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Das Buch der Fünf Krieger

erzählt von Rosalie


Am liebsten wäre ich bereits am ersten Tag nach unserer Rückkehr zu Matthew und Chi Long in die Straße der Gefallenen gefahren. Ich wollte die Beiden unbedingt wieder sehen und ihnen alles erzählen. Außerdem brauchte ich ihre aufbauenden Worte.

Doch Laetitia hatte andere Pläne mit mir.

Die Prinzessinnen überließen uns fünf ihrer Schlafzimmer (wie viele haben die denn bitte?) und es wurde beschlossen, dass wir erst übermorgen die nächste Mission antreten würden. So hatte jeder von uns genügend Zeit, zu neuen Kräften zu kommen und die Familien zu besuchen. Das alles kam mir eher wie eine Klassenfahrt vor, wie ein Team an Kriegern, die schon bald erneut in ein Abenteuer stürzen mussten.

Ruben, Nyco und Gwyneth waren bereits früh in ihre Viertel gefahren und die Zwillinge hatten darauf bestanden, wieder in La Fleur zu wohnen, bis es weiter ging, was ich auch absolut nachempfinden konnte. Es war ja schon super, dass sie überhaupt unsere Missionen begleiten durften, obwohl sie keine Krieger und auch mehr Last, als Hilfe waren. Ohne, dass ich gemein sein wollte, aber so war es nun mal und das wussten sie auch. Sie waren viel zu bescheiden, um auch noch den Prinzessinnen zur Last zu fallen. Doch sie hatten versprochen, übermorgen pünktlich zur Abreise da zu sein.

Ich packte gerade meine Sachen zusammen und verließ mein Schlafzimmer, als ich in das wunderschöne Gewand der Zauberin hineinlief, die mich um einen Kopf überragte.

Sie lächelte mich breit an und nickte dazu wohl wissend mit dem Kopf, so dass ihre kräftigen, weißen Haare einwenig zu tanzen begannen.

„Oh, Laetitia! Ich hätte gar nicht mit Ihnen gerechnet"

Da wurde ihr Grinsen noch breiter.

„Das dachte ich mir. Du möchtest zu den Soldaten, richtig?"

Beinahe hätte ich sie verdutzt angesehen. Manchmal vergaß ich, dass Laetitia immer alles wusste.

„Ich weiß, dir ist der Kontakt zu den Soldaten wichtig- und das verstehe und respektiere ich auch, immerhin bist du ein Mensch und fühlst dich zu ihnen hingezogen- dennoch würde ich dich bitten, mir zu folgen"

An dieser Stelle sah ich sie dann doch verdutzt an. „Was meinen Sie?"

„Ich würde dir gerne etwas zeigen" Sie grinste verschmitzt. „Es ist wichtig, dass du Lakaria und alles, was sich darin befindet, kennen lernst. Immerhin ist es nun auch dein Zuhause"

Irgendwie war es traurig, wie Recht sie damit hatte. Ich würde meinen Vater nie wiedersehen, geschweige denn meine Heimatstadt, mein Auto oder dort, wo ich gearbeitet hatte. Ja, ich war an einem Punkt angekommen, an dem ich sogar meine Kolleginnen vermisste. Ich weiß, die meisten Menschen hassten ihren Job, doch ich mochte ihn eigentlich gern und hatte auch meine Kolleginnen in mein Herz geschlossen. Immerhin musste ich ihnen zu gute halten, dass sie erstaunlich gut mit mir klar gekommen waren und ihr wisst, ich war alles andere als einfach.

Laetitia sah meinen traurigen Blick und schien wie immer zu erraten, was ich dachte und fühlte, denn sie strich mir über mein Haar und sagte mütterlich: „Nun, es wird dich nicht trösten, geschweige denn interessieren, aber deine Mutter hatte am Anfang auch ihre Probleme, mit allem fertig zu werden"

Mir war klar, dass Laetitia es nur gut meinte, doch ich konnte nicht anders, als sie böse anzusehen und grimmig zu antworten: „Ich habe keine Mutter"

Die Zauberin schluckte und seufzte anschließend, bevor sie fortfuhr: „Wie dem auch sei, würdest du mir dennoch folgen?"

