Ich schüttelte wie in Trance den Kopf. Ich würde sie nie hassen können.

"Es tut mir leid", erwiderte das Mädchen schluchzend. "Aber ich habe mich in Yoongi verliebt."

... 

Schluchzend rollte ich mich zusammen. Warum nur? Warum genau er? Wusste sie überhaupt, wer er in echt war? Nein, natürlich nicht. Er würde ihr das Herz brechen. Er würde sie fertig machen. Geradewegs so, wie er es mit mir gemacht hatte, als ich ihm meine Liebe als kleines naives Kind gestand. Warum musste sich Mary geradewegs in Yoongi verlieben?

Tausend Fragen prasselten auf mich ein. Mein Hirn fühlte sich an, als hätte jemand mit einem Vorschlaghammer dagegen gehauen.

Eigentlich fühlte ich mich alles andere als fit für die Schule. Am liebsten wäre ich ein oder zwei Wochen zuhause geblieben und hätte mich einfach ausgeheult, aber das konnte ich weder meinen Eltern antun noch mir leisten, da ich ja auch noch nebenbei arbeiten musste.

Nach einigen Minuten hatte ich mich beruhigt und war imstande mich zitternd aufzurichten. Im Spiegel konnte ich mich fast selbst nicht erkennen. Rot aufgequollene Augen, dunkle Augenringe und eine rote Nase zierten mein Gesicht.

Seufzend begann ich meine Morgenroutine.

Als ich fertig war, hatte ich meine Emotionen einigermaßen im Griff. Das hieß nicht, das ich komplett darüber war. Das hieß nur, dass wenn ich Mary sah mich meine Emotionen nicht mehr überrannten und ich auch nicht zu heulen oder zu schreien begann.

Trotzdem schlurfte ich komplett fertig an den Frühstückstisch, wo ich einmal ausnahmsweise nichts vorbereitet hatte und meine Familie sich bedient hatte.

Mary blickte mich kurz an, als ich durch die Tür schlurfte, sah dann aber sofort mit hängendem Kopf in ihre Schüssel und löffelte weiter ihr Müsli.

Während des ganzen Frühstücks sagte kaum jemand ein Wort. Mein Vater und meine Mutter berieten nur leise, wie der heutige Tag wohl ablaufen würde. Mary und ich sahen nur schweigsam in unsere Teller und aßen missmutig unser Frühstück.

So wie das Frühstück ablief war auch der endlos erscheinende Schulweg. Schweigend gingen wir nebeneinander.

Nicht, dass ich Mary hasste. Ich war auch nicht sauer. Ich wusste nur nicht, wie ich hätte reagieren sollen. Meine Gedanken waren ein einziges Chaos. Mein Hirn schien nur aus einem einzigen verwirrten Spagetti Haufen zu bestehen.

Mary sah mich unsicher von der Seite an. "Lucy?" Ihre Stimme war kratzig. "Bist du sauer auf mich? Hasst du mich jetzt?"

Die Arme... Wie sollte ich ihr bloß klar machen, dass er niemals mit ihr zusammen kommen würde? Sollte ich ihr meine Vergangenheit mit ihm erzählen? Lieber nicht. Vielleicht ein anderes Mal.

"I - Ich", stotterte ich los. Von mir selbst erschrocken machte ich eine kurze Pause. Seit wann stotterte ich?

"Also ich... Ich bin nicht sauer auf dich. Ich hasse dich auch nicht." Ich holte kurz tief Luft. "Es ist nur so, dass ich absolut keinen blassen Schimmer habe, wie ich mit dieser Situation umgehen sollte."

Mary nickte traurig und beobachtete interessiert die Steine, die in ihrem Weg lagen.

Ich seufzte auf. Warum musste es nur so kompliziert sein?

In der Schule angekommen gingen wir jeweils in unsere Klasse. Ich hatte Biologie.

Nicht das ich das Fach nicht mochte. Ich liebte alles Naturwissenschaftliche. Das einzig Schlimme daran war, dass die beiden letzten Klassen dies als Wahlpflichtfach mit unter anderen Fächern auswählen konnten und sich Yoongi bei mir im Biologie Fach eingetragen hatte.

Mit eingezogenen Schultern huschte ich zu meinem Platz. Wieder einmal begannen einige der eingekleisterten Mädchen zu tuscheln und mir immer wieder abwertende Blicke zuzuwerfen.

Ich strich meinen Rock glatt, bevor ich mich hinsetzte. Gerade rechtzeitig, denn die strenge Biologie-Professorin stolzierte durch die Tür und ließ aus lauter Freundlichkeit die Schulbücher und Unterlagen in einem lauten Krach auf den Lehrertisch hinuntersausen.

Alle zuckten zusammen und huschten auf ihre Plätze. Nur Yoongi fehlte noch. Erleichtert atmete ich auf. Vielleicht war er krank. Dann hätte ich endlich einen Tag Ruhe von ihm.

Aber zu früh gefreut.

