On which side
Das Panorama Fenster des externen Beobachtungsportals auf dem Shuttle gab jedem, der davorstand, einen ungestörten Blick auf die Unendlichkeit des Weltraums. Schweigend war Ren in den Anblick versunken. In Kontemplation war er ausgebildet worden, geübt in Reflexion und stundenlang konnte er ohne Pause meditieren. Aber langsam verlor er die Geduld. Seufzend, von Gedanken erdrückt schloss Ren die Augen, doch das Gedankenkarussell verlangsamte nicht, sondern wurde nur noch schneller. Nahm Fahrt auf.
In gewisser Weise waren sie nichts weiter, als unendlich kleine Reflexionen desselben Konflikts. Die Aufgabe der Ersten Ordnung war es, der Zivilisation Stabilität zurückzugeben. Eine Stabilität, die es unter dem Imperium gegeben hatte, aber von der Rebellion in Anarchie verwandelt wurde.
Oder lag er da falsch?
Da war plötzlich ein Gefühl, das er nicht benennen konnte. Unwillkürlich presste er die Handflächen gegen das Panorama Fenster. Übelkeit stieg in ihm empor, sodass er den Würgereflex unterdrücken musste. Die zitternden Finger löste er vom Fenster, um sie gegen seine Oberschenkel zu pressen. Erneut fochten die Dunkle und die Helle Seite der Macht in ihm einen Kampf miteinander aus, den keine Seite gewinnen konnte. Es fühlte sich so an, als würde sein Körper in zwei Hälften gerissen. Einerseits wollte er, das beenden, was sein Großvater begonnen hatte, doch auf der anderen Seite, stand nun Rey, zu der er sich auf eine unwiderstehliche Art und Weise hingezogen fühlte. Nur zu gerne würde er jetzt mit Rey darüber sprechen, aber Ren wagte es nicht die Sinne nach ihr auszustrecken. Diese Verbindung machte ihn verwundbar vor ihr.
,,Sieh an, der mächtige Kylo Ren. So erbärmlich!", verhöhnte ihn eine ihm völlig fremde Stimme.
Der Klang war grausam und triefte nur so vor Kälte. Ihm lief es eiskalt den Rücken hinab. Diese Präsenz ließ ihm das Blut in den Adern gefrieren. Stocksteif stand Ren da, unfähig sich zu bewegen, während sich Schritte näherten. Leise und bedrohlich. An seinem Rücken spürte er das Heft eines Lichtschwertes. Es musste nur noch gezündet werden und sein Schicksal wäre besiegelt. Sollte das etwa das Ende sein? Sekunden verstrichen und dehnten sich zu Minuten aus, doch es passierte rein gar nichts. Die aufgekommene Panik, die seinen Körper gelähmt hatte, wich Verwunderung.
Warum tötete man ihn nicht?
,,Bei den vielen Erzählungen über dich, die man so in der gesamten Galaxis aufschnappt, waren meine Erwartungen wahrlich andere. Du bist nur ein verzweifeltes, nach Liebe hungerndes Kind. Kein Mann, der grausame Taten begeht oder gar stark erscheint."
Noch immer fühlte sich sein Körper wie erstarrt an. Kalter Schweiß trat auf seine Stirn. Es war nicht das Zurückschrecken vor einem Kampf. Es war etwas Anderes, das ihn zurückhielt. Ein tiefer Instinkt sagte ihm, dass er dieser Macht nicht gewachsen war. Sein Gehirn begann fieberhaft nach einem Ausweg zu suchen, während ein Lachen, dessen Klang rasiermesserscharf war, in sein Fleisch schnitt. Beinahe erwartete Ren, wirklich zu bluten. So gelähmt, wie er durch die bloße Präsenz schien, glaubte Ren an die Wahrhaftigkeit der gesprochenen Worte. In diesem Moment war er wirklich ein verängstigtes Kind, dessen Existenz er abstreifen wollte.
,,Die Macht in dir, die Macht deiner Blutlinie ist stark, aber du erweist dich ihr nicht als würdig."
Woher wusste der Fremde von seiner Abstammung?