Ich quälte mir anlässlich unseren deprimierenden Gesprächsverlaufes ein Lächeln heraus und sagte: „Ihnen doch immer, Laetitia"

„Sehr gut" Schelmisch grinste sie vor sich hin. „Dann folge mir"

Sie begann los zu gehen und ich bekam ein wenig Herzklopfen, was sie mir wohl zeigen wollte. Ich hoffte nur inständig, dass sie kein heimliches Treffen mit Rena ausgemacht hatte, damit wir beide unseren Frieden machen und Tacheles reden konnten. Denn damit würde sie mich sofort in die Flucht schlagen.

Während ich völlig normal hinter ihr her trottete, fragte ich mich zum einen, wie zum Teufel sie es nur immer schaffte, so wahnsinnig weiblich und elegant zu gehen. Gab es einen Workshop für Zauberinnen, in dem man das lernte? Oder war das angeboren?

Auf der anderen Seite hoffte ich, dass ich heute noch Zeit für Matthew und Chi Long finden würde.

„Keine Sorge", kam es von Laetitia. „ich werde dich nicht allzu lange aufhalten. Du wirst heute bestimmt noch die Gelegenheit dafür finden, die Soldaten zu besuchen"

„Könnten Sie mal damit aufhören, alles zu wissen?", fragte ich belustigt.

Sie wandte kurz ihren Kopf zu mir und lachte. „Nun, ich schätze, das kann ich nicht"

Elegant schritt sie weiter und ich folgte ihr wie ein Dorftrottel durch die verwirrenden Flure des Gebäudes.

Schließlich betraten wir die Bibliothek des Schlosses, deren Wände so hoch waren, dass ich sie gar nicht mehr erkennen konnte. Laetitia erklärte mir, dass das Schloss drei Bibliothekare hatte, die sich um alles hier kümmerten und dafür sorgten, dass jedes Buch an seinem Platz lag, sowie abgestaubt war. Für mich klang das unfassbar langweilig, doch es gab bestimmt viele Leute, die diese Tätigkeit toll fanden. Auch sagte sie, dass wir allerdings keinen Bibliothekar brauchen würden, sondern zwei ganz besondere Hasenmenschen. Sofort war ich euphorischer, in diesem überwältigenden und viel zu ruhigem Ort herum zu spazieren, obwohl ich unbedingt mit Matthew und Chi Long sprechen musste. Doch die Aussicht, endlich Hasenmenschen treffen zu können, motivierte mich urplötzlich und völlig überraschend.

„Du wirst die beiden sicherlich mögen", freute sich auch die Zauberin.

Ich seufzte. Es war nicht die Frage, ob ich die Beiden mögen würde, sondern ob sie mich mochten. Ich war mir meiner Wirkung auf Andere, durchaus bewusst. Die Zwillinge hatten mir schon sehr häufig gesagt, dass ich dringend freundlicher werden musste, sonst würden mich die Leute nie so sehen, wie ich wirklich war. Was auch immer das hieß.

Laetitia klopfte an die dicke Holztür eines Raumes, jemand flüsterte „Herein" und anschließend führte sie mich in einen Raum, der wesentlich kleiner und übersichtlicher war, als die Bibliothek an sich und welcher direkt an diese anschloss. Der Raum unterschied sich nicht nur in Größe und Übersicht, sondern auch darin, dass er deutlich schlechter beleuchtet war. Er erinnerte mich im Allgemeinen viel mehr an eine Besenkammer, als an einen Raum, der für mich so sehr von Bedeutung sein würde, dass ich ein Treffen mit Matthew und Chi Long verschieben musste.

Würde ich der Zauberin nicht vertrauen, hätte ich glatt denken können, sie wollte mich foltern oder umbringen, denn der Raum wäre perfekt dafür.

