The fallen prince
Etwas stupste ihn ein paar mal unsanft an. Vor sich hin brummend drehte Ben sich auf die andere Bettseite. Es konnte doch nicht bereits Morgen sein. Für ihn fühlte es sich an, als wäre er eben erst eingeschlafen. Er drückte sein Gesicht noch tiefer in die Kissen.
,,Ben, du wirst jetzt aufstehen. Es ist mir egal, ob du Kopfschmerzen oder ähnliche Leiden durch deinen Alkoholkonsum hast."
Genervt stöhnte er mit geschlossenen Augen auf. Sein Kopf drohte zu explodieren, doch Rey drängte ihn weiterhin aufzustehen. Gereizt schlug Ben schließlich die Bettdecke beiseite, um sich aufzusetzen. Das war ein schwerer Fehler. Augenblicklich begann seine Welt zu wanken. Stöhnend presste er die Handflächen gegen seine pochende Schläfe.
,,Rey, würdest du mir bitte eine halbe Stunde lassen", brummte er verstimmt.
Nun trat sie in sein Sichtfeld ihre Hände in die Hüften gestemmt. ,,Nein!"
Zornig sah er zu ihr auf, wobei sie seinem Blick genauso wütend begegnete. Dieser Augenblick erinnerte ihn tatsächlich kurz an ihren Kampf auf der Starkiller-Basis. Die Blicke waren beinah identisch. Es war eher unwahrscheinlich, dass Rey nachgeben würde, also erhob Ben sich schließlich seufzend. Mit schleppenden Schritten wankte er auf das Badezimmer zu, während Rey ihn noch mit einem vernichtenden Blick strafte. Im Bad angekommen betrachtete er sein Spiegelbild. Sonderlich gut sah er nicht aus. Blass und müde. Als Ben sich dazu aufraffen konnte das Badezimmer wieder zu verlassen, war Rey bereits gegangen, wahrscheinlich immer noch wütend auf ihn. Sollte ihm recht sein, schließlich fühlte er sich noch nicht dazu in der Lage sich mit ihren Vorwürfen auseinanderzusetzen. Antriebslos schleppte Ben s
ich durch den Frachter.
,,Hey Ben. Du siehst verdammt beschießen aus." Grinste ihn Finn viel zu breit an, als er ihm im Gang entgegenkam.
,,Ich sehe nicht nur so aus, ich fühle mich auch so", gab Ben unwirsch zurück.
,,Rey, sah wirklich wütend aus, als sie vorhin an mir vorbeistürmte."
War nichts neues für ihn.
,,Ist zwischen euch alles in Ordnung?"
Anstatt seine Frage zu beantworten, stellte Ben eine Gegenfrage. ,,Weißt du wohin sie wollte?"
Einen Augenblick überlegte Finn. ,,Ich glaube ihre Wut auslassen."
Bei Finns Worten überkam Ben doch tatsächlich eine Gänsehaut. Ehrlicherweise verspürte er eine gewisse Erleichterung, dass Rey nicht ihn als ihr Ventil für ihren Frust nahm. Kurz hielt er in seinem Gedankengang inne, obwohl er es mehr als verdiente. Nachdenklich wandte sich Ben in Richtung Rampe, um den Frachter zu verlassen. Er brauchte dringend etwas frische Luft, um wieder einen klaren Kopf zu bekommen. Erstaunt betrachtete er die Szene, die sich vor ihm abspielte, als er ins Freie trat. Einige Transporter landeten gerade auf Ahch-To. Vermutlich der restliche Widerstand. Wenn er sich so die geringe Anzahl der Unterstützer seiner Mutter ansah, ergriff ihn das Gefühl, dass sie Ventress so nicht viel entgegenzusetzen hätten.
Doch Rey glaubte an diese Menschen, vielleicht sollte er das auch endlich tun. Auch, wenn es ihm mehr als schwerfiel. Ben Solo war schon immer jemand, der sich lieber auf sich selbst verließ, als auf andere. Schließlich beschloss er etwas zu meditieren, um ein wenig Entspannung zu finden. Nun saß er mit geschlossenen Augen im Gras und genoss die warmen Sonnenstrahlen, welche seine Haut erwärmten. Es fühlte sich gut an einen Tag zu beginnen, ohne gleich mit irgendwelchen Problemen konfrontiert zu sein. Zufrieden atmete Ben ein und aus. Eine Weile herrschte angenehme Stille um ihn, bis er Hux Stimme vernahm.
,,Deine Mutter wünscht eine Unterredung mit dir."
Im ersten Moment war Ben versucht die Augen geschlossen zu halten. Bevor er sie langsam und mit einem tiefen Seufzer öffnete, um in Hux grüne zu blicken. ,,Ich frage mich noch immer, warum du meiner Mutter hilfst. Welchen Vorteil versprichst du dir davon?"