,,Wer bist du?", fragte Ren mit fester Stimme, um seine Unsicherheit zu überspielen.
,,Willst du das wirklich wissen?"
Das Schweigen, das folgte, entlockte seinem Feind ein kehliges Lachen.
,,Mein Name ist Ventress."
Dieser Name ... Ren hatte ihn beim überfliegen der Schriften gelesen und diese Tatsache ließ ihn zusammenzucken. Das konnte nicht sein. Die Schriften waren uralt, handelten von längst vergangenen Kriegen.
,,Man hielt dich für tot, gefallen in den Klonkriegen", begann Ren, wobei seine Stimme ein wenig zitterte, was ihm abermals die Unfähigkeit Stark zu erscheinen vor Augen führte. Die rohe, tödliche Macht, die sie umgab, schüchterte ihn zusehends ein.
,,Tod? Ich? Ich habe mich lange genug mit dem Kult der Sith beschäftigt, um Mittel und Weg zu kennen den Tod zu umgehen. Zwar bin ich nie Eine geworden, doch eignete ich mir genug Wissen über ihre Fähikeiten an", erklärte sie in gelangweiltem Ton. So als sollte er solch für sie trivialen Dinge wissen. Noch immer starrte er sie an, wobei Ren nicht bemerkte, dass er seinen Mund leicht geöffnet hatte, doch es kamen keine Worte daraus hervor.
,,Snoke hat dir wirklich nichts über die Geschichte der Galaxis oder der Sith beigebracht", seufzte sie beinah theatralisch. ,,In der Schlacht von Sullust wurde mein Sternjäger beschädigt und ich landete zusammen mit Anakin Skywalker und Kenobi im Hangar eines separatistischen Kreuzers. Meinen Meister bat ich um Hilfe, doch dieser verkündete mir meinen Tod und ließ mich im Stich. Nach einem Kampf gegen die Jedi schaffte ich es dennoch zu fliehen, bevor die Separatisten ihren eigenen Kreuzer ohne Rücksicht auf Verluste zerstörten."
Wie aus dem Nichts vernahm Ren ihm unbekannte Stimmen in seinem Kopf. Es war Ventress, die mit Leichtigkeit in seinen Kopf eingedrungen war, um ihm ihre Vergangenheit zu zeigen.
„Ihr habt die Schlacht bereits verloren, Kind. Ich habe Eure Verstärkung zurückbeordert."
„Ihr habt mich zum allerletzten Mal enttäuscht. Ihr seid nicht länger mein Lehrling. Und nun werdet Ihr sterben."
,,So schnell ist man ersetzbar", sagte Ventress leise, dabei lag Bitterkeit in ihrer Stimme.
Die Worte trafen Ren hart, schließlich prophezeite ihm auch Han Solo ein ähnliches Schicksal.
Wenn Snoke hat, was er will wird er dich vernichten.
Schwer schluckte er. ,,Hat Snoke dich geschickt, um mich zu beseitigen, Asajj Ventress?"
Durch die Schriften war ihm bekannt, dass sie früher eine Kopfgeldjägerin gewesen war. Ob sie ihre Tätigkeit noch ausübte, wusste er nicht, schließlich war sie über eine Dekade verschwunden. Erneut begann sie kehlig zu lachen, als hätte er einen amüsantenWitz gemacht.
,,Wenn ich dich töten wollte, hätte ich es bereits getan, Junge. Und zu deiner Frage, nein, ich arbeite für niemanden. Nicht mehr. Eine seltsame Vision, die ich nicht mehr losgeworden bin, führte mich zu dir."
Bei jedem Wort, welches ihre Lippen verließ blieb ihr Blick kalt. Ohne jegliche Anzeichen von Emotionen.
Durch die Macht erkannte Ren, dass sie die Wahrheit sprach. ,,Welche Vision?" Neugier überschattete die Furcht, die er empfand.
Ventress deaktivierte ihr Lichtschwert, um neben ihn zu treten. Lange beobachtete sie nur die Galaxis, bevor sie das Sprechen begann.
,,Ich habe gesehen, dass ein Mädchen und du mir helfen werdet, mich an jenen zu rächen, die mich vor all den Jahren verrieten."