Darin befanden sich lediglich ein äußerst aufgeräumter Schreibtisch, der vermutlich aus demselben Holz war, wie die Tür und ein dicker Sockel aus Anthrazit mit einem noch viel dickeren, aufgeschlagenen Buch darauf.

„Wo sind wir?", fragte ich verwirrt.

„Das hier ist der Verwaltungsraum der Fünf Krieger" Ich musste sie noch verwirrter angesehen haben, da sie zu lachen begann und näher erklärte: „Das ist der Arbeitsraum von Melissa und Tai, die Hasenmenschen, die für das Buch der Fünf Krieger zuständig sind"

„Wir haben ein eigenes Buch??"

„Selbstverständlich", nickte sie. „darin stehen alle diejenigen geschrieben, die jemals in Lakaria Teil der Fünf Krieger waren, seitdem es die Stadt gibt"

„Bin ich etwa auch...?"

Nun grinste die Zauberin noch breiter und nickte stärker. „Selbstverständlich"

„Wooow, ich stehe in einem Buch", murmelte ich beeindruckt. „Darf ich es sehen?"

„Erstmals sollten wir auf die Beiden warten"

Sie rief nach den Beiden und augenblicklich kamen sie daher. Ich konnte nicht sagen, dass sie hoppelten, da sie in ihrer Mischform antraten. Beide hatten allerdings den Kopf gesenkt und die Arme eingeschüchtert vor dem Oberkörper verschränkt. Im Übrigen waren mir noch nie Wesen begegnet, die so schüchtern und voller Respekt wirkten, wie die zwei Hasenmenschen.

„Oh, da seid ihr ja", kam es von Laetitia, schob die Beiden näher in meine Richtung und sagte: „Rosalie, das sind Melissa und Tai, die Verwalter des Buches der Fünf Krieger" Ich nickte ihnen schüchtern zu und sie erwiderten es. „Melissa, Tai, das ist Rosalie, der menschliche Part der aktuellen Fünf Krieger"

„Freut uns sehr, Rosalie", murmelte der männliche Hasenmensch, Tai, und verneigte sich tatsächlich vor mir. Sofort fiel mir auf, dass er ein bisschen lispelte.

Dummerweise machte nun auch noch das Mädchen einen Knicks vor mir. Wie unangenehm.

Weshalb ich peinlich berührt auflachte und sagte: „Ihr müsst euch wirklich nicht vor mir verbeugen oder so. Ich bin doch nichts Besonders"

„Ich möchte dir ungern widersprechen, werte Rosalie Hansen, aber du bist nicht ohne Grund der menschliche Part der Fünf Krieger"

Ich lief knallrot an und Laetitia begann zu lachen.

„Großartig, Tai! Besser hätte ich das nicht begründen können"

Nun lief auch Tai rot an und bedankte sich schüchtern bei der Zauberin.

Danach wurde sie wieder ernster und erläuterte: „Rosalie, wir sind nicht ohne Grund hier. Wie vorhin gesagt, möchte ich, dass du alles über Lakaria weißt, was wir dir sagen können. Selbstverständlich gibt es auch Dinge, die ich nicht weiß, aber du sollst wissen, dass du mich alles fragen kannst, ja?"

„Das weiß ich doch, Laetitia"

„Außerdem dachte ich mir, sei es ein netter Nebeneffekt, dass du nicht nur das Buch der Fünf Krieger siehst, sondern auch noch Hasenmenschen kennen lernst"

Leider hatte sie damit Recht. Selbst auf unserer Reise in oder aus der Wüste Azrek, war ich keinem Hasenmenschen begegnet.

„Das ist wirklich freundlich von Ihnen"

„Du sollst jede Facette von uns kennen lernen, weil immerhin..."

„... ist das jetzt auch mein Zuhause", unterbrach ich und zitierte sie belustigt.

