Kapitel Sechs: Die Jagd hat erst begonnen
Thor stand auf der Regenbogenbrücke Bifröst, die das Erdenreich von Asgard trennte. Neben ihm Heimdall, dem die Sorgen des Prinzen nicht verborgen blieben.
,,Worüber sorgt Ihr euch?"
Die Stirn Thors lag noch tiefer in Falten.
,,Um Loki. Diese Frau, die bei ihm ist... Ich weiß nicht, ich habe da so ein Gefühl."
Weise, wie der Wächter der Brücke war, nickte er wissend. Es war ein Gefühl von Unheil, das er teilte. Thor massierte sich die schmerzenden Schläfen. Die Konfrontation mit Loki war schmerzhaft, selbst für ihn. Sein Bruder schien sich tatsächlich etwas aus der Frau zu machen.
,,Könntest du Loki für mich im Auge behalten, schließlich habe ich noch andere Verpflichtungen."
Gerade, als Thor sich abwenden wollte richtete Heimdall noch einmal das Wort an ihn.
,,Was wirst du mit den Informationen tun?"
Diese Frage hatte er sich auch schon gestellt. Es klang alles so verwirrend in seinen Ohren. Zeitlinie, zwei Lokis. Sein Kopf schwirrten noch immer. Der Griff um Mjölnir wurde fester.
,,Ich habe keine Ahnung, aber ich vermute ich werde es herausfinden, so wie immer", sprach Thor, wobei er sich nun durch die Hilfe von Mjölnir nach Asgard tragen ließ.
Heimdalls Mundwinkel hoben sich. ,,Wie immer", wiederholte er, bevor er sich wieder der Erde und Loki zuwandte.
In der letzten Nacht hatte Loki kaum Schlaf gefunden. Sein Kopf war voller Fragen, die ihn quälten. Und Sylvie war ihm keine Hilfe. Allmählich fuhr er sich über das Gesicht, während er darüber nachdachte, was er als Nächstes tun sollte. Am liebsten wäre er auf die Schlafzimmertür zugegangen, die nur wenige Meter entfernt lag, um zu klopfen. Nur um ihre Stimme zu hören, doch diesen Gedanken verwarf er rasch wieder. Sie würde zu ihm kommen, wenn sie bereit war. Langsam erhob er sich von seinem unbequemen Schlafplatz, dabei streckte er seine schmerzenden Glieder. Danach schlürfte er auf den offenen Küchenbereich zu. In der Mitte des Raumes stand eine Kochinsel, die er ignorierte, obwohl sein Magen knurrte. Nach etwas anderem verlangte es ihm mehr. Der Kaffeevollautomat schrie förmlich nach ihm. Sein Finger fand wie von selbst den Knopf. Während er wartete, bis sich die Tasse mit dem schwarzen, dampfenden Getränk gefüllt hatte, griff er nun doch zu einer Schale gefüllt mit Obst. Ein roter Apfel lachte ihn förmlich an. Genüsslich biss er hinein, doch der Bissen wäre ihm fast im Hals stecken geblieben. Sylvie rauschte in den Küchenbereich, um ihre zarten Schultern nur einen Morgenmantel, der ihr in der Sekunde leicht über die Schulter rutschte. Loki begann heftig zu husten und schlug sich ein paarmal heftig gegen die Brust, bis sich das Stück löste. Tränen brannten in seinen Augen, während sie ihn nur irritiert anblickte.
,,Was?", fragte sie barsch.
Loki war es müde sich zu rechtfertigen, also griff er nach der Tasse, um sich auf die Couch zurückzuziehen. Sie folgte ihm nicht, doch das hatte er auch nicht erwartet. Ein Gefühl der Frustration überkam ihn, während er die Tasse an die Lippen führte, um zu nippen. Eine Weile starrte er vor sich hin, bevor er es wagte seinen Blick zur Küche huschen zu lassen. Dort stand Sylvie an die Kochinsel gelehnt, einen Kaffee in der Hand, versunken in ihren Gedanken. Aufmerksam begann er sie zu studieren. Jede einzelne Regung ihres Gesichts und ihre Körpersprache. In seinen Augen wirkte sie mehr als verloren. Das erste Anzeichen, dass sie hier nicht hergehörte.
