Kapitel 1
Sanft fiel das Licht der Sonne durch das halb geöffnete Fenster und hinterließ kleine goldene Flecken auf dem flauschigen Teppich. Eine angenehme Briese wehte herein und bewegte die hauchdünnen Vorhänge links und rechts des Fensters in sanften Wellen. Von draußen konnte man das fröhliche Zwitschern der Vögel hören.
Langsam streckte ich mich in meinem Bett und rieb mir den Schlaf aus den Augen. Es war ein schöner Morgen und ohne jeglichen Zeitdruck ließ ich die friedliche Idylle auf mich einwirken. Tief atmete ich die frische Luft ein und genoß, dass auch ein paar der Sonnenstrahlen den Weg auf mein Bett gefunden hatten. Verträumt streckte ich meine Füße in das Licht und fast augenblicklich verspürte ich ein wohliges Kribbeln. Irgendwo aus dem unteren Stockwerk wehte der Geruch von Kaffee zu mir.
Noch besser konnte der Morgen gar nicht werden.
Mich weiterhin in meinem Bett rekelnd griff ich nach dem Handy auf meinem Nachttisch und sah auf die Uhrzeit. Dabei fiel mir auf, dass zwei Nachrichten angezeigt wurden. Das machte mich sogleich ein wenig wacher und ich rollte mich neugierig auf die Seite.
Schnell tippte ich mein Passwort ein und tippte auf die erste Nachricht. Sie war von Mya, einer Freundin aus der Schule. Sie hatte mir ein Foto von sich und ihrem Freund bei einem Radausflug in irgendwelchen Bergen geschickt. Sie wirkte voller Energie und grinste breit in die Kamera, was mich wiederum lächeln ließ.
Die zweite Nachricht war eine Email unserer Schule in der es hieß, dass unser Stundenplan schon wieder geändert wurde. Mal wieder ohne Begründung warum.
Seufzend setzte ich mich auf. Nun war ich definitiv wach genug um mich fertig zu machen.
Ich schwang meine Beine über die Bettkante und stand schließlich auf. Mit schlurfenden Schritten begab ich mich ins Badezimmer. Ein Blick in den Spiegel ließ mich nur den Kopf schütteln. Meine Haare standen mal wieder in alle Richtungen ab.
Als ich im Bad fertig war, ging ich zurück in mein Zimmer und schnappte mir ein paar gemütliche Klamotten, in die ich sogleich hinein schlüpfte. Mit meinen Haaren hatte ich, fast wie jeden Morgen, einen kleinen Kampf. Leider hatte ich die Haare meines Papas geerbt, was bedeutete, dass sie unglaublich widerspenstig waren und sich immer wieder kleine Locken aus dem Zopf lösten. Dafür hatte ich glücklicher Weise von meiner Mama den warmen Kaffee Ton ihrer Haut und ihre grauen Augen geerbt.
"Kelya?", drang die Stimme meines Papas aus dem unteren Stockwerk zu mir hoch. Rasch zog ich mir meine Schuhe an und schloss im vorbei gehen das Fenster. Dann trat ich beschwingt in den Flur und lief die Treppe hinab an deren Absatz mein Papa bereits wartete.
"Guten Morgen!", kurz umarmte ich ihn und seine Arme schlossen sich wie selbstverständlich um mich.
"Guten Morgen mein Schatz!", begrüßte er mich ebenfalls.
Hier unten verstärkte sich der Geruch von Kaffee nur noch und mischte sich mit dem Geruch von frisch gemachten Pancakes.
"Und wo ist meine Umarmung?", hörte ich die Stimme meiner Mama hinter mir mit gespielter Enttäuschung.
Kurzerhand löste ich mich von meinem Papa und umarmte auch meine Mama, welche am Türrahmen zur Küche lehnte.
"Guten Morgen! Du machst Pancakes?"
Die Antwort bereits kennend schielte ich in die Küche und entdeckte auf dem Tisch bereits einen Teller mit dem süßen Gebäck stehen.
Mama lachte hell auf.
"Ja mache ich. Ich weiß doch wie gerne du die Dinger hast."
Meine Mundwinkel zogen sich zu einem ertappten Grinsen und Mama bedachte mich mit ihrem ich-kenne-doch-wohl-meine-Tochter-Blick.
Gemeinsam setzten wir uns an den Küchentisch und Mama verteilte die Pancakes.
Erfreut stellte ich fest, dass ebenfalls eine kleine Schüssel mit Blaubeeren auf dem Tisch stand. Im Gegensatz zu meinen Eltern mochte ich keinen Ahornsirup auf meinen Pancakes. Für meinen Geschmack machte es das Essen einfach viel zu süß. Dafür mochte ich lieber eine eher fruchtige Note und aß jedes Mal Blaubeeren dazu.
Mit dem ersten Bissen schloss ich genießerisch die Augen. Soeben war der Morgen tatsächlich noch besser geworden.
"Ich fahre heute am Buchladen vorbei. Soll ich dir etwas mit bringen?", fragte mein Papa an mich gewandt.
Kurz überlegte ich. "Ja, ich hab ein paar Bücher bestellen lassen und die müssten eigentlich jetzt da sein. Wäre lieb wenn du sie für mich abholen könntest, die nächste Woche über habe ich zu viel zu tun um zum Buchladen gehen zu können."
Papa nickte. "Okay, dann mach ich das. Soll ich dir auch etwas mitbringen mein Schatz?", wandte er sich nun an meine Mutter und umschloss mit seiner Hand die ihre.
Ein liebevolles Lächeln umspielte die Lippen meiner Mama und in ihren Augen konnte ich ein Leuchten sehen.
