decisions
Diese Stimme.
Der Nebel aus Zorn und Zerstörung in seinem Kopf begann zu verblassen. Hektisch blinzelte Ben, während ihre sanfte, eindringliche Stimme noch immer seinen Namen rief. Die Stimme klang noch genauso, wie er sie in Erinnerung hatte, obwohl er sie schon so lange nicht mehr vernommen hatte. Allmählich löste sich der rote Schleier auf, der über seinen Augen lag. Und tatsächlich, dort unten an der Treppe stand sie. Leia Organa. Sie trug eine dunkle Weste über einen blaugrauen Overall, ohne jeden Hinweis auf ihren Rang. Ihr ergrautes Haar war in einem Ring um ihren Kopf zusammengebunden. Niemand würde die zierliche Frau für etwas anderes halten als das, was sie war: eine Prinzessin und ein General. In dieser Sekunde trafen sich ihre Blicke. Ihre sanftmütigen braunen Augen waren auf ihn gerichtet. Die Zärtlichkeit, die in ihrem Blick lag, damit konnte er nicht umgehen. Rasch wandte Ben den Blick ab. Ihre Anwesenheit schockierte ihn und hinterließ Bitterkeit, die er einfach nicht abschütteln konnte.
,,Leia", rief Rey freudig aus und rannte förmlich die Stufen hinunter, um seine Mutter in die Arme zu schließen.
Einen Moment betrachtete Ben die Szene, bevor er sich wortlos abwandte, um in seine Räume zu verschwinden. Die Nähe seiner Mutter ertrug er einfach nicht ... noch nicht. Noch immer gab Ben ihr einen Teil der Schuld für seinen Wandel.
Ihre ungewünschte Anwesenheit brachte Erinnerungen und Gefühle zurück, die er nicht ertrug. Gequält schloss Ben die Augen, wobei er sich die Nasenspitze massierte.
Nach einer Weile, in der er vertieft in seinen Gedanken gewesen war, klopfte es an der Tür. Anfänglich dachte er, es wäre Rey, doch, als Ben sich umwandte, stand seine Mutter im Türrahmen. Augenblicklich versteifte sich sein gesamter Körper. Unschlüssig, was sie tun sollte, stand sie in der geöffneten Tür. Eine Weile herrschte bedrücktes Schweigen. So als würden sie umeinander herumtänzeln, darauf bedacht, dem anderen nicht zu nah zu kommen.
,,Rey tut dir gut, mein Sohn", begann sie einen zaghaften Versuch eine unverfängliche Unterhaltung zu beginnen.
Unfähig zu antworten, richtete Ben den Blick auf die geöffnete Verandatür. Es wäre eine Möglichkeit der Flucht, doch tief in seinem Innersten wusste er, dass dieses Gespräch unvermeidbar war. Er musste sich seiner Mutter stellen. Doch vermied es Ben weiterhin ihr ins Gesicht zu sehen. Alte schmerzhafte Wunden begannen aufzureißen. Erinnerungen, die er unbedingt vergessen wollte, tauchten in seinem Kopf auf.
,,Varykino war schon immer dein Lieblingsort, um nachzudenken", fuhr sie fort, als Ben nicht antwortete. Ihre Schritte kamen nun näher, doch nicht zu nah. Eine gewisse Distanz behielt sie bei.
,,Woher wusstest du, dass ich hier bin?", fragte er leise, wobei sich sein Mund staubtrocken anfühlte. Niemals, war sie nur auf Verdacht hier hergekommen. So etwas tat Leia Organa nicht.
Seine Mutter schritt an ihm vorbei, hinaus auf die Veranda. Ihr Blick schweifte über das wunderschöne Seenland, bevor sie ihr Gesicht der Sonne entgegen hob. Einen Moment genoss sie die Wärme auf ihrer Haut. Allmählich lief sie zum Geländer. Im Gegensatz zu ihr, blieb er mit vor der Brust verschränkten Armen, an der geöffneten Tür stehen, um sich gegen den Türrahmen zu lehnen.