Wie Schuppen fiel es ihm von den Augen. Das Mädchen, um das es sich handelte, musste Rey sein. Es gab keinerlei Zweifel. Rey. Langsam drehte sie ihren Kopf in seine Richtung und ließ ihre Kapuze von ihrem Kopf gleiten. Ihr kahler Schädel übersäht mit unzähligen Narben, ihre stechend blauen Augen musterten ihn kühl.
,,Weder Sith noch Jedi. Was bist du, Junge?"
Diese Frage stellte Ren sich seit einer Weile auch. Wer oder was war er? Wohin gehörte er?
Abermals spürte er ihre kalte, unangenehme Präsenz in seinem Kopf. Neugierig durchforstete sie seine Gedanken. Ähnlich wie bei Rey gelang es ihm nicht sie aus seinem Kopf zu verbannen.
,,So überaus stark", murmelte sie, während sie die Strömungen der Macht genoss. ,,Die Dunkelheit erhebt sich, genau wie das Licht, um sich miteinander zu messen. Hm, du bist mit dem Mädchen bekannt, das ich suche." Plötzlich hielt sie inne. ,,Sie bedeutet dir etwas."
,,Aufhören!", begann Ren sich vor Schmerz zu winden. Fest presste er die Handflächen gegen den Schädel, der zu platzen drohte.
,,Du hast die Rolle, welche Snoke dir zugedachte, gut ausgefüllt. Erst brachte dein Potenzial Skywalker dazu die Jedi wiederaufzubauen, dann hat deine Macht alles zerstört worauf Skywalker hingearbeitet hat. Du nennst dich Kylo Ren, aber wie so vieles ist dieser Titel mehr Wunschdenken als Realität. Nie hast du es gänzlich geschafft den Schatten von Ben Solo zu entfliehen und ebenso wenig gelernt sich von dem schwachen, erbärmlichen Ziehen der hellen Seite in deiner Seele zu lösen... oder diesen sentimentalen Charakterzug auszumerzen. Du einst beide Facetten der Macht. Du magst es als Makel sehen, doch das ist deine wahre Stärke."
Nach wie vor konnte er Ventress in seinem Kopf spüren. Ihr Bewusstsein, wie ein lebendiges, hungriges Ding, welches sich rücksichtslos durch Erinnerungen fraß, die nicht die ihren waren. Schwach versuchte Ren sich dagegen aufzubäumen, aber die bloße Präsenz der Dunkelheit, die sie umgab, drohte ihn zu überwältigen. Doch nicht wie bei Rey, blieben ihm Ventress Gedanken verschlossen. Er drang nicht zu ihr vor, kratzte nur an der Oberfläche. Willkürliche Erinnerungsfetzen wirbelten durch seinen Kopf, als sie, sie weiterhin studierte. Auf einmal hielt Ventress inne, so als hätte etwas bestimmtes ihr Interesse geweckt.
,,Du hast Han Solo getötet, deinen Vater. Interessant, doch diese Tat brachte dich aus dem Gleichgewicht der Macht. Du hast noch viel zu lernen."
Urplötzlich ebbte der Tumult seiner Emotionen ab, ersetzt durch tiefe Ruhe und Konzentration. Ventress war überrascht - auf angenehme Weise.
,,Wenn du mich begleitest wird sich dein innerer Konflikt auflösen, du wirst zu dir selbst finden und deine brennenden Fragen zu dem Mädchen werden beantwortet."
Es hörte sich verlockend in seinen Ohren an, doch es würde auch Konsequenzen mit sich ziehen. Der Verrat an der Ersten Ordnung würde seine Verfolgung nach sich ziehen. Ventress blieb sein Zögern nicht verborgen.
,,Wenn du über deine Grenzen hinausgehen möchtest, begleite mich. Es ist ein Versprechen, denn ich hasse Verrat, wie ich dir schon sagte."