Nach einer halben Stunde wurde die Tür aufgerissen und ein aufgebrachter Yoongi stürmte hinein. Mit wenigen Schritten stand er vor meinem Platz und sah mich drohend an.

Verängstigt rutschte ich einen Gang tiefer, jedoch konnte ich nichts gegen seinen Todesblick machen.

"Du kleines dummes Mädchen", begann er leise. "Hast du wirklich gedacht, ich werde das mit dir und Jeon nicht herausfinden?"

Ein böser Unterton schwang in seiner Stimme mit.

Ich schüttelte fest den Kopf. "Da ist nicht zwischen uns. Wirklich nicht!", beteuerte ich.

Yoongi lachte leise. Eine Gänsehaut zog sich über meinen Körper.

"Ja, ne ist klar", höhnte er. "Ich habe doch alles genau gehört. Spiel nicht die Unschuldige!"

Die Lehrerin war inzwischen zu uns nach hinten gekommen und wollte wissen, was los war.

Yoongi drehte sich blitzschnell zu ihr um und drehte sie wie eine Primaballerina, ehe er sie zu sich zog und ihr tief in die Augen sah. Die Lehrerin gluckste überrascht wie ein kleines Kind.

Mein Mund verzog sich angewidert. Wie konnte er nur den anderen immerzu vorspielen er sei lieb und nett?

Yoongi flüsterte der Lehrerin etwas ins Ohr. Diese nickte, löste sich von ihm, drückte ihre Brille zurecht und stolzierte wieder in ihren Herrschaftsbereich.

Grinsend wandte sich der Playboy wieder mir zu. "Nun zu dir, du kleine Loserin. Ich habe dir schon einmal gesagt, dass es Konsequenzen haben wird, wenn du weiter mit Jeon sein solltest. Deine Strafe wird dich demnächst erwarten." Er leckte sich über die Lippen.

Meine Augen wurden während seiner Drohung immer größer und füllten sich mit Tränen. Er machte mir immer mehr Angst.

Mir reichte es. Sollte der Typ doch machen, was er wollte.

Ich sprang auf und lief aus dem Klassenzimmer, gefolgt von den vergeblichen Rufen der Professorin mich wieder zurückzuholen.

Rufe machten mich wieder aufmerksam. Ich hatte mich vor lauter Angst in der Bibliothek versteckt und war dabei eines meiner Lieblingsbücher zu lesen.

Die Stimme wurde immer lauter und ich hörte wieder meinen Namen rufen. Ich drückte mich tiefer in das Sitzkissen und hielt mir das Buch vors Gesicht. Sollte mich die Person doch suchen, wo der Pfeffer wächst.

Plötzlich verstummten die Rufe.

Ich lugte bei meinem Buch hervor und sah Mary vor mir stehen.

Das Mädchen lächelte mich unsicher an. "Deine Biologie-Professorin kam in meine Klasse und bat mich dich zu suchen, da du ohne Grund einfach aus ihrem Unterricht hinausgestürmt bist."

"Natürlich stürme ich generell ohne Grund bei Lehrern aus dem Unterricht. Ist eines meiner neuesten Hobbys", brummte ich mit zusammengebissenen Zähnen.

Mary lächelte unsicher und setzte sich neben mich. "Magst du mir erzählen, was los war?"

Ich überlegte. Wenn ich es ihr erzählen würde, würde sie dann ihre Meinung über ihn ändern?

"Es war Yoongi", begann ich und blickte sie dabei an. Ihr schoss bei seinem Namen die Röte ins Gesicht, wurde dann jedoch blasser als davor, als sie realisierte, was ich gesagt hatte.

"Yoongi war der Grund?", flüsterte sie tonlos.

Ich nickte. "Er hat..." Sollte ich? War es wirklich richtig ihr alles zu sagen?

"Ähm... Er hat mir nur etwas gesagt, was mich traurig gemacht hat", umschrieb ich die Situation. Ich konnte ihr das nicht antun.

Mary blickte mich mit ihren braunen Augen unsicher an. "Und du bist dir sicher, dass nur das der Grund war?"

"Ja." Ich nickte, um meine Aussage auch glaubhaft zu untermauern.

Das Mädchen sah auf ihre Hände und begann an ihrem Ring zu spielen. "Verstehe..."

Wir saßen noch etwa fünf Minuten, dann erhob ich mich. "Wir müssen jetzt in den Unterricht. Danke, dass du mich gesucht hast." Ich lächelte ihr zu.

Mary stand auch auf. Sie lächelte nun ebenfalls. "Wozu sind Schwestern da?", zwinkerte sie mir zu.

Heyoo
Nach langer Zeit meldet sich auch wieder die Kissenkoenigin. *läuft schon als Skelett herum*

Das Kapitel ist diesmal nicht ganz so spannend aber wie sagt man so schön? Das Leben ist ein auf und ab. Nicht immer ist es spannend. *setzt sich die Streberbrille ab* Bitte kein Applaus.

Ist bei euch auch die Schule wegen Corona geschlossen?

Einen schönen Tag noch
Eure ~Kissenkoenigin~