,,Der Instinkt einer Mutter. Ich habe eine Wandlung in dir gespürt, immerhin bist du noch immer mein Kind."
Nun wandte sie sich zu ihm um. Ihre Augen feucht und voller Emotionen.
,,Eigentlich hatte ich längst die Hoffnung aufgegeben, vor allem als du ...", kurz schluckte sie hart, bevor sie weitersprechen konnte.
... deinen Vater tötetest. Aber Rey bewahrte dich vor dem gleichen grausamen Schicksal deines Großvaters. Sie sieht in dir nicht Kylo Ren. Eure Seelen sind tief miteinander verbunden. Etwas, dass sehr wertvoll und unglaublich selten ist."
Endlich sah Ben seiner Mutter fest in die Augen. All seinen Zorn legte er in diesen Blick, als wollte er sie vernichten.
,,Rey gibt mir das Gefühl, dass ich nicht alleine bin, jenes Gefühl hätte ich auch von Vater und dir gebraucht. Sie ist bei mir, ohne Bedingungen und Lügen."
Einen Moment flackerte Schmerz über das Gesicht, der sonst so starken Leia Organa. ,,Ich weiß Ben, dein Vater und ich haben viele Fehler in Bezug auf dich gemacht."
Bitter lachte er auf. ,,Fehler? Ihr hättet mir einfach nur die Wahrheit über meine wahren Wurzeln sagen müssen. Ständig war ich damit konfrontiert, dass ich eine gewisse Dunkelheit in mir verspürte, die ich mir nicht erklären konnte. Meine Eltern Helden, mein Onkel der legendäre Jedi Luke Skywalker, dagegen ich, ein verzweifelter Junge, welcher nicht wusste, wohin er gehörte." Seine Hände ballten sich bei der bloßen Erinnerung zu Fäusten.
,,Snoke hatte es so leicht mich zu beeinflussen, denn, zu diesem Zeitpunkt war er der Einzige, der mich nicht belog. Endlich wusste ich, warum dieser Schatten tief in meiner Seele brannte. Vielleicht, wäre mit mehr Ehrlichkeit, alles anders gekommen", sagte Ben voller Bitterkeit.
In ihren Unterhaltungen hatten sie von ihm gesprochen, als wäre er nicht ihr Sohn, sondern eine Art Monster. Sie hatten Angst vor ihm, das war ihm schon bald klar geworden.
Einen Moment ließ Ben verstreichen, bevor er fortfuhr.
,,Wenn du gekommen bist, damit ich dir vergebe, dann muss ich dich enttäuschen, denn ich kann es nicht." Aus dem Augenwinkel sah er, wie die Hand seiner Mutter zitterte.
,,Ich verstehe", engegnete sie kaum hörbar.
Leise öffnete sich die Tür, Schritte näherten sich. Ohne sich umdrehen zu müssen, wusste er, dass es Rey war. Ihr einzigartiger Duft, der ihrer Haut anhaftete, verriet sie. Liebevoll schlang sie ihre Arme von hinten um ihn und drückte sich sanft an seinen Rücken. Ihre Anwesenheit linderte die Qualen. Sie musste durch ihre Verbindung seine Aufgewühltheit gespürt haben. Sanft löste er ihren Griff, um sich zu ihr umdrehen zu können. Zart legte er seine Lippen auf ihre Stirn.
,,Wie geht es deiner Wange?", fragte er flüsternd.
Rey hob ihren Blick und sah ihn an. ,,Es ist nicht schlimm", entgegnete sie mit einem Lächeln.
Seine Fingerspitzen berührten ihre geschwollene Wange. Rey zuckte nicht einmal zurück. So stark, doch sie selbst sah es einfach nicht. Leise Schritte entfernten sich zur Tür. Die Anwesenheit seine Mutter hatte Ben schon fast vergessen.
,,Wir reden später noch einmal", verabschiedete sie sich.
Für Ben gab es eigentlich nichts mehr zu bereden.
,,Schau nicht so finster", stupste Rey ihn grinsend an, was Ben ein kurzes Lächeln entlockte.