Sie hielt sich peinlich berührt die Hand vor den Mund, weil ihr erst jetzt bewusst wurde, dass sie sich wiederholt hatte. Sie räusperte sich.

Ich sah die beiden Hasenmenschen an und traute mich kaum zu fragen.

„Darf ich es ansehen?"

„Natürlich", lispelte Tai und Melissa nickte. „Allerdings ist es Pflicht, dass immer einer von uns dabei sein muss, sonst gilt es als Diebstahl"

„Auch wenn es den Raum nicht verlässt?", fragte ich verdutzt.

„So ist es"

Tai sah über die Tatsache auch nicht unbedingt erfreut aus. Es bedeutete für ihn und Melissa vermutlich mehr Arbeit.

„Sie sind, seitdem sie aus der Schule sind, fester Bestandteil der Bibliothekare und haben vor etwas mehr als fünf Jahren die ehrenvolle Aufgabe erhalten, die Verwalter des Buches zu werden", erklärte Laetitia.

Auch darüber war ich nicht weniger verdutzt. So alt sahen die Beiden nun wirklich nicht aus, dass sie schon länger als fünf Jahre irgendeinen Job inne hielten. Dennoch sah Laetitia auch jünger aus, als sie vermutlich war. Wobei mir die Zwillinge bereits bei unserer Reise in die Wüste mal erzählt hatten, dass Zauberinnen kein Alter hatten. Sie wurden nie richtig alt, ihre Haare färbten sich lediglich irgendwann weiß oder grau, doch mehr passiere nicht. Keine Falten, keine Pigmentflecken. Die Frauen auf der Erde würden vermutlich ihre Seelen verkaufen, um so jung zu bleiben wie die Zauberin. Vielleicht war es bei allen Wesen im Paralleluniversum so, dass man nicht sonderlich alterte. Immerhin war das bei Tieren oder Pflanzen auch nicht so.

Langsam, um bloß nichts umzuwerfen oder Chaos zu verursachen, schritt ich auf das Buch zu und traute mich kaum, es zu berühren. Ich sah kurz zu den Hasenmenschen, als mir Tai sanft zu nickte und somit das Einverständnis gab, erst da fasste ich es an und hoffte, dass es unter meinen Fingern nicht zu Staub zerfiel. Das Papier fühlte sich so alt und abgenutzt an, dass mir dies als berechtigter Einwand vorkam.

So langsam ich nur konnte, blätterte ich bis zum Anfang und stellte fest, dass es bereits seit 200 Jahren die Stadt und somit die Fünf Krieger gab. Es dauerte unfassbar lange, bis ich die vielen, vielen Seiten vorgeblättert hatte.

„Tai und Melissa sind in der Lage, dir alles über die Fünf Krieger zu erzählen", unterbrach die Zauberin die Stille. Ich sah zu ihr auf und sie lächelte mich an. „Die Beiden haben das Buch praktisch auswendig gelernt"

Nun sah ich zu den beiden Hasenmenschen, die eingeschüchtert neben der Zauberin standen und erneut knallrot anliefen.

Als ich nur kurz „Mhm" murmelte, sah ich, dass mir die Zauberin wissend zunickte. Vermutlich ahnte sie, dass ich lieber alles selbst lesen und herausfinden wollte, als mir zwei fremde Hasenmenschen um die Geschichte Lakarias zu bitten. So beängstigend es meistens war, dass sie immer alles wusste, manchmal hatte es auch seine Vorteile.

Zu jedem Krieger, früher sowie heute, gab es neben der Beschreibung eine Zeichnung. Als ich Melissa und Tai fragte, wer diese Zeichnungen anfertigte, erzählten sie mir, dass selbstverständlich die Verwalter des Buches dafür zuständig seien. Tai erklärte mir daraufhin belustigt, dass er leider überhaupt nicht zeichnen konnte, weshalb sie ihm eine Partnerin gegeben hatten, die darin unglaublich gut war. Total stolz zeigte er mir die Zeichnungen, die Melissa gefertigt hatte, was zu diesem Zeitpunkt lediglich Ruben, Nyco, Gwyneth, Charlotte und ich waren, da die letzten Fünf Krieger zuletzt vor nicht ganz 20 Jahren zusammengeführt wurden. Oh ja, niemand wusste das besser als ich. Genau zu diesem Zeitpunkt, hatte die Hexe mich und meinen Vater zurückgelassen und war nie wiedergekommen.

