und nannte ihn 'Sladko' mit Namen. Dieser 'Sladko' wurde erst nach langem Kampf und verwundet gefangen genommen.
Diese Rebellen- so schien es- waren sehr gut an ihren Waffen geschult und wussten sie im Kampf einzusetzen.
Die Bluthunde, in deren Einsatz im Kampf Herr Boran so viel Hoffnung gesetzt hatte, waren allesamt verloren. Ebenso ihr der Hüter der Kriegshunde. Vermutlich waren alle- Tiere und Hundeführer- durch die Rebellen auf der Verfolgung deren Fährten getötet.
Das Lager der Rebellen war zum Großteil zu Asche verbrannt. Das Wenige, das dort noch gefunden wurde, deutete darauf hin, dass vielleicht fünf bis zehn Leute in den Wäldern in dieser Felshöhle das Lager hatten. Geschickt waren viele Fallen angelegt worden, um das Lager und die Zugänge dorthin zu sichern. Ein Redarier- Krieger wurde eine solche Falle zum Verhängnis. Selbst Neromirs Pferd war nach dem eigentlichen Kampf um ein Haar in ein geschütztes Loch mit Spießen getreten. Erst im letzten Moment erkannt und mit Glück für Pferd und Reiter ging dies ohne Wunden aus. Vielleicht hatte das Tier die Gefahr gespürt.
Neromir gab den Hirsch- Kriegern große Schuld für die hohen Verluste. Offen übte er Kritik an den Männern und voller Hohn über deren Verluste bei den Felsen stellte er sie als unfähig hin, ein paar Kinder zu besiegen und einzufangen.
Und noch etwas brachte in Neromir Wut auf: Man war dem Slepnaer Ältesten gefolgt- so, wie es der Spion in Slepna gesagt hatte, suchte er im Wald nach den Slivorer Rebellen. Doch verlor sich dessen Spur irgendwann. Der Alte aus Slepna sollte dafür bezahlen, dass die Redarier so hohe Verluste hatten. Auch die anderen Slepnaer sollten zu spüren bekommen, was es heißt, gegen ihrem neuen Herrn Neromir mit den Waldrebellen zu verhandeln.
Die Leute Slivor's schienen ebenfalls die zurückkehrenden Sieger nicht sonderlich zu feiern. Sie schienen missmutige Blicke auszutauschen und machten lange Hälse, um zu erkennen, wenn man da als Gefangenen in die Burg zurückbrachte.
Neromir fiel auch das leise Getuschel der Leute auf, als sie den Verwundeten Sladko dort am Seil hinter Herrn Boran's Pferd sahen. Obwohl mit blutverschmiertem Gesicht, zerrissenem Leinenhemd und einer offenen Wunde am rechten Bein gezeichnet- sie erkannten Sladko. Und es schien 'den Leuten näher zu gehen, als die Leichen der Lutizen und Redarier auf dem Karren.
Was waren diese Brisanen nur für ungefällige Leute. Keiner jubelte den Siegern zu.
Offen zeigten die Menschen, dass Neromir, Boran und die anderen immer noch nicht willkommen waren. Boran, der als Herrn der Burg Slivor durch Neromir selbst eingesetzt war, hatte vielleicht Recht- die Leute standen vielleicht noch zu den Widerständlern und man musste ein Zeichen für die Leute setzen- zeigen, dass die Rebellen ein 'gemeinsamer' Feind sind. Schon am Ende des gestrigen Tages hatte sich Neromir dazu seine Gedanken gemacht und einen verschlagenen Gedanken gehabt.
Fürst Neromir stieg vor dem Herrenhaus vom Pferd.
Wie von einem Sieger zu erwarten, wollte er sich an die Slivorer Leute mit einer kurzen Rede wenden. Mit einem Kopfdrehen bedeutete er Herrn Boran in die Halle voraus zu gehen. Neromirs suchte nach Wladim.
"Tapferer Herr Wladim!", heuchelte Fürst Neromir lautstark und winkte den Slivorer Günstling zu sich heran. "Kommt an meine Seite!"
Wladim Wielzko schien zwar überrascht, tat jedoch, wie Herr Neromir es wünschte und trat zu ihm.
"Gute Slivorer Leute. Wir waren siegreich! Die Rebellen im Wald sind besiegt! Tapferer Mut unserer Krieger brachte ihnen dort im Wald nur den Tot!"
Einige neugierige Leute kamen näher an den Platz. So hatte es sich Neromir erhofft. er sprach daher weiter.
"Nun- von heute an- können und wollen wir daher ein neues- ein "besseres Slivor" schaffen. Jetzt, da die Wälder wieder sicher sind. Der junge Herr Wladim hier hat sich im Kampf an meiner Seite und an der Seite von Herrn Boran bewährt. Dafür verdient er "unseren Dank". Unser aller dank und Respekt!"
Wladim, dessen Eitelkeit ungebrochen schien, sonnte sich in den Lobesworten von Herrn Neromir. Die Slivorer sahen dies, hörten die Worte. Wladim hatte immer Zweifel, welchen Stand er bei den Redariern und deren Fürsten Neromir hatte- offenbar zerstreuten sich diese Zweifel nun.
"Der Junge Herr Wladim hier, scheint bereit für größere Aufgaben! Aufgaben, die einem gebürtigen Fürstensohn Slivor's angemessen sind. Und ich werde dem jungen Herrn nun, da er mir seine Treue im Kampf einmal mehr bewies, solch Aufgaben übertragen von heute an."