"Weißt du Deon, es ist schon eine Weile her, dass du mir das letzte Mal Blumen mitgebracht hast... "
Den Rest des Satzes ließ sie offen und in ihrer Stimme schwang ein neckender Unterton mit. Belustigt schüttelte Papa den Kopf.
"Aber natürlich meine Liebste. Wie habe ich daran nicht selbst denken können?"
Dann beugte er sich zu Mama rüber und gab ihr einen Kuss auf die Wange.
Die Harmonie die heute Morgen herrschte wärmte mein Herz. Diese Herzlichkeit und Liebe war heutzutage nicht in jeder Familie üblich, das wusste ich. Daher war ich umso froher, dass ich das unglaubliche Glück einer so tollen Familie hatte. Meine Eltern liebten sich wirklich und ich konnte nur hoffen irgendwann einmal jemanden zu finden den ich genauso lieben könnte.
Den Rest des Frühstücks über redeten wir über Gott und die Welt und ärgerten uns gegenseitig mit kleinen Sticheleien. Als wir fertig waren, räumten wir noch gemeinsam ab und mein Papa machte sich auf den Weg zum Auto um in die Stadt zu fahren. Wir wohnten am äußeren Rand einer Kleinstadt, welche sich dadurch auszeichnete, dass viele Touristen gerade im Herbst kamen, da ganz in der Nähe einige Wasserfälle lagen. Ansonsten war es eigentlich immer ganz ruhig und so gut wie jeder kannte jeden.
Meine Mama verabschiedete sich ebenfalls mit den Worten, dass sie mit ein Paar Freundinnen irgendein Gartenprojekt starten wollte. Wie man so begeistert für Pflanzen sein konnte, verstand ich einfach nicht. Ich mochte Pflanzen auch, immerhin waren sie hübsch und wirklich dekorativ, aber bisher hatte keine einzige bei mir länger als drei Wochen überlebt. Entweder ertränkte ich sie aus Versehen oder ich vergaß komplett sie zu gießen. Es war einfach unfair. Warum konnte es keine Pflanze geben die sich an Leute anpasste, die absolut keinen grünen Daumen hatten?
Nachdem Mama das Haus ebenfalls verlassen hatte, begab ich mich wieder in mein Zimmer und setzte mich auf meine Fensterbank. Noch immer schien die Sonne wärmend durch das Glas und hinterließ erneut ein wohliges Kribbeln unter meiner Haut. Mit geschlossenen Augen streckte ich meine Nase weiter in das Licht und ließ mein Gesicht wärmen. Ich liebte es einfach mich zu sonnen und das Sonnenlicht schien mir jedes Mal aufs neue Kraft zu spenden.
Wie eine Katze, zugegeben eine im Moment ziemlich faule Katze, streckte ich mich und stieß dabei mit meinen Füßen gegen etwas. Verwundert öffnete ich die Augen wieder und entdeckte auf der anderen Seite der Fensterbank eines meiner Bücher liegen. Mitten zwischen den weißen Seiten ragte ein buntes Lesezeichen heraus.
Lächelnd griff ich danach und fuhr mit den Fingern über den Einband. Er war Silber glänzend und ein elegantes, verschlungenenes Symbol war darauf zu sehen. Über dem Symbol stand in geschwungenen Buchstaben der Titel.
Ich weiß man sollte ein Buch nicht nach dem Cover bewerten oder gar gleich kaufen, doch in dem Fall hatte ich mich erst in das Cover verliebt und dann in die Geschichte. Es war eine Art Romantasy Story mit Dämonen und Engeln und einer Hauptperson, die einfach nur wundervoll war. Und die Lovestory erst! Die durfte für meinen Geschmack in solchen Büchern absolut nicht fehlen.
Die meisten meiner Bücher handelten von Geschichten im Bereich des Übernatürlichen, wobei jedes natürlich eine Lovestory haben musste. Klang kitschig, aber ich fand's toll. Vielleicht kam da bei mir aber auch nur ein geheimer Romantiker durch, was ich sonst eigentlich nicht war. Wenn man meine Eltern und Freunde danach fragen würde mich mit einem Wort zu beschreiben, dann wäre das wahrscheinlich eigensinnig.
Blöderweise müsste ich zugeben, dass sie damit sehr wahrscheinlich recht hätten.
Vorsichtig, um den schönen Einband nicht zu zerknicken, drehte ich das Buch um und las mir zum wahrscheinlich tausendsten Mal den Klappentext durch, wobei mir mit jedem gelesenen Wort mehr Stellen aus dem Buch einfielen, die ich toll fand.
Hiermit bekenne ich mich schuldig! Ich bin süchtig nach Büchern und bin ein Sklave ihrer Geschichten!
Wenn ich einmal ein Buch angefangen hatte, dann dauerte es, wenn die Story gut war, keine zwei Tage und ich hatte zu meinem Leidwesen das Buch bereits durchgelesen und brauchte mehr. Anfangs fanden es meine Eltern gut, dass ich so viel laß, doch als mein Zimmer mit der Zeit anfing wie eine ein wenig unaufgeräumte Bibliothek auszusehen, waren sie irgendwie nicht mehr so begeistert.
Wie durch einen unüberwindbaren Ur-Instinkt wanderten meine Finger weiter zu dem Lesezeichen und schlugen das Buch an der markierten Stelle auf. Sofort huschten meine Augen über die Zeilen und sogen den Inhalt auf wie ein Schwamm.
Was sollte ich sagen? Ich war eben eine Gefangene der Bücher.
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