Natürlich hasste sie Verrat. Wurde sie doch selbst von denen verraten, welchen sie glaubte zu dienen. Vielleich behielt sein Vater wirklich recht und Snoke würde ihn beseitigen, sobald er seine Macht nicht mehr benötigte. So, wie es alle Meister der dunklen Seite gerne taten. Also was hielt ihn dann davon ab mit ihr zu gehen? Für Snoke war er ersetzbar, aber Ventress brauchte ihn für etwas Größeres und es würde ihn zu Rey führen. Der Gedanke an Rey war es, der ihn schließlich zu einer Entscheidung führte.
,,Ich werde dich begleiten, aber unter Vorbehalt."
,,Ich werde dir alle Türen offen lassen", entgegnete sie gelassen, so als wüsste sie schon, dass er nicht zurückkehren würde. ,,Ich bin auf jeden Fall die bessere Wahl, als Snoke", fügte sie noch belustigt an, bevor sie sich umdrehte, um zum Hangar des Schiffes zu gelangen. Daran zweifelte Ren mittlerweile gar nicht mehr. Nur stellte er sich die Frage, wie sie Rey überzeugen wollte. Sie würde nicht freiwillig in die Dunkelheit hinabsteigen lieber würde sie sterben. Das wusste Ren aus eigener Erfahrung, selbst sein Angebot hatte sie ausgeschlagen.
Lautlos und ungesehen, so wie Ventress es auch auf das Schiff geschafft hatte, erreichten sie die Hangar Halle, wo ein einziger kleiner Transporter auf sie wartete. Snoke sollte noch einmal die Ausbildung seiner Sturmtruppler überdenken. Einen Moment huschte sein Blick zurück. Inständig hoffte er, dass er diese Entscheidung nicht bereuen würde, während er wieder Ventress Hinterkopf fixierte. Ihre Finger drückte sie gegen den Knopf zum Öffnen der Rampe. Ohne Hast setzte sie sich hinter das Steuer, um den Transporter mit einer Leichtigkeit hinaus in die Weite der Galaxie zu steuern. Als hätte sie noch nie etwas anderes getan. Eine passable Pilotin war sie also auch noch stellte Ren beeindruckt fest.
,,Was ist unser nächstes Ziel?", fragte er, als er sich in den Copiloten Sitz fallen ließ.
,,Dein Mädchen", entgegnete Ventress ohne ihn dabei anzusehen.
,,Moment mal", wollte Ren zu protestieren beginnen, aber sie hob die Hand, um ihn zum schweigen zu bringen. Ein grimmiges Lächeln auf ihren Lippen.
,,Denk daran, ich war in deinem Kopf. Ich kenne deine tiefsten Sehnsüchte und das Mädchen ist eindeutig eine davon. Du hast Glück, dass auch ich Interesse an ihr habe, aber eben nur an ihrer unvollkommenen Macht."
Fest gruben sich seine Finger in die Lehne des Sitzes. So vieles hatte sie über ihn erfahren in nur einem winzigen Moment der Schwäche. Von dieser Tatsache peinlich berührt senkte er schnell den Blick, um ihrem stechenden Blick nicht mehr standhalten zu müssen.
,,Weißt du, wo sie sich aufhält?", fragte er nach einigen Sekunden, schließlich war es nicht einmal ihm gelungen herauszufinden, wo sich Luke Skywalker aufhielt. Und er war sich ziemlich sicher, dass sie noch immer bei ihm war.
,,Da liegst du falsch. Das Mädchen ist nicht mehr bei Skywalker. Ihr Training ist bereits abgeschlossen und nun ist sie auf der Suche nach sich selbst. Ähnlich wie bei dir. Ihr ergänzt euch erstaunlich in allen Belangen, ich habe es gesehen", sagte sie, ohne das er ein Wort seiner Vermutung laut ausgesprochen hatte.
Gänsehaut überzog seine Arme, welche ihre elektrisierende, dunkle Stimme bei ihm verursachte. Eisiges Schweigen legte sich über das Cockpit. Frustriert, starrte Ren auf seine Stiefel. Wohin sie flogen, verriet sie ihm nicht. Sie vertraute ihm kein bisschen, genau wie er es nicht tat. Ein Gefühl beschlich Ren, das er nicht abschütteln konnte.
Ob es tatsächlich eine gute Idee war Ventress zu begleiten?
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