Der Stau
Ich liebe die Sonne Italiens. Weniger liebe ich es, wenn sie auf das Dach meines unklimatisierten Mietwagens brennt, mit dem ich mit nur meterweise im Stau weiterbewegte. Aber ich wusste, dass sich dieser Weg lohnen wird. Das Haus, das ich in Kürze besichtigen würde, ist der absolute Traum und ich hatte mich schon beim ersten Bild darin verliebt. Inmitten von Weinbergen, von einer großzügigen Gartenanlage umgeben. Geschmackvoll eingerichtet, große, sonnendurchflutete Räume, eine riesige Terrasse mit großem Pool ... meine träumerischen Gedanken wurden jäh vom Klingeln meines Telefons unterbrochen.
"Signore Torwald? Hier spricht Lucia Scapelli" hörte ich die Stimme der Maklerin. "Ich werde mich leider etwas verspäten". Diese Stimme ... als ich sie vor zwei Wochen zum ersten Mal hörte, war ich zunächst sprachlos. Wenn flüssige Schokolade einen Klang hätte, dann wäre es dieser. Unglaublich feminin, mit einem leicht dunklen Timbre. Es war, als würde der Klang ihrer Stimme auf leisen Sohlen in mein Ohr eindringen und sich irgendwo in meinen Gehörgängen teilen. Der eine Teil lief - wie es sein sollte - in mein Gehirn und wurde dort ordnungsgemäß verarbeitet. Der andere Teil allerdings schien sich in eine Wolke aus Klängen zu verwandeln, die jede Zelle meines Körpers zum vibrieren brachte, wohlige Wärme verursachte und sich schließlich in meiner Mitte zu konzentrieren schien. "Signore Torwald, sind sie noch da?" wurde ich aus meinen Träumen gerissen. Ich versuchte, den Kloß in meinem Hals wegzuräuspern und erklärte ihr mit leicht belegter Stimme, dass ich im Stau steckte und vermutlich selbst nicht rechtzeitig da sein würde. Als wir auflegten, kam der Verkehr endgültig zum Erliegen.
Auch auf der Spur neben mir gab es nun kein Weiterkommen mehr. Langsam kam neben mir ein kleiner, roter Alfa zum Stehen und zog meine Aufmerksamkeit auf sich. Ich blickte hinüber und sah das Profil einer wunderschönen Frau. Sie trug eine weiße Bluse, deren oberste beiden Knöpfe geöffnet waren. Ihre dunklen Haare waren lose hochgesteckt und gaben den Blick auf ein hübsches Ohr mit großer, goldener Kreole frei. Wenn es die Verkörperung einer klassischen italienischen Schönheit gab, dann war sie es. Doch irgendetwas stimmte nicht. Sie hatte die Augen geschlossen, ein leichter Schweißfilm stand auf ihrer glatten Stirn und ihr Brustkorb hob und senkte sich schwer. Ihr wird doch nicht übel sein? Ich sah genauer hin. Ihr linker Arm schien sich leicht zu bewegen. Moment ... sie wird doch nicht ... ihre Lippen öffneten sich leicht und ihre Zungenspitze strich leicht darüber. Oh ... meine leise Ahnung wurde zur Gewissheit und meine Hose wurde enger. Ich konnte nicht anders, als gebannt zu ihr hinüber zu starren und mich gleichzeitig zu berühren.
Mist ... sie drehte ihren Kopf zu mir und ich erwartete im nächsten Augenblick, dass sie aussteigt und mir eine scheuert. Doch nichts dergleichen geschah. Sie sah mich unverblümt mit ihren dunklen Augen an, in denen sich eindeutig Lust spiegelte. Und die Bewegung ihres Armes stoppte auch nicht - ebenso wenig wie meine. Sie musste es bemerkt haben, denn auf ihren vollen, sinnlichen Lippen zeigte sich ein leicht amüsiertes Lächeln.
Sie hob ihre andere Hand an ihre Wange, streckte ihren kleinen Finger und den Daumen und sah mich fragend an. Es gibt Gesten, die funktionieren überall. Mit zittrigen Fingern kramte ich Zettel und Stift aus meiner Aktentasche, kritzelte meine Telefonnummer auf das Papier und hielt es zum Fenster. Sie sah mich überrascht an, was ich auf die ausländische Vorwahl zurückführte. Wenig später klingelte mein Telefon. Die Nummer war unterdrückt, aber ich wusste auch so, dass sie es war.
Sie sagte kein Wort. Statt dessen hörte ich nur ihren Atem. Langsam und tief, von einem leichten Zittern begleitet. Ich sah hinüber, doch sie hatte ihren Blick wieder nach vorne gewandt. Ich schloss meine Augen. Die Situation war völlig absurd, aber das Erotischste, das ich seit Jahren erlebt hatte. Ich ließ mich fallen. Berührte mich. Streichelte voller Verlangen meine Erektion. Ihr Atem wurde schwerer, ging in tiefes Stöhnen über. Wir waren vollkommen gefangen in unseren Gefühlen und den Lauten des anderen. Steigerten gemeinsam unsere Lust, bis ...
... bis lautes Hupen unser heißes Spiel jäh unterbrach. Die Kolonne vor dem Alfa hatte sich aufgelöst und die Wagen dahinter drängten auf Weiterfahrt. Die Telefonverbindung brach ab und die schöne Unbekannte warf mir einen bedauernden, entschuldigenden Blick zu, bevor sie mir zwinkernd zuwinkte und davonrollte. Mist ... wir waren so kurz davor. Wenig später löste sich auch der Stau auf meiner Spur auf und ich konnte den Weg zu meinem Traumhaus fortsetzen.
Der Gedanke an diese aufregende Begegnung verflog langsam, als ich in die Einfahrt einbog. Der weiße Kies knirschte unter den Rädern und ich atmete den herrlichen Duft des Gartens. Der Weg führte durch eine Allee aus Zypressen, bevor er sich an einem kleinen Springbrunnen teilte und schließlich vor dem großen, weißen Haustor endete. Ich stieg aus dem Wagen, streckte mich wohlig und sog noch einmal tief den mediterranen Duft in meine Lungen, bevor ich durch das offene Tor trat und mich in einer großzügigen Eingangshalle wiederfand. Lucia schien bereits hier zu sein. Jedenfalls deutet das Klackern von Absätzen auf dem kühlen Marmorboden darauf hin. "Signore Torwald, schön dass sie hier sind" hörte ich ihre vertraute Stimme bereits, bevor ich sie sah.
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