„Ich habe mich sehr gefreut, als neue Fünf Krieger zusammengeführt wurden", erzählte Tai und lief richtig süß rot an.

Das konnte ich erkennen, obwohl es im Raum eher dunkel war.

„Warum?", fragte ich ihn.

Er senkte verlegen den Kopf. „Na ja, weil das Melissas erste Gelegenheit war, zu zeigen, wie wunderschön sie zeichnen kann"

In diesem Augenblick wurde mir klar, warum Charlotte immer so wissend auf mich und Nyco achtete. Es musste für sie genauso offensichtlich sein, was wir beide füreinander empfanden, wie gerade für mich. Es war nur zu deutlich zu erkennen, dass Tai und Melissa ineinander verliebt waren. Selbst ein Dummdödel wie ich erkannte das.

Ich blätterte zurück und konnte mich selbst davon überzeugen. Meine Augen wurden immer größer und größer. Melissa schlug panisch die Hände vor den Mund und fragte: „Ist es so hässlich? Gefällt es dir nicht?"

„Oh nein, nein, nein!" Hysterisch winkte ich ab. „Ganz im Gegenteil! Es ist wunderschön" Sanft strich über ihre Zeichnung von mir. „Ich bin nur total überrascht, dass man mich so schön zeichnen kann. Ich dachte immer, es ist völlig unmöglich, mich so zu zeichnen, dass ich einigermaßen okay aussehe"

„Aber Rosalie, es war total einfach deine Schönheit einzufangen" Sie lächelte mich süß an. „Immerhin bist du total bildschön und ich hab mir sagen lassen, dass du in den wenigen Momenten, in denen du lächelst, noch hübscher sein sollst"

Nervös rieb ich mir den Hinterkopf. „Von wem hast du denn das bitte?"

„Von den Zwillingen natürlich"

Es war klar, dass so ein Unsinn nur von ihnen kommen konnte.

Ich verschränkte die Arme und sagte grimmig: „So selten lächle ich jetzt auch wieder nicht"

Da begannen Laetitia und Melissa vor sich hin zu kichern und Tai grinste schelmisch. Wow, vielen Dank.

„Nun, dein Lächeln ist schon viel mehr geworden", lachte Laetitia.

Ich warf ihr einen bösen Seitenblick zu. „Sagen Sie bloß, Sie achten auf das?"

„Das ist nicht unbedingt nötig. Du bist fröhlicher und befreiter, seitdem du..." Sie räusperte sich kurz, um nicht zu viel zu verraten. „seitdem du einer gewissen Person begegnet bist"

Ich seufzte genervt auf. Also bitte! Als würde das alles nur an Nyco liegen!

„Bei Charlotte war es da schon viel schwieriger" Nun sah Melissa traurig zu Boden. „Ich wusste gar nicht, wie schwierig es ist, einen Engel zu zeichnen" Als ich sie fragend ansah, fuhr sie kleinlaut fort: „Natürlich sind Engel auch total schön und so, aber sie sind auch sehr fies und ich hatte Angst, dass mir Charlotte etwas antut, wenn ich sie nicht absolut perfekt zeichne"

„Hat sie ihre Zeichnung schon gesehen?", fragte ich.

„Ja, die anderen Drei auch", sagte Tai.