,,Du denkst an Asgard", sagte er unvermittelt, was sie zusammenzucken ließ. Es war zwar nur geraten, aber er schien ins Schwarze getroffen zu haben.
Es überraschte sie immer wieder, wie gut er erraten konnte, was sie dachte. Manchmal machte es ihr sogar Angst, dass er zu viel entdecken könnte, so wie jetzt. Ihre Finger umklammerten die Kochinsel viel zu fest, sodass ihre Knöchel weiß hervortraten. Die Furcht sich vor ihm verletzbar zu machen hielt sie davon ab sich ihm zu öffnen. Sein aufmerksamer Blick lag nach wie vor auf ihr, was sie unangenehm berührt zu Boden Blicken ließ. Das Gefühl, dass es jemanden scherte, was sie dachte oder fühlte, war ihr vollkommen neu. Sie wusste nicht, wie sie damit, wie sie mit ihm umgehen sollte. Die Spannung im Loft schien auf seltsame Weise zu wachsen. Der Gedanke an Flucht wurde übermächtig in ihrem Kopf. In einer raschen Bewegung wandte sie sich zum Gehen, wobei sie die noch halbgefüllte Kaffeetasse zu Boden riss, die sie unachsam auf die Kochinsel plaziert hatte. Das Geräusch des Aufpralls war laut, die Flüssigkeit und die Scherben verteilten sich beinah in der gesamten Küche, doch Sylvie wandte sich nicht um. Im Gegenteil sie beschleunigte ihre Schritte. Die Tür des Schlafzimmers fiel ins Schloss.
Ihr Herzschlag war so ohrenbetäubend laut in ihren Ohren. Sie versuchte sich zu beruhigen, indem sie versuchte ruhig ein und auszuatmen. Nervös legte sie ihr Ohr an die Tür, um zu lauschen. Etwas klapperte, womöglich war es Loki, der ihre Sauerei wegräumte. Beinah tat ihr ihre abrupte Flucht leid, schließlich hatte er es nicht böse gemeint. Doch seine Nähe, seine unverhohlenen Blicke, seine unpassenden Fragen, als würde er bis in die Tiefen ihrer Seele blicken können, waren ihr zu viel geworden. Es hatte das Maß des Erträglichen für sie überschritten, zumindest in ihren Augen. Es machte ihr höllische Angst.
Unzufrieden mit sich beförderte Loki die Scherben in den Müll, dabei griff er nach einem Lappen, um die übrig gebliebene Flüssigkeit aufzuwischen. Schade um den guten Kaffee. Wieder einmal hatte er zu schnell gehandelt und sie damit verschreckt. Das war nicht seine Absicht gewesen, doch auch für ihn war der Umgang mit ihr neu. In solchen Situationen wusste er nicht, wie er sich verhalten sollte. Auch jetzt, war der Drang groß nach ihr zu sehen. Einen Moment kniff er die Augen zusammen und mahnte sich das nicht zu tun. Das Einzige, was es ihm bringen könnte, war eine Ohrfeige. Diese Vorstellung brachte ihn doch tatsächlich zum Schmunzeln. Er erhob sich vom Boden, um den Lappen in die Spüle zu befördern. Nun stand er inmitten der Küche und wusste nichts mit sich anzufangen. Er ließ das TemPad in seiner Hand erscheinen. Ein paarmal drehte er es in seiner Hand. Das Ding, das Sylvie nur allzu gerne hätte. Widerwillig betrachtete Loki es nun genauer. Ein Gerät, das von der TVA verwendet wurde, um die Zeittüren und Zeitzellen zu kontrollieren, Varianten zu identifizieren, Dateien zu sehen und zu projizieren und die Zeitlinie zu überwachen. Sylvie hatte recht. Er wusste, nichts damit anzufangen. Ernüchtert ließ er das TemPad wieder verschwinden.
Er war Loki von Asgard, und war mit glorreichen Absichten belastet.