Es fiel Ben schwer, zu glauben, dass der hinterhältige Hux, ohne Gegenleistung half. Ein altbekannter Ausdruck trat in Hux Augen. ,,Komm schon Hux. Was hat dir meine Mutter Angeboten, damit du dem Widerstand hilfst?"
Armitage Hux, von Kindesbeinen an machtbesessen und brutal. Er hatte kaum Freunde gehabt, was wohl auch daran lag, dass er an der Akademie von Arkanis aufwuchs. Außerdem war Hux kalt und besaß kein Fünkchen Mitleid. Durch sein strategisches und brutales Vorgehen waren seine Schlachtpläne bis ins Genaueste durchgeplant. Hux war allerdings auch ein intriganter Mensch, welcher nur auf seinen Vorteil bedacht war, genau darum zweifelte Ben an seiner selbstlosen Hilfe.
,,Noch immer so misstrauisch, Solo. Selbst wenn deine Mutter mir irgendetwas für die Hilfe gibt, wärst du der Letzte, dem ich es verraten würde."
,,Ich fürchte, das ist keine zufriedenstellende Antwort. Wir kennen einander seit langer Zeit. Und in all dieser Zeit hast du noch nie etwas Selbstloses getan."
Die Worte entlockten Hux ein Grinsen, was Ben tatsächlich irritierte. Noch nie hatte er ihn so Grinsen sehen. Wenn, er denn einmal so etwas wie ein Grinsen gezeigt hatte, war es bösartiger Natur. Aber dieses ... war echt.
,,Und ich habe noch nie gesehen, dass du jemanden mit deinem eigenen Leben beschützen möchtest."
Da war er der Stachel.
,,Wage es nicht über sie zu reden!"
In einer raschen Bewegung war Ben auf die Beine gekommen und ragte nun über Hux auf. Hux wich keinen Zentimeter zurück, wobei er Ben noch immer kühl betrachtete. Tja, Hux und er würden wohl nie Freunde werden. Ben biss die Zähne zusammen. Die Wut stieg noch weiter in ihm an. Der Impuls Hux vernichtend zu schlagen war überwältigend. Doch er besann sich eines Besseren. Seinen wertvollen Atem sollte er nicht an Hux verschwenden, also drängte er sich wortlos an ihm vorbei.
,,Danke, dass du gekommen bist", murmelt seine Mutter, als er das Zelt betrat, welches sie als Büro nutzt. ,,Möchtest du dich setzen?"
Ihre Frage ignorierte Ben einfach, während er mit verschränkten Armen vor dem Tisch stehen blieb. ,,Du wolltest mich sprechen", antwortete er knapp. Auf Höflichkeiten verspürte er keine große Lust. Noch immer saß der Stachel der Wut auf seine Mutter zu tief. Ihr besorgter Blick lag fortwährend auf ihm, so als mache sie sich wirklich Sorgen.
,,Ben. Bitterkeit steht dir nicht", sprach sie leise.
,,Wage es nicht so mit mir zu sprechen", zischte er ungehalten, dabei machte er unbewusst einen Schritt auf den Tisch zu hinter dem sie sich versteckte.
,,Warum tust du das?"
Ihre Frage erstaunt ihn, was seiner Mutter nicht entging. ,,Warum verletzt du jene, die dich lieben?"
Bitter begann Ben aufzulachen. ,,Gerade du sprichst davon jene zu verletzen, die man liebt. Warst es nicht du, die Rey für das große Ganze opfern wollte."
Seine Stimme bebte vor unterdrücktem Zorn. Leia Organa sah ihn mit jener Traurigkeit an, welche er so sehr hasste. Oh ja, wie sehr er diesen Blick hasste.
,,Hör auf mich so anzusehen!", knurrte Ben.
Rasch senkte sie ihren Blick auf die Tischplatte aus Holz vor sich. Kein Wort kam mehr über ihre Lippen, also wandte Ben sich bereits zum Gehen.
,,Es geht um Rey, darum bat ich dich her."
Kaum verließ Reys Name ihre Lippen wurde Ben hellhörig und hielt inne.
,,Reys Zustand verschlechtert sich täglich."
Überrascht starrte er nun zu seiner Mutter. ,,Rey hat kein Wort darüber verloren", entgegnete er nun doch besorgt, über ihre Worte. Es herrschte eine unangenehme Stille in dem kleinen Zelt, jene drohte ihn zu erdrücken.
,,Rey wollte nicht, dass ich es dir sage, aber ich brachte es nicht mehr länger übers Herz dich anzulügen. Du solltest wissen, wie es um ihre Gesundheit steht."
,,Bedeutet dies, dass du annimmst, Rey könnte bei der Geburt sterben?" Zwar hörte Ben sich die Worte sagen, doch es fühlte sich an, als kämen sie von jemand anderem. Es verging eine Ewigkeit, bis seine Mutter ein schwaches Nicken zustande brachte.
Es riss ihm förmlich den Boden unter den Füßen fort. Der Drache der Angst schlängelte sich noch ein Stückchen fester um sein Herz. Wie konnte Rey nur immer von vertrauen und Ehrlichkeit sprechen, wenn es sie war, die ihn belog.