Das hieß, sie wussten bereits schon lange, bevor ich nach Lakaria kam, wie ich aussah, was ich für einen Charakter hatte, ja sogar wo ich wohnte. Immerhin stand dies neben meiner Zeichnung. Na toll. Was sich wohl Nyco gedacht hat, als er das erste Mal mein Gesicht sah? Ob er enttäuscht war, als er festgestellt hatte, dass ich in der Realität nicht so wunderschön war wie bei dieser Zeichnung? Auf der anderen Seite, wäre er enttäuscht gewesen, wären seine Gefühle bestimmt abgeebbt und er hätte mir bestimmt nie seine Liebe gestanden.

„Glücklicherweise war Charlotte so einigermaßen zufrieden mit meiner Zeichnung", murmelte Melissa kleinlaut.

„Nur so einigermaßen zufrieden?? Was? Das sieht doch super aus!"

Ich war absolut erschüttert. Charlottes Zeichnung sah noch bezaubernder aus, als meine, obwohl ich natürlich auch erwähnen sollte, dass Charlotte tausendfach attraktiver war und besser aussah als ich.

„Danke, Rosalie"

Erneut verbeugte sie sich ehrenhaft vor mir. Am liebsten hätte ich laut aufgeschrieen. War das jetzt an der Tagesordnung?

Melissa und Tai traten erneut in den Hintergrund und versanken fast in der Dunkelheit des Raumes. Während ich wieder zum Anfang des Buches vor blätterte und mir die ersten Fünf Krieger ansah, begann Laetitia im Flüsterton ein Gespräch mit Tai und Melissa, um mich nur nicht zu stören.

Ich war hin und weg von den verschiedenen Fünf Kriegern. Selbst am Anfang waren es ein Hundemensch, ein Katzenmensch, ein Engel, ein Schmetterlingsmensch und ein normaler Mensch gewesen. Ganz so wie heute. Ich hatte immer gedacht, dass die allerersten bestimmt völlig andere Arten gewesen sein mussten. Doch scheinbar hatte sich dies bezüglich in 200 Jahren nichts verändert.

Der erste Mensch, der jemals Lakaria betreten hatte, war ein Mann namens Thomas Moore aus Edinburgh in Großbritannien gewesen. Wie es aussah, hatte er sich seit seiner Kindheit für Wissenschaft und fremde Kulturen interessiert, bis man ihn mit nach Lakaria nahm. In dem Buch klang es fast so, als hätten sie Thomas entführt. Nur zu gern hätte ich all das selbst erlebt. Anfangs war es überhaupt nicht leicht für Thomas gewesen, sich einzuleben. Klar, er war der erste Mensch gewesen. Bestimmt hatten die Bewohner Lakarias auch nicht gewusst, wie sie mit ihm umgehen mussten. Auch stand im Buch, dass er wohl sehr exzentrisch gewesen sein musste. Hierbei musste ich seufzen. Das waren wohl alle Menschen, die jemals Teil der Fünf Krieger wurden. Mich eingeschlossen. Es war faszinierend, was alles in dem Buch stand. Allzu schade war allerdings, dass Thomas - wie nicht anders zu erwarten- schon längst tot war. Ich hätte ihn so gerne kennen gelernt.

Auf den letzten Seiten wurde genau dokumentiert, welche Verwalter von wann bis wann über dieses wichtige Buch bestimmt hatten und dafür zuständig gewesen waren. Als letztes standen die vollständigen Namen von Melissa und Tai, ein genaues Datum, ein Bindestrich und dahinter Leere. Es gab Verwalter, die diesen Job über 40 Jahre innegehabt hatten, also mehr als nur zwei Generationen der Fünf Krieger miterlebt hatten. Das war alles so aufregend und überwältigend. Ich konnte es kaum glauben. Ich las sozusagen die Vergangenheit meiner Zukunft.

Ich wusste nicht, wie lange es dauerte und Laetitia und die Verwalter schienen unendliche Geduld zu haben- ja, ich vergaß sogar, dass ich eigentlich die Soldaten besuchen wollte- so intensiv las ich alles für die vergangenen Fünf Krieger. Ja, ich las sogar alles, was über Rena im Buch enthalten war.