Wladim erschien sichtlich stolz, da dessen Ehrgeiz und Eitelkeit durch solch Worte beflügelt wurden. Vielleicht würde sich nun all die Zeit in Borans Schatten gelohnt haben? Vielleicht überlegte Neromir, ihm- Wladim- sogar die Herrschaft der Burg anvertrauen zu wollen und der genarbte Boran hätte das Nachsehen?
"Nun. Ihr Leute, an eure Arbeiten zurück. Morgen jedoch werde ich eine Feier auf den Sieg hier auf dem Platz geben. Für Euch alle!"
Mitgezogen von den eigenen Worten hob Fürst Neromir die Arme zum Himmel. Fast schien es, als wolle er jetzt in diesem Moment das Jubelgeschrei der Leute hören.
Doch Jubel blieb aus.
Die Leute drehten sich weg und gingen ihrer Wege.
Linkerhand, wo Neromir mehrere offene Gitter für Aufsässige hatte in den Erdwall treiben lassen, war ein lautes, kurzes Gelächter zu hören.
Neromir lies ab von seiner Pose und ging wortlos in das Herrenhaus. Dem soeben vor den Leuten hochgepriesenen Wladim und dem Anführer der Hirschkrieger bedeutete er mit Blick und Handgeste sofort zu folgen.
So taten die Männer es auch.
Boran, der "Genarbte", saß bereits am Herrentisch zur Stirnseite. Ein ausgekochtes Fleischstück lag in seiner Holzschüssel. Er aß hiervon und auch vom Brotlaib riss er Stücken ab. Es schien fast so, als beachte er seinen Herren, Fürst Neromir, und die ihm nachfolgenden Männer nicht.
Neromir setzte sich an den Tisch der Krieger. Wladim und der Lutize schauten sich fragend an, setzten sich jedoch wortlos nahe zu ihrem Herren.
"Folgendes muss heute noch getan werden, ihr guten Männer: Nehmt die beiden Pferde, das von Herrn Boran und mir. Nachher, wenn sowohl die edlen Tiere als auch wir etwas Ruhe und Speisen hatten, so will ich, dass Du, Wladim, mit einem der Deinen und den verbliebenen acht Lutizenkrieger noch einmal aus der Burg gehst. Die Leute in Slepna haben mich- und damit ebenso Euch- schäbig hintergangen. Deren Ältester , genannt Wibor, hat mit den Rebellen um diesen Larno gemeinsame Sache gemacht. Und die anderen Slepnaer haben dies unterstützt. Ihr durchsucht jede Hütte und jeden Stall im Dorf. Gut möglich, dass die Reste dieser Rebellen- ob verwundet oder nicht- dort Zuflucht suchten und fanden. Und eines noch: Egal, ob ihr Larno und die Anderen dort aufspürt oder nicht- die Slepnaer müssen bestraft werden für den Treuebruch. Brennt das Haus vom Ältesten nieder und jedes zweite Haus im Dorf. Die Leute lasst in Ruhe. Doch heute am Abend, wenn ich über die Baumkronen hinweg in Richtung Slepna schaue, will ich dort eine breite Rauchsäule sehen. Habt ihr mich verstanden?"
Der Lutizenkrieger, gewohnt nicht nach dem Grund zu fragen, nickte zustimmend und sagte ein kurzes "Ja!".
Anders war dies bei Wladim, dem die Führung bei dieser Aufgabe übertragen worden war. er schien Bedenken zu haben und grübelte. er schien zu überlegen, wie er seine Bedenken in Worte kleiden konnte.
Neromir erkannte dies sofort. Daher sprach er zu Wladim, legte seine Hand auf die Schulter des jungen Mannes. "Wladim! Ich baue auf Dich hierbei! Das ist deine Gelegenheit, mir zu zeigen, dass zu mir stehst! Das wir- du und ich- für die gleiche Sache kämpfen! Ich weiß, Du wirst mich nicht enttäuschen! Hab ich Recht?"
Wladim, immer noch zaudernd, konnte angesichts dieses Vertrauensbeweises zwar widersprechen, tat es jedoch nicht. "Ja Herr. Jedes zweite Haus dort und die Hütte des Ältesten werden heute Abend für Euch brennen!"
"Sehr gut! Nun ruht Euch kurz aus und weißt danach die Männer in die Aufgaben ein!"
Einem eleganten Rauswurf gleich begleitete Neromir die beauftragten Beiden zum Ausgang des Herrenhauses. Nachdem er die Aufgabe übergeben hatte und die Leute ihren Weg gingen, wendete er sich Herrn Boran zu, der unbeeindruckt weiter das Brot in die Brühe drückte.
"Zufrieden, Herr Boran?"
Der Genarbte blickte zu seinem Herrn, der neben ihm Platz am Tisch nahm. "Sehr schlau seid ihr. Und die Hände macht sich der Wielzko- Welpe schmutzig. Sehr gut! Auch Eure Rede! Für einen Moment hatte ich Sorge, in Eure Ungnade gefallen zu sein."
Ein Lachen zuckte durch Neromirs Körper und über das Gesicht. Neromir war es zufrieden. Sein neuer Plan war aufgegangen und der junge Wladim Wielzko danach bei allen Leuten ein gehasster Mann. Hier in Slivor- und noch mehr bei den Leuten in Slepna.
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