Kapitel 21
Rasch sprang Mo wieder auf die Beine und sah Chou bitterböse an. "Pass lieber auf Sonnenkrieger!"
Mos Worte klangen todernst, zumal er das letzte Wort seinem Gegenüber wie eine Beleidigung entgegenschleuderte. Damit schien er bei Chou tatsächlich einen Punkt getroffen zu haben, denn ich konnte sehen wie sich die Muskeln an seinem Rücken anspannten.
Eilig kam ich wieder auf die Füße und stellte mich zwischen die beiden, bevor das hier noch eskalierte. Mein Blick suchte Chous, doch dieser fixierte einfach über meinen Kopf hinweg weiter Mo. Man musste keinesfalls sonderlich feinfühlig sein um festzustellen, dass sich die beiden absolut nicht mochten.
"Chou beruhig dich!" Kaum erreichten ihn meine Worte, zuckte sein Blick zu mir und überflog suchend mein Gesicht. Er war wild und voller Sorge, die ich jedoch nicht verstand. Wir hatten doch nur ein wenig trainiert.
"Genau Sonnenkrieger, beruhig dich!", kommentierte Mo hinter mir. Chou entkam ein wütendes Schnauben und er wollte sich an mir vorbeidrücken um auf Mo loszugehen. Energisch legte ich meine Hand auf seine Brust und drückte ihn zurück. Dann warf ich Mo einen mahnenden Blick über die Schulter zu, welchen er jedoch nur mit einem Schulterzucken und einem schweren Blick zu Chou quittierte.
"Mo hat mir nur ein paar Grundtechniken gezeigt. Ich bin nicht verletzt und mir geht es gut.", sagte ich um Chou weiter zu beruhigen. Keine Ahnung was er dachte als er uns so vorgefunden hatte. "Naja zumindest bis ihr angefangen habt euch wie hitzköpfige Halbstarke zu verhalten. Ich dachte ihr seid Erwachsen, also benehmt euch auch so!"
Warnend sah ich beide an und kam mir in dem Moment wie meine eigene Mama vor. Ich hatte sogar den selben Tonfall unbemerkt benutzt, wie sie es sonst immer hatte. Wäre die Situation nicht so Ernst, würde ich mich jetzt vor Selbstscham irgendwo vergraben gehen. So konnte ich nur hoffen, dass sich unter mir spontan noch ein Lochen auftuen und mich verschlucken würde.
Doch bevor noch ein Kommentar von den Beiden kommen konnte, entschied ich das Thema zu wechseln. "Warum bist du hier Chou?"
Mit einem letzten abwertenden Blick in Mos Richtung legte er nun seine ganze Aufmerksamkeit auf mich. Wie um sich selbst wieder zu fangen, straffte er die Schultern. "Sidera und Aron haben mich geschickt um nach dir zu suchen. Dummerweise wollten sie auch, dass ich Mo mitbringe."
Im letzten Satz versteckte sich so viel Ablehnung und Distanziertheit, dass ich mich automatisch fragte was zwischen den beiden vorgefallen sein musste. Denn ohne einen Grund würden sie bestimmt nicht so reagieren.
"Okay und warum?"
"Sie wollten euch eigentlich miteinander bekannt machen was sich ja jetzt erledigt hat. Außerdem meinten sie, dass sie etwas mit dir besprechen müssen Kelya", erklärte er mir.
"Worauf warten wir dann noch?" Mit einer Handbewegung deutete ich auf die Tür und wie als würde Chou auf mich hören, drehte er sich um und lief aus dem Raum. Noch immer wirkte er verdammt angespannt, schien sich aber jetzt besser beherrschen zu können.
Auch Mo bedeutete ich den Raum zu verlassen. Dieser blieb jedoch an der Tür stehen und wollte sie mir wie vorhin aufhalten. Als wenn mich das ihren Zickenkrieg vergessen lassen würde. "Nein so läuft das nicht. Ihr beide lauft vor mir damit ich euch Streithähne im Auge behalten kann."
