Kapitel Zweiundvierzig: Kater
H E A T H
Vor sechs Monaten
Stöhnend drehe ich mich auf die Seite, da mich die Sonne blendet. Ich versuche den Schmerz zu ignorieren, auch wenn es mir nur schwer gelingen will. Mein Köpf dröhnt und pocht zur gleichen Zeit, als würde jemand mit einem Presslufthammer auf ihn eindreschen, sodass ich meine Augen schließe und mir an die Schläfe fasse. Außerdem wollen sich meine Beine nicht so bewegen, wie ich es gerne möchte und mir ist wirklich übel. Mein Magen überschlägt sich immer wieder, jedoch halte ich es zurück.
Was ist gestern passiert?
Haben wir so viel getrunken, dass ich mich nicht mehr daran erinnern kann? Und wo ist Faith überhaupt? Mein Blick, der durch das Zimmer streift, kann sie nirgendwo entdecken. Sind wir nicht zusammen in das Hotelzimmer zurückgekehrt? Angestrengt versuche ich mich an etwas zu erinnern, jedoch klappt es nicht, sodass es mich fast wahnsinnig macht.
Plötzlich kann ich ein Würgegeräusch hören, das meine Aufmerksamkeit auf sich lenkt. Es kommt aus dem Badezimmer und durch die Laute, die mir selbst die Galle hochkommen lassen, identifiziere ich Faith. Erleichterung durchflutet meinen Körper, da sie hier bei mir ist. Ich war kurz davor, das Zimmer zu verlassen, um sie in dieser Stadt zu suchen. Egal, wie lange ich dafür gebraucht hätte.
Trotz meiner Kopfschmerzen stehe ich auf, mache einen Schritt in ihre Richtung, bevor ich in meiner Bewegung erstarre. Bilder erscheinen vor meinem inneren Auge, die mir eine enorme Gänsehaut bescheren. Besser gesagt, Erinnerungsfetzen, die eine gewaltige Panik in mir auslösen.
Nein, oder?
Wir haben doch nicht etwa geheiratet?
Leise Musik kann ich im Hintergrund hören, während ich neben einem Mann stehe, der Elvis Presley ziemlich ähnlich sieht. Er hat ihn ziemlich gut getroffen, weshalb ich ihn die ganze Zeit nur anstarren kann. Ich war schon immer ein riesiger Fan von dieser Rocklegende und vor einem Doppelgänger zu stehen, ist, als würde mein Teenager Traum in Erfüllung gehen.
»Bist du aufgeregt?«, fängt er an zu sprechen, sodass ich ihm nur grinsend zunicken kann. Heilige Scheiße, sogar seine Stimme ist wie die von Elvis Presley.
Faith und ich haben unser Vorhaben in die Tat umgesetzt und ich kann mich nicht erinnern, wie viel Alkohol geflossen ist. Aber verdammt, ich fühle mich gut und hier zu stehen, während ich auf sie warte, ist nochmal etwas ganz anderes.
»Seid ihr euch sicher, dass ihr das wollt?«, hakt er leise nach und sieht mich dabei eindringlich an.
»Natürlich. Wir sind füreinander geschaffen.«
Ich lalle mehr, als dass ich rede und ich bin mir nicht sicher, ob Elvis mich überhaupt verstanden hat. Ehrlich gesagt ist es mir auch egal. Ziemlich aufgedreht, drehe ich mich um und warte auf meine zukünftige Frau. Er soll mir kleine Flausen in den Kopf setzen, weil wir sicher bei dieser Sache sind.
Durch den Nebel, der sich aufgrund von dem ganzen Alkohol in meinem Verstand gebildet hat, höre ich die Alarmglocke nicht, die wie verrückt läutet und blinkt. Außerdem blende ich alles um mich herum aus, als der Hochzeitsmarsch eingeläutet wird und ich Faith am andere Ende dieser kleinen Kapelle erblicke.
Mein Grinsen wird breiter, entblößt meine weißen Zähne, da ich nicht glücklicher in diesem Augenblick sein kann.
Mein Zuckerdöschen blickt mich aus liebevollen Augen an, während ein weißer Schleier ihren Kopf bedeckt und sie in ihren Händen einen bunten Blumenstrauß hält. Sie hat noch immer ihre Klamotten an, aber das stört mich keineswegs. Schwankend kommt sie langsam und vorsichtig auf mich zu und versucht sogar ein wenig zu hüpfen, weshalb sie fast das Gleichgewicht verliert. Sofort bewege ich mich auf sie zu, sodass ich mit meinen Händen ihre Arme umgreifen kann und sie vor dem Umfallen bewahre. Schelmisch sehe ich sie an und schmunzle dabei.
»Kannst du es kaum erwarten mich zu heiraten, sodass du mir gleich in die Arme fallen willst?«
»Die Schuhe sind schuld daran, Schmuggelhase. Diese Frau hat mich gezwungen, diese blöden Dinger anzuziehen.«
Mit dem Finger zeigt sie auf die Highheels, die ich im ersten Moment nicht bemerkt habe. Herzhaft lache ich auf, da ich mir diese kleine Diskussion bildlich vorstelle. Diese Unbekannte muss wirklich hartnäckig gewesen sein, wenn sie Faith am Ende dazu gebracht hat, sowas anzuziehen.