Eine Zeichnung, wie sie vor zwanzig Jahren, in meinem Alter ausgesehen hatte, als sie nach Lakaria gekommen war. Ich war ihr wie aus einem Gesicht geschnitten. Nicht, dass mich das in einer Form freute. Neben der Zeichnung stand auch, wo sie gelebt hatte, sogar dass sie einen Ehemann und eine kleine Tochter hatte. Dass sie bereits nach kurzer Zeit enorme Fähigkeiten in Form von Sandstürmen erlangt hatte und all so ein Zeug. Schon vor zwanzig Jahren wurde sie scheinbar verehrt wie eine Heldin.

Ich starrte so intensiv in die Augen Renas, die der Vorgänger von Melissa damals gezeichnet hatte, dass ich alles um mich herum vergaß. Ein kleiner Teil in mir war so dämlich zu hoffen, dass mir die Zeichnung sagen konnte, ob ich ihr etwas bedeutete.

Doch dann fiel mir wieder das Gespräch mit Nyco in der Wüste ein, bei dem ich äußerst uncool einen Nervenzusammenbruch erlitten und er mir erzählt hatte, dass es ein Juwel der Ewigkeit gab, mit dem man als Mensch jederzeit wieder zwischen Erde und der Parallelwelt hin und her pendeln konnte. Vorausgesetzt, man trat die Prüfung zum Erlangen des Juwels überhaupt an. Was sie nicht getan hatte.

Mit einem Schlag kam ich wieder zurück in die Gegenwart, wischte mir flink und möglichst unauffällig die Tränchen fort, die aus unerfindlichen Gründen in meine Augen getreten waren und räusperte mich. Ich hatte schon viel zu viel Zeit hier verbracht. Viel zu viel Zeit erneut für Rena geopfert. Es reichte.

Ich versuchte, mich so straff und selbstbewusst, wie nur irgendwie möglich, mich hinzustellen, Schultern zurück, Brust raus und sah Laetitia und die Hasenmenschen unverwandt an.

„Tja, also, das war ja sehr interessant. Trotz allem würde ich heute noch gerne in die Straße der Gefallenen"

„Willst du da tatsächlich hin?", kam es schockiert von Tai und auch Melissa sah mich ängstlich mit großen Augen an.

Ich lächelte und versuchte, mich zu entspannen. „Ja, natürlich. Vor unserer Reise in die Wüste haben wir dort zwei wunderbare Soldaten kennen gelernt, die ich nun endlich wiedersehen möchte"

„Du hast völlig Recht" Laetitia trat auf mich zu und berührte mich kurz an der Schulter. „Ich hab dich schon viel zu lange aufgehalten"

„Es gibt da allerdings noch etwas, um das wir dich aus rein rechtlicher Hinsicht bitten müssen", schluckte Tai.

Melissa eilte schnell fort und kam mit einer sehr abgewetzten, schwarzen Klemmmappe zurück und hielt sie mir hin.

„Du müsstest, bevor du gehst, hier unterschreiben, dass das Buch in deinem Besitz war und du es zurückgegeben hast", murmelte Tai.

Ich sah ihn verdattert an. „Dass es in meinem Besitz war? Aber es hat nie diesen Raum verlassen"

„Ich weiß, aber so besagt es seit über 200 Jahren die Regel"

Da konnte ich nur mit den Schultern zucken, nahm den Stift, den mir Melissa hilfsbereit entgegen streckte, unterschrieb und fragte die Beiden, ob ich vielleicht doch noch mal vorbei kommen dürfe. Auch wenn ich anfangs skeptisch und eher missmutig mitgekommen war, war es doch irgendwie cool und außergewöhnlich, in dem Buch stöbern zu können.

Melissa und Tai freuten sich über meine Frage und bedankten (und verneigten sich leider) aufgeregt.