,,Möchtest du noch immer Theed erkunden?", fragte er, um von sich abzulenken. Eifrig nickte sie. ,,Als Leia aufgetaucht war, dachte ich du hättest unsere Pläne bereits vergessen."
Wie könnte er, je etwas vergessen, dass er ihr versprochen hatte.
,,Nein, habe ich nicht, schließlich habe ich es dir versprochen."
Inzwischen hätte sie seinem Herzen zu schlagen verbieten können, und das Organ hätte fröhlich gehorcht. Rey war zu seiner Schaltzentrale geworden. Rey trat hinaus auf die Veranda, um einen tiefen Atemzug der frischen Luft zu nehmen. ,,Es ist so schön. Eine Landschaft, wie aus einem Gemälde", murmelte sie, die braunen Augen auf die Landschaft vor sich gerichtet. Er wandte sich zu ihr um, damit er ebenfalls die Veranda betreten konnte. Die unglaubliche Aussicht ließ Ben auf sich wirken und mit Rey an seiner Seite, wurde sie sogar noch schöner.
Die Spannung zwischen ihnen wuchs, sie pulsierte geradezu.
,,Es ist erstaunlich. Wenn ich in deiner Nähe bin, hat nichts anderes mehr Bedeutung. Nur noch..."
Dicht trat er an sie heran. ,,Ich weiß."
Ihre Hände legten sich auf seine Brust, umklammerten sein Hemd wie eine Rettungsleine. Sanft strich Ben ihr eine Strähne ihres Haares hinters Ohr. In diesem Moment, wusste er tief drinnen mit absoluter Gewissheit, dass er Rey beschützen würde. Immer. Sein Leben lag nun in ihren Händen. Ohne Rey gab es für ihn keine Chance gegen die überwältigende Dunkelheit, die in ihm herrschte anzukämpfen. Sie war zu seinem Gleichgewicht geworden.
Alles kam ihm so herrlich, so erschreckend und so unausweichlich vor. Der einzige Grund warum er sich nicht völlig verloren fühlte, vergrub das Gesicht an seiner Brust. Diese Geste besser als jedes beruhigende Wort hätte sein können. ,,Komm", sprach er, während er auf sie hinab sah. Nie wieder würden seine Augen etwas schöneres erblicken. Als sie zu ihm aufsah, in seine Augen blickte, war seine Welt vollkommen.
Am Ende entschieden sie sich gegen Theed und blieben im Seenland, um die Ruhe zu genießen, die diesen Ort umgab.
Die Wiesen der Hügel waren mit Blüten in allen Farben und Formen übersät. Nicht weit entfernt ergossen sich glitzernde Wasserfälle in den See, und von diesem Aussichtspunkt aus waren viele andere Seen zwischen den Hügeln zu sehen, bis zum Horizont hin. Rey nahm jedes noch so winzige Detail der atemberaubenden Natur Naboos in sich auf. Es war faszinierend, sie dabei zu beobachten, wie sie leichtfüßig durch das Gras lief, und jede Art von Blume bestaunte, die sie erblickte. Ihr Haar wehte dabei in der Brise und weiße Wölkchen schwebten am leuchtend blauen Himmel über ihr. Nun sah sie nicht mehr aus wie die starke Jedi, sondern wie eine junge Frau, welche befreit von den Bürden der Machtkämpfe der Galaxie war. Der dringende Wunsch mehr über Reys früheres Leben zu erfahren überkam ihn plötzlich.
,,Wie sah dein Leben auf Jakku aus?"
Gerade beugte sie sich zu einer Blume hinab, um an ihr zu riechen. Rey hielt in ihrem Tun inne, um sich zu ihm umzudrehen. Nachdenklich schweifte ihr Blick in die Ferne, als würde sie an eine längst vergessene Vergangenheit zurückdenken.
,,Hm, endloses Schuften, monotone Arbeit. Es war ein beschwerliches Leben. Ausgenutzt und von Einsamkeit zerfressen. Ich war niemand", beendete Rey ihren Satz.
Durch ihre tiefe Bindung spürte Ben ihre Traurigkeit, die durch all ihre Poren kroch. Augenblicklich zog er sie in seine Arme.