»Da wir jetzt alle versammelt sind, können wir anfangen. Es gibt noch andere Paare, die ich heute trauen muss, weshalb der Zeitplan ein wenig knapp ist«, unterbricht uns Elvis und klatscht in die Hände.
Gleichzeitig wenden wir uns ihm zu, verschränken unsere Finger und lauschen seinen Worten, die unser ganzes Leben verändern werden.
»Wir sind heute hier, um die Liebe dieser zwei Menschen zu feiern. Liebe ist etwas Schönes und Besonderes und es freut mich so sehr, dass ihr beide sie in euch gefunden habt. Ihr gebt ein tolles Paar ab und ich fühle mich geehrt, dass ich euch trauen darf.«
Er fühlt sich geehrt? Eher das Gegenteil ist der Fall. Wer kann schon von sich behaupten, dass ihn Elvis Presley getraut hat?
Tief atmet er ein, sieht uns dabei an und lächelt warmherzig. Es ist zwar niemand von unseren Freunden hier, jedoch ist mir das in diesem Moment gar nicht so wichtig.
»Faith Sullivan, ich frage dich: Bist du hierhergekommen, um nach reiflicher Überlegung und aus freiem Entschluss mit deinem Bräutigam Heath Thompson den Bund der Ehe zu schließen?«
Zögerlich blickt sie mich an, bevor sie Elvis zunickt. »Ja, das bin ich.«
Sofort wendet er sich mir zu und sieht mich mit einem sanften Lächeln an. »Heath Thompson, ich frage dich: Bist du hierhergekommen, um nach reiflicher Überlegung und aus freiem Entschluss, mit deiner Braut Faith Sullivan den Bund der Ehe zu schließen?«
Etwas in mir fühlt sich komisch an, jedoch ignoriere ich dieses Gefühl und sehe meine Braut an, die mich bereits anlächelt. »Ja, das bin ich.«
»Hiermit erkläre ich euch zu Mann und Frau. Du darfst deine Frau küssen, lieber Heath.«
Das lasse ich mir nicht zweimal sagen. Sofort umschließe ich mit meinen Händen ihr Gesicht und presse meinen Mund auf ihre Lippen.
Faith und ich haben tatsächlich geheiratet. Ungläubig sehe ich die Urkunde an, die ich auf dem Tisch gefunden habe und kann nicht fassen, dass wir das wirklich durchgezogen haben. Mein Herz beginnt rasant in meiner Brust zu schlagen, als würde es gleich herausspringen wollen. Meine Hände sind schwitzig und ein elendiges Gefühl macht sich in mir breit.
Wie konnten wir so leichtsinnig und dumm sein?
Die Badezimmertür öffnet sich und im Türrahmen erscheint eine verkaterte Faith mit großen und dunklen Augenringen. Ihre Haare stehen in alle Richtungen ab, während sie noch immer ihre Kleidung vom gestrigen Tag trägt. Der Kater ist ihr deutlich anzusehen.
Ohne ein Wort zu sagen, reiche ich ihr die Heiratsurkunde, die sie verwirrt entgegennimmt und durchliest. Mit jeder Zeile werden ihre Augen größer, bis sie mich völlig schockiert und mit offenem Mund anstarrt. Nach ihrem Ausdruck zu urteilen, kann sie sich nicht mehr an vergangene Nacht erinnern.
»Was ist das?«, fragt sie leise nach.
Wir beide wissen genau, was das ist, aber niemand von uns möchte das wirklich wahrhaben. Auch wenn wir zusammen sind und ich gestern noch darüber nachdachte unsere Beziehung voranzutreiben, ist es nicht das, was ich gemeint habe.
Je mehr Zeit vergeht, kehren all die Erinnerungen zurück. Ich kann mich ebenfalls an meine Worte erinnern, dass ich Faith alles erzählen wollte. Aber wie soll ich das jetzt tun? Sie hätte das vorher wissen müssen und nicht nach unserer Blitzhochzeit.
Verdammte Scheiße!
Was soll ich nun machen?
Alles fühlt sich in diesem Moment falsch an und irgendwie kommt ein Gefühl in mir hoch, das ich am liebsten verdrängen will. Habe ich sie gestern betrogen, weil ich mich in einem betrunkenem Zustand dazu entschieden habe, Faith zu heiraten?
»Woran kannst du dich erinnern?«
Faith zieht ihre Augenbrauen zusammen und denkt angestrengt darüber nach. »An nichts. Das Letzte, was ich weiß, ist, wie wir in diese blöde Bar reinspaziert sind.«
»Sonst nichts?« Kann es sein, dass sie sich an meine Worte nicht erinnert?
»Nein, gar nichts. Wieso?«
Sieht so aus. Und irgendwie ist das gut, da ich in diesem Augenblick nicht in der Lage wäre, es ihr zu beichten. Es ist vielleicht besser, wenn sie noch nichts davon erfährt.
»Tja, wie es aussieht, sind wir verheiratet, Mrs. Thompson. Herzlichen Glückwunsch.«
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