Loki wusste, dass er schon seit geraumer Zeit beobachtet wurde. Er war schließlich nicht dumm. Seine Augen verengten sich zu Schlitzen.
,,Heimdall, ich weiß, dass du da bist."
Dein Bruder macht sich Sorgen, war Heimdalls Stimme in seinem Kopf zu vernehmen.
Sorgen, dachte sich Loki stumm. Er hätte ihm nur helfen müssen, dann bräuchte er sich jetzt nicht sorgen, was er auf seiner geliebten Erde anstellte.
,,Sag Thor, er soll sich zum Teufel scheren!"
Es kam keine Antwort mehr, damit hatte Loki aber gerechnet. Zum Teufel mit Thor. Er widmete sich wieder seinen Möglichkeiten. Mobius anzulocken war noch zu früh. Es passte noch nicht in seine Pläne. Unvermittelt schnippte Loki mit dem Finger, und schon trug er einen schwarzen Anzug. Zufrieden richtete er sich die Krawatte. Er befand, dass er seriös wirkte. Wahrscheinlich würde sich Sylvie den ganzen Tag im Schlafzimmer einsperren, aber Loki hatte nicht vor den gesamten Tag mit Warten zu zubringen.
Die Sonne brannte unbarmherzig vom strahlend blauen Himmel. Die Wärme kitzelte sein Gesicht. Es war keine einzige dunkle Wolke zu erspähen, was ungemein viele Menschen ins Freie lockte. Loki versuchte sich unauffällig zu verhalten, um keine Aufmerksamkeit zu erregen. Sein Blick huschte umher, bis er fand, wonach er suchte. Zielstrebig bewegte er sich darauf zu. Er griff nach dem Knauf der Tür, um ins Innere zu huschen. Die Luft, die ihm entgegenschlug war stickig und Rauch geschwängert. Das Licht war gedimmt nur die Bar war beleuchtet wie ein Christbaum, dort schwang sich Loki auf einen Hocker. Mit wenig Interesse überflog er die Getränkekarte, um dann einfach Rotwein zu bestellen. Die Barfrau betrachtete ihn mit regem Interesse. Wie lange sie es wohl schaffen würde ihn nur anzustarren? Loki leerte den Wein in einem Zug und bestellte sich den Nächsten.
,,In welcher Branche arbeiten Sie?", fragte sie doch nach einer Weile.
Sie hatte angebissen. Menschen waren so leicht durch Aüßerlichkeiten zu täuschen.
Lokis Blick glitt zu ihr, wobei er ihr ein höfliche Lächeln schenkte.
,,Anwalt."
Er empfand es als perfekte Tarnung, um redsellige Menschen wie diese Frau zum Reden zu bewegen.
,,Oh, tatsächlich."
Mit einer einladenden Geste schob er ihr sein zweites Glas zu. Kurz nippte sie daran, während ihr Blick auf ihm blieb. Loki legte seinen Kopf ein wenig schief, um ihren Blick zu erwidern. Es war wirklich belustigend mit den Menschen zu spielen. Sie legte die Ellbogen auf den Tresen, dabei beugte sie sich näher zu ihm.
,,Gab es in letzter Zeit merkwürdige Vorkommnisse in der Gegend?"
Die Frau blinzelte einen Moment, als sie über die Frage nachdachte.
,,Ich weiß nicht. Vielleicht."
Vielleicht reichte ihm nicht. Er wollte Details. Nun war es er, der sich ihr entgegen beugte.
,,Wie sieht vielleicht aus?"
Sie wich ein wenig zurück und runzelte die Stirn.
,,Warum wollen Sie das wissen?"
Loki lehnte sich zurück. ,,Nur so."
Seine Antwort ließ die Frau wieder ein wenig entspannen. Abermals nippte sie am Glas.
,,Es waren einige Male seltsame Lichter am Himmel zu sehen. Ähnlich, wie wenn Sternschnuppen vom Himmel fallen."
Das weckte Lokis Interesse. Es könnte sich um die TVA handeln, die auf ihrer Spur war.
Oder war es doch etwas anderes? Es war ein Gefühl, das Loki beschlich...
Bạn đang đọc truyện trên: Truyen247.Pro