,,Ich fürchte, ich muss gehen", brachte Ben hervor, bevor er förmlich aus dem Zelt stürmte. Seine Mutter versuchte noch ihn aufzuhalten, doch er war fest entschlossen Rey mit dem, was sie ihm verheimlichte zu konfrontieren. Sofort wusste Ben, wo er sie finden würde. Jener Ort, den sie immer zum trainieren nutzte. Dort stand sie und schwang ihr Lichtschwert mit grazilen Bewegungen.
Überrascht sah sie zu ihm herüber, als sie ihn durch die Macht wahrnahm.
,,Ben."
Mit schnellen Schritten kam er auf sie zu. Sobald ihre Blicke sich trafen, spielten die Emotionen verrückt. Rey litt seinetwegen. Sein Schicksal wurde besiegelt, als er ihr begegnete, so wie das ihre. Ein Schicksal, welches er nicht länger ertrug, obwohl er es selbst herbeiführte. Es war seine Strafe, aber doch nicht ihre. Ein Muskel an seiner Wange zuckte, so aufgewühlt war er.
Zeig keine Emotionen. Reiß dich zusammen.
Verwundert über sein Kommen blickt Rey zu ihm auf, als er sie erreiche. Die Luft zwischen ihnen stand in Flammen. Eine immense Spannung baute sich zwischen ihr und ihm auf. Sein Zorn brodelte unter der Oberfläche. Je länger sie wortlos einander gegenüber standen, desto mehr stieg die Wut über ihre erneute Heimlichtuerei.
,,Rey, hast du mir etwas zu sagen?", brachte Ben mit gefestigter Stimme hervor.
Die unverhohlene Verwirrung in ihren Augen ließ ihn die Hand zur Faust ballen. Nach wie vor wollte sie ihm die Wahrheit nicht anvertrauen. Zornig drehte er ihr abrupt den Rücken zu, bevor er etwas sagte oder tat, was er bereuen würde. Seine Schulterblätter hoben und senkten sich hektisch.
,,Ben, was ist los?", fragte sie leise.
,,Was los ist!", schrie er schroff, während er sich ihr wieder zu wandte. Sein Körper erzitterte unter der Last der Wut. Allmählich hob er seinen zitternden Zeigefinger.
,, Du hast mich schon wieder verraten. Du hast mir verheimlicht, dass es dir durch die Schwangerschaft jeden Tag schlechter geht."
Reys Augen weiteten sich entsetzt, dabei sah sie ihn unentwegt an. Ihr Mund öffnete sich, um sich gleich wieder zu schließen, so als wüsste sie nicht, was sie antworten sollte.
,,Leia hat es dir gesagt", kam es nach einigen Sekunden von ihr.
,,Wenigstens ist einer zu mir ehrlich."
,,Ben, glaub mir, ich wollte dich nicht belügen. Ich wollte dich nur nicht mit Dingen belasten, welche du nicht ändern kannst", versuchte sie sich zu rechtfertigen.
Abgesehen von Bitterkeit, welche sich auf seinem Gesicht widerspiegelte, blieb seine Miene ausdruckslos. Noch immer konnte er den Alkohol an sich riechen.
,,Wir befinden uns auf Augenhöhe. Mann und Frau. Liebende. Freunde. Du liebst mich. Dachte ich zumindest." Er senkte die Lider. Kurz ließ er sich seine Worte noch einmal durch den Kopf gehen. ,,Aber du denkst anscheinend anders darüber, als ich es tue."
Erneut sah sie ihn nur stumm an. Langsam begann er zu begreifen, dass sie ihm nichts zu sagen hatte. Sofort fuhr Ben seinen undurchdringbaren Schutzwall nach oben, um keine seiner Gefühle an sich heranzulassen. Er sagte, was er sagen wollte. Schnell drehte er sich um und entfernte sich von ihr. Rey unternahm keinerlei Versuche ihn aufzuhalten.
...die Galaxie stand still, es schien nichts mehr voran zu gehen... dieser Schmerz, tief in ihm, tief im Herzen... Ben wusste nicht was er tun sollte, um ihn abzustellen... Er wollte, dass es aufhörte... frei sein davon, leben können ohne die quälenden Gedanken, ohne diese depressive, melancholische, letargische Stimmung... diese Atmosphäre, die ihn umgab.
Langsam begann er daran zu zweifeln, ob es richtig gewesen war, seinen Gefühlen für sie nachzugeben, wie stark sie auch sein mochten. Schlussendlich drehten Rey und er sich in ihrer verworrenen Beziehung ständig im Kreis. Ihr selbstsüchtiges Verlangen zerstörte eine ganze Galaxie.
War ihre Liebe diesem Druck wirklich gewachsen?
Der Gedanke fort zu gehen kam ihm in den Sinn ... Allein, ohne sie.
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