,,Für mich wirst du niemals niemand sein."
,,Ich weiß." Eine kurze Pause entstand, bevor Rey weiter sprach. ,,Dein Leben war sicher um einiges schöner", sagte sie, während sie sich an ihn lehnte.
,,Privilegiert, aber einsam. Meine Eltern waren mehr mit ihren Belangen beschäftigt, als sich darum zu bemühen, mir bei meinen Unzulänglichkeiten und widerstreitenden Gefühlen beizustehen", gab er als Antwort zurück. Es war das erste Mal, dass er jemandem seine intimsten Gedanken und Erinnerungen offenbarte. Früher sah Ben es als Schwäche an, doch nun wusste er, es machte ihn stärker. Und seltsamerweise befreite es ihn mit Rey darüber zu sprechen. Es machte ihn mutig, also sprach er weiter.
,,Weißt du, Lukes Handeln war für mich ein unsäglicher Verrat, der meine schlimmsten Befürchtungen bestätigte, welche meine Familie betrafen. Sie sahen nur die Dunkelheit in mir, isolierten mich. Nicht so du."
Aufmerksam lauschte Rey seiner Erzählung. ,,Ich möchte mehr über dich erfahren", sagte sie, wobei sie ihn schon unter den Schatten eines Baumes zog. Dort setzte Rey sich im Schneidersitz ins Gras und sah erwartungsvoll zu ihm auf. Seufzend ließ sich Ben neben sie ins Gras sinken und begann zu erzählen.
,,Die Erwartungen an einen Skywalker - den Neffen des letzten Jedi und Enkel des prophezeiten Auserwählten - lasteten schwer auf mir. Als diese unglaublich, starke Macht in mir erwachte, benötigte ich Anleitung. So wurde ich Lukes erster Schüler. Während Luke immer mehr Schüler um sich scharrte, driftete ich in dunklere Ecken des Machtwissens ab. Snoke drang in meine Gedanken vor und schürte meine Ängste und Unsicherheiten, sodass ich nach Lukes Versuch mich zu töten, mich von meiner Familie abwandte. Meine Macht trennte mich schließlich von denen, die ich einst liebte. Von nun an führte ich ein Leben mit einem verhassten Meister und Untergebenen, denen ich nicht traute. Bis ich in deine Gedanken eindrang und mein Geist untrennbar mit dem deinen verband."
,,Was weißt du über deinen Großvater?"
,,Nichts, außer die verzerrte Geschichte, die Snoke mir über ihn erzählte. Meine Eltern, selbst Luke schwiegen über dieses Thema eisern."
Rey senkte ihren Blick und zupfte am Gras. ,,Eigentlich weiß ich noch weniger über mich, über meine Herkunft, außer einen verdammten Nachnamen, den ich nicht tragen möchte, habe ich nichts. Ich bin noch immer nur Rey."
Bei ihren unsinnigen Worten gingen seine Gefühle mit ihm durch. Grob packte er sie am Kinn, um sie zu sich aufsehen zulassen. ,,Du wirst nie nur Rey sein. Das weißt du doch. Und das mit dem verdammten Nachnamen, lässt sich sofort ändern."
Zuerst starrte sie ihn vollkommen verwirrt an, bis ihr die Bedeutung seiner Worte klar wurden.
,,Du willst mich heiraten", entfuhr es ihr schockiert. Diese Reaktion war zwar nicht die, welche Ben sich wünschte, aber wenigstens verstand sie worauf er hinaus wollte.
,,Noch nie in meinem Leben war ich mir bei etwas so sicher, wie jetzt. Bitte, werde Rey Solo. Die Frau an meiner Seite, untrennbar verbunden durch diesen heiligen Bund."
Bei diesen Worten wurden ihre Augen noch größer. Es verstrich Zeit, wie viel konnte Ben nicht sagen, doch so viel, dass er Angst bekam.
,,Rey?", fragte er leise in die zermürbende Stille.
Doch noch immer bekam er keine Antwort von ihr.
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