Meine Worte gefielen Mo nur wenig, doch als ich abwartend stehen blieb und die Arme vor der Brust verschränkte, verdrehte er die Augen und lief dann endlich vor mir.
Du bist genau wie Mama! Höhnte eine Stimme in meinem Kopf und ich verzog das Gesicht.
Nun liefen wir die Treppe wieder runter. Jedoch liefen wir, entgegen meiner Erwartungen, an der Bibliothek vorbei und den nächsten Gang links. Wir bogen so oft ab, dass ich irgendwann die Orientierung verlor. Wer hatte diesen Palast denn bitte gebaut? Hätte ein langer Gang der alles miteinander verband nicht auch gereicht? Im Geiste sah ich mich schon gefangen in einem Labyrinth. Fehlte ja nur noch der Minotaurus.
Vor einer Tür aus dunklem Holz blieben wir stehen und Chou klopfte. Sideras Stimme drang sanft zu uns nach draußen.
"Kommt rein!"
Sofort öffnete Chou die Tür und trat ein, dicht gefolgt von Mo und mir. Neugierig sah ich mich um. Wir betraten ein Arbeitszimmer mit einer großen Fensterfront auf der gegenüberliegenden Seite des Raums. Ein schwerer Schreibtisch stand in der Mitte auf dem verschiedene Bücher neben Stiften und einer Art Landkarte lagen.
Um den Tisch herum standen mehrere Stühle wie bei einer Konferenz. Auf zweien saßen bereits Aron und Sidera. In Anbetracht dessen, was sie mir vorhin erzählten und wie sie reagiert hatten, suchte ich nach Anzeichen des Schmerzes in ihren Augen. Jedoch schien es den Beiden jetzt wieder besser zu gehen.
"Setzt euch", sagte Aron und wir folgten seiner Aufforderung, wobei Mo mit Absicht gegen Chous Schulter stieß, als er an ihm vorbeilief.
"Entschuldige. Ich habe dich gar nicht gesehen", sagte er dann kalt und ließ sich auf dem Stuhl neben mir nieder.
"Mo, Chou könnt ihr eure Feindschaft nicht einmal ruhen lassen? Ich bitte euch, ihr verhaltet euch ja wie Kinder!" Arons Blick zuckte zwischen den Beiden hin und her und verhieß nichts Gutes. Scheinbar kannten er und Sidera diese Auseinandersetzungen bereits zu genüge.
"Verzeiht. Mo hat Kelya ohne mein Wissen angefangen zu trainieren, was der Auslöser für das eben war", erklärte sich Chou kurz und sorgte mit seiner Aussage bei Sidera für ein besorgtes Hochziehen der Augenbrauen.
"Mo, du weißt doch was wir besprochen hatten. Wir wollten Kelya langsam in die hohe Welt führen und sie nicht ins kalte Wasser schmeißen."
Hier sah ich meine Chance einzugreifen. "Keine Sorge, er hat mich geschont. Es war nicht zu viel auf einmal und ich wollte es."
Meine Worte schienen jedoch nicht die erhoffte Wirkung zu haben, denn Sidera sah mich nun noch besorgter an als vorher. Doch bevor sie noch etwas sagen konnte, versuchte Aron die Situation zu retten.
"Naja, immerhin müssen wir euch einander jetzt nicht mehr vorstellen." Beruhigend drückte er Sideras Hand ehe er weiter sprach.
"Im Vorfeld haben wir,", er deutete auf Sidera, Mo und sich selbst, "vor deiner Ankunft besprochen, dass du uns alles fragen kannst was du über Erben wissen willst. Zudem kannst du jederzeit zu einem von uns kommen, wenn du das Gefühl haben solltest die Kraft nicht mehr unter Kontrolle halten zu können und irgendwas im Bezug darauf nicht stimmen sollte."
Gut zu wissen. Kurz zuckte mein Blick zu Chou, der starr geradeaus schaute und keine Regung zuließ. Arons Angebot erschien mir logisch, denn nur diejenigen auf die er gedeutet hatte, wussten auch wie es war ein Erbe zu sein. Doch Chou war ebenfalls ein Teil der hohen Welt und da ich mir sicher war, dass er nicht erst seit gestern hier im Palast lebte, musste er doch eigentlich auch einiges wissen.