Nachdem sie sich auch respektvoll von Laetitia verabschiedet hatten und sie sich von den Beiden, schritten die Zauberin und ich den Weg zurück, den wir gekommen waren. Laetitia wie immer so elegant, als hätte sie noch nie etwas anderes getan und ich schweigsam. Die Nachwirkungen der letzten Sekunden mit dem Buch, in denen ich das Gesicht Renas angestarrt und diese klitzekleine Hoffnung in mir aufgekeimt war, machten mir immer noch zu schaffen. Ich war enttäuscht von mir selbst, dass ich hoffte, sie würde mich lieben.

„Du weißt, dass ich immer ein offenes Ohr für dich habe", kam es urplötzlich von der Zauberin, sie wandte ihren Kopf zu mir und sah mich erwartungsvoll an.

Ich seufzte und sah ebenfalls zu ihr. „Ich weiß und eigentlich ist es sowieso unnötig, vor Ihnen etwas zu verbergen"

„So ist es" Sie nickte schelmisch. „Nun?"

„Es war merkwürdig und fühlte sich falsch an, das Gesicht meiner..." Ich stolperte über das Wort. „Mutter zu sehen, als sie noch so jung war"

„Du meinst, zu der Zeit, als sie euch verlassen hat?" Ich nickte zurückhaltend. „Hm, ich kann mir vorstellen, dass das unangenehm für dich war. Aber falls es dich beruhigt, du lagst ihr immer am Herzen. Auch wenn du enttäuscht bist, dass sie nicht um das Juwel gekämpft hat"

„Woher...?", begann ich zu fragen, vollendete meinen Satz allerdings nicht, weil ich mir denken konnte, woher sie es wusste. Entweder eine Vision, die Zwillinge oder eine ihrer vielen und beängstigenden Eingebungen.

„Wir können alle verstehen, warum du so fühlst, wie du fühlst, Rosalie", redete die Zauberin behutsam auf mich ein. „Auch Rena versteht es. Dennoch würde sie sich sehr wünschen, dass du ihr vielleicht eines Tages eine Chance gibst"

„Eine Chance? Eine Chance, Laetitia???" Meine Stimme nahm ungewohnte Höhen an, so empört war ich. „Sie wünscht sich, dass ich ihr eine Chance gebe? Wollen Sie wissen, was ich mir jahrelang- besser gesagt, mein Leben lang gewünscht habe?" Laetitia blieb erstaunlich ruhig, während ich sie bitterböse ansah. „Eine liebende Mutter, die zu mir zurückkehrt und sich um mich kümmert! Aber hat es die ehrenwerte Rena Hansen interessiert, was sich ihre kleine Tochter und ihr Ehemann wünschen? Nein! Sie hatte jahrelang Zeit und Gelegenheit, um das Juwel der Ewigkeit zu kämpfen und doch hat sie es nicht getan. Diese Frau hat es nicht verdient, dass ich ihr erneut eine Chance gebe. Mein ganzes Leben lang dachte ich, sie will mich nicht, weil sie sich nie gemeldet hat. Dabei hat sie sich hier in Lakaria ein schönes Leben gemacht und sich in ihrem Ruhm gesonnt. Laetitia, ich respektiere Sie und ziehe meinen Hut vor Ihnen, aber Sie haben keine Ahnung, wie ich mich fühle, wenn ich an diese Hexe denke, die sie alle hier verehren, als wäre sie eine Heilige. Sie wissen nicht, wie es sich anfühlt, wenn man klein ist und einen alle Mitschüler fragen, wo die Mama ist und man es nicht weiß. Sie glauben, alles von mir zu wissen, aber Sie wissen nichts und ich möchte Sie bitten, mich nie wieder darauf anzusprechen, was Rena von mir will. Es interessiert mich nicht, was diese Hexe will"

Mit diesen Worten, einem gewaltigen Redeschwall, den ich nur von mir ließ, wenn ich sehr, sehr wütend war, stapfte ich fort, vorbei an allen Wachen, die mir verdutzt hinterher sahen und schließlich aus dem Schloss heraus. Es grenzte an ein Wunder, dass ich mich in all meiner Wut nicht im Schloss verlief. Aber das war gut so.

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