"Zudem haben Sidera und ich entschieden, dass Chou dich als dein Leibwächter überall hin begleiten wird."
"Was? Warum das?", fragte ich, denn ich verstand diese Maßnahme nicht. Hier war es sicher und es gab keinen Grund einen Leibwächter zu haben.
"Genau, warum das?! Warum Chou? Ich kann das doch auch übernehmen!", protestierte plötzlich Mo neben mir und klang dabei ziemlich verärgert.
Mahnend sah Aron ihn an und brachte ihn somit zum schweigen. "Du bist bereits Erbe und kannst nicht auch noch Leibwächter sein. Du weißt ganz genau, dass die Erben auch oftmals getrennt Aufgaben erledigen müssen! Wie willst du die deinen erledigen, wenn du dir ständig um Kelyas Sicherheit Sorgen machen musst?"
Ich konnte deutlich sehen, wie sehr Arons Worte Mo nicht gefielen. Er ballte die Hände zu Fäusten und sein Kiefer spannte sich an, doch gegen Aron hatte er keine Chance. Egal was er als Argument hervorbringen würde, es würde Aron nicht umstimmen.
"Um auf deine Frage zurück zu kommen," begann Sidera und sah dabei wieder um einiges beruhigter aus," auch wenn wir die Dunkelkrieger damals zerschlagen haben, gibt es noch immer Anhänger von ihnen und gerade wenn neue Erben eingeführt werden sollen, sind sie besonders aktiv. Wie wir aus sicheren Quellen wissen, machen sich Viele Sorgen was passieren wird. Die Unsicherheit bringt den Dunkelkriegern immer neue Anhänger. Noch sind sie bei weitem nicht so stark wie damals, doch wir müssen immer damit rechnen, dass sie versuchen werden uns zu schaden. Aus diesem Grund wird Chou dein Leibwächter sein, zumal du noch untrainiert bist."
Langsam nickte ich. Ihre Entscheidung erschien mir taktisch klug, auch wenn ich schon jetzt bei dem Gedanken daran, dass ich von nun an einen menschlichen Schatten haben würde, aus der Haut fahren könnte.
Plötzlich sprang Mo neben mir von seinem Stuhl auf. "Ihr müsst mich entschuldigen, aber ich werde mir das Spektakel gleich nicht mit anschauen", presste er durch zusammengebissene Zähne und verließ eilig das Zimmer. Irritiert sah ich ihm nach. Was war denn nur mit ihm los? Und was meinte er mit Spektakel?
Alarmiert von Mos Worten drehte ich mich wieder zu Aron und Sidera. "Was meint er?"
Ein gequältes Seufzen drang aus Arons Kehle. Doch bevor er antworten konnte, erfüllte Chous sanfte Stimme die angespannte Stille.
"Steh auf."
Mein Kopf zuckte zu ihm herum während er selbst aufstand. Nur zögerlich folgte ich seiner Bitte. "Und jetzt?"
Chou griff in eine seiner Taschen und holte einen kleinen Gegenstand hervor ehe er sich plötzlich auf ein Knie hinab ließ.
Mein Herz setzte einen entscheidenden Schlag lang aus, bevor es von Panik umhüllt wurde als ich erkannte was genau Chou aus seiner Tasche geholt hatte.
Mit seinen Fingern hielt er einen Ring aus schwarzem Material an dem ein rot glänzender Stern befestigt war. Sie hatten mir doch versichert, dass ich niemanden heiraten müsse!
"Chou was wird das?!" Meine Stimme klang in meinen Ohren schrill und ängstlich.
Chous Blick suchte den meinen und obwohl meine Panik drohte meinen Körper zu übernehmen und zu fliehen, blieb ich wie angewurzelt stehen.
"Vertrau mir", sagte er friedlich.
Dann schnitt er sich plötzlich mit einer Zacke des Sterns tief in die eigene Handfläche.
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